Das noch nicht offengelegte ...


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 24. Dezember 2005 07:56:35:

"Patent-Kochrezept"


Es war einmal ...
So fangen vielerlei Märchen an.
Es war einmal im fernen Polenland im Jahre 1925 ein Evang.-lutherischer Missionar, namens A(ugust) Lerle, in Zgierz (das ist in der Nähe von Lodz. „Theo komm wir fahren nach Lodz ..." sang später mal eine Sängerin). Soweit war es aber im Jahre 1925 noch nicht.
Missionar Lerle nannte in Zgierz eine beachtliche deutschsprachige Gemeinde sein eigen. Aber o weh, böse, reißerische Wölfe drangen in sie ein.

In Abwehr selbiger verfasste er schon mal eine Broschüre mit dem Titel: „Im Kampf mit der Sekte. Ein Diskussionsbericht". Kaum hatte er diesen Angriff zurückgeschlagen (die Angreifer waren in diesem Fall „Siebenten Tags Adventisten"), musste Missionar Lerle schon wieder neues, noch größeres Ungemach registrieren. Seine Frust artikulierte es denn auch in die Worte:

„Denn die Sekten schießen in der letzten Zeit hervor, wie die Pilze nach einem warmen Sommerregen. Denn die Sektenprediger überschwemmen in der letzten Zeit unsere Gemeinden wie eine verheerende Flut. Von allen Sekten aber, die bisher aufgetreten sind, sind die Russellianer für das Seelenheil der Menschen eine der gefährlichsten, weil keine andere so sehr wie diese, die Bibel falsch auslegt und sogar die Fundamente des Christentums angreift."

Schon mal der Schreibkunst mächtig, überantwortete Missionar Lerle auch diese „bahnbrechende" Erkenntnis in Drucklettern gegossen, und als Endergebnis in eine noch heute lesbare Broschüre, mit dem Titel „Die Irrlehren der Russellianer (Ernste Bibelforscher) im Lichte der Bibel".

Sein Frust bewegt sich in den relativ altbekannten Bahnen. Er kreidet den Bibelforschern ihre Ablehnung des Seeelenglaubens, der Höllenlehre und der Dreieinigkeit an. Auch die Tagesaktuelle Kirchenpresse nahm er zur Kenntnis. Und damit hatte sich selbst bei ihm schon mit herumgesprochen, dass jene ungeliebten Bibelforscher, just in der Schweiz in einen Prozeß verwickelt seien. Über letzten Aspekt berichtet er:
„Ueber die Frage, woher die Russellianer ihre reichen Geldmittel bekommen, entnehme ich der „Ev. Luth. Freikirche für Sachsen u. a. Staaten" folgende Notiz:
Woher haben die „Ernsten Bibelforscher" ihre Geldmittel?
Unter dieser Ueberschrift bringt die „Allg. Ev.-luth. Kirchenzeitung" einen sehr interessanten Bericht der „Rheinischen Volkswacht". Es ist schon vielfach der Verdacht und auch die Behauptung ausgesprochen worden, daß die „Ernsten Bibelforscher" aus jüdischen Kreisen recht beträchtliche Geldmittel für ihre großzügige Propaganda erhielten. Der Verdacht entstand wohl besonders dadurch, daß die „Ernsten Bibelforscher" viel von der Wiederherstelung der jüdischen Herrschaft in Palästina und einem großen Einfluß des jüdischen Reiches auf die ganze Welt reden. ...."

Auch da hält sich Herr Lerle noch im Rahmen des Erträglichen. Es gab zur gleichen Zeit übergenug andere Schreiberlinge, die dann gleich im Stile eines Hitler weiterkombinierten; dass sei doch wohl eine Bestätigung für die Antisemitenbibel „Protokolle der Weisen von Zion".

Zur Ehrenrettung von Missionar Lerle sei gesagt. Dieser Versuchung ist er nicht erlegen. Was wiederum zeitgenössisch durchaus nicht „selbstverständlich" war.

All das bisher gesagte hört sich eigentlich recht wenig nach einem „Märchen" an, dass muss man schon mal einräumen. Und so stellte sich denn die Sachlage auch so dar, dass zwischen Märchen-Verfassern und Märchen-Erzählern noch zu differenzieren wäre. Da wieder die Ehrenrettung für Missionar Lerle. Er ist nur der Erzähler; nicht aber der Verfasser des Märchens.

Das eigentliche Märchen, auch das berichtet Lerle, begann doch damit, dass Russell für 1914 wundersame Dinge verkündete, die aber - o Schreck welche Märchenregie - so nicht in Erfüllung gingen. Macht nichts sagten sich die Märchen-Verfasser. Es gibt ja noch „demnächst" das Jahr 1925. Und just zu Beginn dieses Jahres nahm auch Missionar Lerle die Fährte der Märchenerzählung wieder auf. Erstaunliches fand er da in seiner Textvorlage.
Er referiert:

„1925 sollen alle Kirchen zusammenbrechen, alle Nationen aufhören, alles Leid von der Erde verschwinden, Tote auferstehen, das Paradies auf die Erde kommen und diejenigen, die sich zur Lehre Russells bekehren und 1925 erleben, niemals sterben..."

Offenbar konnte sich Missionar Lerle nicht ganz des Gefühles erwehren: „Die Botschaft höre ich wohl. Allein, es fehlt der Glaube". Das dies bei ihm so war, macht auch seine weitere Bemerkung deutlich:
„Nun, das Jahr 1925 ist angebrochen, die Anhänger Russells haben es erlebt, und wir wollen abwarten, ob die Prophezeiung ihres vermeintlichen „großen Propheten" sich an ihnen erfüllen wird, und sie niemals sterben werden. Nein, hier paßt das Wort der Schrift: „Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden".

Und er legt noch nach mit der Aussage:
„Wir wissen nicht, was das Jahr 1925 uns bringen wird, vertrauensvoll wollen wir jeden Tag aus der Gnadenhand unseres Gottes entgegennehmen, aber eins wissen wir ganz gewiss, ohne eine Prophetengabe zu besitzen, daß es uns das von Russell für dieses Jahr verheißene Paradies nicht bringen wird."

Wie anders hingegen lass sich das doch in den Veröffentlichungen, der eigentlichen Märchen-Verfasser. Auch darüber berichtet Lerle:
„In der Broschüre „Millionen jetzt Lebender werden nie sterben" heißt es auf Seite 59-60, daß von 1925 an die Lebenden nicht nur nie mehr sterben, sondern, daß auch die Alten wieder jung werden sollen. „Zur Jugend zurückkehrend" ist dieser Abschnitt auf Seite 59 überschrieben. Auf Seite 60 heißt es: So wird, wenn die Wiederherstellung beginnt, ein Mann von sechzig Jahren allmählich zu einem Zustand physischer Gesundheit und geistigen Gleichgewichts wiederhergestellt werden. ---
Durch den allmählichen Prozeß der Wiederherstellung wird er durch den großen Mittler aufgerichtet und zu den Tagen seiner Jugend wieder hergestellt werden; er wird ewig auf Erden leben und den Tod niemals sehen."

Tja und genau bei der Aussage kam auch Missionar Lerle ins „Stolpern". Er wollte es schon gerne etwas „genauer" wissen. Und er machte sich auch so seine eigenen Gedanken, wie denn das „praktikabel" sein könnte. Und er lässt uns auch an diesen seinen Gedankengängen teilhaben, wenn er weiter äußert:
„Und wenn wir fragen, wie es denn möglich sein wird, daß die Alten wieder jung werden, so wird uns auf Seite 60 die Antwort gegeben.
Dort heißt es:
„Wenn das Königreich des Messias eingeführt ist (was im Jahre 1925 erfolgen wird), wird der große Messias für rechte Nahrungsverhältnisse Vorkehrung treffen ----
Der Herr wird ihn unterweisen, wie er essen und was er essen soll."

Jetzt setzt für Missionar Lerle das große Aha Erlebnis ein, was er denn mit den Worten zu Papier bringt:
„Das soll doch wohl heißen, daß die Russellianer ab 1925 bisher nicht gekannte, besonders gute Kochrezepte haben werden, und daß die Menschen durch den Genuß der nach den Rezepten der Russellianer hergestellten Speisen nicht nur ewig leben, sondern die alten auch wieder jung werden sollen."

Wiederum bemächtigt sich auch Missionar Lerle die einfach nicht zu bezwingende Eigenschaft, sich als „ungläubiger Thomas" zu erweisen.
Ausdruck seines „Unglaubens" ist denn auch seine Aussage:
„Hier möchte man aber doch ausrufen: O du verkehrte Welt, o kleinlicher Verstand! Wie ist es möglich, daß solche Torheiten gedacht, geredet, geschrieben, gelesen und ---- vielleicht auch geglaubt werden! Aber nur weil die Welt betrogen sein will, findet Russell immer noch Anhänger."

Da möchte man als Bericherstatter eigentlich nur noch hinzufügen: Es gibt nicht mehr allzuviel „hinzuzufügen". Nur schade, dass jenes „geheimnisvolle Rezept des Jungbrunnens" immer noch nicht offengelegt wurde. Tja, das aber wieder eröffnet den Märchen-Verfassern ungeahnte Möglichkeiten, weitere Anschluß-Märchen zu kreieren.

Vielleicht wird ein weiterer „Missionar Lerle" sich auch ihrer einmal annehmen!

Man vergleiche als thematisch ähnlich, auch die Broschüre von Rudolf Fisch

Rudolf Fisch



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