Gelesen ...


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 17. November 2006 16:00:04:

Gelesen im Aktenbestand des ehemaligen Staatsekretariates für Kirchenfragen der DDR:

Am 17. 11. (19)56 gegen 16,00 Uhr wurden vom A(mt für)
Z(oll) und K(ontrolle des) W(ahrenverkehrs) auf dem (Berliner) S-Bahnhof Schönhauser Allee die Rentnerinnen Klara Köcher und Friede Gerlach, beide wohnhaft in Gera, festgenommen, da sie versuchten umfangreiches Material der Sekte "Zeugen Jehovas" in den demokratischen Sektor bzw. die DDR einzuschleusen. Das Hetzmaterial hatten die Personen in ihre Kleidung genäht.

Über die Folgen dessen, berichtet jene Meldung nichts.

Das dies jedoch keineswegs für die Betroffenen "folgenlos" blieb, davon kann wohl mit hoher Sicherheit ausgegangen werden.

Katja Eichler etwa berichtet in ihrer die Zeugen Jehovas in Gera bezüglichen Studie:

"Bei den Kurierfahrten wurden die Zeugen Jehovas auch überwacht. Teilweise verrieten die Angehörigen der Kuriere ihre Verwandten aus Angst vor der Staatssicherheit. Regina Nowak schildert einen solchen Fall und die Beobachtung durch das MfS:

'Ich hatte noch eine Zwillingsschwester und eine junge Frau kam noch mit, deren Vater wohl der Stasi verriet, dass wir nach Berlin fuhren, um Literatur zu holen. Er hatte Angst um seine Tochter und ließ sich versprechen, dass wir zurückkommen konnten. Auf jeden Fall wurden wir bei der Fahrt beobachtet. Es war uns schon komisch im Abteil, einer saß hier, der hat geschlafen, der andere saß an einer anderen Stelle und hat gelesen, und trotzdem hatten wir dass Gefühl, dass sie zusammengehörten. Und ich habe mich gewundert, warum wir nicht gleich verhaftet worden sind. Sie sind mitgefahren bis Leipzig, da hatten wir dann zwei Stunden Aufenthalt, da haben wir sie dann miteinander weggehen sehen. Dann standen wir auf dem Bahnsteig, und plötzlich gingen sie, wieder zu zweit an uns vorbei.

Wir haben uns in den Zug gesetzt, unser Abteil war voll, da mussten sie sich woanders hinsetzen. Wir sind ja über Nacht gefahren und fuhren dann Mittag von Berlin wieder ab. Und weil sie nicht wussten, wann wir zurückfuhren, sind sie auf dem Bahnsteig auf und ab gegangen und sahen in die Abteile rein. Als sie sahen, wir sitzen im Abteil, haben sie uns nach Hause fahren lassen und haben uns weiter beobachtet.[...] Wir haben uns noch gewundert, dass sie uns nach Hause ließen. Sie sind zur Zollpolizei, um ihnen Anweisungen zu geben, erst kam ja die Polizei zur Passkontrolle und dann kam der Zoll. Sie waren ja weisungsberechtigt.'"


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