Re: Anmerkung zu einem Rutherford-Buch


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 28. November 2002 19:07:31:

Als Antwort auf: Re: Anmerkung zu einem Rutherford-Buch geschrieben von Prometeus am 28. November 2002 18:06:19:

>Der Vergleich des Technologie- Fans Rutherford mit dem Populisten Thomas Münzer ist amüsant. Münzer musste ohne Rundfunk auskommen,war aber ungleich populärer.
>>Führer des linken Flügels im.......(konnte das Zitat leider nicht finden)
>Erst dachte ich, das muß ein Lexikon -Relikt aus realsozialistischen Zeiten sein, wunderte mich dann aber doch, daß es sich um ein Kirchenlexikon handelt. Hätte mich aber auch nicht gewundert, wurde Münzer doch sogar von den Kommunisten vereinnahmt.
>Thomas Münzer- ein Linker - 300 Jahre bevor es die politische Linke gab - erstaunlich! zwinker

Der Lexikontext der Müntzer als links deklariert, ist in der Tat einem "realsoziallistischen" Lexikon (Meyers Neues Lexikon) entnommen. Der Lexikontext aus dem Internet, wo es diese Passagen in der Tat so nicht gibt, ist kirchlich orientiert und als zusätzliches Info gedacht. Es kann hier jetzt nicht darum gehen die Fälle Luther-Müntzer in allen Facetten auszuloten. Dazu gibt es in Bibliotheken umfängliche Literatur.

Eine bibliographische Übersicht hat der seinerzeitige Lektor der Evangelischen Verlagsanstalt, Siegfried Bräuer, etwa, schon in seiner Broschüre "Martin Luther in marxistischer Sicht von 1945 bis zum Beginn der achtziger Jahre" vorgelegt (Berlin 1983).
Nennen möchte ich auch noch die Studie von Gerhard Zschäbitz "Zur mitteldeutschen Wiedertäuferbewegung nach dem grossen Bauernkrieg", Berlin 1958.
Zu nennen ist auch noch die zweibändige im Aufbau-Verlag 1970 erschienene Textauswahl-Edition "Hutten Müntzer Luther in zwei Bänden".

Dort kann man sich selbst anhand herausragender Texte, ein eigenes Bild machen.
Das Luther sich auf die Fürsten stützte (man denke nur an seinen Wartburgaufenthalt als "Junker Jörg") kann meines Erachtens nicht stichhaltig in Frage gestellt werden.
Das sich Luther und Müntzer jeweils auf der anderen Seite der Barrikade sahen, ist auch nach meiner Meinung, nicht stichhaltig anfechtbar.

Charakteristische Texte von Müntzer, etwa seine "Fürstenpredigt" mit der darin enthaltenen Auslegung des Daniel'schen Standbildes und seiner darin enthaltenen Interpretation, was wohl der "Stein" sei, der das "Standbild" zerschmettere.
Zitat:
"Denn der Stein, ahn Hände vom Berge gerissen, ist groß geworden. Die armen Laien und Baurn sehn ihn viel schärfer an dann ihr".
Oder seine "Hochverehrte Schutzrede". Das sind Müntzer-Texte, die man zur Meinungsbildung einmal selbst gelesen haben sollte.

In diesem Lande (alte Bundesrepublik) ist es Tradition gegen alles zu sein was sich "links" nennt. Insofern wirkt in hiesigen Orten eine Interpretation die Müntzer als "links" bezeichnet ungewohnt. Es geht hier auch nicht um Vokabeln. Es geht schlicht einfach um den Tatbestand, wie immer man Luther auch einordnet. Das dann im Vergleich zudem Müntzer links von ihm stand. Das ist nicht ein "links" im heutigem politischen Sprachgebrauch. Aber doch wohl eines, das besagt. Luther hatte seinen Frieden mit der Staatsmacht seiner Zeit geschlossen. Müntzer hingegen nicht.


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