Auch eine Konfliktebene


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 20. Januar 2006 03:34:59:

Als Antwort auf: Eine Kongreßerfahrung geschrieben von D. am 19. Januar 2006 06:39:40:

„Ein typisches Beispiel dafür war die Ausbildung der Kinder. Es wurde ihnen vor Augen geführt, wie wenig Wert »weltliche Weisheit« hätte. Es wurde auch immer davon gesprochen, welch schlimme Vorkommnisse es angeblich in den höheren Schulen gab. Rauchen, Alkohol, Drogen u.s.w. In der Ältestenschule wurde ganz konsequent darauf hingewiesen, daß Älteste ihre Kinder nicht in höhere Schulen schicken sollten, und auch die anderen davon abhalten sollten. Es würde ja ohnehin bald das Ende kommen. Später, als das Ende nicht kam, und viele ohne richtige Ausbildung dastanden, sah es so aus, als seien manche eben »extrem« gewesen. Inzwischen ist es etwas lockerer geworden und einige Kinder von Zeugen Jehovas besuchen höhere Schulen. Besonders Kinder aus solchen Familien, in denen nur ein Eltemteil ein Zeuge ist.

Ein anderer Punkt war, daß man Kinder nicht an Schulveranstaltungen teilnehmen lassen sollte, die ein Ausbleiben über Nacht erforderten, also etwa an Schulschikursen oder, wie in den Bundesländern vorgesehen, an der Wien-Woche. Der Grund war, daß man Kinder nicht den weltlichen Einflüssen aussetzen durfte. Es wurden auch hier wieder Dinge, die angeblich bei solchen Veranstaltungen passiert waren, als abschreckendes Beispiel hingestellt. Hauptsächlich ging es dabei wieder um Rauchen, Alkohol, Discobesuche, Drogen und auch »Unsittlichkeit«. Diese angeblichen Vorkommnisse wurden pauschalisiert.

In der Praxis konnte das zu schweren Konflikten mit den Lehrern führen, gar nicht davon zu sprechen, wie es für die Kinder war, wenn sie als einzige von der ganzen Klasse zu Hause bleiben mußten. Als unser ältester Sohn in der Situation war, daß er zum Schikurs hätte fahren sollen, lernten wir das aus unmittelbarer Nähe kennen.
Obwohl unser Sohn der erste Zeuge Jehovas in dieser Schule war und eine Zeitlang der einzige, kamen wir doch mit den Lehrern immer gut aus. Wenn es etwas gab, dann sprachen wir mit ihnen und es gab wenig Probleme, obwohl oft Ausnahmen nötig waren. Als mein Mann einmal zum Direktor der Hauptschule ging und ihm sagte, daß unser Sohn nicht am Schikurs teilnehmen konnte, hatte dieser absolut kein Verständnis dafür. Er wollte entsprechende Gründe hören. Als mein Mann die üblichen Argumente vorbrachte, war der Direktor sehr ungehalten.

Er holte die Lehrerin dazu, die den Schikurs organisierte, und sie war sehr erbost, daß jemand annehmen konnte, es würde dabei etwas außer Kontrolle geraten. Beide versicherten meinem Mann, daß solche Dinge in dieser Schule nie vorgekommen waren und auch in Zukunft nicht vorkommen würden. Der Direktor akzeptierte einfach nicht, daß der Bub nicht mitfahren durfte. Es war ein schwieriger Fall. Einerseits wollten wir dem Buben gern die Freude lassen, andererseits war hier die klare Anweisung.

Da mein Mann Altester war, schauten ja auch die anderen auf uns. Dazu kam noch, daß wir dann später auch die anderen Kinder hätten fahren lassen müssen. Vielleicht waren wir in dieser Zeit schon nicht mehr ganz so gehorsam wie früher, es gab inzwischen allerhand, was uns nicht gefiel, auf jeden Fall ließen wir unseren Sohn fahren. Dieser war natürlich sehr glücklich darüber."
Gelesen in dem Buch von Barbara Waß „Leben in der Wahrheit. 12 Jahre Zeugin Jehovas"


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