Re: Von den drei Betrügern


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 26. September 2006 11:09:27:

Als Antwort auf: Re: Vorauseilender Gehorsam geschrieben von Drahbeck am 26. September 2006 08:04:59:

Wenn es also schon soweit ist, dass der sich nicht mehr unter den Lebenden befindliche Wolfgang Amadeus Mozart, noch nachträglicher Zensur ausgesetzt sieht, dann mag es wohl nicht unpassend sein, den Zensoren etwas Nachhilfeunterricht zu ermöglichen. Ob sie davon Gebrauch machen? Höchstwahrscheinlich nicht.

Da gab es einmal ein Buch "Von den drei Betrügern". Es hat es soweit gebracht, dass ihm etwa das Lexikonprojekt Wikipedia einen eigenen Artikel widmet:

http://de.wikipedia.org/wiki/De_tribus_impostoribus

Es existiert auch in mehreren Buchausgaben. Eine davon im Akademie-Verlag (Berlin 1960) erschienen. Sein Herausgeber (Gerhard Bartsch) stellte ihm eine umfängliche Einleitung voran, aus der unter anderem nachfolgendes zitiert sei:

Diese im Mittelalter rasch und weithin verbreitete These von den drei Betrügern, in Verbindung mit dem allgemeinen Gerücht von der tatsächlichen Existenz eines solcherart betitelten Buches, versetzte die Kirche in Bestürzung und Wut.

Die durch die Kreuzzüge beginnende Berührung der Völker Europas mit der orientalischen Kultur eröffnete diesen neue Welten des geistigen Lebens.
Viele Kreuzfahrer, die mit christlichem Fanatismus ausgezogen waren, um Palästina und das heilige Grab, welches sich nach dem Glauben der Christen in Jerusalem befinden soll, zu befreien, waren in ihrer Überzeugung von der alleinigen Gültigkeit der christlichen Religion auf weltanschaulichem Gebiete erschüttert worden. Auch untergrub der für das Abendland katastrophale Ausgang der Kreuzzüge den Glauben an die christliche Religion als der einzigen "göttlichen" Ursprungs. ...
Tatsache jedenfalls ist, daß die Betrugshypothese, in Europa einmal publik gemacht, sich bis ins 18. Jahrhundert erhielt und daß um dieselbe der Glaube sich rankte von der Existenz eines Buches 'De Tribus Impostoribus'.

Bei einem ersten Durchlesen erweckt die Schrift den Eindruck, als sei in ihr kein durchgängiger zentraler Gedanke enthalten, weil der Autor mit der Erörterung stets neuer Probleme beginnt, diese jedoch nicht zu Ende denkt. Nähere Betrachtung allerdings zeigt, daß der gesamte Inhalt sich im wesentlichen um drei Gedanken gruppiert, die folgendermaßen formuliert werden können:

a) Die Existenz eines höheren göttlichen Wesens ist möglich und gläubigen Menschen sollte dessen Verehrung ein inneres natürliches Anliegen sein. Der Priester bedürfen sie hierzu nicht.

b) Wer ihrem Wesen nach anders geartete religiöse Lehren verkündet, muß den Nachweis erbringen, daß er von einer höheren überirdischen Macht zu dieser Verkündigung ausersehen wurde, andernfalls muß er als Betrüger gelten.

c) Dieser Nachweis ist für Moses, Jesus und Mohammed nicht erbracht worden, weswegen sie von dem Verdacht des Betruges nicht freigesprochen werden können.

Die direkte Behauptung, Moses oder Jesus bzw. Mohammed oder alle drei seien Betrüger, findet sich an keiner Stelle. Im Zuge dieser Erörterungen werden Moses und Mohammed mit rücksichtsloser Offenheit und zum Teil sehr drastischen Worten als Gewalttäter angeklagt. Der Verfasser geht auf die bestialischen Grausamkeiten ein, die sowohl im Namen der jüdischen als auch der christlichen und mohammedanischen Religion begangen wurden. Er erinnert an die auf angeblichen göttlichen Befehl vorgenommene Ausrottung ganzer Volksstämme und die sinnlose Zerstörung vieler Städte. Zu den Grausamkeiten gehöre auch das Menschenopfer, das der Gott Israels Abraham auferlegt habe.
Des weiteren greift der Verfasser den Fanatismus der Christen an, die, wie er meint, überall, wo sie anzutreffen seien, sich in Weissagungen von der Vernichtung oder Unterwerfung ihrer Gegner ergängen.

Da in der Schrift das Dasein Gottes zwar angezweifelt, nicht aber geleugnet wird, kann eigentlich der Inhalt des Textes im modernen Sinne nicht atheistisch genannt werden, was die Verneinung der Existenz Gottes voraussetzen würde. Wohl aber ist er atheistisch im Sinne des 17. Jahrhunderts, das diesen Begriff viel weiter faßte, als in unserer Zeit üblich ist.

Aus dem Text des eigentlichen Buches seien noch die nachfolgenden Passagen zitiert:

Es sei ein Gott, und man müsse ihn verehren, behaupten viele, bevor sie wissen, was Gott ist, was Sein ist und wieweit dieses den Körpern und Geistern, die sich voneinander unterscheiden, gemeinsam ist. Sie behaupten es auch, bevor sie wissen, was es heißt, Gott zu verehren.

Mohammed verspricht die Belohnung für die Annahme seines Aberglaubens den ganzen Erdball. Und die Christen prophezeien überall die Niederschlagung ihrer Gegner und die Unterwerfung der Feinde der Kirche, eine Angelegenheit, die, seitdem sich die Christen auch an die Staatsgeschäfte gemacht haben, gewiß keine geringe Bedeutung hat.
Was man sonst an lächerlicher Götzenverehrung und an Mißbrauch des Kultus den Heiden vorwirft ist nicht so bedeutend, daß nicht Gleiches auch den Anhängern der übrigen Religionen vorgeworfen werden könnte.

Diesen nun soll man, so wollen sie, auf Grund seiner Wohltätigkeit verehren; denn sie sagen, wenn ein Gott existiert, so muß er auch verehrt werden. Ebenso können sie folgern; es existiert ein Großmogul, also muß man ihn verehren. Auch ihn verehren seine Anhänger, aber warum? Doch nur, um seinem und seiner Magnaten maßlosen Übermut Genüge zu tun, nichts weiter. Die Verehrung entspringt hauptsächlich der Furcht vor seiner sichtbaren Macht (deshalb verschwindet sie nach seinem Tode) und der Hoffnung auf Belohnung. Dieselbe Anschauung liegt vor bei der Verehrung der Eltern und anderer Personen. Da nun die unsichtbaren Mächte für stärker und bedeutender gehalten werden als die sichtbaren, so sollen sie auch, meinen sie, mehr verehrt werden.

Wenn Gott aber vollkommen sein soll, schon durch sich selbst genügend, angesehen und jenseits aller äußeren Ehrungen, wer darf dann sagen, daß er irgend etwas dergleichen begehrt, es sei denn, man behauptet, er habe ein Bedürfnis danach. Das Verlangen nach Ehre ist ein Zeichen von Unvollkommenheit und Schwäche.
Denn es gibt keinen, der nicht erkennt, daß es vor allem zum Nutzen der Herrschenden und Reichen geschieht, wenn man auf Religion eine gewisse Rücksicht nimmt, um die Unbändigkeit des Volkes zu schwächen.

Gibt es also Gott? Meinetwegen soll es ihn geben. Also muß man ihn auch verehren? Das folgt aber nicht daraus, weil er eine Verehrung wünscht, sondern soweit er sie uns in das Herz geschrieben hat.
Wie man hieraus ersehen kann, unterliegt die Leichtgläubigkeit der Menschen bestimmten Täuschungen und, wenn sie unter dem Vorwand eines Nutzens mißbraucht wird, nennt man das mit Recht BETRUG.

Nun gehört es zum Wesen der bedeutendsten Religionen, daß die eine die andere zugrunde legt, wie Moses das Heidentum, der Messias das Judentum und Mohammed das Christentum, und daß die spätere Lehre nicht immer und insgesamt, sondern nur in bestimmten Teilen, die frühere Vernunft und den restlichen Bestand als Grundlage für sich nimmt, wie der Messias und Mohammed.
Das ist nicht verwunderlich, da sich schon die Sekten der Christen gegenseitig der Verfälschung des Textes des Neuen Testamentes beschuldigen.

So bleibt es in der Welt nur einem sehr kleinen Teil überlassen, alle Religionen abzuwägen, seine eigene mit ihnen genau zu vergleichen und Gedanken der Wahrheit oder des Betruges, bei deren Einzelheiten man sich täuschen kann, genau zu unterscheiden; aber die größere Zahl der Menschen verläßt sich, wie meistens, auf die Glaubwürdigkeit der Professoren der Theologie, deren Wissen und Urteilsfähigkeit in religiösen Fragen bekannt sind. Und so handeln in jeder Religion meistens die, die nicht lesen und schreiben können oder das nicht haben, was sie lesen könnten.

So haben z. B. viele Propheten den Weltuntergang vorausgesagt, und Petrus behauptet, daß dieser Tag unmittelbar bevorstehe, aber er kann so lange nicht für einen wahren Propheten gelten, bis dieser Tag da ist. So nämlich verlangt es Moses ausdrücklich an der zitierten Stelle.


ZurIndexseite