Re: Die Falken


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 01. April 2002 09:34:52:

Als Antwort auf: Die Falken geschrieben von O. N. am 01. April 2002 08:29:42:

Diese metaphysischen Spekulationen, ob nun auf Israel oder die Sowjetunion oder was auch immer bezogen, werden nicht dadurch "besser" dass sie aus dem Munde jener kommen, die mit der WTG nichts (mehr) am oder noch nie am Hut hatten. Ihr Geistesgefüge offenbart den gleichen Geist wie im Falle WTG. Die einen reden von 1925 oder 1975 und die anderen von der Zerstörung des WTC in New York, dem der berüchtigte Robin de Ruiter kürzlich auch eine neue Schrift gewidmet hat. Oder eben vom Krieg in Nahost, den die USA wohl möglicherweise auch noch zusätzlich anzuheizen gedenken (Stichwort Angriffspläne gegen Irak).

In der Tat kann kein Realist ausschließen, dass wieder einmal ein Dritter Weltkrieg vor der Tür stehen könnte. Nur, so wie die Zeugen Jehovas die in den Hitler'schen KZs umgekommen sind, den Spruch von "den nicht zu sterbenden brauchenden Millionen" als teuren Irrtum ihres Lebens bitter bezahlen mussten. So verhält es sich auch bei diesen metaphysischern Verklärern, die da weismachen wollen, vorher "entrückt" zu werden. Die Katastrophen werden kommen, nicht aber die Entrückung.
Nachstehend noch ein diesbezüglicher Buchauszug:

Eine markante Argumentationskette kann man diesbezüglich bei Klaus nachlesen. Zwar werden die Zeugen Jehovas darin nicht genannt. Aber es ist ohne größere Schwierigkeiten möglich, die diesbezüglichen Argumentationsfakten auch auf letztere zu übertragen. Er meint:


„Als im Gefolge des Ersten Weltkrieges die Sowjetunion entstand … bemächtigte sich der europäischen Bourgeoisie eine allgemeine Untergangsstimmung, die ihren Ausdruck im Schlagwort vom 'Untergang des Abendlandes' und ihren Theoretiker Oswald Spengler fand. Das wiederholte sich in viel stärkerem Maße nach dem Zweiten Weltkrieg. … Diesmal möchte die Bourgeoisie ihren historisch unvermeidlichen Untergang ins Ungeheure vergrößert auf das gesamte Weltall projizieren. Weil sich ihre eigenen gesellschaftlichen politischen und moralischen Werte zusehends entwerten. … Weil sie selbst ihrem Untergang entgegen geht, soll das ganze Weltall zwangsläufig untergehen.
Mit der Propagierung solcher Gedanken soll unter den Massen der Werktätigen ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit hervorgerufen werden, dass den Gedanken an einen erfolgreichen Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung des kapitalistischen Systems sinnlos erscheinen lässt, so das ihnen bestenfalls als einziger Ausweg nur noch die Hoffnung auf das Wirken übernatürlicher Kräfte bleibt." [150]

Nicht nur die Kommunisten machten mit solcher Art von Argumentation mobil. Auch ihre berufsmäßigen Gegner standen dem keinen Deut nach. [151]
Es fällt auf, dass außerhalb der Zeugen Jehovas, besonders einige US-amerikanische evangelikale Kreise in analoger Weise von sich reden machten. Ein Beispiel dafür ist auch der Amerikaner Lindsey. In seinem Buch „Sind wir die letzte Generation" stellt er z. B. die eindeutige These auf: „In was für einer Welt leben wir eigentlich, wenn mehr als die Hälfte aller Menschen davon überzeugt ist, dass Marx die richtige Antwort hatte? Ich glaube, dass hier der Hauptgrund dafür liegt, dass unsere Generation die letzte Generation sein wird." [152]

Das geistige „Niveau" dieses Lindsey wird schlaglichtartig auch erhellt mit seiner Bemerkung: „Der Interviewer in einer Fernseh-Diskussion schien über einige meiner Antworten, die ich gegeben hatte, erstaunt. Er fragte mich: 'Hören Sie, wenn Sie wirklich glauben, dass die biblischen Prophezeiungen über die Wiederkunft Jesu Christi jetzt vor der Erfüllung stehen. Wenn Sie ehrlich der Meinung sind, dass diese Generation alle diese Katastrophen, die schließlich in einen Atomkrieg einmünden, erleben wird, dann möchte ich wissen, warum Sie nicht in völliger Verzweiflung zusammenbrechen.' 'Meine Antwort wird Sie wahrscheinlich sehr verblüffen', sagte ich, 'aber ich bin der festen Gewissheit, dass ich auf geheimnisvolle Weise von diesem Planeten weggenommen werde, noch bevor die schlimmsten Katastrophen losbrechen.' Ich kann mich jetzt noch an den Gesichtsausdruck des Interviewers erinnern. Meine Erklärung löste bei ihm eine ungläubige Erwiderung aus." [153]

Ausgehend von dieser „Weisheit" nahm es dieser Lindsey auf sich, sich als großer „Prophet" zu produzieren. Einige seiner Prophezeiungen lauteten: „Aus der Bibel ist zu entnehmen, dass sich die Nahostkrise weiter verschärfen wird, bis sie schließlich den Weltfrieden bedroht. … Die Russen werden in einer Art 'Blitzkrieg' gleichzeitig zu Wasser und zu Lande in Palästina einfallen." [154]

Nach Lindsey würde das dann ein „Harmagedon" bewirken und er scheut sich nicht, dazu jahrtausendealte Bibelstellen für seine Erklärung zurechtzubiegen, die andere Ausleger bereits schon vielfach für andere Interpretationen meinten in Beschlag nehmen zu können.

Es ließen sich noch andere Beispiele anführen. Unter dem Titel „Prophezeiungen über den dritten Weltkrieg und was danach kommt", verkündet ein Schreiberling die sattsam bekannte These: „Im Überfluss und Wohlstand vergisst der Mensch Gott und seine Gebote und wendet sich allzugerne dem Irdischen, seinen Genüssen und Lastern zu. Auf diese gottlosen Perioden folgen gesetzmäßig Krieg, Pest und Hunger." [155]

Auch dieser „Prophet" meint prophezeien zu können: „Diese 'Eroberung Westeuropas in 5 Tagen' ist also reale Planung der Sowjets, die den Westen ahnungslos mit Friedensparolen einschläfern, um ihn 'über Nacht' total überrascht kassieren zu können. Verblüffend ist nur, dass dies alles schon in alten Prophezeiungen steht." [156]

Seine „Weisheit" belegt er dann mit der These:
„Fatima 1917, Portugal, 13. Mai - 13. Oktober. Hier wurde bereits vor der kommunistischen Oktoberrevolution alles wichtige über Russland vorausgesagt: Wenn man den Ruf zur Umkehr nicht befolgt und nicht Buße tut, wird Russland seine Irrtümer in der Welt verbreiten, Kriege und Verfolgungen hervorrufen, mehrere Nationen werden (im 3. Weltkrieg) vernichtet werden, dann erst wird sich Russland bekehren. Diese Bekehrung wäre schon längst erfolgt und viel Krieg wäre der Welt erspart geblieben, wenn der Ruf von Fatima befolgt worden wäre." [157]

Sicher, man wird diesen Katholiken Angerer nicht gleichsetzen können mit „dem" Katholizismus insgesamt. Aber es ist nicht uninteressant zu sehen, was andere Katholiken - berechtigterweise - an den Zeugen Jehovas kritisieren. Dollinger kritisiert z.B. an ihnen: „Alles, was da über Harmagedon gesagt, gepredigt wird, kann nur dazu dienen, den Menschen Angst einzujagen. Ist das der Gott der frohen Botschaft, der sprach: 'Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht' (Joh. 14:22)? Ist das nicht ein blutrünstiger Gott? Gerade gegen ein solches Gottesbild wandten sich die Zeugen Jehovas, als sie die Hölle ablehnten." [158]

Zu dieser Kritik möchte man lediglich noch hinzufügen: Soweit - so gut. Nur eine Frage „vergaß" Dollinger dabei mit zu beantworten. Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen den kritisierten Zeugen Jehovas und beispielsweise dem Katholiken Angerer?

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