Re: "Wachtturm" 1. 4. 1947 (Vor sechzig Jahren)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 02. April 2007 06:06:13:

Als Antwort auf: Re: "Erwachet!" 22 3. 1947 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 23. März 2007 07:08:06:

Die in Daniel Kapitel 9 erwähnten 70 Wochen, haben es dem WT angetan. Im "Wachtturm" vom 1. 4. 1947 (Schweizer Ausgabe 1. 3. 1947), liest man einen diesbezüglichen Auslegungsversuch. Er unterscheidet sich aber von dem, was seinerzeit Russell dazu meinte interpretieren zu können. Russell hatte jene 70 Wochen noch als Teil der "2300 Tage" Periode gedeutet. Gemäß Russell waren
"diese siebzig Wochen oder 490 Tage der erste Teil der 2300 Tage."

In seinen weitschweifigen Ausführungen dazu in den "Schriftstudien" hatte er dazu ausgeführt:
"Die symbolischen siebzig Wochen oder 490 Tage als in Jahren erfüllt ein Siegel der 2300 Tage sein sollten, fangen wir da zu messen an, um zu sehen, wo der ganze Abschnitt erfüllt sein wird.
Von den 2300 die 490 am ersten Advent erfüllten abziehend, erhalten wir als Rest 1810. So müssen also 1810 Jahre (prophetische, symbolische Tage) das Maß vom Ende der siebzig Wochen bis zu der Zeit sein, da die Heiligtum-Klasse von den verschiedenen Verunreinigungen des Papsttums – des verwüstenden Greuels, der so lange Jahrhunderte den Tempel Gott verunstaltet hatte - gereinigt sein werde."

Und als Quintessenz dessen glaubt er interpretieren zu können:
"Der Tod des Messias fand .. im Frühjahr 33 statt, und dies war die Mitte oder inmitten der letzten siebzig Wochen. Das volle Ende derselben war daher eine halbe Woche oder 3 1/2 Jahre später – im Herbst des Jahres 36. So markiert also der Herbst des Jahres 1846 (1846 Jahre seit dem Herbst 36) das Ende des Gesichts von den 2300 Tagen und das Datum, da das Heiligtum gereinigt werden sollte." ("Schriftstudien Band II S. 95)

Pate stand bei Russell dabei auch, dass er der Adventistenbewegung, der er ja letztendlich ideologisch auch verpflichtet ist, einen besonderen Platz im "göttlichen Kalender" einräumte.
Gleichfalls in weitschweifigen Worten äußert Russell dazu:

"Dementsprechend finden wir denn auch, daß etliche unter ihnen in dem Reinigungs- oder Reformationswerk einen mehr geförderten Standpunkt einnahmen als irgendeiner, der ihnen voranging. So fand sich im Jahre 1846, am Ende der 2300 Tage, wie oben angezeigt, eine kleine Schar von Christen vor, die nicht nur mit den "DISCIPLES" ("Jünger") in der Einfachheit des Kirchenregiments, der Beseitigung aller Glaubensbekenntnisse, ausgenommen die Bibel, und dem Abtun aller Titel bei ihren Predigern übereinstimmte, und mit den "BAPTISTEN" in der Erkenntnis, daß das Papsttum der Mensch der Sünde und die entartete Kirche, die Mutter der Huren und aller Greuel sei, und die, fern von jeglicher Anbequemung an die Welt und furchtsamer Nachgiebigkeit ihr gegenüber, lebendige Frömmigkeit und einfältiges Vertrauen auf den allmächtigen Gott und Glauben an seine unabänderlichen Bestimmungen lehrte; sondern noch mehr. Während sie Jesum Christum als den Herrn anerkannten und als den, der jetzt der göttlichen Natur teilhaftig ist, vermochten sie die Sinnlosigkeit der Lehre der Dreieinigkeit, als ohne jeglichen Schriftgrund, zu verwerfen und nachzuweisen. Und zu all diesen Reformen kam noch die Verwerfung der Lehre der menschlichen Unsterblichkeit.

Und, als ob Gott es so einrichten wollte, daß von da an stets eine Klasse vorhanden sein sollte, die sein gereinigtes Heiligtum vertrete und von den verschiedenen Sekten getrennt bliebe, geschah es in diesem Jahre 1846, daß die Organisation der protestantischen Sekten in ein großes System: "DIE EVANGELISCHE ALLIANZ" genannt, stattfand. Diese Organisation erklärte, diese neuen Ansichten des gereinigten Heiligtums im Auge habend, bestimmt die menschliche Unsterblichkeit als ihren Glauben und fügte dies als neunten Artikel ihres Glaubensbekenntnisses bei. So trennten SIE eine kleine Schar von Kindern Gottes -- das gereinigte Heiligtum des Herrn, ein Heiligtum der Wahrheit -- von anderen Christen, und haben sie seitdem getrennt gehalten." ("Schriftstudien Band III S. 106)

Und auf Seite 297/98 im gleichen Band schreibt er dann noch:
"Die 2300 Tage weisen auf das Jahr 1846 als die Zeit hin, da Gottes Heiligtum von den verunreinigenden Irrtümern und Prinzipien des Papsttums gereinigt sein würde; und wir haben gefunden, daß die Reinigung da vollbracht war. Wir haben die Erfüllung der 1260 Tage oder der "Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit" der Verfolgungsmacht des Papsttums gesehen, und daselbst, im Jahre 1799, den Anfang der Zeit des Endes. Wir haben gesehen, wie die 1290 Tage den Anfang eines Verständnisses der Geheimnisse der Prophezeiung im Jahre 1829 bezeichneten, welches in der großen Bewegung des Jahres 1844 gipfelte und als die Advent-Bewegung bekannt ist; daß da nach der Voraussage des Herrn die klugen Jungfrauen dreißig Jahre vor seinem eigentlichen Kommen ausgingen, um dem Bräutigam zu begegnen. Wir haben die Erfüllung des vorhergesagten Verzögerns erkannt; und seit nunmehr 45 Jahren erschallt der Mitternachts-Ruf: "Siehe, der Bräutigam!" Er ist hier! Wir haben uns mit besonderer Freude die 1335 Tage angemerkt, die da auf das Jahr 1874 als auf das genaue Datum der Wiederkunft unseres Herrn hindeuten, und haben seit jener Zeit durch die klareren Entfaltungen der wunderbaren Geheimnisse des göttlichen Planes die verheißene Glückseligkeit so recht gekostet.

Dann haben wir gesehen, wie das große Erntewerk in seiner festgesetzten Zeit und Ordnung, im Herbst des Jahres 1874 beginnend, allmählich, leise, aber rasch voranschritt. Wir bemerkten das Sammeln und Binden des Scheinweizens in Bündel und das Sammeln des Weizens. Und was für ein Segen und welche Freude liegen vor uns in der Gewißheit, daß seit dem Sommer des Jahres 1878, als der König seine große Gewalt an sich nahm und seine Herrschaft mit der Auferweckung derer, die in Jesu schliefen, begann, nicht länger mehr nötig ist, daß seine Glieder "schlafen" und auf die Herrlichkeit warten, sondern daß ein jedes in dem Augenblick, da es seinen Lauf im Tode vollendet, die freudevolle "Verwandlung" zur vollen Vollkommenheit der göttlichen Natur und des göttlichen Ebenbildes erfährt. Wahrlich, "glückselig die Toten, die in dem Herrn sterben VON NUN AN", für immer. Sie ruhen von ihren MÜHEN, aber ihre Wirksamkeit geht voran, -- denn das Werk auf der anderen Seite des Vorhanges ist dasselbe Werk, an dem alle die Überwinder auf dieser Seite des Vorhanges beschäftigt sind, nur daß für die, welche in die Herrlichkeit der göttlichen Natur eingetreten sind, die Arbeit nicht mehr mühsam ist und nicht mehr ermüdende Opfer fordert."

Damit hatte Russell wohl so gut wie alle einschlägigen Daten "verplant". Von dem allem will aber der WT aus dem Jahre 1949 nichts mehr wissen. Für die 2300 Tage hat er schon mal prinzipiell keine Verwendung. Demzufolge auch nicht für die durch Russell daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen. Liest man jenen 49er WT drängt sich eher der Eindruck auf. Der hat nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem zu tun, was einst Russell marktschreierisch hinausposaunte.
Laut 1949er WT-Auslegung sei "diese Weissagung nicht auf die Heiden, welche Christen oder geistige Israeliten werden, sondern auf die natürlichen Juden" anzuwenden.

Das einzige was der WT noch eingeräumt wissen will ist die Untergliederung dieser 70 Wochen in: "a) 49 Jahre, b) 434 Jahre und c) 7 Jahre; zusammen 490 Jahre". Ausgehend von einem Jahre 455 v.Chr., dass in seinem "Glaubwürdigkeitswert" wohl ähnlich dem Jahre 607 v. Chr. der Zeugen Jehovas veranschlagbar ist (also ein umstrittenes Datum ist), glaubt der WT berechnen zu können. Zu diesem Jahre 483 weitere Jahre hinzuzählend, käme man ins Jahr 29 n. Chr. Gemäß WT-Interpretation:

"Somit war der Christus genau zur bestimmten Zeit gekommen, nämlich am Ende der neunundsechzig Wochen (oder 483 Jahre) im Herbst des Jahres 29. n. Chr." Immerhin meint auch der 49er WT für das Jahr 36 als dem "Ende der 70 Woche" noch Verwendung zu haben. Gemäß der 49er Interpretation wären seit Herbst des Jahres 36 n. Chr. "auch gläubige Nichtjuden zur Salbung zugelassen."

Dennoch erweckt diese Verwendung des Jahres 36 eher den Eindruck eines Notnagels. Da man nichts besseres hat, bei gleichzeitiger Beibehaltung der anderen Daten, wird diesem Jahr ein zweifelhafter Sinn im "göttlichem Heilsplan" untergeschoben. Darüber sich sonderlich aufzuregen, wäre allerdings vergebliche Liebesmüh.

Kaffeesatzleser kann man grundsätzlich nicht überzeugen. Wie man auch Astrologen und ähnlich windige Geschäftemacher nicht überzeugen kann. Die WTG und ihre Gläubigen liefern lediglich zusätzliche Beispiele solch menschlicher Fantasie!

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