Re: Über Wunder, Jahrbücher und die Ernüchterung des "J. M."


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 05. Dezember 2007 11:05:38:

Als Antwort auf: Re: Das Problem des "J. M." geschrieben von Drahbeck am 26. November 2007 07:55:26:

In der CV 228 gelesen.

In der genannten Ausgabe wird unter dem Namenskürzel J. M. unter anderem ausgeführt

Neben mir liegt das Jahrbuch der Zeugen Jehovas vom Jahre 1987. Ich habe es eben durchgelesen und zur Seite gelegt. Viele Tage habe ich gebraucht, um es durchzulesen, denn zu oft wurde ich nachdenklich beim Lesen und meine Augen sahen nicht mehr die Zeilen, sondern im Geiste die Geschehnisse, wovon das Jahrbuch schreibt. Man sollte meinen, Jahrbücher sind seriös und ernst zu nehmen - trifft das aber auch auf ein Jahrbuch der Wachtturmgesellschaft zu? Ich zweifele.

Daß heute noch Wunder geschehen müssen, wie in biblischen Zeiten, um Menschen von der Existenz Gottes zu überzeugen, ist doch bestimmt nicht mehr nötig; und sie gibt es doch wirklich auch gar nicht mehr. Und doch berichtet das Jahrbuch, daß in Zaire so was geschah! Durch ein Wunder bekamen Zeugen Jehovas das begehrte Fußballstadion für ihren Kongreß, weil Jehova die "alle möglichen Hindernisse, die auftraten, aus dem Wege räumte." Vor und nach dem Kongreß gab es viel Regen und Überschwemmungen, aber während der vier Tage des Kongresses regnete es nicht. Am Freitagabend wollte eine koreanische Fußballmannschaft ein Spiel veranstalten, aber der Kongreß brauchte deswegen nicht unterbrochen werden, weil die ganze Mannschaft durch einen Virus magenkrank wurde und ihr Spiel absagen mußte. Von all diesen Zufälligkeiten überwältigt, sagte der Verwalter des Stadions: "Ihr Gott ist mächtig und sie müssen sehr inbrünstig gebetet haben."

Ich mußte unwillkürlich an Sanherib und Hiskia denken, der auch inbrünstig zu Jehova im Tempel betete, weil Sanherib die Stadt bedrohte und Jehova erhörte Hiskias Gebet und 185 000 Assyrische Krieger starben in einer Nacht. Da hatte ja die Fußballmannschaft noch mal mächtig Glück gehabt, wenn sie hoffentlich wieder gesund wurde. Aber noch von anderen Wundern gemäß dem Verständnis von Zeugen Jehovas, wirkte Jehova für sein Volk in unserer Zeit.

Bekanntlich soll ja der Wachtturm die Speise Jehovas für sein Volk sein, und sie wurde für die Brüder in der Schweiz während des Krieges knapp. Da schmuggelten Brüder - und Jehova wurde dafür gedankt - aus Schweden schwedische Wachttürme in die Schweiz und im handumdrehen lernte eine Schwester schwedisch und übersetzte sie, so daß keiner in der Schweiz verhungern brauchte. Daß alle Schmuggeleien immer überhaupt so gelingen, verdanken Zeugen Jehovas auch der Fürsorge Jehovas, aber meine Meinung dazu ist doch mehr, daß der Teufel eher nicht genug auf Draht war oder nicht überall genügend aufpaßte, weil er ja während des Krieges sowieso überall viel zuviel zu tun hatte, und die paar Zeugen Jehovas ihm bestimmt nicht die größten Sorgen bereiteten.

Daß Zeugen Jehovas in Puerto Rico und Trinidad, und gemäß der Tabelle auch in vielen anderen Ländern, so enorm an Zahl gewachsen sind, sollte man wohl weniger als ein Wunder ansehen, als vielmehr als ein Ergebnis ihrer eifrigen Predigttätigkeit und ihrer schönen bunten Bücher und ihrer Paradiesversprechungen.

Das Wunder der Bautätigkeit der Zeugen Jehovas weltweit braucht wohl nicht noch mal erwähnt werden, denn davon wird schon wirklich viel im Wachtturm und Erwachet geschrieben; denn es ist tatsächlich schon ein Wunder, wenn man in nur zwei Tagen fix und fertig Königreichssäle aufbauen kann.

Verwunderlich fand ich, wie die Gesellschaft ihre eigenen Lehren aus der Vergangenheit, besonders von 1925, sieht. Es wurde doch stets deutlich, mit Bibelversen bewiesen, gelehrt, was in besonderen Jahren z.B. 1914, 1925, 1975 zu geschehen hat, und es ist doch nur natürlich, wenn treue Anhänger daran glauben. Doch nun werden die Enttäuschten jener Jahre so hingestellt, als wenn sie selbst daran Schuld sind; warum haben sie auch daran geglaubt, daß alles wahr ist, was geschrieben wurde. Ich glaube jetzt, daß die überwiegende Mehrheit der Zeugen Jehovas eigentlich nie so richtig alles geglaubt haben, was sie gelehrt wurde und selbst weiter lehrten. Oder sie sind sich in ihrer geistigen Beschränktheit dessen gar nicht bewußt, was sie glauben, und nur so können sie es aushalten.

Ich dagegen glaubte wirklich an 1975, wie auch überhaupt allem, was die Gesellschaft lehrte, bis sie mich schließlich selbst für meine Leichtgläubigkeit bestrafte und mich aus ihrem Paradies hinauswarf, und jedem ihrer Anhänger bei Strafe verbot, mich zu grüßen und - o Wunder - alle halten sich auch daran.
Ich sprach mal - vor vielen Jahren - mit einer durchaus intelligenten Schwester aus Westberlin - ihr Bruder war eine bekannte Persönlichkeit in der westdeutschen Regierung, auf den sie auch stolz war - die felsenfest davon überzeugt war, daß die Brüder, die das Werk von Brooklyn aus leiten, alles genau wüßten, auch wann das endgültige Ende dieser Welt ist, bloß sie dürfen es jetzt noch nicht bekanntgeben. Ich war zwar skeptisch, aber widersprach dem nicht. Heute weiß ich es besser: Die da oben wissen auch nicht mehr als wir, machen bloß den Mund mehr auf, und wir Schafsköpfe lauschen mit beiden Ohren, leider oft ohne Verstand. Raymond Franz hat in seinem Buch mehr offenbart als alle Jahrbücher der Zeugen Jehovas zusammen ...

Zusammenfassend kann ich nur sagen: Die Jahrbücher der Zeugen Jehovas befriedigen nicht! Mehr Objektivität und Sachlichkeit wünsch ich mir von solchen Büchern. Geschmacklose Witzigkeit bzw. dümmlicher Humor oder Zurschaustellung eigener Schläue passen nicht zu Jahrbüchern, wenn sie seriös sein sollen.
Zeugen Jehovas haben keinen Grund, sich selbst in den Himmel zu heben; sie sind hier auf der Erde und ein Teil dieser Welt, und deshalb im Prinzip genau wie alle anderen. Wo andere christliche Religionen einen Grund für den Glauben an Gott gelegt haben, darauf bauen sie ihren Erfolg, jedoch zeigen sie keine Dankbarkeit für die geleistete Vorarbeit als nur Gehässigkeit. An solche Art Wunder, wie das Jahrbuch berichtet, sollten Zeugen Jehovas lieber nicht glauben, es wäre besser für sie .


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