Re: Die traurige Geschichte des Frank-Peter (erfunden:)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Kattlick am 23. Mai 2001 22:16:01:

Als Antwort auf: Die traurige Geschichte des Frank-Peter (erfunden:) geschrieben von Kattlick am 21. Mai 2001 18:25:52:

Teil 3

An meine Freunde!

Als ich am 19.11. meinen ersten Beitrag ins Forum stellte, hatte ich niemals mit so viel Resonanz gerechnet.
Im Gegenteil, ich befürchtete übersehen oder schlimmer noch, verhöhnt zu werden.
Der einzige, der sich wirklich bemühte mir zuzuhören, war mein Freund Thoralf, den ich eventuell später noch mal in einer anderen Rubrik erwähnen möchte.
Vielen Dank noch mal an alle, die mir mit ihren Beiträgen Mut zugesprochen haben.
Ich möchte auch versuchen, alle Fragen, die mir gestellt werden, ehrlich zu beantworten.
Falls ich doch mal die eine oder andere übersehen sollte, könnt ihr mich ruhig noch mal mit der Nase draufstoßen.
Danke für den Tipp, mit der Rubrik „Selbsthilfe".
Ich werde mir die Beiträge dort anschauen.
Was ich hier geschrieben habe, kann von mir aus ruhig veröffentlicht werden.
Da es Personen gibt, auf die ich Rücksicht nehmen möchte, habe ich alle Namen geändert.
Meiner Meinung nach ist meine Geschichte aber ein Einzelfall, wie er hin und wieder auch bei anderen religiös-fanatischen Splittergruppen oder auch in eventuell nach außen hin harmonisch wirkenden religiösen oder nichtreligiösen Familien vorkommt.
In meiner näheren Umgebung gab es einen Fall, wo ein evangelischer Pfarrer seinen Sohn missbraucht haben soll.
Wenigstens das ist mir als Kind erspart geblieben.
Es gab in der Versammlung, die ich als Kind besuchte, auch Eltern die sehr liebevoll mit ihren Kindern umgingen, und es wurde auch hin und wieder vereinzelt protestiert, wenn mich mein Stiefvater an den Haaren aus dem Saal schleifte.
In seiner Stellung als Ältester, der großen Respekt genoss, und der es sich auch schon mal ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, leisten konnte, den Kreisaufseher niederzuschreien, war er aber für die anderen unantastbar.
Spielkammeraden erzählten mir auch, dass sie an Geburtstagsfeiern teilnehmen durften, und dass sie, wenn irgendwas ans Licht käme, behaupten sollten, sie wären zufällig dazugekommen und hätten an der eigentlichen Feier nicht teilgenommen.
Diese Kinder, liberal eingestellter Eltern, wurden nie geschlagen, und erhielten zu Geburtstagen und zu Weihnachten heimlich Geschenke, um sich „weltlichen" Kindern gegenüber nicht benachteiligt zu fühlen.
Ich erwähnte dieses Wissen meinem Stiefeltern gegenüber nie, entwickelte aber Neidgefühle und schämte mich dafür.
Jetzt möchte ich zum Schluß noch die Frage von Bauer beantworten.
\i{Was war eigentlich der Beweggrund dich zu adoptieren?
Die Hinterlassenschaft deiner Eltern? Dann kann ich gut verstehen, dass sie auch Zeugen Jehovas wurden.}
Falls du, lieber Bauer, durch meinen Beitrag zu der Meinung gekommen bist, meine leiblichen Eltern wären ZJ gewesen, so ist das falsch.
Ich kann mich an ihre Konfession nicht erinnern, weiß aber noch, dass wir beispielsweise zu Weihnachten und wahrscheinlich noch zu ein oder zwei anderen Gelegenheiten im Jahr, die Kirche aufsuchten, und ich mich sehr auf bestimmte Vorführungen gefreut habe.
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir zu Tisch oder zu anderen Gelegenheiten jemals gebetet haben.
Der Beweggrund mich zu adoptieren, war, laut meiner Stiefmutter, dass sie keine eigenen Kinder bekommen konnten, und dass sie sich einen Sohn gewünscht hätten.
Kurz nach meiner Adoption wandten sie sich den ZJ zu, und ich wäre dann, so sagte sie mir unverblümt, bezüglich ihres religiösen Wertegangs eine schwer zu tragende Last gewesen.
Aufgrund ihres aufbrausenden Gebarens während unseres Gespräches, verzichtete ich darauf zu fragen, warum sie mich dann nicht wieder ins Heim zurückgaben und schnitt dieses Thema nie mehr an.

Viele Grüße an alle
von
Frank-Peter

P.S.
Lieber Paul,
ich glaube wir sind zwei Seiten der selben Medaille.
Du wirst von deinen Gefühlen aufgrund des von dir Erlebten stets überwältigt, während ich den Schlüssel nicht finden kann, selbige nach außen hin zu zeigen.
Vielleicht bricht ja bei mir auch irgendwann mal der Damm.
Vielleicht kann ich mich mal dazu aufraffen, hier einiges von meinen Gefühlen, Empfindungen und Gedanken preiszugeben, das heißt falls ich es schaffe, alles in Worte zu kleiden und es sich für mich nicht gar zu blöd anhört.


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