Re: "GEMEINSCHAFTSENTZUG"


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von X am 16. September 2007 12:36:31:

Als Antwort auf: Re: "GEMEINSCHAFTSENTZUG" geschrieben von X am 15. September 2007 12:21:36:

Zitate:
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Brücke zum Menschen 1990/I 101/102 S.33,34

1 Quellenangaben siehe Seite 37

IV. Der ,Gemeinschaftsentzug' der Zeugen Jehovas:

Ursachen und Folgerungen

Es ist eine bei menschlichen Gruppen häufig zu beobachtende Erscheinung, daß sie ein ,Wir-Gefühl' aus der Abgrenzung gegenüber anderen Menschen und Gruppen entwickeln.

Die Existenzberechtigung der eigenen Gemeinschaft ergibt sich diesem Ansatz zu folge aus dem Anderssein.

Dies gilt auch für eine Vielzahl religiöser Gruppen, insbesondere des fundamentalistischen Typs.

An den Zeugen Jehovas wird es besonders deutlich:

Sie leiten ihr Selbstverständnis im hohen Maß aus dem Gegensatz zur ,Welt' ab (hier im umfassenden Sinn als Synonym für das ,satanische System' verstanden).

Ich meine, ein großer Teil der Anhänger ,der Organisation' wird gerade deshalb von ihr angezogen, weil sie sich als ,Gegenkultur' zur allgemeinen Gesellschaft zu präsentieren vermag.

Die Zeugen Jehovas stellen eine besondere Abart des christlichen Fundamentalismus dar.

Sie haben mit dem, was sich in den USA zu Beginn des Jahrhunderts formierte, im Glaubens- und Denkansatz manches gemeinsam.

Im protestantischen Rahmen stellt der Fundamentalismus eine Gegenbewegung zu der als verderblich angesehenen Anpassung an die Moderne dar.

Den Verlust oder zumindest die Infragestellung aller - auch religiösen - Gewißheiten im offenen gesellschaftlichen Diskurs empfand man als Verrat am christlichen Glauben.

Dagegen setzte man feste Grundlagen, die eben nicht hinterfragt werden durften (daher ,fundamentals' [engl.] = Grundlagen; nach einer ab 1910 veröffentlichten Schriftenreihe), im protestantischen Fundamentalismus auf die ,wörtlich-buchstäbliche irrtumslose Unfehlbarkeit der heiligen Schrift'[1]

Der Fundamentalismus der Zeugen Jehovas überbietet den ,Mainstream-Fundamentalismus' durch die zusätzliche (und für ihren Glauben entscheidende) Annahme, Gott wirke nur durch die Zeugen Jehovas als Organisation, unter Führung des ,treuen und verständigen Sklaven' (de facto ihre derzeit aus 12/13 Männern bestehende ,leitende Körperschaft' - vgl. ,Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1986', S.255).

Diese ideologische Grundlage ihrer Existenz muß die Führung gegen jede Infragestellung und jeden Zweifel vereidigen.

Davon hängt für sie alles ab:

ihre nahezu uneingeschränkte religiöse Macht über ihre Anhänger und das normalkapitalistische Funktionieren ihres Verlagsunternehmens mit seinen Druckereibetrieben und Verkaufsagenturen (Zweigbüros) rund um den Globus, den Tausenden kaum bezahlter Mitarbeiter und dem millionefachen Ausstoß von Druckerzeugnissen.

Dazu benötigt sie das Millionenheer der Gläubigen, die diesem Anspruch bedingungslos glauben und gegen jede Kritik immunisiert sind, als garantierten Absatzmarkt für die Verlagsprodukte und als unentgeldlich tätige freie Mitarbeiter.

Diese freien Mitarbeiter bindet das Unternehmen ideologisch an sich:

Man bezeichnet ihre Tätigkeit für den Verlag als ,Predigtdienst', d.h. das Verkaufen der Druckschriften und die Gewinnung neuer freier Mitarbeiter wird in religiöser Überhöhung dieses Tuns als Erfüllung des göttlichen Auftrages ausgegeben und mit dem Versprechen einer künfigen Belohnung verbunden, das der Verlag selbst niemals wird einlösen müssen (,ewiges Leben in Gottes neuem System').

Gleichzeitig droht man mit dem Verlust aller dieser Privilegien für den Fall des Ausscherens aus der zugewiesenen Rolle mittels des ,Gemeinschaftsentzuges'.

Damit haben wir sowohl das Interesse wie auch die Methode der Führung beschrieben.

Teil 10


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