Re: NAK, Zeugen Jehovas, Adventisten


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 26. April 2006 02:05:04:

Als Antwort auf: Re: Wie hält’s man mit sozialen Aspekten? geschrieben von Drahbeck am 25. April 2006 07:38:25:

Man kann sowohl Unterschiede als auch frappierende Ähnlichkeiten zwischen der Neuapostolischen Kirche (schon erheblich länger Körperschaft des öffentlichen Rechts als die Zeugen Jehovas) und letzteren registrieren. Auch im Falle der NAK machte sich eine gewisse Kritikerszene bemerkbar, auf unterschiedlichen Ebenen. Eine davon auch die Ebene kritischer Fernsehsendungen über sie.

Auch "Spiegel-TV" griff in seiner Sendereihe "Thema" vom 22. 11. 1995 den Begriff "Sekten" auf. Diesmal war es aber nicht nur auf die Neuapostolische Kirche beschränkt.
Einleitend werden Bilder von einer Massenhochzeit der Moonsekte (Vereinigungskirche) gezeigt.
Danach sieht man Ausschnitte aus einem Werbevideo der "Children of God"
Immer mehr Kinder werden in eine Sekte hineingeboren. Sie haben keine Wahl; so der Eingangskommentar dieser Sendung.

Dann kommt der Sektenbeauftragte der Westfälischen Landeskirche (Rüdiger Hauth) mit einem Kurzstatement zu Wort.
Aufgrund des Exklusiv-"Wahrheits"-Anspruches vieler solcher Gruppen, wie auch der Zeugen Jehovas, wachsen die Kinder zwangsläufig in die von den Eltern gewählte Isolation auf.

Nach Hauth wird Jutta Birlenberg von kids e. V. in einem Kurzstatement eingeblendet.
 http://www.manfred-gebhard.de/Birlenberg2.jpg
Als Aussteigerin aus der NAK wird dann Evelyn G. vorgestellt, die in ihrem Votum von regelrechtem Psychoterror (Druck) redet.
Ein Ausstieg der Sektenkinder bedeutet fast immer den Bruch, mit den Eltern und der eigenen Biographie.

Der Hauptteil der Sendung besteht dann in einer von Marijana Stoisits geleiteten Gesprächsrunde.
Vertreten für den NAK-Bereich Carmen G. welche etwa nach ihrer Konfirmation begann, sich allmählich "abzunabeln".
 http://www.manfred-gebhard.de/Carmen.G.jpg
Geschafft habe sie es eigentlich, sie sei jetzt 29 Jahre, erst vor zwei Jahren. Bis dahin wirkte die eingeimpfte Indoktrination noch nach. Das Gemeinschaftsgefühl beispielsweise, und sie halte sich für musikalisch, bewertet sie auf Nachfrage als das, was sie eigentlich noch "bei der Stange hielt". Das sei eine gewisse Geborgenheit, die eigentlich aber nur eine Scheingeborgenheit sei.

Ein gewisses für sie Nachdenklichkeit verursachendes Moment war auch der Umstand, dass sie mal eine Berufsplanung hatte, die aber zur Folge gehabt hätte, auch Schichtdienste machen zu müssen. Dies wiederum hätte sich nachteilig für den regelmäßigen NAK-Gottesdienstbesuch ausgewirkt. Die subtile Druckschraube, diesen Berufsweg doch nicht einzuschlagen, wurde dann auch bei ihr erfolgreich eingesetzt.

Auf die finanziellen Aspekte angesprochen äußert Carmen G., dass sie innerhalb von 13 Jahren Berufstätigkeit, sie habe das mal nachgerechnet, etwa 40.000 DM "freiwillig" (freiwillig in Anführungsstriche gesetzt) geopfert habe. Sie weist auch darauf hin, dass die erwartete Zehntenzahlung innerhalb der NAK sich auf der Basis des Bruttoeinkommens (nicht netto) berechnen soll. Schon als Kind sei sie dazu angehalten worden. Als sie damals eine Mark Taschengeld erhalten habe, hatte sie davon schon zehn Pfennig "geopfert".

Ein weiterer Gesprächs-Teilnehmer, Bernhard L.
 http://www.manfred-gebhard.de/Limberg.jpg
Vormals einem Elternhaus aus dem Bereich der “Siebenten-Tags-Adventisten" entstammend. Schon seine Urgroßmutter sei Siebenten-Tags-Adventistin gewesen. Und diese Linie setzte sich dann bis in seine Generation fort. Erste Nachdenklichkeiten bewirkte bei ihm die Absolvierung des Zivildienstes und damit verbunden, zeitweiliger Wegzug aus dem Elternhaus. Die dort geknüpften Kontakte gaben ihm Anstösse, gewisse Sachen nüchterner zu sehen. Er konnte damit, wie er es formuliert "zum ersten Mal über den Tellerrand schauen", ohne das "Korrektiv" der permanenten adventistischen Indoktrination.

In seinem Fall kommt noch das Moment der Scheidung der Eltern (der Vater ist Adventisten-Prediger) mit zum tragen.
Wörtliches Zitat:
"Der Konflikt zog sich schon seit der Scheidung hin. Also als meine Mutter, kurz bevor sie selbst daran kaputt ging, die Koffer packte und abhaute, sozusagen, wurde sie daraufhin erst mal ausgeschlossen von der Gemeinschaft und ihr die Schuld zugewiesen. Und das wurde gar nicht hinterfragt. Wieso ist das passiert, usw.".
Er betont, es gab keine echte Liebe. Es wurde nur darauf geachtet, dass nach außen hin, "alles funktionierte".

Eine weitere Gesprächsteilnehmerin, Gudrun.L.; bis zu ihrem 18. Lebensjahr bei den Zeugen Jehovas eingebunden.
 http://www.manfred-gebhard.de/Gudrun.L.jpg
Es sei eine Art Elitedenken; sie möchte sagen, fast eine Art "Gehirnwäsche", womit sie rückblickend die eigene Zeugen Jehovas-spezifische Erziehung bewertet. In ihrem Fall bezog sie mit Beginn der Volljährigkeit eine eigene Wohnung. Diese äußere Trennung ermöglichte es ihr nüchterner Bilanz zu ziehen. Sie räumt aber ein, dass der Zeugen Jehovas-Einfluss noch Jahre danach, nachhaltig bei ihr wirkte.

"Sind Sie auch wochentags zur Kirche gegangen (Carmen. G.)?
Ja fleissig. Dreimal zum Gottesdienst, dann noch einmal in die Gesangstunde. Und dann standen da immer, gerade als Jugendlicher, Dinge an, wie Zeugnisbringen. Früher hätte man da gar ähnlich den Zeugen Jehovas, sogar an fremden Türen geklingelt. Das würde aber heute nicht mehr gemacht.

Ob es denn Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden gäbe; sodass es nicht überall gleichmäßig dogmatisch sei, so eine Frage.
Sie wurde dahingehend beantwortet, dass sie denke, dem sei so nicht. Es sei im Prinzip auf der ganzen Welt ähnlich.
Ob sie denn als Kind Freunde gehabt hätte, die nicht der Neuapostolischen Kirche angehört hätten.
Antwort: Nein, überhaupt nicht ... Sie erweitert diese Aussage noch dahingehend, dass sie als Kind überhaupt keine Freunde gehabt hätte. Was dann ja wohl, und das ist mein Kommentar dazu, primär dem Klima innerhalb dieser Kirche, und weit weniger Individualumständen zuzuschreiben ist. Der in einem anderen Film gebrachte Vergleich mit einem "Kinderkreisel", der immer wieder mit der Peitsche angetrieben werden muss, bestätigt sich einmal mehr. Nicht nur im Falle NAK. Auch und besonders auch den Zeugen Jehovas ist ähnliches zuschreibbar.

Nach einer Werbeunterbrechung wird in einer Filmsequenz die vormals neuapostolische Familie Grenzstein etwas näher vorgestellt. Durch einen Wohnungsumzug ergab sich in ihrem Fall das kennenlernen neuer Leute. Diese Kontakte ermöglichten es gewisse Dinge in der NAK nunmehr aus einer etwas distanzierteren Sicht zu sehen. Die Schaffung eines neuen Freundeskreises, noch zu neuapostolischen Zeiten, bewerten sie als Glück. Wenn man solch einen nicht hat, und dann die NAK verlässt, fällt man in ein tiefes Loch, so das Votum.
Bei einem Interview der Kinder dieser Familie (Flora 6 Jahre alt) wird insbesondere herausgearbeitet, die Angst-Erziehung der NAK. Jede noch so geringe Verfehlung wird mit dem Verdikt "der Teufel", schon seit frühesten Kindheitstagen, belegt. Und das innerhalb der NAK in systematisierter Form. Auch in diesem Fall wird auf das spezifische Kartenspiel der Neuapostolischen Kirche für Kinder verwiesen, dass letztendlich die Angstmomente schürt, Nichtteilnahme an Kindergeburtstagen preist und anderes mehr.

Zu dem Herrn L. übergehend, erfährt man, dass er sogar eine adventistische Schule besucht hätte. Das einzigste adventistische Gymnasium in Deutschland, in Darmstadt.
Das adventistische Gymnasium mit angeschlossenem Internat, bestand zwar auch aus Nichtadventistischen Schülern. Aber in der Praxis bestand dann doch sehr wohl eine "unsichtbare Mauer". Beide dieser Gruppen blieben letzt endlich mehr oder weniger nur unter sich.

Zu Gudrun L. überleitend (die bei den Zeugen Jehovas war) erfährt man unter anderem, dass sie in der Kindheit sexuell mißbraucht wurde. Dieser Umstand indes wurde von der Organisation "gedeckelt" und hatte keinerlei disziplinarische oder juristische Konsequenzen. Sie äußert, dass sie Ihrerseits, damals darüber nicht geredet habe. Aufgrund der tatsächlichen Machtstrukturen, auch auf familiärer Ebene. Wenn dem so war, ist dies letztendlich wohl kaum als echte Entlastung für die Zeugen Jehovas-Organisation zu werten.

Auch sie bestätigt analog zum NAK-Beispiel, die Erziehung zum Außenseitertum.
Sie redet von einer von außen schön anzusehenden Fassade. "Wenn man jedoch dahinter sah, konnte man sehen, dass diese Fassade ganz schön abbröckelte.”

Nach einer weiteren Werbeunterbrechung wird ein Film bezüglich des deutschen Ablegers der "Boston Church of Christ" eingespielt. Mein Kommentar dazu ist relativ kurz. Er besteht vor allem in der Feststellung dass die von großkirchlichen Kreisen genährte Mär. Die "guten" ins Töpfchen, die "schlechten" ins Kröpfchen, wirklich eine Mär ist.
Lediglich dem Umstand, dass die Grosskirchen als weitgehend verweltlicht anzusprechen sind, verdanken sie ihre Fassade des "besser seins". Man sollte lieber nicht hinter diese Fassade mal schauen ...
Nun ist die "Boston Church of Christ" sicherlich nicht mit Großkirchen identisch. Unstrittig. Aber ihre Kinderstube in den USA kann sie wohl kaum verleugnen. Und genau diese "Kinderstube" ist schon Selbstanklage genug!

Zitat aus einer Publikation dieser Gruppe:
"Schreibe einige Dinge über Dein altes Ich auf, die bewirken, daß du den Tod verdienst".
Dieses in "den Staub drücken" ist dann ja wohl geradezu klassisch zu nennen. So brutal formulieren andere es nicht. Das "Strickmuster" indes pflegen auch sie!
 http://www.manfred-gebhard.de/SpiegelTV.jpg


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