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Geschrieben von Prometeus am 15. November 2002 00:29:01: TAGEBUCH EINES HARMAGEDDON- ÜBERLEBENDEN frei aus dem Englischen übersetzt nach der Vorlage TAG 1 Also, der große Tag der Abrechnung ist vorbei, und ich überlebte. Ich machte mich schnurstracks auf den Weg zum Königreichsaal. Im Laufe des Tages hatten sich die meisten von unserer Versammlung dort eingefunden. Einige Brüder und Schwestern fehlen noch. Eduard Stachel, unser vorsitzführender Aufseher, sagte uns, daß jene, die fehlen, wohl mehr Zeit im Predigtdienst- Dienst verbringen hätten sollen. TAG 2 Eduard Stachel setzte für heute morgen eine Zusammenkunft an. Er verkündete, er und die anderen Ältesten wären ab sofort für alles verantwortlich, was hier geschieht, solange bis der Kontakt mit dem Zweigbüro in Selters wiederhergestellt sei. Alle Entscheidungen bezüglich der Versammlungsangelegenheiten, Aufgabenverteilung, Arbeitseinsätze, und anderes mehr liege nunmehr in ihrer vorläufigen Verantwortung, nach der sich alle richten sollten. Karl Fischer widersetzte sich dieser seiner Meinung nach diktatorischen Anordnung, bis Stachel einen Brief der Gesellschaft herauszog, der vor mehreren Monaten datiert worden war, in dem stand, daß nach Harmageddon die örtliche Ältestenschaft für alle Entscheidungen verantwortlich wäre bis die Gesellschaft andere Anweisung gibt. Karl hatte nun keine weiteren Einwände mehr. Der Rest von uns billigte auch die neue Anweisungen. Die erste Anordnung ließ nicht lange auf sich warten. Alle Brüder und Schwestern wurden aufgefordert jeden Morgen pünktlich um 8 Uhr zum Königreichsaal zu einer Zusammenkunft mit Tagestext- Besprechung zu kommen, und um für Arbeits- Aufgaben eingeteilt zu werden und allem anderen. TAG 3 Bruder Stachelhat mich zum Begräbnis- Trupp eingeteilt. Es scheint, daß die meisten von uns jungen unverheirateten Brüdern zu dieser unerfreulichen Aufgabe eingeteilt wurden. Die toten Körper fangen schon an zu stinken. Es ekelt mich an, Vögel und andere Tiere zu beobachten wie sie sich an den Leichen zu schaffen machen. Ich sah heute einen Raben der einem Toten einen Augapfel herauspickte. Ekelhaft! Robert Maier schaffte es eine Planierraupe zum Laufen zu bringen und hat angefangen ein Massengrab auszubaggern. Meine Arbeit ist es, die Leichen einzusammeln und auf einen Pritschenwagen zu packen um sie dann abzutransportieren. TAG 4 Wir hatten heute unseren ersten Rechts- Komitee - Fall. Richard und Anne Winter sind in die Villa des Grafen eingezogen, das oben auf der Anhöhe steht wo man eine herrliche Aussicht hat. Das Problem war, daß Schwester Stachel, die Frau des vorsitzführenden Aufsehers schon ein Auge darauf geworfen hatte und dort einziehen wollte, und meinte man hätte doch erst die Ältesten fragen sollen. Stachel sagte Bruder und Schwester Winter, daß sie ohne Zustimmung der Ältesten kein Recht hatten, das zu tun. Sie sollten am gleichen Abend noch dort ausziehen. Die Winters waren sehr enttäuscht, aber sie willigten ein, wieder auszuziehen. TAG 5 Anläßlich der morgendlichen Zusammenkunft verkündeten die Stachels daß sie nun in der Villa des Grafen wohnen. Die Winters waren wütend, aber sie sagten nichts weiter. Stachel verkündete auch, daß die angrenzenden Villen alle reserviert für die anderen Ältesten seien. Eine Position bringt halt Privilege mit sich, sogar in der Neuen Ordnung. Einige der Brüder nennen das Villengebiet schon Altestenberg. Es wurde auch verkündet, daß jeder, der in eine neue Heimat ziehen will, zuerst das mit den Ältesten absprechen muß. Ich habe mich entschieden in meiner eigenen Wohnung zu bleiben. Ich finde es nicht richtig in jemand anders Wohnung zu ziehen, auch wenn sie Weltmenschen gehört haben. Es macht mich traurig, wenn ich in jemandes Haus gehe und sehe dort familiäre Bilder und persönliche Sachen. Die meisten der anderen scheint es aber nichts auszumachen die fremden Wohnungen und Häuser zu plündern und zu besetzen. Die Ältesten verkündeten anläßlich der allmorgendlichen Zusammenkunft einen neuen
Zeitplan für die Zusammenkünfte. Sonntags werden wir einen Vortrag mit anschließendem
Wachtturm- Studium haben, wobei wir ältere Wachtturm- Ausgaben studieren, solange wir
noch keine neuen haben. Dienstag abend wird das Versammlungsbuchstudium stattfinden. Die
Dienst- Zusammenkunft ist abgesagt worden (kein Bedarf mehr) ebenso wie die Theokratische
Schule. Sie werden ersetzt TAG 10 Diese Begräbnis- Arbeit fordert einen schweren Tribut von mir. Ich kann mir nicht helfen, ich habe ein saudummes Gefühl bei soviel Toten. Hätte Jehova nicht einen Ausweg finden können, mehr Menschen überleben zu lassen? Am schlimmsten ist es mit den Kindern. Ich kann ihre kleinen toten Körper nicht mehr sehen. Ich glaube ich werde morgen nicht zum Arbeits- Einsatz kommen, mir ist einfach nur kotzübel. TAG 11 Ich ging heute nicht arbeiten. Eduard Stachel kam dann später vorbei und fragte mich warum ich nicht bei Arbeit war. Ich erzählte ihm, daß ich mich nicht wohl fühle. Er sagte mir, ich solle trotzdem arbeiten kommen, in der neuen Welt sei man immer gesund. Er erzählte mir auch daß Depressionen und Sorgen Sachen der Vergangenheit wären. Natürlich muß er ja nicht die Leichen begraben.
Es ist jetzt zwei Wochen her gewesen. Ich vermisse Dinge wie Elektrizität und
fließendes Wasser. TAG 20 Noch kein Wort von der Gesellschaft. Wir haben mit Brüdern von umliegenden Versammlungen gesprochen aber die Ältesten erlauben uns nicht zu verreisen. Erna Blume wollte ihre Schwester in Freiburg besuchen, wenn ihr das erlaubt worden wäre, aber Bruder Stachel trug ihr auf zu bleiben, abzuwarten und geduldig zu sein. Später hätte sie noch viel Zeit ihre Schwester zu besuchen. Ich meine, daß das doch sehr grausam war. TAG 30 Wir sind mit der Begräbnis- Arbeit fast fertig. Ich bin richtig erleichtert. Die
aasfressenden Vögel TAG 45 Viele der Brüder und Schwestern sind das Herumkommandiererei durch die Ältesten satt. Die benehmen sich wie in einer Südstaaten- Plantage. Wir sind die Sklaven, sie sind die Aufseher. Ich bin eingeteilt worden, um im gemeinschaftlichen Bauernhof zu arbeiten. Feldarbeit ist schwer, aber immer noch besser als Leichen begraben. Karl Fischer hat einen Beschwerdeausschuß organisiert, der mit den Ältesten sprechen soll um die Beschwerden vorzubringen, die wir alle haben. TAG 47 Die Ältesten, die die Sache mit Karl Fischers Ausschuß herausgefunden haben, haben das als Rebellion gewertet. Bei der morgendlichen Zusammenkunft wurde Karl dafür öffentlich zurechtgewiesen und ihm wurde gesagt daß er lieber um Demut und einen untertänigen Geist beten solle. Niemand soll vorläufig mit ihm sprechen, bis er wahre Reue gezeigt hat. Ich kann nicht glauben, daß wir Leuten in der Neuen Welt die Gemeinschaft entziehen! TAG 51 Heute kam schließlich ein Bote von der Gesellschaft an. Helmut Hoffmann, ein junger Bethel-Bruder kam zu Pferd. Er erzählte uns, daß die Gesellschaft das Hauptbüro nach der Zerstörung von New York nach Patterson verlegt hat, in Selters aber noch alles steht. Er brachte auch den ersten Nach- Harmageddon- Wachtturm mit, der vorläufig nur vierteljährlich erscheint. Viele von uns hatten gehofft, daß er Informationen enthalten würde, die uns mehr persönlichere Freiheit geben, aber wir waren enttäuscht zu lesen, daß wir den Anweisungen der örtlichen Ältesten Folge leisten sollen bis wir weitere Nachricht erhielten. Er gab ferner den Ältesten eine Kopie des neuen Ältesten -Handbuchs (betitelt ORGANISATION FÜR DIE NEUE WELT), aber keinem von uns wurde erlaubt, das anzusehen. TAG 69 Mein bester Freund wurde heute in einer Blitz- Hochzeit verheiratet! Robert Maier und
Susanne Müller TAG 80 Die Frischverheirateten machen ernsthafte Probleme. Es hat viel Klatsch und Getratsche gegeben wegen den Umständen ihrer Hochzeit. Rob vertraute heute zu mir an, daß er zu den Ältesten ging in der Absicht die Ehe annullieren zu lassen. Sie erzählten ihm, daß nach dem neuen Ältesten- Handbuch keine Scheidungen oder Annullierungen aus irgendeinem Grund erlaubt werden. Außerdem müssten ab sofort alle Ehen von der örtlichen Ältestenschaft genehmigt werden. TAG 81 Karl Fischer wurde heute wieder aufgenommen. Er ist noch immer unglücklich, aber er behält seine Kritik jetzt für sich. TAG 89 Wir sind alle schockiert! Robert beging heute Selbstmord. Ich denke, die Tatsache für
alle Ewigkeit mit Susanne verheiratet zu sein müssen war untragbar für ihn. Die
Ältesten lehnten es ab, eine Grabrede für ihn halten zu lassen. Ich bot an, meinen
Freund zu begraben. Bruder Stachel beauftragte mich, ihn im Massengrab zu beerdigen, wo
wir die weltlichen Personen beigesetzt hatten. Niemand kam zu seiner Beerdigung, nicht
einmal seine Witwe. Ich sprach ein Gebet für meinen Freund. Ich werde TAG 100 Das Leben wird für viele von uns täglich miserabler. Die Ältesten bombardieren uns täglich mit neuen Regeln und Vorschriften. Uns wird erzählt, daß wir ein unterwürfiges Leben im heiligen Dienst zu führen haben. Keine Abweichung davon oder Diskussion darüber wird erlaubt. Es scheint mir als ob wir vor Harmageddon mehr Freiheit gehabt hätten. Ich hätte nie gedacht daß ich mal Sehnsucht nach der alten Welt haben würde. TAG 111 Ich halte es nicht mehr aus. Ich werde zu meinem Bruder reisen, es sind über
hundertsechzig Kilometer von hier. Ich denke daß ich es in fünf Tagen zu Fuß schaffen
kann. Ich wünschte, daß ich Benzin für mein Auto besorgen könnte. Ich muß mich
hinausschleichen denn die Ältesten geben immer noch niemandem die Erlaubnis zu reisen.
Ich habe zu Essen gebunkert und plane heute abend nach der Ausgangssperre zu gehen. Ich
hoffe, daß mein Bruder noch lebt, vielleicht weiß er ob die Eltern überlebt haben und
wie es ihnen geht. TAG 112 Ich bin abgehauen und frage mich, ob sie mich noch erwischen. Die Zerstörung der TAG 113 Ich lief direkt in eine Gruppe von Brüdern von einer Odenwälder Versammlung. Ich wurde von ihnen mit vorgehaltener Waffe aufgehalten. Bruder Stachel hatte sie instruiert mich zu suchen und festzusetzen. Ich bin wütend! Warum kann ich meinen Bruder nicht besuchen? TAG 114 Eduard Stachel und zwei Dienstamtgehilfen kamen heute an, um mich zurück "nach Hause" zu begleiten. Sie trugen alle Pistolen. TAG 115 Nach meinem Fluchtversuch und mehrerer disziplinarischer Probleme die andere Brüder betrafen, haben die Ältesten jetzt eine bewaffnete Einheit aufgestellt. Mein zeitweiliger Ausschluß wurde auf der allmorgendlichen Zusammenkunft bekanntgegeben und ich wurde zum Latrinen- Dienst eingeteilt. TAG 116 Ich wurde davon in Kenntnis gesetzt, nach der Arbeit zum Königreichsaal zu kommen um dort theokratische Zusatzunterweisung zu bekommen. Ich sah auch Karl Fischer und ein paar andere Tunichtgute dort. Wir wurde eine Stunde lang von Stachel darin unterrichtet, demütig zu sein, den Anordnungen der Ältestenschaft Folge zu leisten, die übliche Litanei über Geistiggesinntsein und nicht zu viel von uns selbst zu denken usw.. Wir wurden aufgefordert nächste Woche wiederzukommen. TAG 123 Bei der heutigen Zusatzunterweisung bin ich ausgerastet. Ich sagte Eduard Stachel daß ich es satt habe von ihm tyrannisiert zu werden und daß er sich wie ein theokratischer kleiner Hitler benimmt. Ich sagte ihm auch, daß ich die Stadt verlassen werde und er nicht versuchen soll mich aufzuhalten. Ein großer Fehler! Stachel forderte seine Polizei- Truppe an und ließ mich verhaften. Ich werde im Untergeschoß des Königreichsaals in einem improvisierten Gefängnis von bewaffneten Wachen festgehalten.
Meine Rechts- Komitee - Verhandlung ist für morgen angesetzt. Karl Fischer kam vorbei, um mich zu besuchen. Als die Wachen außer Hörweite waren, erzählte er mir, daß seine Anstrengungen, sich heimlich an Selters zu wenden ihm nur Ärger bereitet haben.Ihm wurde seitens der Gesellschaft aufgetragen, Ruhe zu bewahren und den Ältesten zu gehorchen. Karl ist darüber sehr deprimiert und auch wegen meiner Situation.
Meine Komitee- Anhörung war heute. Eduard Stachel fungierte als Ankläger, ich hatte keinen Verteidiger und konnte auch keine Zeugen benennen oder anhören lassen. Nach der Anhörung, welche nichtöffentlich stattfand, wurde ich als Abtrünniger, der keine Reue zeigt, schuldig gesprochen. Ich wurde förmlich informiert, daß den Anweisungen der Gesellschaft zufolge (wie sie in ORGANISATION FÜR DIE NEUE WELT enthalten sind), die Strafe für Abtrünnigkeit der Tod durch Steinigung ist. Meine Steinigung wird für morgen angesetzt. TAG 126 O.K, dies ist das Ende. Später am Tage werde ich zu meiner Steinigung hinausgeführt
werden. Ich NACHTRAG Alle kamen zu meiner Steinigung, sogar die Kinder. Eduard Stachel verkündete feierlich mein Todesurteil und las dann die Schriftstelle, wo steht daß niemand es seinem Auge leid tun solle und daß die Strafe von Jehova käme, und er nicht ungerecht sei. Niemand tat es leid. Meine einzige Sorge war, daß sie mir die Hände auf dem Rücken zusammengebunden hatten, so könnte ich keine leider Steine zurückwerfen. Nicht sehr sportlich! Das letzte was ich sah, bevor die Lichter ausgingen, war ein ekelhaftes
Grinsen auf Eduard Stachels
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