Korrumpierbar


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 11. Mai 2002 16:47:49:

In der örtlichen Regionalpresse waren sie ein Thema zwischen dem 26. - 30. März 1993 geworden. Wer wohl? Nun die Zeugen Jehovas in Selters.
Einige Artikelüberschriften:
"Kreiselternbeirat: Paktieren mit Zeugen Jehovas legalisiert Form von Sklaventum"
"Kreiselternbeirat kritisiert Handel zwischen Selters, dem Kreis und den Zeugen Jehovas".
Was konnte man als sachliche Substanz aus diesen Artikeln entnehmen? Einige Zitate:

"Als die Wachtturm-, Bibel- und Traktatgesellschaft Ende der 80er Jahre daranging, ihre Einrichtungen auf dem Steinfels zu erweitern, schloß sie mit der Gemeinde Selters einen Vertrag über dafür zu erbringende Finanz- und Sachleistungen. Dazu gehörte unter anderem auch die Anschaffung einer Drehleiter für die Freiwillige Feuerwehr, der der Brandschutz für die Anlagen auf dem Steinfels übertragen wurde, anstatt eine eigene Werksfeuerwehr zu bilden.

Im vergangenen Jahr hatte die Gemeindevertretung eine Änderung des Bebauungsplans für das Steinfels-Gelände genehmigt, um der Wachtturm-Gesellschaft die Erweiterung ihrer Druckerei und die Schaffung zusätzlicher Lagerflächen zu ermöglichen. In Erweiterung des früheren Vertrags erklärten sich die Zeugen Jehovas bereit, der Gemeinde 400 000 Mark für Investitionen zur Verfügung zu stellen und den Anbau eines Realschultraktes an die Mittelpunktschule kostenlos auszuführen.

Auf dieser Basis wurden nun zwischen der Gemeinde und der Wachtturmgesellschaft und dem Kreis Gespräche und Verhandlungen geführt, die, so der Selterser Bürgermeister Dr. Norbert Zabel, kurz vor dem Abschluß stehen …

Die Planung für die Erweiterung der Schule um sechs Klassen obliegt dem Kreisbauamt. Bauträger wird, so Bürgermeister Zabel, die Gemeinde sein, während der Kreis die Materialkosten von etwa 400 000 Mark übernimmt … Die Bauarbeiten soll nach Auskunft des Bürgermeisters ein ehemaliger Bauunternehmer ausführen, der zu den Zeugen Jehovas gehört. … Die Beteiligung der Zeugen Jehovas ist der Hauptkritikpunkt des Kreiselternbeirats…

Genauso schwer wiegt für den Kreiselternbeirat die Struktur der Zeugen Jehovas: 'Wer sich über diese Sekte informiert hat, weiß, daß zwischen den Lebensumständen der einfachen Sektenmitglieder und denen der Sklaven zur Zeit der Antike Ähnlichkeiten nicht zu leugnen sind. Diese Menschen arbeiten für Essen, Trinken und Unterkunft … Früher oder später fallen sie der Sozialhilfe anheim."

Der eben zitierte Artikel endet dann mit einem gleichfalls müden Dementi seitens der Zeugen Jehovas, zu den vorstehend skizzierten "Lebensumständen".
Ein weiterer, namentlich von Heinz Zimmermann gezeichneter Pressebericht vom 27. 3. 1993 berichtet:

"Gleichwohl ihr Reich nicht von dieser Welt ist, so verstehen sie doch gut, auf derselben ihre Interessen geschickt durchzusetzen, die Zeugen Jehovas, die … mit ihrer Deutschland-Zentrale auf dem Steinfels zwischen Niederselters und Eisenbach residieren. Jüngstes Beispiel waren die hunderttausend Mark Zuschuß, die man mal so eben der Gemeinde Selters zur Erweiterung der Wasserversorgung zukommen ließ … Und auch die reine Genehmigung ihres riesigen Bauprojektes, das jetzt seiner Vollendung entgegen geht, ließen sie sich Millionen kosten.

Auf rund 50 Millionen Mark schätzen Experten die Kosten für die Erweiterungsbauten auf dem Steinfels. Konkret wird die Druckerei, die schon vor 14 Jahren als eine der modernsten Europas galt, um die Hälfte vergrößert. Dafür benötigt man dann 200 weitere Mitarbeiter, womit die Gesamtzahl der dort Lebenden auf fast 1000 ansteigt.

Alles Mitglieder der Religionsgemeinschaft, die dort für Gotteslohn arbeiten. Um die Neuen unterzubringen, sind auch zwei weitere Wohnsilos geplant. Abgerundet wird das Projekt durch Tiefgaragen.

Ein Heer von 15 000 Glaubensbrüdern hatte Anfang der 80er Jahre auf dem Steinfels bereits einen riesigen Gebäudekomplex errichtet. … Auf 300 000 Quadratmetern wurden Werkstätten, Verwaltung- und Wirtschaftsgebäude, sowie fünf Wohnhäuser für anfänglich 500 Mitarbeiter geschaffen und 40 000 Bäume und Sträucher neu gepflanzt. … Niemand wollte sagen, wie hoch die Kosten waren, doch Experten schätzen an die 150 Millionen Mark … Doch schon bald waren die Räumlichkeiten auf dem Steinfels zu klein …

Vorsorglich hatte man auch bereits 50 Hektar Land gekauft. Doch es stellte sich heraus, daß die Erweiterung des Druckhauses außerhalb des bis dahin gültigen Bebauungsplanes lag. Die Änderung des Planes ließ sich die Gemeinde Selters durch einen Millionenbetrag und den Kauf eines Feuerwehrautos mit einer besonders hohen Drehleiter teuer bezahlen.

Gleichwohl herrscht nicht nur räumlich große Distanz zwischen der Wachtturmgesellschaft und der weltlichen Gemeinde. Dies hängt unter anderem auch mit der Art und Weise zusammen, wie einige Sachen von der Religionsgemeinschaft behandelt werden …

Auf zwei Gebieten sind die Zeugen zudem derzeit in die Defensive geraten. Zum ersten mal müssen sie für einige Bereiche ihres Unternehmens erstmals Steuern zahlen. Zum anderen laufen derzeit (einige) Verfahren von früheren Mitarbeitern auf Nachzahlungen für die Rentenversicherung. Denn auch die Altersversorgung wurde unter "Gottesdienst" abgehakt."

Ein weiterer Presseartikel desselben Autors vom 30. 3. 1994, kommt besonders auf das schon genannte Projekt Schulerweiterung zu sprechen.

"Bürgermeister Norbert Zabel sieht in dem Handel, der vor geraumer Zeit auch im Gemeindeparlament eine deutliche Mehrheit fand, nur Vorteile. …

Soweit wäre kaum etwas einzuwenden. Jetzt kommen aber die Zeugen Jehovas ins Spiel: ein ehemaliger Bauunternehmer, der Mitglied der Sekte ist, soll zusammen mit freiwilligen Helfern … den Anbau hochziehen. …

Der Gemeinde Selters sollen dabei keine Kosten entstehen und der Kreis bezahlt lediglich das Baumaterial: 400 000 Mark stehen dafür im diesjährigen Haushalt, der mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Gewußt haben alle von dem Deal, wie SPD-Sprecher Helmut Jung bestätigt, der jetzt aber 'skeptisch ist und lieber nichts mehr damit zu tun haben will'.

Sowohl die SPD wie auch seine Partei seien anfangs gegen dieses Abkommen gewesen, meint Klaus Wegricht von den Grünen. Als sich dann SPD und CDU in Richtung 'große Koalition' bewegten, haben die Sozialdemokraten wohl die Kröte geschluckt. Landrat Fluck habe ursprünglich sogar noch einmal mit den Zeugen Jehovas verhandeln wollen, damit die auch noch die Kosten für die Baumaterialien übernehmen, es dann aber unterlassen, um die Vereinbarung mit der CDU, deren Sprecher im Kreistag ja Norbert Zabel ist, nicht zu stören.

Für den Kreiselternbeirat stellt sich nun die Frage, so Achim Göbel aus Weilmünster, 'wie in diesem Stadium ein Bauunternehmer ohne Abgabe eines Angebotes mit der Bauausführung beauftragt werden kann. Für die Vergabe eines Bauvorhabens der öffentlichen Hand ist eine öffentliche Ausschreibung zwingend vorgeschrieben. Nach Aussage von Herrn Richard (Leiter des Kreisbauamtes) ist eine solche Ausschreibung nicht erfolgt und soll auf Grund des Vertrags zwischen Kreis und Gemeinde auch nicht erfolgen. …

Wer sich über die Struktur dieser Sekte informiere, so meint dagegen der Kreiselternbeirat, wisse, daß zwischen den Lebensumständen der einfachen Sektenmitgliedern und den Sklaven der Antike Ähnlichkeiten nicht zu leugnen seien …

Und weiter: 'Wer in Kenntnis der Fakten mit dieser Sekte paktiert, akzeptiert und legalisiert nicht nur diese Form des Sklaventums, sondern wird auch korrumpierbar. Das gilt auch für die Annahme von Geschenken in Form von Feuerwehrautos, wie in Selters geschehen.'"


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