|
Geschrieben von Drahbeck am 10. Mai 2006 07:28:48: Ein im Jahre 1972 geborener Algerier reiste im März 1993 in die Bundesrepublik
Deutschland ein und stellte hier einen Asylantrag. Als Begründung führte er politische
Aspekte an. Sein Antrag wurde für ihn negativ beschieden, verbunden mit der Aufforderung
zur Wieder-Ausreise. Dagegen legte er gerichtlichen Widerspruch ein. Der Asylbewerber sei seit seiner Einreise in Kontakt mit Zeugen Jehovas; sei inzwischen getauft und zudem als allgemeiner Pionier für sie tätig. Müsse er nach Algerien zurück, so hätte dies in seiner Sichtweise die europäische Menschenrechtskonvention verletzende Folgen, namentlich auch wegen seiner jetzigen Wehrdienst und Ersatzdienstverweigerung. Dieses Vorbringen wiederum hatte zur Folge, dass der Fall sich durch die Gerichtsinstanzen hinzog und schlußendlich beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz landete, welches mit seiner Entscheidung vom 20. 1. 2000 erst den Fall zum Abschluss brachte. Im Laufe des Verfahrens wurden auch einige Gutachten angefordert, so vom Deutschen Orient-Institut, vom Auswärtigen Amt und auch die deutsche WTG wurde informell in der Sache befragt. Es stellte sich dabei in der Tat heraus, dass er im Falle seiner Ausreise nach Algerien und dortiger Wehrdienstverweigerung, laut diesen Gutachten mit einer Gefängnisstrafe zwischen zwei bis zehn Jahren rechnen müsste. Dennoch wertete das Gericht diesen Aspekt als nicht entscheidungsrelevant in der Asylfrage. Die Auffassung des Gerichtes zu diesem Punkt war: "Da ein Menschenrecht auf Verweigerung des Kriegsdienstes nicht universell anerkannt ist ... hat die Bestrafung als solche noch keinen unmenschlichen Charakter." Der nächste "abzuarbeitende" Aspekt in diesem Verfahren betraf die Pioniertätigkeit des Antragstellers. Das Gericht betonte, was auch der Antragsteller bestätigte, dass seien alles Entwicklungen, die erst in der Bundesrepublik Deutschland eingetreten seien. In Algerien sei er ja noch kein Zeuge Jehovas gewesen. Das Gericht könne deshalb darin keinen Abschiebeschutz erkennen. "Denn eine öffentliche Verkündigung der Glaubensüberzeugungen der Zeugen Jehovas und das Missonieren gehen über das religiöse Existenzminimum hinaus, sie verlassen den Bereich der Religionsgemeinschaft. Dass der Kläger demgegenüber eine innere Verpflichtung empfindet, die Glaubensgrundsätze der Zeugen Jehovas im Sinne einer Missionierung zu verbreiten, ist für den Umfang, in dem er Abschiebungsschutz genießt, nicht erheblich." Nun kamen wieder die "Gutachten" zum Zuge. In einer diesbezüglichen Berichterstattung liest sich das dann so: "'Theoretisch' würde das Bekanntwerden eines Übertritts zu den Zeugen Jehovas bei den islamistischen Gruppen eine Tötung der betreffenden Person legitimieren. Konkrete Fälle sind aber weder dem Deutschen Orient-Institut noch dem Auswärtigen Amt (Auskunft vom 24. 3. 1999) im vorliegenden Verfahren oder der Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft Deutscher Zweig e. V. bekannt geworden, wie deren Stellungnahme vom 19. 2. 1999 zu entnehmen ist. Von der Gefahr einer Steinigung spricht das Auswärtige Amt in seiner im vorliegenden Verfahren erteilten Auskunft vom 24. 3. 1999 auch nur im Zusammenhang mit einem öffentlichen Auftreten eines Zeugen Jehovas in Algerien. Gerade dieses Verlassen des gemeinschaftsinternen Bereichs ist aber - wie gesagt - nicht geschützt. Dieser interne Bereich einer Glaubensgemeinschaft, in dem die Möglichkeit zum Reden über den eigenen Glauben und zum religiösen Bekenntnis sowie zum Gebet gegeben sein muss, umfasst auch nicht in jedem Fall die eigene Großfamilie. Ist zu erwarten, dass ein solches Bekenntnis bei Verwandten schwerwiegende Übergriffe auslöst, darf sich der Betroffene nicht 'nach Treu und Glauben' sicher fühlen und zu seinem Übertritt bekennen. Tut er es gleichwohl, überschreitet er die Grenze zum öffentlichen Bekenntnis und verlässt den Schutzbereich des § 53 Abs. 4 AuslG." Als Kontrast dazu kann man auf den Asylantrag eines 1957 im afrikanischen Staat Zaire
geborenen hinweisen, der auch durch mehrere Gerichtsinstanzen ging, um letztendlich vom
Bundesverfassungsgericht am 25. 10. 1988 entschieden zu werden. Dieses Argument liesss das Gericht aber nicht gelten: Als ein Beispiel aus Österreich sei verwiesen auf das Buch von Dieter Blogg
"(K)ein Platz für Schwarze" der einen Nigerianer betreffend aus dem
Ablehnungsbescheid zitiert der da aussagt: Anders hingegen wurde das offiziell ausgesprochene Verbot (das auch
durch eingeholte Gutachten nicht widerlegt werden konnte) bewertet. Das wurde letztendlich
als Asylfähig anerkannt. Keinesfalls jedoch schon in der ersten Gerichtsinstanz, sondern
der Antragsteller musste sich dazu, hartnäckig durch die Gerichtsinstanzen durchkämpfen.
|