Re: 22. 1. 1957 (Vor fünfzig Jahren)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 22. Januar 2007 04:41:09:

Als Antwort auf: Re: 15. 1. 1957 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2007 04:59:20:

Zu denen, die zeitgenössisch mit dafür sorgten, dass die Kinokassen kräftig „klingelten", gehörten unfraglich auch die Zeugen Jehovas. Der Kassenschlager der das bewirkte, ein Hollywood Film über die „Zehn Gebote". Nun denn, wenn Hollywood das Geschäft macht, nicht aber die WTG selbst, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, dass letztere von diesem Film nicht unbedingt „restlos angetan" war. Und so veröffentlichte sie denn in „Erwachet!" vom 22. 1. 1957 auch eine umfängliche Kritik dazu. Eine Schmähkritik ist es sicherlich nicht. So mancher Zeuge, der sie zeitgenössisch gelesen, wird durch sie erst recht „Appetit" auf diesen Film bekommen haben, und so haben sich denn zwei amerikanische „Firmen" (die WTG und Hollywood) letztendlich gegenseitig geholfen.

Einleitend zitiert „Erwachet!"
„Dies ist die einzige Stelle, wo wir nicht beabsichtigten, genau der Bibel zu folgen". So sagte (Filmproduzent) DeMille (von „Erwachet!" letzterer auch gleich abgebildet), als er die Szene vom goldenen Kalb in dem Film 'Die zehn Gebote' drehte."

Aber so fragt „Erwachet!" weiter: „Ist dies die einzige Stelle wo der Film abweicht?"

Damit hat es seinen „roten Faden" gefunden. Der Film sei zwar „interessant", aber in WTG-Sicht eben nicht genügend „Bibelgetreu".

Aber diese WTG-Kritik hält sich durchaus im Rahmen. Die Filmemacher bekommen von ihr weiteres bescheinigt, womit sie durchaus „gut leben konnten." Etwa wenn „Erwachet!" weiter äußert:
„Warum benutzen Sie mit Vorliebe biblischen Stoff für Ihre Geschichten? wurde DeMille gefragt. Er antwortete: 'Weil es das Wunderbarste ist, davon zu erzählen, wie Gott mit den Menschen in Verbindung getreten ist, und ob es der Mensch nun zugibt oder nicht, er braucht Gott zu jeder Zeit.' Cecil B. DeMilles Hochachtung ist weit und breit bekanntgemacht worden".

Liest man solche Sätze, wird man unwillkürlich an einen neueren Filmemacher namens Poppenberg erinnert, der auch das wahrhaftige Kunststück vollbracht hat, sowohl Zeugen Jehovas als auch Evangelikale aus „Babylon der Großen", unter seinem Hut zu versammeln, als willige Beförderer der Bankkonten des Herrn Poppenberg. Dies ist deshalb so bemerkenswert, dieweil beide Strömungen sich ansonsten relativ „spinnefeind" sind.
Vielleicht ist Herr Poppenberg, was den erhofften finanziellen Erfolg anbelangt doch ein paar Nummern kleiner als Herr DeMille. Das darf man aber dann wohl auch dem Umstand zuschreiben, dass zu der Zeit wo der DeMille'sche „Schinken" die Kinokassen klingeln lies, das Fernsehen noch nicht so entwickelt und verbreitet war.

Als weitere Reklame für den DeMille-Film teilt „Erwachet!" mit:
„Zu diesem Film waren zehn Jahre Vorbereitung nötig, drei Jahre Nachforschungsarbeiten, drei Jahre beanspruchte das Drehbuch und mehr als drei Jahre waren für die Aufnahmen sowie die Bearbeitung nötig ..."

Und weitere Superlative werden von „Erwachet!" zitiert, um in der Aussage zu münden:
„Die Ergebnisse dieses riesigen Aufwandes an Zeit und Geld sind imposant ..."
Etlichen Details wird bescheinigt: „Außergewöhnliche Szenen" zu sein. Und dass im allgemeinen die schauspielerischen Leistungen gut seien.

Und was die von „Erwachet!" kritisierte nicht genügende Bibeltreue anbelangt, äußert die sich dann in solchen Sätzen wie z. B. den:
„Es wird überall bekanntgemacht, daß DeMille den Film hauptsächlich aus dem Grunde drehte, um die Bibel zu preisen und Gott zu verherrlichen, aber in Wirklichkeit wird viel von der geistigen Kraft geopfert zugunsten der erfundenen Liebesaffären, die beständig dazwischenkommen."

Man sagt wohl nicht zuviel, fügt man hinzu. Mit solcher Art von „Kritik", konnten diese Filmemacher komfortabel leben!

Seinen Artikel lässt „Erwachet!" mit dem Votum ausklingen:
„Wenn Sie sich den Film anschauen, so gehen Sie hin, um unterhalten, nicht um belehrt zu werden. Er ist unterhaltend, zeitweise ist er packend und wuchtig. Aber oft ist die Handlung erdichtet. Selbst dort, wo die Bibel eine feste Grundlage bietet die doch DeMille vorgibt, so zu lieben, begibt sich die Handlung auf eine Ebene, die so unsicher ist wie die wandernden Dünen Ägyptens. Wenn Sie die Bibel nicht kennen oder wenn Sie sich wenig um die Bibel kümmern, dann können Sie diesen eindrucksvollen und monumentalen Ausstattungsfilm genießen. Wenn Sie eine große Hochachtung vor der Bibel haben, werden sie manchmal vor den Kopf gestoßen werden und Bedauern darüber empfinden, was aus manchen Szenen hätte gemacht werden können. Was die biblische Genauigkeit betrifft, ist dieser Film typische Pfuscherei aus Hollywood. Er ist eher eine Perversion als eine Version."

Nun ja, zu der Zeit, wo die WTG diese Kritik schrieb, war sie noch nicht soweit wie heute etwa, selbst ein eigenes dreiteiliges Bibelvideo anzubieten. Ob letzteres käme es ins Kino ebenso ein Kassenschlager wäre, wie jener „Hollywood-Schinken", darf indes mit Fug und Recht bezweifelt werden. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es keine Fundamentalkritik von „Erwachet!". Man segelt ja im gleichen Mainstream. Dieser Mainstream weiterentwickelt, bewirkte zum Beispiel, dass die vermeintlich „wiedergeborenen" Christen in den USA maßgeblich dafür gesorgt haben, dass heute ein Kriegsherr namens Bush im Weißen Haus zu Washington sitzen kann.

Natürlich kann sich die Klientel von „Erwachet!", formal die Hände in „Unschuld" dergestalt waschen, indem sie sagt: „Wir haben den ja nicht gewählt".

Das hat dann denselben Quellen"wert" wie jene „Erwachet!"-Filmbesprechung, die zwar vorgibt „kritisch" zu sein, letztendlich aber die Geschäfte der USA-Falken besorgt.
Denn am „amerikanischen Wesen soll ja die Welt genesen".
Egal ob via Microsoft, WTG oder eben DeMille.


ZurIndexseite