Re: Schmalspurdenken bei wem?


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 11. November 2006 15:51:01:

Als Antwort auf: Re: Schmalspurdenken geschrieben von Gerd B. am 11. November 2006 14:21:59:

Zum einen stelle ich für mich fest:
Die eigentliche Gottesfrage, derzeit bei dem „Biologenstreit kontra 'Intelligentes Design'" wieder hochstilisiert.
Die eigentliche Gottesfrage lasse ich unbeantwortet, befürworte also eine agnostische Position:
Es kann so oder auch anders gewesen sein.

Ad act zwei:
Was wären die „Gottesverteidiger" „von Typus Gerd B." (es sei mir diese saloppe Sprache gestattet). Was wären die ohne ein „heiliges Buch"? Eben in ihrem Falle der Bibel.
Sie wären wohl der sprichwörtliche „Fisch ohne Wasser".
Warum die Bibel? Nun sie gehörte zu ihrem Kulturkreis, sie wurde ihnen quasi mit der Muttermilch mit eingetröpfelt, und das kann und wird dann nicht mehr abgelegt (wie man sieht).

Nun sei es ja jedem unbenommen, es so zu halten. Unstreitig (zumindest unstreitig für die, die nicht gerade auf dem Namen „HW und Co" hören), enthält die auch interessante bis gute Gedanken. Mit der Bergpredigt (als nicht realisierter „Theorie der Welt") könnte sich so mancher anfreunden, sogar solche, welche da eher in Richtung Agnostizismus tendieren.

Aber für die „Heiligen-Buch-Apostel" ist die Bibel so gesehen eigentlich relativ uninteressant.
Was sie suchen, finden und was sie eigentlich motiviert ist die wundersame Kunde, vom noch gar wundersameren „göttlichen Eingreifen" am „Countdown X-Tag".

Zu ihrem großen Unglück aber, hat sie nun das Schicksal in eine Religionsgemeinschaft namens Zeugen Jehovas mal verschlagen. Zu ihrem noch größeren Kummer, kommen sie auch nicht ganz um die Erkenntnis herum. Da waren schon einige „Countdown X-Tage" im Gespräch. Schön anzusehen, wie eine Seifenblase in der Tat zum Zeitpunkt ihres bestehens schön anzusehen sein mag. Dann aber o je. Ein Knall und vorbei ist es mit der Seifenblasenherrlichkeit.

Weil sie eben das nicht verkraften, üben sie schon mal die Kunst, wie man einer Seifenblase ein vielleicht doch etwas längeres Leben verpassen könnte. Geht es, indem man sie etwas vorsichtiger aufbläst? Oder würde es gehen, ihre Indigrenzen etwas zu verändern?
Letzteres scheint der unausgesprochene „Geheimtipp" zu sein.

Man meint wahrzunehmen, die WTG-Seifenblasen enthalten ja gar nicht mehr eine wichtige Indigrenz namens Israel. Die müsste hinzugetan werden.
Wie berichtet Raymond Franz in seinem Buch über interne Diskusionen in höheren WTG-Kreisen? Nun er berichtet, dass da tatsächlich mal auf der Tagesordnung stand, dass Jahr 1914 durch das Jahr 1957 zu ersetzen. Was geschah in jenem Jahre?
Die westlichen Falken hielten den Atem an. Da gelang den Sowjets tatsächlich ihr Sputnikstart, und der große Katzenjammer setzte ein, dass ausgegrechnet dieser ideologische Gegner, offenbar technologisch zeitweilig (und vorübergehend) aufgeholt hatte.
Und dieses Datum wollten nun einige aus WTG-Kreisen auch kreieren. Sie haben sich nicht durchgesetzt. Es blieb alles beim alten, dass ist auch Richtig.

Nun aber jene, welche auf der Suche nach neuen Indegrienzen für ihre Seifenblasenmixtur sind.
Die haben ein noch viel waghalseriges Datum in Petto. Nicht immer sprechen sie es auch aus. Aber einige (zum Beispiel der Herr Gassmann) haben es sehr wohl ausgesprochen.
Das Jahr 1948.
Was geschah da „wunderbares". Vor allem eines in ihrer Lesart. Die Gründung des Staates Israel.
A ja. Da fallen dem Sachkenner sofort einschlägige Schlagworte ein
„Israel der Zeiger an Gottes Weltenuhr" und ähnliches dieser Art. Besonders allergisch wird dann reagiert, wenn diesem vermeintlichem Augapfel Gottes nicht der gebührende Respekt gezollt wird.

Ich bekam es ja im Gerd. B.-Posting auch eben mal wieder unter die Nase gerieben, indem, ich belehrt wurde, wie Willy Brandt in Warschau agiert habe und wie im Gegensatz dazu der Herr Honecker.
Nun darf ich aber für mich feststellen, was der Herr Honecker unterließ, habe ich nicht zu verantworten. Ich war nicht sein Mentor. Herr Honecker hätte mit Sicherheit auch nicht nach meiner Meinung dazu gefragt. Insofern tangiert mich dieses vermeintliche „unter die Nase reiben" auch nicht.

Allerdings habe ich zu diesem Ersatzdatum für 1914 (eben 1948) eine durchaus dezidierte Meinung.
Sie brachte ich schon mit der Vokabel auf den Punkt
Seifenblasen.

Lese ich solcherart fundamentalistischer Verteidigungen, erinnert mich das immer wieder an jene Episode, die schon vom Schriftsteller Maxim Gorki in seinem Roman "Nachtasyl" zu Papier gebracht und dessen fragliche Episode von dem Theologen Walter Nigg erneut rezipiert wurde.

"Ich kannte einen Menschen, der glaubte an das Land der Gerechten. … Er war arm und es ging ihm schlecht und wie's ihm schon gar zu schwer fiel, dass ihm nichts weiter übrigblieb, als sich hinzulegen und zu sterben - da verlor er noch immer nicht den Mut, sondern lächelte öfters vor sich hin und meinte: Hat nichts zu sagen - ich trag's! Noch ein Weilchen wart ich, dann werf ich dieses Leben ganz von mir und geh in das Land der Gerechten. … Seine einzige Freude war es - dieses Land der Gerechten."

Diese Parabel findet ihre Fortsetzung in der Feststellung, dass ein Gelehrter alle seine Bücher und Pläne durchforstet, aber nirgends das anvisierte "Reich der Gerechten" finden kann. Die Geschichte geht weiter mit den Worten: "Der Mensch - will ihm nicht glauben. … Es muss drauf sein, sagt er. … Such nur genauer! Sonst sind ja, sagt er, all deine Bücher und Pläne 'nen Pfifferling wert, wenn das Land der Gerechten nicht drin verzeichnet ist. … Mein Gelehrter fühlt sich beleidigt. Meine Pläne, sagt er, sind ganz richtig und ein Land der Gerechten gibt's überhaupt nirgends. - Na, da wurde nun der andere ganz wütend. Was? Sagt er - da hab ich nun gelebt und gelebt, geduldet und geduldet und immer geglaubt, es gebe solch ein Land! Und nach deinen Plänen gibt es keins! Das ist Raub …"

Die Geschichte endet damit, dass der Gläubige die Ernüchterung nicht verkraften konnte und seinen Frust in Aggressivität abreagierte und ein bitteres Ende fand.

Man will sich also einfach nicht mit dem Umstand abfinden, dass jene bisher immer noch als unbedriedigend zu bewertende Seifenblasen-Mixturrezept, trotz aller Mühen, einfach immer noch nicht besser geworden ist.

Immer weiter experimentieren, ist offenbar die einzige Antwort auf diese Sachlage, zu der genannte Kreise fähig.

Hätten sie doch mal buddhistische Eltern gehabt, dann wäre das wohl für sie kein Problem. Dann hätten sie aber ein anderes. Wie sie es denn mit den "Wiederverkörperungen" am besten "auf die Reihe bringen".


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