Geschrieben von Drahbeck am 03. Oktober 2002 14:48:18: Als Antwort auf: Re: Goldhagen geschrieben von c/o Brenken am 03. Oktober 2002
11:15:30:
Dem werten Fragesteller sei wie folgt geantwortet:
Für dieses im Jahre 2001 erschienene Buch, werden nach wie vor 45,00 Euro verlangt. Das
ist mir ehrlich gesagt ein bisschen zu "happig", da auch ich mit meinen
begrenzten Finanzmitteln haushalten muss. Nun könnte ich mich zwar darum bemühen, mir
das Buch aus einer wissenschaftlichen Bibliothek auszuleihen. Dem steht wiederum entgegen,
dass ich bei mir zu Hause noch einen mächtig großen Stapel von ungelesenen Büchern
habe, die ich eigentlich erst einmal aufgearbeitet haben möchte, bevor ich wieder daran
denke, mir zusätzlichen Lesestoff aus Bibliotheken auszuleihen. Zudem ist mit die in
Frage stehende Thematik bereits aus etlichen anderen Büchern ausreichend bekannt, so dass
auch aus diesem Blickwinkel für mich keine überragende Notwendigkeit bestand, mich mit
diesem B...-Buch von immerhin über 1200 Seiten Umfang vorrangig zu befassen. Gleichwohl
habe ich die Fragestellung nun doch zum Anlass genommen, ein etwas günstigeres Exemplar
(trotzdem auch nicht gerade "billig") bei einem Antiquariat jetzt zu bestellen.
Kommt nichts unvorhergesehenes dazwischen (anderweitiger Vorabverkauf) musste es in
einiger Zeit dann eintrudeln. Dann sehen wir mal weiter.
Unabhängig von vorstehendem habe ich angesichts des Vielschreibers B... aber schon im
voraus einen gewissen Verdacht. Diesen Verdacht möchte ich mal mit einem Zitat aus einem
anderen B...-Buch erhärten.
In dem 1995 erschienenen B...-Buch "Der SED-Staat und die Kirche 1983-1991.
Höhenpflug und Absturz" kann man auf S. XXIV lesen:
"Dieses Buch hätte nicht ohne die Hilfe meiner Mitarbeiter geschrieben werden
können. Neben eigenen Archiv-Recherchen brachten sie Berge von Material zusammen".
Dann nennt er einige diesbezügliche Namen und schließt mit dem Schlusssatz:
"Ein ganz besonderer Dank aber gilt meinem Assistenten Gerhard Lindemann, der mir
immer mit Sachkenntnis, Fleiß, konstruktiver Kritik und tatkräftige Mitarbeit zur Seite
stand."
Dies liest man, sofern man es überhaupt liest, nur im "Kleingedruckten." Auf
dem eigentlichen Buchumschlag und in der eigentlichen Titelei indes prankt nur B...'s
Name. Ich nehme mir durchaus die Freiheit, solcherart Praxis als eine gewisse Art von
Schmarotzertum zu bewerten und zu bezeichnen. Der große "Star" B... heimst die
Lorbeeren ein, und andere haben wesentliche Teile der Kärrnerarbeit geleistet, ohne
angemessen gewürdigt zu werden.
Eine ähnliche Feststellung gilt es übrigens auch für das 1992 erschienene Buch
"Pfarrer, Christen und Katholiken" zu machen. Dort sah er sich wenigstens noch
genötigt, im Titel auch einen Koautor mit zu nennen.
Zum jetzt in Frage stehendem Buch. Es trägt den Titel: "Die Kirchen und das
Dritte Reich, Bd. 3, Spaltungen und Abwehrkämpfe 1934 bis 1937".
Mit anderen Worten. Es gibt noch zwei andere Bände. Die erschienen aber unter dem
Verfassernamen Klaus Scholder.
Der Band I von "Die Kirchen und das Dritte Reich" ist eigenverantwortet von
Klaus Scholder geschrieben. Scholder indes verstarb 1985. Das machte sich schon bei Band 2
laut Untertitel "Das Jahr der Ernüchterung 1934. Barmen und Rom" bemerkbar. In
der Grundkonzeption zwar auch von Scholder verfasst, durch seinen Tod bedingt, dann aber
von B... übernommen, der somit für die Endfassung von Band 2 verantwortlich zeichnet.
Band I und II behandeln, wie ausgeführt unter kirchenpolitischen Gesichtspunkten
(primär die Sicht der "Großkirchen" die Jahre 1933 und 1934) und wie weiter
oben ersichtlich soll der dritte Band diese Konzeption bis zum Jahre 1937 fortsetzen.
Entgegen der Titelauskunft, behandelt der Band I nicht "nur" das Jahr 1933,
sondern spannt den Bogen vom Ende des Kaiserreiches bis einschließlich das komplette Jahr
33.
Band II beginnt dann schon mal mit jener Einladung diverser Kirchenfürsten zu Hitler, die
ihren makabren Höhepunkt darin fand, dass Göring ein abgehörtes Telefonat des
Niemöller verlas um so ihn und die Bekennende Kirche zu desavouieren. Übergeleitet wird
dann dazu, dass das Synthesechristentum seinen politischen Stellenwert verloren und
zunehmend jene Oberwasser bekamen, die die "Abrechnung" mit den Kirchen auf ihre
Fahnen geschrieben hatten. Dies dürfte dann wohl im Band III im weiteren behandelt
werden, weil die fraglichen Jahre zugleich auch die Jahre der diesbezüglich zu nennenden
"Deutschgläubigen" Kreise waren. Wohin der "Hase läuft" kann man
schon anhand eines in Band II zitierten zeitgenössischen Gedichtes erkennen (S. 143):
"Wir sind die fröhliche Hitlerjugend
Wir brauchen keine christliche Tugend
denn unser Führer ist Adolf Hitler
ist unser Erlöser, unser Vermittler.
Kein Pfaff, kein böser, kann uns hindern,
daß wir uns fühlen als Hitlerkinder.
Nicht Christus folgen wir, sondern Horst Wessel,
fort mit Weihrauch und Weihrauchkessel.
Wir folgen singend Hitlers Fahnen,
dann sind wir würdig unserer Ahnen.
Ich bin kein Christ und kein Katholik,
ich geh mit S.A durch dünn und dick.
Die Kirche kann mir gestohlen werden,
das Hakenkreuz macht uns selig auf Erden,
ihm folge ich auf Schritt und Tritt,
Baldur von Schirach, nimm mich mit.
Noch eins gilt es anzumerken. Wer erwarten sollte, etwa den
Bibelforschern/Zeugen Jehovas in diesen beiden ersten Bänden dieser Kirchengeschichte,
auch zu begegnen, hat zu registrieren: Totale Fehlanzeige. Alles dreht sich nur um den
Nabel der "Großkirchen" und ihrer Befindlichkeit.
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