Re: Karl Siebeneichler


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 05. Mai 2007 10:53:23:

Als Antwort auf: Re: Albert Wandres geschrieben von Drahbeck am 20. Februar 2007 04:39:49:

Dietrich Hellmund etwa formulierte:
„An der sachlichen Richtigkeit dieser Selbstdarstellung eines Märtyrers hat das Nachrichtenmagazin "DBR SPIEGEL" wohlbegründete Zweifel angemeldet (Nr. 551). Nach dem Kriege aufgefundene Vernehmungsprotokolle des Gestapa lassen erkennen, daß Frost wichtigste Interna der illegalen Arbeit an die Gestapo verraten hat. Unter anderem gab er zwei Treffpunkte preis sowie die Namen und Aufgabenbereiche seiner acht Bezirksdiener. Einer dieser Funktionäre, Karl Siebeneichler, starb im KZ Sachsenhausen."

Insbesondere zu dem Satzteil dass Siebeneichler im KZ umgekommen sei, meldete etwa Herr H. dergestalt Protest an, dass er formulierte:
„Einen davon, Karl Siebeneichler, kostete das das Leben im KZ Sachsenhausen (Zeitschrift 'Der Spiegel' vom 19. Juli 1961)." ... Damit hat er nichts bewiesen, lediglich Angaben des "Spiegel" kolportiert".

Am Rande vermerkt. Dass wenn es um Hass-Atitüden der Zeugen Jehovas geht, mit Vorliebe von selbigen genannte Uraniabuch, zitiert den fraglichen „Spiegel"-Artikel keineswegs komplett. Ein Detailvergleich ergibt (Uraniabuch S. 186); ausgerechnet jener Passus des „Spiegels" welcher davon redet, Siebeneichler sei in „Sachsenhausen" umgekommen. Ausgerechnet dieser besonders inkriminierte Passus wird vom Uraniabuch nicht mit übernommen!

Laut Gerhard Hetzer handelte es sich um einen damals 25jährigen Kaufmann, Karl Siebeneichler, der von Frost zum Bezirksdiener für Bayern ernannt wurde. Am 4. März 1937 nun, wurde (wiederum nach Hetzer zitiert)
„Siebeneichler als auch Anna Herrmann während einer Besprechung in der Wohnung der Eheleute Schöner überrascht und unter dramatischen Umständen festgenommen wurden, gelang es, nicht nur die Augsburger Gruppe, sondern, da Siebeneichler, wegen seiner überlokalen Bedeutung der Gestapoleitstelle vorgeführt, nach langem Widerstand zu detaillierteren Aussagen getrieben wurde, die Organisationen in anderen bayerischen Städten aufzurollen".

H. stellt nun besonders auf den Umstand ab, dass Siebeneichler - vor Frost - zeitlich in die Klauen der Gestapo geriet.

Nun gilt es noch eine Diskrepanz zu klären (so denn möglich). Laut G. S. 411 (Anm. 369) hat besagter Siebeneichler noch am 24. 4. 1945 einen Bericht über die Verhältnisse im KZ Buchenwald abgeliefert. Wie verträgt sich diese Angabe mit der anderen Behauptung, Siebeneichler sei im KZ umgekommen? Auch Herr H. gibt zu diesem Detailaspekt keine befriedigende Antwort. Warum „kontert" H. in seinen Repliken nicht auch diesen Detailaspekt.
Wenn denn Siebeneichler - wie G. behauptet - überlebt hat, wieso ist dann die WTG CD-ROM und sonstiges WTG-nahes Schrifttum zu dieser Detailfrage so unergiebig? Wer auf der WTG CD-ROM nach dem Namen Siebeneichler sucht, findet - nichts!

Auch die 1999 erschiene Studie von Johannes W., die er im Gegensatz zu einigen seiner anderen Texte nicht im Internet zugänglich machte, mit dem Titel „Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in München 1933-1945" erweist sich bezüglich der genannten Fragestellung als äußerst enttäuschend. Zwar werden darin einige regionale Kurzbiographien vorgestellt. Indes Siebeneichler gehört nicht zu den Vorgestellten. Das ist umso unverständlicher, angesichts der Position von Siebeneichler als Funktionär der ZJ für Bayern in der fraglichen Zeit.

Mario Detjen, die wenn es um die (geschichtlichen) Zeugen Jehovas in München geht, als nächstes genannt werden muss, erwähnt zwar pauschal Siebeneichler. Indes zur hier interessierenden Frage kann oder gibt auch sie keine Auskunft.

Nun muss wohl G. dergestalt in Schutz genommen werden, als es in dem von David A. Hackett neu herausgebenen „Buchenwald-Report" (Neuauflage 1996 S. 214f). tatsächlich einen Abschnitt gibt der überschrieben ist „Wie Bibelforscher behandelt wurden" und der namentlich unterzeichnet ist mit „Karl Siebeneichler, Leipzig".

Also die gestellte Frage, wer nun unrecht hat. Jene die da behaupten, Siebeneichler sei im KZ umgekommen; oder jene die da sagen, er gab noch 1945 einen Bericht über diese KZ zu Papier. Diese Frage kann ich meinerseits in der Tat jetzt nicht beantworten.

Kehren wir zu einem anderen Hauptaspekt zurück. Wie festgestellt, und da ist H. zuzustimmen, geriet Siebeneichler schon vor Frost in die Klauen der Gestapo. Es ist anzunehmen, dass selbige auch ihn in der bekannten Art, wie eine Zitrone ausgepresst hat. Da ich das Vernehmungsprotokoll des Siebeneichler nicht näher kenne, kann ich dazu nichts weiter sagen. Wohl aber doch noch mal zum Fall Erich Frost.

Und zwar wurde Frost in seiner Vernehmung vom 24. 4. 1937, ausdrücklich auch zum Fall Siebeneichler vernommen. Ob das was Frost da zu Protokoll gab, wirklich dergestalt bagatellisiert werden kann, Siebeneichler sei ja vor Frost verhaftet worden und somit sei alles was Frost aussagte „bedeutungslos", erscheint mir doch keineswegs als „ausgemacht".

Wie auch immer, da diese Frost-Protokoll bisher noch nicht im vollem Wortlaut zitiert wurde, sei selbiges jetzt einmal getan:

Ad. II B
Berlin, den 24. April 1937

W e i t e r v e r h a n d e l t
Vorgeführt erschein Erich F r o s t, Personalien bereits aktenkundig, und erklärt:

Zur Sache S i e b e n e i c h l e r:
Den Bezirksdiener Karl S i e b e n e i c h l e r, der für den Bezirk B a y e r n in der Zeit von September 1936 bis zu seiner im März erfolgten Verhaftung tätig war, ist mir seit etwa 10 Jahren bekannt. Er ist genau so wie ich Leipziger Einwohner, und ich habe ihn von Anfang an in den verschiedenen Versammlungen der IBV kennengelernt. Im Laufe der Jahre bin ich immer wieder in Versammlungen in Leipzig zusammen gewesen, wo wir Fragen des Glaubens erörterten, die Auslegung der Bibel behandelten und uns über die Wahrheit der Bibel unterhielten. Ich weiss auch, dass S i e b e n h e i c h l e r Sprecher in Versammlungen der IBV vor dem Verbot gewesen ist.
Ich kenne auch die Braut des Siebeneichler. Sie heisst mit dem Vornamen Emmi, ist Kontoristin und wohnt jetzt noch in Leipzig. Zuletzt war ich mit ihr im September vorigen Jahres in Leipzig zusammen gewesen, ich traf mich s. Zt. mit ihr in einem Leipziger Bierlokal, wo ihr Bräutigam der jetzt verhaftete Bezirksdiener Siebeneichler zugegen war. S. zt. wurden alle Fragen der IBV besprochen, besondere Informationen sind nicht gegeben worden.
Wie ich schon an anderer Stelle angegeben hatte, war Siebeneichler zunächst für den Bezirk Thüringen und Harzgebiet vorgesehen. Nach Rücksprache mit allen Bezirksdienern der illegalen IBV in Deutschland in Luzern gelegentlich des Kongresses tauschte Siebeneichler mit dem Friesischen Bezirk und übernahm den Bezirk Bayern, ich muss mich berichtigen, Siebeneichler nur zunächst für den Bezirk Thüringen und Harzgebiet. Der Tausch der beiden Bezirke wurde gelegentlich eines Treffs in Hannover nach dem Luzerner Kongress vorgenommen. Die Übernahme des Bezirke Bayern durch Siebeneichler erfolgte Ende September 1936.
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Siebeneichler ist Nachfolger des vorher verhafteten bayerischen Bezirksdieners Koelbel, wohnhaft gewesen in München, Landsberger Str. Nr. ?
Die Einführung des von mir ernannten Bezirksdieners Siebeneichler wurde von mir selbst vorgenommen. Unmittelbar nach der hannoverschen Besprechung fuhr ich mit Siebeneichler nach Nürnberg zum Glaubensbruder Johannes Jung, wohnhaft Hillerstr. 14 (?), um ihn dort bekannt zu machen. Durch Jung sollte Siebeneichler mit weiteren bayerischen Glaubensbrüdern in Verbindung gebracht werden. Nach Vorsprechung bei Jung fuhren Siebeneichler und ich zum Glaubensbruder Grossmann, etwa 35 Jahre alt, nach München. Auch dort machte ich Siebeneichler bekannt. Für seinen Lebensunterhalt und für Reisen, die Siebeneichler innerhalb Bayerns zum Besuch von Gruppendienern vorzunehmen hatte, händigte ich ihm einen Betrag von etwa 100.- RM aus. Die genaue Summe kann ich allerdings jetzt nicht mehr angeben. Bei der damaligen Einführung bei Grossmann übernachtete Siebeneichler und ich bei einem Schwager des Grossmann, der in München in der Nähe des Nymphenburger Schlosses, die Strasse weis ich nicht mehr anzugeben, wohnt. Name und nähere Adresse des Schwagers ist mir unbekannt. Wir übernachteten in der Wohnung des Schwagers allein. Die Ehefrau des mir unbekannten Schwagers soll sich in einer Heilanstalt befinden. Am nächsten Morgen, es kann in der 6. Stunde gewesen sein, wurden wir durch ein lautes Klopfen an die Türe geweckt. Auf Vorschlag Grossmanns verhielten wir uns ruhig und haben nicht geöffnet. Wer der Klopfer gewesen sein könnte, wussten wir nicht. Wir zogen uns sofort an und verliessen die Wohnung. Im Hausflur begegneten wir der Ehefrau einer Nachbarwohnung, die uns mitteilte, dass ein Schutzmann dagewesen sei. Ich fuhr sodann mit Siebeneichler zur Stadt und trennte mich sofort von ihm, um nach Berlin zurück zu fahren. Erst später erfuhr ich von Siebeneichler, dass der Polizist Erkundigungen über den Schwager einziehen wollte.
Zu den ersten 4 Haupttreffs traf ich dann Siebeneichler in Berlin, wie ich an anderer Stelle schon angegeben hatte, unterhielten wir uns bei diesen Treffs über biblische Dinge, ich liess mir dann über die Arbeit seines Bezirkes von Siebeneichler berichten. Bei solchen Gelegenheiten übergab mir Siebeneichler den Erlös der in seinem Bezirk verkauften W.T. Sowie Literatur und G.H.-Gelder. Die einzelnen Beträge kann ich nicht mehr angeben, im Durchschnitt habe ich über rund 250,- RM pro Treff erhalten.
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Zusammen habe ich von ihm etwa 1 000.- RM bekommen. Wie in allen anderen Fällen stellte ich Empfangsbescheinigungen über die erhaltene Summe nicht aus. Ich kann micht entsinnen, gelegentlich der Treffs von Siebeneichler die Mitteilung erhalten zu haben, dass er in München eine Vervielfältigungsmaschine zur Herstellung von W.T's gekauft hatte. Die Marke des Apparates sowie der Preis desselben ist mir nicht bekannt. Ich hatte Siebeneichler danach nicht gefragt, und er hat es mir auch nicht angegeben. Soviel mir bekannt ist, hatte Siebeneichler die W. T. auf einer Schreibmaschine anfertigen lassen, die bei einem der Glaubensbrüder, deren Name und Wohnort ich nicht weiss, steht. Ich selbst habe ihm Mittel zum Ankauf einer Schreibmaschine nicht gegeben. Mir ist aber in Erinnerung, dass der Bezirksdiener Daut im Oktober oder November v. Js. dem Siebeneichler eine Orga-Privat-Schreibmaschine aushändigte, die er aber, weil sie nicht mehr in Ordnung war, bei einem der nächsten Treff wieder mit nach Berlin zurückbrachte. Die Schreibmaschine hat dann später der Bezirksdiener Fehst mit in seinen Bezirk Westschlesien genommen. Zur Bestreitung seiner Unterhaltskosten konnte sich Siebeneichler von den kassierten IBV-Geldern einen gewissen Betrag in Abzug bringen. So handhabten das auch die übrigen Bezirksdiener. Die Summe der von Siebeneichler einbehaltenen Gelder kann ich nicht angeben, ich schätze aber den Betrag auf ca. 150.- bis 200.- RM. Darüber hinaus konnte sich Siebeneichler von einbehaltenen Geldern die Netzkarte kaufen. Der Preis der Netzkarte beträgt 90.- RM.
Ausser den vorgenannten Haupttreffs hatte ich mit Siebeneichler zweimal in München und einmal in Nürnberg Zwischentreffs vereinbart. In München traf ich mich mit ihnen Ende Oktober oder Anfang November im Hauptbahnhof und an der gleichen Stelle noch einmal im Dezember 1936. Wir gingen dann zusammen in ein Bierlokal und unterhielten uns über Glaubensfragen. Dabei liess ich mich über die Organisation und die Arbeit seines Bezirkes unterrichten. Er berichtete mir immer, dass die Zusammenarbeir und der Zusammenhalt im Bezirke in Ordnung gehe. Zum 3. Mal traf ich mit Siebeneichler im D-Zug in Nürnberg zusammen, wo ich mit ihm nach Stuttgart fuhr, um einen Treff mit Wandres wahrzunehmen. Dieselben Fragen wurden auch dann mit Wandres in Stuttgart, in der Nähe der Olgastr. in einem Wohnhaus im 2. Stock, behandelt. Hierüber hatte ich schon in Sachen Wandres ausgesagt.
Es fällt ein, dass ich bei einem der vorerwähnten 2 Treffen in München mit einer Glaubensschwester, die mir mit „Gertrud" vorgestellt wurde zusammen gesprochen hatte. Auch mir ihr habe ich mich über
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die Auslegung der Bibel und Glaubensfragen unterhalten. Der Bezirksdiener Siebeneichler hatte s. zt. die Glaubensschwester Gertrud mitgebracht und mir vorgestellt.
v. g. u.
E. Frost
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