Ich sehe was, was du nicht siehst...


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Jochen am 08. Februar 2008 23:48:

"Ne, erzähl mal das soll biblisch sein?", frage ich mich in letzter Zeit des öfteren, ohne das ich mich eigentlich aufregen will. Wie kommt es dazu?
Nein, ich reg mich eigentlich eher selten auf. Man sagt ich sei gutmütig und tolerant, und das auch wenn nicht immer alles im Leben glatt läuft. Doch wehe ich erlebe Menschen in meinen näheren Umfeld, die nicht so sind - auch wenn diese (sich selber als "christlich" titulierend wohlgemerkt) eigentlich anders verhalten sollten... irgendwie "christlicher" eben. Ich reg mich nicht über solche auf, die ohnehin zugeben nur den Namen nach Christen zu sein, welch ja im Grunde das tun was jeder normale Mensch macht; jeder macht eben "sein Ding" auf seine Art.
Ne, ich reg mich schon speziell über diejenigen auf, die behaupten Jesu einzig wahre Nachfolger und Gottes einzig wahre Anbeter zu sein. Meist reg ich mich dann darüber innerlich auf, stau alles auf.... richtig - bis es platzt. Bis was kommt, was den Fass den Boden ausschlagen lässt, wie man so schön sagt. Eher selten, aber es scheint bei mir wieder mal so weit zu sein.
Schon etwas länger bezeichne ich mich als kein Mitglied der Organisation der Wachtturmgesellschaft mehr - Gott liegt mir am Herzen, das wohl. Auch die Bibel betracht ich schon mal sehr gern und unterhalt mich auch gern mit anderen Menschen darüber - mag der eine oder andere das nun belächeln wollen - mir egal ich steh dazu und lächle zurück.
Die Intoleranz gegenüber "Ungläubigen", was eigentlich ausschließlich alle Nicht-Jehovas Zeugen betraf, auch wenn diese sich als "Wir-Sind-Sehr-Wohl-Gläubige" bezeichneten, welche von Hause aus versucht wurde mir anzuerziehen, hatte mich schon jahrelang innerlich verformt, was ebenso ein paar Jahre dauerte bis ich schließlich vermochte diese "Brille" abzusetzen.
Hinterher weiß man mehr, so das das Lehrreiche an der Sache ist, das man für sich selber es gar nicht als Intoleranz all die Jahre lang bezeichnete. Wieso nicht? Nun, auch das lag an dieser gewissen "Brille".
Mit Hilfe dieser "Brille" konnte ich immerhin die Wahrheit erkennen!
Dank der Brille, wusste ich (so dachte man), das alle anderen Menschen im Grunde genommen blind sind und Jehova gar nicht kennen.
Diese Brille fokussierte meine Toleranz auf meine damaligen Glaubensbrüder und Schwestern - was an Liebe außerhalb der Versammlung ging, da fungiert diese Liebe als Vergrößerungsglas, indem das Predigtwerk als das Liebeszeugniss der Jehovas Zeugen schlechthin, ins Sichtfeld gerückt wird.
Als ich noch von Tür zu Tür ging, wollte ich eigentlich allen möglichen Leuten einen Blick durch meine Brille gewähren. Ich, als von Gott eingesetzter Optiker, wollte das die Menschen sich gewahr werden, das diese genauso eine Brille brauchen wie ich!
Wenn du dir jetzt sagst, das es Menschen gibt die eigentlich gar keine Brille brauchen, wie lassen diese sich denn dann zum Brillenträger "bekehren"?
Gute Frage.
Vielleicht hat das was damit zu tun, was meine Mutter immer sagte:
"Setzt nicht Omas Brille auf, sonst gehen deine Augen kaputt"
Hinter diesen Worten steckt eine Menge Wahrheit. Zunächst einmal ist es ja bei einem gesunden Augen so, das sämtliche Objekte als Lichtquelle wahrgenommen werden und aufgrund der gekrümmten Form der Linse diese "Lichtinformationen" an den Brennpunkt auf dem Sehnerv treffen, welcher veranlasst das unser Gehirn diese Informationen als Bild verarbeitet.
Wenn ich also auf Mutters Worte nicht gehört habe und mit meinen gesunden Augen trotzdem die Brille auf die Nase setze, dann passiert es, das das Gehirn das Auge veranlasst sich an diese neue "Lichtbrechung" zu gewöhnen - es versucht diese auszugleichen indem es sich verformt (z.B zieht die Augenmuskulatur bei Kurzsichtigkeit den Glaskörper in eine ellipsenartige Form), da der Brennpunkt sonst nicht mehr punktgenau auf den Sehnerv trifft. Hätte ich damals Omas Brille also ein paar Stunden lang getragen, dann wäre irgenwann der Gewöhnungseffekt eingetreten - das Auge hat sich also an diese neue Sichtweise gewöhnt, es hätte sich verformt damit ich wieder was erkenne.
Macht man das ein paar Tage, mit gesunden Augen eine Brille tragen, dann kann es passieren, das man über den Gewöhnungseffekt hinaus gerät. Die Augenmuskulatur hat sich u.U. bereits verkrampft oder dermaßen verspannt, das diese sich nicht mehr so ohne weiteres in ihre Ursprungsform zurückbegeben kann. Man kann also in dem Fall von einer Art "erworbener Kurzsichtigkeit" reden, man trägt also u.U. sein Leben lang diese Brille, damit man wenigstens noch was sehen kann.
Dieses Faktum im Hinterkopf behaltend:

Lied 192 - aus dem Liederbuch der Jehovas Zeugen

Die Königreichswahrheit bekanntmachen

1. Wir konnten einst nicht deutlich sehn
den Weg, den jeder Christ muß gehn.
Doch sandte Gott der Wahrheit Schein,
sein Licht, das strahlt so klar und rein.
2. Das Vorrecht wir erkannten dann,
Theokratie zu künden an,
Jehovas Ruhm noch zu vermehr’n,
sein’ großen Namen so zu ehr’n.
3. Wir rufen gern die Botschaft aus
auf Straßen und von Haus zu Haus,
sind zum Studieren stets bereit,
zu lehr’n die Wahrheit, die befreit.
...

Nur mal diese drei (von vier) Strophen. Aus diesem Lied ( Autosuggestion in "Wir"-Form) kann man beispielhaft das Muster erkennen, wie man eigentlich, um bei der "Brille" zubleiben, zu der erworbenen Kurzsichtigkeit gelangt ist, zu der man den allgemeinen Jehovas Zeugen gratulieren darf:
Durch das Wecken des Bedürfnisses nach einer Brille (auch wenn dieser eigentlich keine braucht).
Ungelogen - ein Ältester sagte bei einer Dienstzusammenkunft einmal folgenden Satz:
"Die Menschen wissen gar nicht wie sehr sie im dunklen sind. Genauso wie ein kurzsichtiger erst weiß das er kurzsichtig ist, wenn er eine Brille ausprobiert."


Zu "Wecken von Bedürfnissen" empfehle ich folgenden Link.

http://www.rhetorik.ch/Beeinflussen/Beeinflussen.html

Eine kurze und prägnante Seite, und sehr informativ zu diesem Thema passend.

Das Wecken von Bedürfnissen ist somit eine Beeinflussungsmechanik oder Technik, mit der man versucht Menschen zu etwas zu bewegen, was diese vorher eigentlich gar nicht wollten.
Geht der allgemeine Jehovas Zeuge bewusst so vor? Nein, eher nicht. Er wird nur ermuntert den Empfehlungen der Wachtturmgesellschft nachzugehen, die mit der Materie der menschlichen Manipulation ja immerhin schon jahrzehntelange Erfahrungen mit sich bringt.
Wie empfielt es die Wachtturmorganisation an den Türen der Menschen vorzugehen?

Unterredungungen anhand der Schriften, Einleitungen für den Predigtdienst:

ALTER/TOD
• „Haben Sie sich je die Frage gestellt, warum wir alt werden und sterben? Einige Meeresschildkröten leben Hunderte von Jahren. Gewisse Bäume werden Tausende von Jahren alt. Aber der Mensch lebt nur 70 oder 80 Jahre und stirbt dann. Haben Sie sich je gefragt, warum? . . . [Röm. 5:12]. Wird sich das je ändern? . . . [Offb. 21:3, 4].“
• „Haben Sie sich schon einmal mit der Frage beschäftigt, ob mit dem Tod alles vorbei ist? Oder ob es irgend etwas nach dem Tode gibt? . . . Die Bibel klärt jede Frage, die wir in bezug auf den Tod haben mögen [Pred. 9:5, 10]. Sie weist auch darauf hin, daß für gläubige Personen eine echte Hoffnung besteht [Joh. 11:25].“ (Siehe auch Seite 409—415 und 134, 135 unter den Themen „Tod“ und „Ermunterung“.)

BESCHÄFTIGUNG/WOHNVERHÄLTNISSE
• „Wir sprechen mit unseren Mitmenschen darüber, was getan werden kann, damit stets für alle genügend Arbeit und Wohnraum vorhanden ist. Kann man vernünftigerweise erwarten, daß die Regierungen dafür sorgen werden? . . . Aber es gibt jemanden, der diese Probleme lösen kann; das ist der Schöpfer der Menschheit ...
• „Wir sprechen mit unseren Mitmenschen über eine gute Regierung. Die meisten Menschen wünschen sich eine Regierung, die frei von Korruption ist, allen eine Arbeitsmöglichkeit gibt und für jeden gute Wohnverhältnisse schafft. Welche Art von Regierung könnte Ihrer Meinung nach all das bewirken? . . .
______________

usw. usw.

Die Wünsche der Menschen werden angesprochen, um das Herz zu bewegen.
Es wird bewusst die Gefühlsebene angesprochen.
Bedürfnisse werden geweckt.
Wünsche werden als erfüllt in Aussicht gestellt.
Was man vorher nicht sah, wird sichtbar gemacht.
Eine neue Idee wird in den Sinn gelegt, die vorher nicht da war.
"Ein erster Blick" durch die Brille...

Dann folgt die Angewöhnungsphase - das bisherige Sehvermögen wird verformt. Es werden Wahrheiten aus der Bibel betrachtet - nicht alles was die Zeugen lehren ist falsch. Nicht zu morden oder nicht fremd zu gehen sind einige Betrachtungen an die sich das Auge leicht gewöhnen kann. Es sind die leicht zu erfassenen Themen, die Anfangs viel Freude bereiten mögen, da so mancher hier zum ersten mal in seinen Leben den Wunsch zu verspüren mag, ein relgiöses Leben zu führen.
Immerhin hat man kennengelernt, das Gott "das Beste für die Menschen will", wie es ja auch immer wieder in den Heimbibelstudienhilfsmittel erwähnt wird.
Die Liebe die man vielleicht noch dabei empfinden mag, verknüpft das sehen noch mehr mit den Wunsch diese Brille behalten zu wollen.
"Wir waren überglücklich, als wir von ihm einen Brief mit den Worten erhielten: „Ich habe die Wahrheit gefunden, abonniert die Zeitschriften für mich.“ Heute sind er und seine Angehörigen treue Diener Jehovas." (Der Wachtturm 01.12.2003)
Man beginnt das vorher gesehene nur nocht mit Hilfe der Brille betrachten zu wollen, da man ja bisher so viel positives mit Hilfe der Brille erkannt hat.
Was folgt ist die Bindung an der Brille:
Erworbene Kurzsichtigkeit. Man beginnt Dinge nur noch mit Hilfe der Brille sehen zu können. Ja man möchte die Bibel nur noch so lesen können, wie es die Brille erlaubt. Die Brille stellt deine Sicht richtig. Die Brille hilft dir die Dinge richtig zu sehen. Was du durch die Brille siehst ist die Wahrheit.
Doch in Wahrheit ist das Wahrnehmen verformt - das was eigentlich der Zweck manches Bibelverses ist, wird entstellt. Die Wahrheiten aus der Phase der Eingwöhnung haben sich kaum trennbar mit den Halbwahrheiten vermischt. Man liest weitmehr auch zwischen den Zeilen, wenn es die persönliche Meinung stützt. Man sieht mehr in manchen Vers geschrieben, als da steht. Leute ohne Brille sind blind, babylonische Sünder und freidenkende Christen.
Nur Brillenträger leben ewig. Und wer sich "lasern" lässt ist ein Abtrünniger. Ich reg mich auf!

http://www.myvideo.de/watch/985415



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