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Geschrieben von D. am 19. Januar 2006 06:39:40: Als Antwort auf: Schmeichelhaft, aber ungemein anstrengend geschrieben von D. am 18. Januar 2006 05:00:25: Zuerst mußte mein Mann einmal Urlaub bekommen. Damals hieß es immer, wenn jemand für den Kongreß keinen Urlaub bekommt, dann sollte er einfach auf »Jehova vertrauen« und kündigen. Das haben damals und auch später zahlreiche Zeugen Jehovas getan. Bei den Kongressen wurden einige solcher Erfahrungen erzählt, in denen der Betreffende nachher meist eine bessere Stelle bekommen hat, als er vorher hatte. So einfach ist das aber nicht, besonders wenn man eine Familie zu versorgen hat. Sicher
haben manche nicht gleich wieder Arbeit bekommen, doch davon wurde nicht erzählt.
So kostete die Reise doch (auch) Geld. Wir mußten uns dieses Geld immer hart
zusammensparen.
Bei solchen Gelegenheiten wurde nicht mit Geld gespart. Da zur gleichen Zeit ein großer Kongreß in Rom stattfand, pendelte die Delegation zwischen Wien und Rom hin und her. Sie übermittelten natürlich Grüße von einem Kongreß zum andern. Wir freuten uns darüber und diese Grüße wurden stets mit großem Beifall aufgenommen. Wahrscheinlich machten sich die meisten kaum Gedanken darüber, wieviel Geld dieses Hin- und Herreisen kostete. Der psychologische Effekt der großen Masse verfehlte auch bei uns nicht seine Wirkung.
Wir sahen, daß wir nicht allein, waren, daß andere mit ähnlichen Problemen zu kämpfen
hatten wie wir.
Mit kleinen Kindern, wie wir sie hatten, den ganzen Tag bis in die Nacht bei dreißig Grad Hitze im Stadion zu sitzen ist eine Strapaze. Aber für uns war das selbstverständlich, wie für die anderen auch. Noch dazu durfte man nirgends mit einem Kinderwagen hinein, damit die Gänge nicht versperrt wurden. Auf dem einzigen Platz, wo man mit dem Kinderwagen hin durfte, waren keine Sitzgelegenheiten und außerdem zog es ganz furchtbar. So hatte jeder von uns stets ein Kind am Arm und der größere war noch so mit. Bei solchen Menschenmassen muß man auch immer aufpassen, denn ein Kind ist schnell verloren, wenn man es aus der Hand läßt. Zusätzlich hatten wir natürlich auch noch die Tasche voll mit Bibeln, Liederbüchern, Windeln, Thermosflaschen, Babyflascherln und all den anderen Dingen, die man braucht, wenn man kleine Kinder mithat und den ganzen Tag nicht nach Hause kommt. Das Auto war natürlich ein ganzes Stück vom Stadion entfernt geparkt und man mußte alles tragen. Die Kinder waren bald alle schrecklich übermüdet, denn es wurde jeden Tag fast elf,
bis sie ins Bett kamen. Es war auch nicht einfach im stockdunklen Zelt die ohnehin schon
erschöpften Kinder ins Bett zu bringen. Mit Mühe konnte ich meinen Mann davon überzeugen, daß wir einmal
einen Nachmittag das Programm versäumen und die Kinder schlafen lassen mußten. Wir
machten auch einen erholsamen Spaziergang durch den Laxenburger Park im Schatten der alten
Bäume und erholten uns auch wirklich etwas. Am Abend aber waren wir wieder im
Stadion." |