Re: Heiliger Krieg


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 22. Oktober 2001 13:58:22:

Als Antwort auf: Re: religiöser Fundamentalismus geschrieben von Prometeus am 21. September 2001 08:44:28:

Mein Kommentar zu nachfolgendem Zitat besteht eigentlich nur in einer Frage. Und die Frage wäre: Inwieweit unterscheiden sich die Thesen der sogenannten "Leitenden Körperschaft" der Zeugen Jehovas, von dem angekündigten Zitat? Um es vorweg zu sagen. Es fällt mir schwer, einen wesentlichen Unterschied in der Sache zu erkennen. Außer der Wortwahl, außer den formalen Umständen die erfahrungsgemäß immer variieren. Diese Frage wäre also zugleich mein Kommentar zu nachstehendem.
In dem 1984 im Herder-Verlag (Freiburg/Br.) erschienenen Buch: "Friede - was ist das? Die Antwort der Weltreligionen" (Hrsg. von Adel Th. Khoury und Peter Hünermann) kann man auch die nachfolgenden Ausführungen lesen (S. 58, 59):

Das islamische Rechtssystem, wie es im Mittelalter ausgestaltet wurde, kennt eine Aufteilung der Welt in zwei Gebiete: Das "Gebiet des Islams" ist das Reich des Friedens, in dem das islamische Gesetz und die vom Islam vorgesehene Gesellschaftsordnung und politische Struktur herrschen. Das Gebiet der Nicht-Muslime wird als "Gebiet des Krieges" bezeichnet. In diesem fremden Gebiet herrscht das Gesetz der Nicht-Muslime vor, das in wesentlichen Teilen den Bestimmungen des Islams widerspricht, in dem also z. B. Ehebruch, Wucher, Glücksspiel, Alkoholgenuß und andere im Sinne des Islams verbotene Straftaten begangen und ungeahndet bleiben. Das "Gebiet des Krieges" ist vor allem aber das Gebiet, in dem den Muslimen der Aufenthalt verwehrt wird oder in dem den Muslimen keine Rechtssicherheit garantiert wird.
Die Muslime haben diese Pflicht, ihr Gebiet gegen die Angriffe der Feinde zu schützen und zu verteidigen. Darüber hinaus haben sie sich aktiv einzusetzen, um auch im Gebiet der Nicht-Muslime dem Gesetz Gottes zum Sieg zu verhelfen und die Rechte Gottes zur Geltung zu bringen.
Wenn das islamische Gebiet sich gegen einen massiven Angriff verteidigen muß, um seine Existenz zu sichern, dann sind alle Muslime gerufen, sich für diese Sache Gottes einzusetzen. In weniger dramatischen Situationen geht man davon aus, daß die Pflicht zum heiligen Krieg dieser Gemeinschaft und dem Staat obliegt und daß dieser Pflicht Genüge getan wird, wenn an einem Ort des islamischen Gebiets, irgendwo in der Welt, Bemühungen um die Ausbreitung des Machtbereichs des Islams unternommen werden. Die islamische Gemeinschaft braucht somit nicht dafür zu sorgen, daß alle erwachsenen Männer zu aktiven Kämpfern des heiligen Kriegs werden und daß eine Art Gegenmobilmachung verfügt wird, was den Staat lahmlegen könnte. Die Bestimmung, die die Pflicht zum Krieg als Pflicht der Gemeinschaft erklärt, beinhaltet auch, daß nicht einzelne Muslime den Krieg erklären dürfen und damit den gesamten Staat in ein unkontrolliertes Abenteuer stürzen können. Die Verantwortung für die Einschätzung der Lage, für Kriegserklärung und Führung der Kampfhandlungen steht in der ausschließlichen Zuständigkeit der Staatsleitung.
Der Staat darf sich aber der Pflicht zum heiligen Krieg nicht entledigen, denn diese ist seine ständige Pflicht. Der Einsatz für den Islam hört grundsätzlich erst dann auf, wenn alle Menschen den Glauben an Gott angenommen oder gar sich zum Islam bekehrt haben. Das Endziel des Kampfes "auf dem Wege Gottes", wie sich der Koran ausdrückt (z. B. 2, 1930 und viele andere Stellen) wird erst erreicht, wenn auch das Gebiet der Feinde dem Gebiet des Islams angeschlossen wird, wenn der Unglaube endgültig ausgerottet ist, wenn die Nicht-Muslime sich der Oberherrschaft des Islams unterworfen haben. Solange die alleinige Herrschaft des Islams nicht die ganze Welt umfaßt, bleibt der heilige Krieg ein Dauerzustand, und zwar ein solcher, der entweder durch militärische Aktionen oder wenigstens durch politische Versuche oder auf irgendeine andere Weise erfolgen muß.


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