Re: Neuwinger


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 31. August 2002 16:36:06:

Als Antwort auf: Re: Frenssen geschrieben von Drahbeck am 14. August 2002 15:34:08:

Friedrich Nietzsche, Pastorensohn, aber eine solche Biographie will erfahrungsgemäß durchaus nichts aussagen über den weiteren Ablauf der Biographie. Nietzsche schon als Hohepriester der Religionskritik apostrophiert. Man kommt nicht umhin, sich auch einmal mit ihm auseinanderzusetzen. Insbesondere dann, wenn man auch aus eigener Einsicht gewissen Grundaussagen des Christentums nunmehr kritisch gegenübersteht. In seinem "Also sprach Zarathustra" beispielsweise, formulierte er auch einige Sätze, die noch heute erklärten Christen "das Blut in den Adern erstarren lassen".
Hinzugefügt sei. Nicht "nur" den Christen. Auch anderen, die sich so nicht verstehen. Bei denen dann aber aus einem anderen Erkenntnisansatz.

In genannter Schrift verlautbarte er unter anderem:
"Tot sind alle Götter: nun wollen wir, daß der Übermensch lebe - dies sei einst am großen Mittage unser letzter Wille - wenn es Götter gäbe, wie hielte ich's aus, kein Gott zu sein! Also gibt es keine Götter. …
Hinweg von Gott und Göttern lockte mich dieser weil; was wäre denn zu schaffen, wenn Götter - da wären!
Gott ist eine Mutmaßung; aber ich will, daß euer Mutmaßen nicht weiter reiche, als euer schaffender Wille. Könntet ihr einen Gott schaffen? - So schweigt mir doch von allen Göttern! Wohl aber könnt ihr den Übermenschen schaffen.
Und nichts anders wußten sie ihren Gott zu lieben, als indem sie den Menschen ans Kreuz schlugen!
Bessere Lieder müßten sie mir singen, daß ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müßten mir seine Jünger aussehen!
Aus Lücken bestand der Geist dieses Erlösers; aber in jede Lücke hatten sie ihren Wahn gestellt, ihren Lückenbüßer, den sie Gott nannten."

Nietzsche sollte die Nazis nicht mehr persönlich kennenlernen. Gleichwohl wurden letztere auch von ihm maßgeblich mit inspiriert. Besonders die Forderung nach dem Übermenschen hatte es ihnen angetan. In ihrer Terminologie dann der "Herrenmensch" den sie rassistisch "begründet" sich zusammenbastelten. Der Nazijargon: "Und heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt" basiert letztendlich auch darauf. Noch anders formuliert (ohne sich auf Nietzsche zu berufen.) Der Sozialdarwinismus, die Ellenbogenphilosophie dass nur der Stärkere überleben darf, war ihre Prämisse.

Hier stand das Christentum in der Tat "im Wege". Sieht man sich beispielsweise die Bergpredigt an, hat man zu konstatieren. Das sind Gegensätze wie Feuer und Wasser. Man muss sich nicht unbedingt auf die Bergpredigt berufen. Gleichwohl sind auch andere schon zu der Erkenntnis gekommen: Ohne Beachtung des Grundsatzes: "Alles was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, dass sollt auch ihr ihnen tun". Ohne Beachtung dieses Grundsatzes ist ein gedeihliches Zusammenleben auf diesem Planeten nur schwer möglich.
Der Sozialdarwinismus und auch Nietzsche hingegen negiert das. Insofern ist es für mich feststehend. Das Nietzsche kein unkritisch zu hinterfragender "Prophet" sein kann. Diese Einschränkung kann jedoch nicht daran hindern, auch seine Fragen die er in Sachen der Gottesfrage formulierte, durchaus ernst zu nehmen.
Ende dieser Vorbemerkung.

Vor 1933 verkauften sich die Nazis als "Christentumsfreundlich". Und die bereits durch die Religionskritik geschwächten Kirchen wollten diese Zweckthese nur zu gerne für "bare Münze" nehmen. Sie wurden schon alsbald auf sehr handgreifliche Art eines anderen belehrt. Spätestens als Hitler seinen "Völkischen Beobachter" Chefredakteur Alfred Rosenberg zum "Beauftragten für die gesamte weltanschauliche Schulung" ernannte, wurde dies auch vor aller Welt offenbar. Noch waren die Kirchen ein gewisser Machtfaktor, so dass es auch danach noch entsprechendes Geplänkel und taktisches lavieren gab. Als jedoch nach 1939 der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war, wurde seitens der Nazis immer weniger "taktische Rücksichtnahmen" genommen.

Ein Dokument hierzu sei einmal genannt. Da gab es einen sogenannten "Nordland"-Verlag. Eigentümer kein Geringerer als Himmlers SS.
In dem wurde 1941 in hoher Auflage das Buch eines gewissen Rudolf Neuwinger verbreitet. In ihm kommt auch wieder der Sozialdarwinismus als dominierende These zum Vorschein. Meine Kritik daran habe ich glaube ich, schon vorstehend genannt. Besagter Herr Neuwinger wollte darin referieren über "Die Herkunft des Christentums. Christliche Lehren Sitten und Gebräuche in religionsgeschichtlicher Beleuchtung."

Ein Motto dieser Webseite lautet auch: Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht begreifen und die Zukunft gestalten. Zur Kenntnis der Vergangenheit, gehört auch die Kenntnis solcher Details, wie denn z. B. in jener Geschichtsphase das Christentum bewertet wurde. Um es noch einmal zu wiederholen. Den darin auch offen zutage tretenden Sozialdarwinismus mache ich mir in keiner Weise zu eigen. Für die Alternative gestellt: Nietzsche oder die Bergpredigt; entscheide ich mich eindeutig für letztere.

Nachstehend zur eigenen Meinungsbildung einmal ein paar Auszüge aus dem genannten Neuwinger-Buch:
"Die vorliegende Schrift ist aus einer Aufsatzreihe hervorgegangen, die unter dem Titel: 'Die Anleihen des Christentums bei den vorchristlichen Religionen. Christliche Lehren, Sitten und Gebräuche in religionsgeschichtlicher Beleuchtung' … 1939 in der Zeitschrift für gottgläubiges Deutschtum 'Nordland' erschien … Während sie dem Spezialwissenschaftler und Fachmann nichts wesentlich Neues bietet noch bieten will. (S. 7)

Die Übereinstimmung zahlreicher Motive aus der Lebensgeschichte Jesu mit derjenigen Buddhas wie die Entlehnung vieler seiner Gleichnisse in den Evangelien aus indischen Texten, hat bereits der Leipziger Philosoph Rudolf Seydel in seinen Schriften über 'Das Evangelium Jesu in seinen Verhältnissen zur Buddha-Sage und Buddha-Lehre' (1882) und 'Die Buddhalegende' (1884) zuerst überzeugend nachgewiesen. Der protestantische Theologe Happel, der die Forschungen Seydels prüfte, mußte deren Ergebnisse bestätigen. (S. 13)

'Ein Stammbaum Josephs kann nimmer zum Stammbaum Jesu werden, wenn Joseph nicht der leibliche Vater Jesu ist', sagt Drews sehr richtig, und der Kaiser Julian brachte in seinen 'Sieben Büchern gegen das Christentum' schon ganz den gleichen Einwand vor. Die Theologen suchen diese Tatsache dadurch zu umgehen und zu verschleiern, daß sie Jesus als rechtlichen Sohn Josephs bezeichnen, was gesetzlich einer leiblichen Abkunft gleichkommen soll. (S. 62)

Ebenso wie in der Geburtsgeschichte Jesu handelt es sich bei seinem Tod und seiner Auferstehung um eine Übertragung astraler Vorgänge ins Menschlich-Historische. (S. 66)

Die Verselbständigung des Heiligen Geistes und seine Einsetzung als Trinitätsperson ist dagegen ziemlich spät erfolgt, im Jahre 381 auf dem Konzil zu Konstantinopel. Die ältesten Kirchenväter kennen den Heiligen Geist als Person noch nicht. (S. 83)

Das Christentum war deshalb zur Zeit seiner Entstehung und Ausbreitung im wesentlichen eine Religion der Massen, des niederen Volks, der Plebs. Es vereinigte die materiell wie geistig Armen in seinen Reihen und trieb mit dem physischen wie psychischen Elend geradezu einen religiösen Kult. Das aber widerspricht nicht nur einer rassenbiologisch und - psychologisch untermauerten Sittenlehre wie der unsrigen, sondern der Natur selbst, von der diese Ethik als von ihrem Ur- und Vorbild allein abgelesen werden kann. Denn die Natur geht überall aristokratisch, nach dem Prinzip der Zuchtwahl zu Werke, indem sie das Leidende, Schwächliche und Kranke ausscheidet und nur das Starke und Gesunde, die höher entwickelten Typen und Formen erhält. Nur so ist der Fortschritt auf leiblichem wie geistigem Gebiete gesichert, und damit das Leben selbst.
Nur die Ethik, die dieses Gesetz befolgt und zum obersten Prinzip des Handelns erhebt, ist deshalb lebenswahr und lebensbejahend, gott- weil naturverbunden und schlechthin 'richtig', jede Sittenlehre, die dieses Gesetz negiert aber ist lebensunwahr, widergöttlich weil naturwidrig und schlechthin 'falsch'. Und zur letzteren gehört, so betrachtet, auch die christliche. (S. 86)

So wurden z. B. die Mithraskultstätten im Laufe der Zeit restlos ausgerottet; denn der Mithraismus war in den ersten Jahrhunderten der Hauptfeind des Christentums, und ihm galt daher auch der Hauptangriff der Kirche. (S. 121)

Im Christentum selbst wurden in den ersten Jahrhunderten der Kirche noch heftige Kämpfe um die endgültige Einsetzung der Hölle als schreckhaftem Erziehungsinstitut geführt, bis schließlich die orthodoxe Richtung den Sieg davontrug. Der 'Ketzer' Origenes (185-254) wollte von einer materialistisch aufgefaßten Hölle und der Ewigkeit der Höllenstrafen nichts wissen und wandte sich mit Nachdruck dagegen. Die Hölle war ihm nicht ein wirkliches, im Jenseits brennendes Feuer, sondern lediglich das schlechte Gewissen, das sich jeder Sünder eben durch seine Sünde im Innern anzündete. (S. 229)

Das Christentum hat den Dämonen-, Geister- und Gespensterglauben eifrig aufgegriffen, gepflegt und weiterentwickelt, war er doch mit eins der besten Beherrschungsmittel der Seelen der bekehrten Völker. (240)

Blicken wir zurück und fassen zusammen. Wir haben auf unserem Wege durch das Labyrinth christlicher Lehren, Sitten und Gebräuche feststellen können, daß die christliche Religion für den Gesamtkomplex ihres theologisch-ethisch-kultischen Gebäudes nichts an originellem Gut zu bieten hat. Sie hat, was sie lehrt, übt und gebraucht, übernommen, umgebildet und es nicht immer zum Besten der Sache, der Frömmigkeit und des menschlichen Geistes weiterentwickelt. (242)

So wird man zu dem Schluß kommen und gestehen müssen, daß das Christentum für uns Deutsche das gefährlichste Einfallstor nicht nur des jüdischen, sondern des fremdrassischen Geistes-, Glaubens- und Gedankengutes überhaupt geworden und gewesen ist … (S. 243)"

Nach 1945 sollte die "Sternstunde" dieser Argumentationsart erst mal abrupt ihr Ende finden. Besonders die Siegermacht USA ließ es sich angelegen sein, die Deutschen erneut zu "christianisieren". Einer ihrer diesbezüglichen "Exportschlager" heißt bekanntlich auch Zeugen Jehovas. Letztere zeichnen sich auch besonders dadurch aus, in Sachen Religionskritik Analphabeten (Nichtwisser) zu sein. Die in Deutschland vertretenen Großkirchen hingegen, haben sich durchaus mehr oder weniger schlecht gekonnt, namentlich durch ihre Universitätstheologie, auch mit der Religionskritik schon auseinandergesetzt. Nicht so die Analphabeten namens Zeugen Jehovas. Ob sie auf Dauer diese ihre Linie so durchhalten können, erscheint mir so ausgemacht indes noch nicht zu sein.

Noch eins der Sozialdarwinismus. Das aufdrücken wollen der eigenen "Heilssicht" und das verteufeln derjenigen die mit ihr nicht übereinstimmen, hat offensichtlich zwischenzeitlich die Fronten gewechselt. Die heute führenden Sozialdarwinisten sitzen nämlich in Washington im Weißen Haus und im Pentagon, zuzüglich ihrer nicht wenigen Hilfstruppen!


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