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Geschrieben von Drahbeck am 12. Januar 2002 14:06:19: Franz Graf-Stuhlhofer (früher nannte er sich nur Franz Stuhlhofer), ist bereits 1990 durch eine (inzwischen vergriffene und nicht mehr lieferbare) Buchpublikation mit dem Titel: "Charles T. Russell und die Zeugen Jehovas. Der unbelehrbare Prophet" in Erscheinung getreten. Historisch interessierten, insonderheit solche, die auch mal in speziellen historischen Zeitschriften mit großem Rezensionsteil blättern, können den Namen Stuhlhofer auch gelegentlich mal registrieren. So in der "Zeitschrift für Geschichtswissenschaft" - seinerzeit d a s DDR-Publikationsorgan für Historiker, die (ein relatives Novum) die "Wende" überlebte und noch heute existiert, trotz der etablierten "alt-Bundesrepublikanischen" Konkurrenz. Im Impressum dieser Zeitschrift wird denn auch immer darauf verwiesen, man nehme nur Originalbeiträge an; jedoch keine auch andernorts angebotenen Beiträge. Wie gesagt, in dieser Zeitschrift tauchte Stuhlhofer schon mal gelegentlich mit auf. Die dortigen Beiträge haben naturgemäß keinen Zeugen Jehovas-Bezug. Also der Historiker Stuhlhofer hat nun in einer anderen historischen Zeitschrift vor
einiger Zeit einen Beitrag veröffentlicht, auch mit Zeugen Jehovas-Bezug. Weshalb? Aus dem Grunde, weil in der "Nach-Garbe-Zeit" es eine Reihe von
Publizisten gab (Schaefer-Stahl will deren Zahl gar auf 25 quantifizieren) die sich mehr
oder weniger durch eine selektiv bis unkritisch zu nennende Darstellungsform der Zeit
33-45 kennzeichnen. Dies ist meine grundsätzliche Kritik. Unter diesem Gesichtspunkt ist es für mich schon interessant zu sehen, wie denn nun Stuhlhofer die diesbezüglichen Aspekte angeht. Nachstehend dazu einige Zitate aus seinem Aufsatz, die sich meines Erachtens wohltuend von G. abheben: Die vereinfachende Zweiteilung in Nationalsozialisten einerseits und
Widerstandskämpfern andererseits vernachlässigt die dazwischenliegende überwiegende
Mehrheit. Die Zweiteilung in Opfer und Täter übersieht die Komplexität menschlichen
Daseins, das manche Täter gleichzeitig zu Opfern werden lässt - und umgekehrt.
Wie die anderen christlichen Gemeinschaften bemühten sich auch die Zeugen Jehovas anfänglich um einen "modus vivendi" mit dem nationalsozialistischen Regime und waren zu Zugeständnissen bereit. Das zeigt sich vor allem an der berüchtigten, bei einem Kongress am 25. Juni 1933 von mehreren tausend Zeugen Jehovas beschlossenen "Erklärung", worin "die hohen Ideale, die sich die nationale Regierung zum Ziel gesetzt hat und die sie propagiert", seitens der Wachtturmgesellschaft bejaht wurden. Erst als klar wurde, dass dieses Entgegenkommen keinen Erfolg brachte, stellte sich die WTG um. Nun wurde in Publikationen international und in Deutschland auf diese Unterdrückung der Bibelforscher hingewiesen. Vielleicht hoffte der WTG-Präsident Rutherford, durch weltweites Bekanntmachen dieser Leiden Druck auf Hitler ausüben zu können, sodass dieser die Tätigkeit der Zeugen Jehovas im eigenen Land wieder toleriere. Dass dieses Vorgehen insbesondere für die deutschen Bibelforscher mit hohem Risiko verbunden war, musste Rutherford klar sein. Wenn er dennoch erwartete, dass seine deutschen Anhänger Schriften verbreiteten, in denen die nationalsozialistische Regierung kritisiert wurde, so ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass Rutherford das Leiden der deutschen Gefolgsleute - gewissermaßen als "Bauernopfer" - bewusst in Kauf nahm, um in anderen Ländern umso wirksamer auf die eigene Bewegung hinweisen zu können. Es entsprach einer Strategie Rutherfords, nicht nur das Martyrium eigener Anhänger zur Propaganda einzusetzen, sondern solches Martyrium mitunter auch zu provozieren. Jedenfalls war es für den im sicheren New York sitzenden WTG-Präsidenten Rutherford leicht, kämpferische Schriften zu verfassen und zu konsequenter Wehrdienstverweigerung aufzufordern - er persönlich trug keinerlei Risiko. Ist eine solche - gegenüber der eigenen Anhängerschaft! - rücksichtslose Leitung als vorbildlich einzuschätzen? Oft wird ja gerade die radikale NS-Gegnerschaft der Zeugen Jehovas positiv hervorgehoben - gegenüber dem insgesamt eher vorsichtigen, mögliche Konsequenzen für den einzelnen Katholiken abwägenden Kurs der römisch-katholischen Hierarchie. Ein Blick auf die Leitung gibt eine Parallele frei, dir angesichts der in KL. leidenden Zeugen Jehovas leicht übersehen wird, eine Parallele zwischen "dem Führer" und dem WTG-Präsidenten: Die ZJ-Anhängerschaft wurde zu blindem Gehorsam gegenüber den Anweisungen des WTG-Präsidenten erzogen, sodass ein Teil bereit war, das eigene Leben einzusetzen. In ihrem Führungsverständnis waren sich also Hitler und Rutherford durchaus ähnlich! Ein besonderes Druckmittel zum Gehorsam war die wiederholte Betonung des unmittelbar bevorstehenden endzeitlichen Krieges Gottes in dem alle Menschen außerhalb der rettenden Organisation Gottes (= gehorsame Anhänger) vernichtet werden. Wenn sich das bisherige Leben ohnehin dem Ende näherte, mag es dem Zeugen Jehovas günstiger erschienen sein, die kurze noch verbleibende Zeit in Gefangenschaft durchzuleiden, anstatt diesem Leiden auszuweichen und der Vernichtung entgegenzugehen. Das eschatologische Verständnis der ZJ führte sie zu einer staatsdistanzierten Haltung, meinten sie doch, im bereits gegenwärtigen Anbruch des Gottesreiches sich zu diesem bekennen und demzufolge von allen politischen Mächten Abstand halten zu müssen. So wundert es nicht, dass die ZJ in vielen Ländern der Erde Konflikte mit der Staatsmacht hatten, auch in manchen demokratischen Ländern (insbesondere während der Präsidentschaft des kämpferischen Juristen Rutherford, 1917 - 1942). Der Konflikt mit Hitler war also nichts Einzigartiges und kann nicht auf eine spezifisch antinationalsozialistische Einstellung der ZJ zurückgeführt werden. Der nächste (knappe) Absatz der Studie von Stuhlhofer thematisiert das Verhältnis Rutherford zur katholischen Kirche. Obwohl Stuhlhofer hier nicht sonderlich "ausführlich" ist, glaube ich jedoch pauschal feststellen zu können, dass ich hier einiges doch anders sehe. Stuhlhofer vermerkt in einer Fußnote bezüglich eines 1999 erschienenes Buches; es seinerseits, thematisiere zwar auch das Verhältnis ZJ - Schweiz; nicht jedoch zu Österreich. Vordergründig mag dies so sein. Im Detail hätte aber gerade die Auseinandersetzung mit dem Österreicher Hans Jonak v. Freyenwald in diesem Buch, Stoff genug geboten, um sowohl Österreich als auch die katholische Kirche, diesbezüglich namhaft machen zu können. Aus einem weiteren Abschnitt von Stuhlhofer sei noch zitiert:
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