Re: Diskussionsbeitrag


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 16. Januar 2006 15:28:38:

Als Antwort auf: Re: Frage an Herr Drahbeck geschrieben von Drahbeck am 16. Januar 2006 10:09:53:

Vielleicht mal ein Zitat aus der von Twisselmann herausgegebenen Zeitschrift „Brücke zum Menschen", dass vielleicht im weiteren Sinne durchaus zum Thema passt. Twisselmann versteht sich bekanntlich als einer, der wieder eine kirchliche Bindung eingegangen und dabei „seinen Weg" gemacht hat. In einem diesbezüglichen Themenheft (Nr. 109-110 (1992) Beitrag von Reinhold Ruthe) liest man unter anderem:

„Drei Beispiele, drei ekklesiogene Neurosen: Das krankhaft übersteigerte Gewissen, die Zwangsneurose und die sexuelle Fehlentwicklung. Besonders fromme Menschen, die eine überstrenge, pseu do christliche Erziehung erfahren haben, werden davon heimgesucht. Böse Zungen sprechen von "Pietismus-Neurosen". ... Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten.

Besonders überfromme, überstrenge und übermoralische Christen rufen bei sensiblen und empfindsamen Kindern und Heranwachsenden verzerrte Glaubensvorstellungen hervor. ... Ein falsch verstandener und praktizierter Glaube kann seelische Störungen (Neurosen) hervorrufen. Ich halte den Begriff "ekklesiogene Neurosen" daher für falsch, denn die Ekklesia, auf deutsch: die Kirche Jesu Christi, ist nicht die Ursache für seelische Störungen. Dennoch ist unbestreitbar: Es gibt ungezählte Christen, die seelisch krank sind, die an sich, an der Kirche und im Glauben leiden und durch eine mißverstandene christliche Verkündigung und Sozialisation psychisch aus dem Gleichgewicht geworfen wurden.

Es war der Berliner Frauenarzt E. Schätzing, der 1955 zum ersten Mal den Begriff "ekklesiogene Neurose" (also eine durch die Kirche verursachte seelische Störung) formulierte und die Kirche entsprechend beschuldigte. In erster Linie verstand Schätzing unter ekklesiogenen Neurosen Sexualneurosen, wie er sie in seiner Praxis zu Gesicht bekam und die er der Kirche in Folge einer pharisäerhaften Verkündigung zur Last legte. Auch viele Selbstmorde seien die unabweisbaren Folgen einer "puritanischen Brutalität". Schätzing steht mit seinen Vorwürfen nicht allein.

Der evangelische Theologe und Therapeut Klaus Thomas, Leiter der Ärztlichen Lebensmüden-Beratung in Berlin, schlägt ähnlich harte Töne an. Seine Anschuldigungen sind bedrückend:
"Unter den bisher 22.000 Patienten der Ärztlichen Lebensmüden-Betreuung Berlin sehen wir rund 7000 Neurotiker, davon rund 3000 ekklesiogen Erkrankte; das entspricht rund 43 Prozent."
Bei den 3000 ekklesiogen Erkrankten hätten 2970 Symptome zur Sprache gebracht, die "Onanieskrupel, Homosexualität, Perversionen, Frigidität und Impotenz" beinhalteten.
Bei den Ratsuchenden handele es sich vorwiegend um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Kirche und Freikirche. Sexuelle Schwierigkeiten seien demnach die häufigsten Probleme von Christen. Wir Christen müssen uns diesen Anschuldigungen stellen und fragen, wo heute unsere Verkündigung pharisäerhafte Züge aufweist, wo heute kindliche Gewissen unangemessen belastet und verwirrt werden und junge Menschen in neurotische Fehlverhaltensweisen verfallen."


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