Geschrieben von Space am 17. Februar 2006 11:55:05: Als Antwort auf: Sie haben email erhalten geschrieben von ... am 17. Februar 2006
00:02:45:
Das im Wachtturm angesprochene Experiment wurde verfilmt und trifft genau den Kern der
Ältesten / Schäfchen Situation.
Entscheidend ist meiner Ansicht nach die Aussage des Films:
Es gibt nur den Ernstfall
Wer glaubt es wäre Spaß hat schon verloren.
Zum Film:
Im Rahmen eines wissenschaftlichen Universitätsversuchs werden 20 Freiwillige in Wärter
und Gefangene eingeteilt, die 2 Wochen in einem künstlichen Gefängnis verbringen
müssen. Unter die Gefangenen hat sich auch der erfolglose Journalist Tarek (MORITZ
BLEIBTREU) gemischt, der hofft, hier die Story seines Lebens zu finden. Als die Wärter
mit immer härteren Mitteln ihre Autorität missbrauchen, läuft das Experiment völlig
aus dem Ruder und mündet in einer Katastrophe ...
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» (...) ich habe Tag und Nacht unseren Planeten vor Augen, dessen Bevölkerungszahl sich
in den nächsten 30 Jahren verdoppelt haben wird. Wie sollen diese Menschen in Frieden auf
engstem Raum leben, wenn wir heute nicht ihr Agressionsverhalten erforschen? «
Prof. Dr. Thon
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Von den Bewerbern werden insgesamt 21 Personen ausgewählt und in zwei Gruppen eingeteilt:
9 Wärter und 12 Gefangene. Die Gefangenen verzichten für 14 Tage auf wesentliche
Grundrechte und werden rund um die Uhr von den Wärtern bewacht. Die Unterbringung in den
Zellen erfolgt in Gruppen von je drei Gefangenen. Die Wärter teilen ihren Dienst selbst
in drei Schichten auf. Wer keinen Dienst hat, steht auf Abruf bereit, falls Komplikationen
auftreten sollten. Die Projektleitung hat Zugriff auf ein System aus Überwachungskameras,
das keinen Winkel unbeobachtet lässt.
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Die Mahlzeiten werden in einem Gemeinschaftsraum eingenommen. Neben den regelmäßigen
Essenszeiten finden sich alle Insassen einmal pro Tag im bewachten Gefängishof ein. Dort
können sie sich mit den anderen Gefangenen austauschen oder sich sportlich betätigen
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Außerhalb dieser gemeinsamen Zeiten befinden sich die Gefangenen in den verschlossenen
Zellen. Den Gefangenen kann ermöglicht werden, Briefe an Freunde oder Verwandte zu
schreiben. Die Bewilligung dazu liegt im Ermessen des Wachpersonals.
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Die Wärter erhalten ausreichend Handlungsspielraum um die Ordnung und Disziplin der
Insassen aufrecht zu erhalten. Sie werden angehalten, keine Abweichungen von den Regeln zu
tolerieren.
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Der Autor:
Bei meinen Recherchen zu Das Experiment - Black Box stieß ich auf wissenschaftliche
Arbeiten zu Gehorsambereitschaft und Aggression, auf Berichte über "ganz
normale" deutsche Reservepolizisten, die 1942 bei Judendeportationen in Polen zu
bestialischen Massenmördern wurden, auf Experimente an deutschen Universitäten in den
siebziger Jahren zu Isolationshaft und Gehirnwäschemethoden, auf die Haftbedingungen der
RAF-Gefangenen in Stammheim und auf die Jahresberichte von AMNESTY INTERNATIONAL über
aktuelle Zustände in amerikanischen Gefängnissen. Je mehr Informationen zusammenkamen,
desto klarer wurde mir, dass ich hier einen aktuellen und brisanten Stoff in Händen
hielt."
Mario Giordano über
DAS EXPERIMENT - BLACK BOX
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Das Buch:
Nach einem Jahr als Taxifahrer sieht Reporter Tarek Faht die Chance, wieder in den
Journalismus einzusteigen. Er meldet sich auf eine Anzeige in der Zeitung bei der
Universität Köln für ein psychologisches Experiment: Zwei Wochen lang sollen 12
Versuchspersonen in einem simulierten Gefängnis eingesperrt werden, wo sie von 9 weiteren
Versuchsteilnehmern bewacht werden. Dabei gelten strenge Regeln, die die Gefangenen zu
befolgen haben. So dürfen sie sich z.B. gegenseitig nicht mit Namen anreden, sondern mit
zugewiesenen Nummern. . Als Damoklesschwert schwebt über den Gefangenen immer die
Black-Box. Eine kleine, schall- und lichtdichte Kammer.
Zu Beginn widersetzt sich Tarek der unfairen Behandlung durch die Wärter, doch diese
reagieren mit immer drakonischeren Strafen. Dies beginnt bei Liegestützen, geht über
Demütigungen bis hin zu Gewalt.
Tarek hält die unmenschliche Behandlung nicht mehr aus und will mit Hilfe seiner Freundin
und eines Wärters das Experiment sprengen. Doch der Wärter, der Tareks Freundin eine
Nachricht überbringen sollte wird von den anderen Wärtern erwischt und wird nun auch zu
einem Gefangenen. Das Experiment eskaliert: Die Gefangen werden mundtot gemacht und einer
der Gefangenen sogar so stark zusammengeschlagen, dass er später seinen Verletzungen
erliegt. Tarek, der seit seiner Kindheit unter Klaustrophobie litt, wird in die Black-Box
gesperrt.
Nun will die Assistentin des Professors das Experiment abbrechen, doch die Wärter
vermuten dahinter einen Test und verschanzen sich in dem Gefängnis. Dabei nehmen sie auch
die Assistentin als Gefangene.
Kurz darauf lassen sie Tarek wieder aus der Box. In seiner Zelle plant er nun zusammen mit
einem Major der Luftwaffe den Ausbruch.
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Die Geschehnisse in dem Roman beruhen auf einem Experiment, dass tatsächlich in den
USA stattgefunden hat und nach wenigen Tagen abgebrochen werden musste. Dabei wurde jedoch
(meines Wissens nach) niemand verletzt.
Giordano beschreibt eindringlich die Wandlung ganz normaler Menschen in willenlose
Gefangen einerseits und brutale, skrupellose Wächter andererseits. Er macht dem Leser
klar, wie leicht ein Mensch zum Mörder wird, aber auch wie leicht sich jeglicher
Widerstand brechen lässt.
Bei seinen Beschreibungen der Ereignisse beschränkt sich Giordano auf das wesentliche und
schreibt kein Wort zu viel. Die Dialoge und Einblicke in die Psyche der Akteure sind
jedoch ausgefeilt. Diese Mischung fesselt den Leser und ermöglicht es ihm schnell, sich
mit den handelnden Personen zu identifizieren:
Auf der einen Seite steht Tarek, der abgewrackte, aber willensstarke Gefangene der
versucht, sich der Autorität zu widersetzen. Auf der andern Berus, der brutalste Wärter
und ihr (un)heimlicher Anführer. Er hat es besonders auf Tarek abgesehen, den er als
Unruhestifter und Rädelsführer ausgemacht hat. Dann ist da aber auch noch Steinhoff, der
abgebrühte Luftwaffe-Pilot, für den das Experiment anfangs nur ein Training darstellt
und Eckert, im wahren Leben Elvis-Imitator, der schnell zum naiven Assistenten von Berus
wird. Auch ein paar weiteren Personen widmet Giordano sich ausführlicher.
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Das Milgram-Experiment erregte großes Aufsehen. "The New York Times" wurde
am 26. Oktober 1963 mit einem Artikel darüber aufgemacht: "Sixty-five Percent in
Test Blindly Obey Order to Inflict Pain".
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Die meisten Probanden orientierten sich in dem Konflikt nicht an den Schmerzensschreien
der vermeintlich von ihnen Gequälten, sondern an den Anordnungen einer Autorität, in
diesem Fall des Versuchsleiters. Stanley Milgram bewies mit seinen Versuchsreihen, dass
normale Amerikaner bereit sind, andere mit lebensgefährlichen Stromstößen zu
"bestrafen", wenn eine respektierte Person behauptet, dies sei zu
experimentellen Zwecken erforderlich: "Gewöhnliche Bürger erhalten den Befehl,
andere Menschen zu vernichten und sie tun es, weil sie es als ihre Pflicht ansehen,
Befehlen zu gehorchen." (Stanley Milgram: Das Milgram-Experiment)
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Im Sommer 1971 wollte Philip G. Zimbardo an der Stanford University in Palo Alto in
einem sozialpsychologischen Versuch der Frage nachgehen, ob Humanität über Aggression
siegt oder umgekehrt. Zu diesem Zweck ließ er auf dem Campus ein Gefängnis nachbauen und
engagierte vierundzwanzig freiwillige Männer für das Experiment, das zwei Wochen lang
laufen sollte (Stanford Prison Experiment). Doch es musste bereits in der Nacht auf den
sechsten Tag abgebrochen werden, weil es aufgrund von Realitätsverlusten, psychischen
Zusammenbrüchen, sadistischen und sexuellen Übergriffen außer Kontrolle geriet. Mario
Giordano wurde dadurch zu seinem Roman "Das Experiment Black Box" inspiriert,
der 2001 von Oliver Hirschbiegel verfilmt wurde.
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Der Film "Das Experiment" basiert auf dem Roman "Das Experiment Black
Box" von Mario Giordano, der wiederum von einer realen Studie inspiriert wurde: Im
Sommer 1971 wollte Philip G. Zimbardo an der Stanford University in Palo Alto in einem
sozialpsychologischen Versuch der Frage nachgehen, ob Humanität über Aggression siegt
oder umgekehrt. Zu diesem Zweck ließ er auf dem Campus ein Gefängnis nachbauen und
engagierte 24 freiwillige Männer für das Experiment, das zwei Wochen lang laufen sollte
(Stanford Prison Experiment). Doch es musste bereits in der Nacht auf den sechsten Tag
abgebrochen werden, weil es aufgrund von Realitätsverlusten, psychischen
Zusammenbrüchen, sadistischen und sexuellen Übergriffen außer Kontrolle geriet. Die
Ergebnisse ergänzten die Erkenntnisse aus dem Milgram-Experiment.
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Der Sozialpsychologe Stanley Milgram bewies zu Beginn der Sechzigerjahre mit einer
Versuchsreihe, dass normale Amerikaner bereit sind, andere mit lebensgefährlichen
Stromstößen zu "bestrafen", wenn eine respektierte Person behauptet, dies sei
zu experimentellen Zwecken erforderlich. "Gewöhnliche Bürger erhalten den Befehl,
andere Menschen zu vernichten und sie tun es, weil sie es als ihre Pflicht ansehen,
Befehlen zu gehorchen." Auf die unabhängige Urteilsfähigkeit des Einzelnen können
wir uns offenbar nicht verlassen. Überall und zu allen Zeiten können Menschen dazu
verführt werden, zu foltern und zu töten, wenn man ihnen ein entsprechendes Feindbild
einimpft und eine Autorität sie glauben macht, das sei moralisch in Ordnung.
(Dieter Wunderlich im Vorwort zu seinem Buch "Göring und Goebbels. Eine
Doppelbiografie", Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2002)
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Oliver Hirschbiegel hat sich die Videoaufzeichnungen des Stanford-Experiments angesehen.
"Man erkennt erschreckt, wie schnell scheinbar geregelte Strukturen in wüste Gewalt
umkippen können", kommentiert er. "Was ich beschreibe, und was in Stanford
seinerzeit passierte, ist, wie sich brave Bürger binnen Tagen zu Faschisten entwickeln
können. Weil ihnen die inneren Maßstäbe fehlen! Weil sie nur Sekundärtugenden haben,
an die sie sich halten können wie Ordnung und Sauberkeit."
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Es ist beklemmend, mitzuerleben, wie aus einer Art Spielsituation blutiger Ernst werden
kann. Pflichtbewusste Probanden in der "Wärter"-Rolle wollen die von den
Versuchsleitern gestellte Aufgabe erfüllen und für Ordnung sorgen. Andererseits
provozierten einige der "Häftlinge" schon mal einen "Wärter" mehr
oder weniger zum Spaß oder lehnen sich gegen Anordnungen auf, die sie als schikanös
empfinden. Zunächst halten sich die "Wärter" daran, dass Gewaltanwendung
verboten ist, aber sie merken rasch, dass gezielte Demütigungen ebenso wirksam sind wie
physische Gewalt. Rasch beginnt sich eine Eigendynamik zu entwickeln.
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Zwar ist nicht jede Einzelheit plausibel, aber das Wichtigste die Eskalation der
Verhältnisse wird in "Das Experiment" außergewöhnlich eindrucksvoll,
spannend und nachvollziehbar dargestellt. Dazu trägt nicht zuletzt die gelungene Auswahl
von Charakteren bei, die auch von den weniger bekannten Schauspielern die in der
Mehrzahl sind glaubwürdig verkörpert werden.
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