Re: WTG-FAQ


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 21. März 2002 12:19:39:

Als Antwort auf: Re: WTG-FAQ geschrieben von O. N. am 14. März 2002 10:48:05:

Zu den Grundsätzen der WTG gehört bekanntlich die sogenannte "theokratische Kriegslist" und in ihr impliziert der Mentalvorbehalt, bei Bedarf Lügen zu dürfen. In ihren Büchern "Einsichten in die Heilige Schrift" und "Hilfe zum Verständnis der Bibel" widmet sie dem Begriff Lüge "folgerichtig" ein eigenes Stichwort.

Ich will nicht über Zeugen Jehovas reflektieren, die sich in Notsituationen befanden oder befinden (beispielsweise im NS-Regime bei Gestapoverhaftungen). Sehr wohl aber über die allergrößten Lügner unter den Zeugen Jehovas - die Verfasser der WTG-Literatur. Die Lügen dass sich "nur die Balken so biegen". Man braucht nur an Rutherford's "1925" zu erinnern oder an die butterweichen Kommentare von Franz zu "1975" und anderes mehr. Inklusive der in ihrem Gefolge hinterhertrabenden.

Glaubten jene Genannten je wirklich an ihre eigenen Thesen? Vieles spricht dafür: Nein! Sie waren nur Mittel zum Zweck, auf dass sie ihr Schmarotzerleben weiterführen und ausbauen können. Der Sachverhalt der bewussten Lüge ist meines Erachtens bei diesen WTG-Chargen erfüllt! Die WTG-Schreiber sind nicht mit jenen überlasteten Zeugen Jehovas zu vergleichen. Deren Dreifachbelastung: Beruf, Familie und WTG ihnen kaum Luft zum atmen lässt. Die demzufolge auch gar nicht die Zeit und die Kraft haben, den von der WTG zu Russells Zeiten vielzitierten Beröerspruch zu beherzigen: "Jene waren edler … weil sie nachprüften". Jene handverlesene Schar von hauptamtlichen WTG-Literaturschreibern hat die Zeit und Muße nachzuprüfen, bevor sie schreibt. Wider besseren Wissens schreiben sie bewusst auch (nicht nur) die Lüge. Stichwort beispielsweise dass WTG-Datum 607 v. Chr. und anderes mehr.

Meines Erachtens ist die WTG-Oligarchie genau so verkommen und korrupt, wie die von ihr (vielfach zu recht) kritisierten Großkirchenvertreter.
Der voluminösen "Kriminalgeschichte des Christentums" von Karlheinz Deschner (Bd. 3) entnehme ich mal die nachfolgenden Ausführungen zum Thema Lüge.
Sie sind zugleich meines Erachtens auch eine indirekte Antwort an Gerd. Das Thema Kritik an der Religion muss meines Erachtens auch zugleich das Thema Lügen mit behandeln:

Ebenso plädiert Kirchenlehrer Johannes Chrysostomos energisch für die Notwendigkeit der Lüge zum Zweck des Seelenheils. Ein listiger Kunstgriff sei durchaus nicht stets zu verwerfen; nur die Absicht mache ihn gut oder schlecht. Eine rechtzeitige und in richtigem Bedacht vorgebrachte Finte habe "großen Gewinn zur Folge", und derartige Taktiken erwiesen sich als heilsam nicht nur für die, "welche sie in Anwendung bringen, sondern auch für die Überlisteten selbst …" Wie so viele verweist auch Chrysostomos auf den schon von Platon stammenden Topos der Medizinerlüge, das Irreführen der Kranken durch die Ärzte. Unmoral und Gift sonst werde so zur Arznei, die "Maske der Täuschung" unter gewissen Umständen legitim. Krasse Lügen im Alten Testament deutet der Patron der Prediger ("Das Predigen macht mich gesund") jubelnd in Tugenden um. "0 schöne Lüge!" ruft er entzückt angesichts des biblischen Lügenstücks der Dirne Rahab und wird noch heute gerühmt als "auch für die nachfolgenden Jahrhunderte der hauptsächlichste moralische Erzieher seines Volkes … Gott -allein weiß, wie viel Gutes für ungezählte Seelen aus diesem immer sprudelnden Born seitdem geflossen ist und noch fließen mag."

Auch eine Fülle anderer alttestamentlicher Gaunereien wurden von den Kirchenvätern aufgegriffen, gesammelt und stets von neuem vorgebracht, um den Christen - in bestimmter Absicht - alle Bedenken gegen Betrug und Doppelzüngigkeit zu nehmen: die Verstellung Davids vor Achis, dem König von Gath; die Hinterlist der Judith gegenüber Holofernes; Jakobs massiven Schwindel bei der Erschleichung des Segens von Isaak; die Täuschung des Pharao durch die israelitischen Hebammen in Ägypten; Jehus Niedermetzelung sämtlicher Baals-Priester durch eine "nützliche Hinterlist" (utilis simulatio: Kirchenlehrer Hieronymus). Und ebendieser Heilige und Patron der Gelehrten, der die Realinspiration, die absolute Irrtumslosigkeit der Bibel vertritt, pries die "simulatio", auch im Neuen Testament, die Verstellung des Petrus in Antiochien oder die des Paulus, der "allen alles geworden, um wenigstens einige zu retten" - und konnte doch Origenes tadeln wegen seiner Gedanken über den legitimen Betrug!

Nach Johannes Cassianus, den Johannes Chrysostomos in Konstantinopel zum Diakon ordinierte, ehe er dann maßgeblichen Einfluß auf die Ausbreitung des abendländischen Mönchtums gewann, ist ein Christ zur Lüge sogar verpflichtet, wenn er, um anderen beizustehen, sich selber an seiner moralischen Integrität schadet. Unter gewissen Bedingungen ist Lüge, an sich ein todliches Gift, wie Pharmaka heilsam und unentbehrlich - "sine dubio subeunda est nobis necessitas mentiendi". Bezeichnenderweise tauchen Lüge und Betrug in Cassians Achtlasterlehre, seiner Geißelung der acht Hauptlaster (Unmmäßigkeit, Unkeuschheit, Habsucht, Zorn, Traurigkeit, Überdruß, Ruhmsucht, Hochmut) gar nicht !

Durch derartige Maxime von Kirchen- wie Sektenführern war das gute Gewissen betrügender, lügender, gleisnerischer Christen auf allen Seiten gut gedeckt. Schlicht rechtfertigt der Monothelet Makarios von Antiochien (um 650/81) seine Fälschung mit dem Satz: "Ich habe so gehandelt, um meine Absicht durchsetzen zu können". Und um dieselbe Zeit beruft sich Kirchenvater Anastasius Sinaita, Abt auf dem Sinai, bei seinem schurkischen Vorgehen gegen die Monophysiten auf Paulus, 2. Kor. 121,16: "Doch gewandt wie ich bin, habe ich euch mit List gefangen".

Norbert Brox, der die verbreitete Vorstellung betont, wonach um der "Wahrheit" und ihrer wirksamen Vermittlung willen List, Tricks, Täuschung im Christentum ausdrücklich gestattet, ja, gelegentlich geboten waren, nimmt doch die meisten Kirchenväter von dieser patristischen Tradition aus und zählt zu ihren entschiedensten Gegnern Augustinus.

Doch sollte ausgerechnet Augustin, der schon in seiner heidnischen Zeit, nach eigenem Bekenntnis, viel log, gerade als Christ nicht mehr gelogen und getäuscht haben? Ein Jahr vor seiner Konversion, 33jährig, hielt er in Mailand eine flammende Lobrede auf Kaiser Valentinian II. - der Herrscher war damals 14 Jahre alt! Dabei zögerte Augustin nicht, mit allem rhetorischen Glanz "viel zu lügen und mir den Beifall solcher, die wußten, daß ich log, zu verschaffend was ihn später nicht hinderte, "all die hochtönenden Schmeicheleien und die kriechende Dienstfertigkeit, in der Umgebung der Kaiser zu geißeln. Doch auch für den Bischof Augustinus ist eine Lüge in der Bibel, etwa die Jakobs im Alten Testament, "keine Lüge, sondern Mysterium". Ausdrücklich erlaubt Augustin fromme Erfindungen zum Vorteil der Kirche. Denn wird unsere Erdichtung (fictio) auf irgendeinen Sinn bezogen, ist sie keine Lüge mehr, sondern Ausdruck (figura) der Wahrheit.

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