Re: der dritte Himmel


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Orazio di Bella am 03. Januar 2008 18:09:02:

Als Antwort auf: Re: der dritte Himmel geschrieben von + am 03. Januar 2008 11:46:04:

Der dritte Himmel kommt sehr wahrscheinlich aus gnostischem Gedankengut und nicht aus der alttestamentarischen Kultur.

Aber auch die umgekehrte Annahme ist gültig:
Der "dritte Himmel" ist nicht eine Einfügung Markions (laut Kirche hat Markion die Paulusbriefe verfälscht), sondern ein Überbleibsel von der Originalfassung, die dann orthodox von Antimarkioniten in die heutige Form abgeändert wurde.

Es ist sogar sehr unwahrscheinlich, dass ein ketzerisches Element in einen vorhanden korrekten Text einfliesst, wenn das Erscheinen des gnostischen Textes sofort Widerspruch hervorrief. Hätte der markionitische Text der Paulusbriefe gegen eine orthodoxe katholische (die aktuelle Fassung) gestanden, wäre niemals etwas daraus in den suaberen Text gekommen. Dafür hätten die Wächter der "richtigen" Fassung gesorgt!

Wenn es aber trotzdem geschehen ist (und das ist nicht die einzige Stelle, denn die Paulusbriefe enthalten viel mehr Begriffe und Vorstellungen, die nicht immer komplett umgebogen wurden), ist es (zusammen mit den anderen Stellen (Gott der Finsternis, etc., Geist gegen Buchstabe) ein Indiz dafür, dass Paulus eine so grosse gnostische Gestalt war, dass sie nicht verketzert werden konnte, sondern assimiliert werden musste.

Dass Johannes ähnlich klingt, hat denselben Grund: Die Johannestexte stammen wohl aus Zirkeln, die dem Gnostizisumus nahestanden.

Die Texte sprechen für sich: Hinter jedem steckt eine ganz bestimmte Auffassung, aber anders als es Fundamentalisten darstellen, ist es nicht nur eine Absicht oder ein unterschiedlicher Adressat, sondern eine unterschiedliche Theologie die jedem zugrundeliegt.
Das Neue Testament ist also nicht im Geringsten eine Sammlung von Texten einer einzigen Urkirche, sondern eine Sammlung "korrigierter" Texte verschiedener unterschiedlicher und unter sich verfeindeter Kirchen, die dann unter der Schrimherrschaft der letztendlich gewinnenden und überlebenden Kirche in unsere Zeit gelangt sind.


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