Geschrieben von D. am 10. April 2005 10:20:55:
JUGENDLICHE UNTERM WACHTTURM
Gekürzt entnommen aus CV 178, 179, 180, 181
Eigentlich müßte die Überschrift lauten:
DAS Jahr 1975 und die nichtgeborenen bzw. zu spät geborenen Kinder. Eine üble
Verleumdung der Zeugen Jehovas? Eine bösartige Unterstellung?
Mit Recht? - Wir wollen sehen!
Die Situation in den Versammlungen kurz vor dem Jahr 1975
WELCH eine Stimmung herrschte unter den Zeugen! Alle waren voller Begeisterung und
Optimismus. Der Predigtdienst lief auf Hochtouren. Jeder wollte sein Schaflein, sprich
Leben, ins trockene bringen. Also: arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten im Sinne der
WTG. Denn der Höhepunkt stand bevor:
IM Frühherbst des Jahres 1975 sollte Harmagedon kommen.
Endlich also etwas Konkretes. Dafür lohnte es sich ja zu schuften. Hatte man nicht 1975
das Buch Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes" veröffentlicht, worin
die Gesellschaft schrieb:
Es würde sich nicht nur lediglich um Zufall oder Wahrscheinlichkeit handeln,
sondern es würde gemäß dem lebenden Vorhaben Jehovas Gottes sein, daß die Herrschaft
Jesu Christi, des 'Herrn über den Sabbat', parallel mit dem siebenten Millennium der
Existenz des Menschen läuft."
UND das schrieb schließlich die von Gott geleitete Mutter" in ihrer
geistigen Speise". Nun gut, seit dem Erscheinen dieses Buches waren schon 8
Jahre vergangen, und die Gesellschaft wurde schon etwas vorsichtiger. Vielleicht, so
deutete sie an, liefe die Herrschaft Jesu Christi doch nicht parallel mit dem siebenten
Millennium der Existenz des Menschen? Die Zeitspanne zwischen der Erschaffung Adams und
Evas sei ja unbekannt. Es hätten ja doch Tage oder Wochen zwischendurch vergehen können.
Nun, die Zeugen waren zur damaligen Zeit nicht so kritisch. Ob paar Tage oder Wochen - das
Ende war nahe.
Alles andere zählte nicht.
DA trat ein Bruder im Frühjahr des Jahres 1975 aus dem FDGB aus, um, nach seinen
eigenen Worten, vor Jehova rein dazustehen." Ein anderer bestellte seine
Erdbeeren nicht mehr. Eltern nahmen ihre schulpflichtigen Kinder aus der 8. Klasse der
Oberschule heraus und ließen sie arbeiten gehen. Wozu kurz vor dem Ende dieses Systems
noch ihre Ideologie studieren?
Überall hieß das Motto: Predigtdienst, Heimbibelstudien,
und immer wieder: verkündigen!
Warnungen und Vorbilder
DEN Jugendlichen wurde abgeraten, zu heiraten. In dieser drangsalvollen Zeit?! Ihr glaubt
wohl nicht an das, was die Gesellschaft schrieb? Denkt an die Worte der Heiligen Schrift:
Wehe den Schwangeren und stillenden Müttern
Außerdem werdet ihr in
der Neuen Welt mit Sicherheit den richtigen Partner kennenlernen. Was blieb also übrig?
Man mußte gehorchen, sonst wäre man als hoffnungsloser Zweifler von der Gemeinschaft
gemieden worden. Und konnte man sich nicht die Schwestern zum Vorbild nehmen, die zwar
schon jahrelang verheiratet waren, die aber in Erwartung des Endes" den
Kinderwunsch zurückdrängten?
Die Hoffnung, die zum Kind führt
DAS Jahr 1975 verging. Kein Problem: da war doch die unbestimmte Zeitspanne zwischen Adam
und Eva. Inzwischen verlängerte die Gesellschaft ihre Mutmaßung auf einige wenige
Monate". Aber auch 1976 ging vorüber. Und auch in den Jahren 77 und 78 ereignete
sich nichts.
Die Kräfte der Zeugen erlahmten. Die Enttäuschung konnte man kaum noch verbergen. Und
nun erinnerte man sich auch wieder der irdischen Freuden. Es wurde geheiratet, Kinder
wurden geboren. Und auch die Schwestern, die zwar schon lange verheiratet, aber kinderlos
geblieben waren, riskierten es doch noch. Und viele bekamen noch mit knappen 40 Jahren ihr
erstes Kind. Gott sei gedankt" mögen sie gedacht haben, es hat ja doch
noch geklappt."
Und sie erziehen ihre Kinder weiter im WTG-Sinne. Aber vielleicht nicht mehr so
dogmatisch. Oder?
WER möchte nicht ein glückliches und sinnvolles Leben führen? Jeder Mensch wünscht
sich das. Besonders dann, wenn er den größten Teil seines Lebens noch vor sich hat. So
werden Ratschläge erteilt. Aber die Praxis zeigt vielfach etwas ganz anderes. Es ist eine
Tatsache, daß die meisten Jugendlichen, die im frühen Jugendalter getauft werden, einige
Jahre später sich von diesem Wachtturmglauben wieder zurückziehen. Daran können auch
einige Ausnahmen, die in den Publikationen der Gesellschaft hervorgehoben werden, nichts
ändern. Die Tatsachen in den Versammlungen sprechen eine andere Sprache. Ich möchte
versuchen, einige Ursachen näher zu beleuchten, die zu dieser hohen Mißerfolgsrate
führen.
Erziehung im Elternhaus
IMMER wieder heben Zeugen Jehovas hervor, daß sie ihre Kinder unter dem Wachtturm zu
anständigen, ehrlichen und arbeitsamen Menschen erziehen. An der Aufrichtigkeit dieser
Behauptung sollte man nicht zweifeln, auch wenn es Situationen im Leben eines Zeugen gibt,
in denen er Kompromisse macht. Trotzdem bemühen sich solche Eltern, ihren Kindern
weitgehend den biblischen Rat zu vermitteln.
Doch da fangt es an! Genauer ausgedrückt, die Eltern vermitteln ihren Kindern den
biblischen Rat so, wie sie es verstehen! Noch genauer, sie vermitteln ihn so, wie sie es
von der Wachtturmgesellschaft gelehrt und erklärt bekommen haben!
Und das bedeutet in der Praxis:
Von frühester Jugend auf wird den Kindern eine strikte und dogmatische Lehre eingeimpft.
Das mag sich übertrieben hart anhören. Aber sehen wir doch den Tatsachen ins Auge. Jeder
andere als weltlich abgewertete Einfluß ist verpönt.
Es darf nichts so Weltliches an die Kinder herankommen; andere Kinder, Kino, Fernsehen,
die meiste andere Literatur und jede andersartige Ideologie, die vor allem sogleich
verteufelt wird.
UND wie sieht der Alltag dieses Kindes aus? Studium der vorgesehenen WTG-Literatur,
Versammlungen, frühestmögliche Teilnahme am Predigtdienst im WT-Sinne. Wenn Spiele, dann
möglichst nur biblische. So wächst das Kind wie in einem Glashaus auf, weltfremd. Aber
es kommt einmal in die Schule, und nun stürzt meistens seine so aufgebaute "heile
Welt" erst einmal zusammen. VON den Klassenkameraden und den meisten Lehrern wird es
nicht verstanden, und es versteht, sie nicht. Noch immer passen die Eltern auf, daß ja
keine "weltliche" Freundschaft entsteht, keine gesellschaftliche Veranstaltung
besucht wird. Aber der junge Schüler erkennt, zuerst zwar nur verschwommen, aber dann
immer klarer, daß seine Schulkameraden nicht alle "verderbt" sind. Auch, daß
manche schulische Veranstaltung gar nicht so schlecht ist, wie seine Eltern zu Hause
behaupten.
Und so entwickelt es vielleicht schon in den ersten Schuljahren eine - nennen wir es so -
Sympathie für den einen oder anderen Schulkameraden, für den Lehrer.
UND so entstehen - weil die Eltern davon natürlich nichts wissen dürfen - erste, aber
gefährliche Konflikte, in der Schule, dann im Elternhaus. Konflikte, die manch einer sein
ganzes Leben nicht vergißt.
Aber Eltern noch oberste Autorität
WENN ich von Konflikten spreche, die das junge schulpflichtige Kind beschäftigen, möchte
ich damit nicht behaupten, daß es die Ursachen dieser Probleme erkennt. Noch sind für
den Schüler die Eltern oberste Autorität. Und was sie sagen, wird bedingungslos befolgt.
Auch die von den Eltern gelehrten Wachtturm-Richtlinien werden als selbstverständlich
angesehen. Lehren, die hiermit nicht in Übereinstimmung zu bringen sind. lehnt das Kind
so automatisch ab. Die elterliche Autorität ist groß. ANDERERSEITS hat auch dieser junge
ZJ das Bedürfnis, mit altersgerechten Kameraden Umgang zu haben, zu spielen, auch in der
Schule nicht allein an der Seite zu stehen, anerkannt und akzeptiert zu werden. Und so
beginnt er, Kontakte zu Mitschülern aufzubauen-. Ihn faszinierte ihre fröhliche Art, die
doch so verschieden zu seinen häuslichen Verhältnissen ist.
DAMIT begeht er zwar folgerichtig, aber noch unbewußt, den "ersten Schritt von
der WTG weg. Was auch geschieht, wie die Eltern auch reagieren, dieser Schritt ist,
angesichts der Wachtturm-Fernhaltemethoden der Eltern, nur natürlich. Früher oder
später wird dieser Schritt gegangen, notfalls ohne Wissen der Erziehungsberechtigten. Der
Schüler lernt auf jeden Fall andere Lebensauffassungen kennen, die die
Wachtturmauffassungen nicht bestätigen, sondern eher widerlegen. Die anderen Menschen
sind nicht so "böse" und vernichtungswürdig, wie er sie wachtturmgemäß sehen
soll. Und er registriert das fürs erste, während gleichzeitig ein beachtlicher
Erkenntnisstand an Wachtturmlehren entsteht.
Wachtturm-Elternhaus siegt?
DIE Jahre vergehen. Aus dem Kind wird ein Jugendlicher mit einem durchaus beachtlichen
Erkenntnisstand. Noch immer beanspruchen die Eltern unumstrittene Autorität und sind es
auch. Ihnen möchte man in erster Linie Freude bereiten. Sie sollen nicht enttäuscht
werden. Solche Gefühle sind durchaus normaler Ausdruck der Liebe zu den Eltern, Dazu
kommt die ständige Predigt des Wachtturm, WER DEN ELTERN NICHT GEHORCHT, KOMMT IN
DIE VERNICHTUNG."
Man soll es nicht unterschätzen:
Diese Drohung, von klein auf in den Ohren, schreckt ab!
SO wird tatsächlich verhindert, daß aus einer weltlichen" Bekanntschaft eine
Freundschaft wird.
ALSO wird weiter eifrig studiert, was die WTG vorgibt und in entsprechenden
Predigtdienst mitgegangen. Auf diesem Gebiet erntet der Jugendliche von den anderen ZJ
nicht geringe Anerkennung und Bestätigung. Er erfährt Achtung. Und da kommt auch bald
die Bemerkung eines anderen ZJ zu den Eltern: Euer Kind ist aber geistig schon sehr
reif!" Auch: Es könnte eigentlich schon getauft werden." Gibt es ein
größeres Lob für Kind und Eltern? Ist damit nicht das Erziehungsziel erreicht worden?
UND diese Bemerkungen häufen sich. Auch der eine oder andere WT-Älteste ließ schon eine
ähnliche Bemerkung fallen. Schließlich ist es ja nichts Ungewöhnliches, daß Kinder von
ZJ im Alter von 13/14 Jahren WT-gemäß getauft werden. Dies wissen alle Beteiligten. Und
man weiß auch von dem Gerede, wenn man sich mit dieser Taufe zu lange Zeit läßt.
Weshalb sollte man sich nicht taufen lassen?
JA, weshalb sollte man sich nicht taufen lassen? Zweifel an der Echtheit des Glaubens
an die Organisation und wie ihn die Organisation lehrt, hat man nicht, wurde nie bekundet.
Die Eltern und alle Bekannten, die nach Hause kommen, glauben daran. Und wo hat man schon
einmal gehört, daß jemand die Wachtturm-Gesellschaft kritisiert hat? Sicherlich, der
eine oder andere wurde ausgeschlossen. Aber welcher Jugendliche kennt schon die wahren
Gründe?
DAS sind Dinge, die dich nicht auferbauen", wird ihm gesagt, wenn er einmal
dazu präzise Fragen stellt. Und schließlich lernt er auch, solche unsinnigen"
Fragen nicht mehr zu stellen. - Ich möchte mich taufen lassen." Dieser Satz
löst in der Versammlung Bewunderung und Achtung aus. Endlich bin ich ein richtiger
Zeuge Jehovas ! "
Menschliche Unreife und mehr!
DA jeder Mensch eine andere Persönlichkeit ist, verlaufen auch seine Wege zu einem
bestimmten Ziel verschieden. Wenn ich den Weg eines Jugendlichen bis zu seiner WT-Taufe
aufgezeichnet habe, dann ist es ein Weg, den ich gegangen bin, den ich aber auch bei
vielen anderen ZJ-Jugendlichen beobachten konnte. Mir geht es nicht um
Nebensächlichkeiten. Ob da einer mit 12 oder 14 Jahren getauft wird, ist unwichtig.
Nebensächlich ist auch, ob und wie von vielen ZJ die Jugendlichen zur Taufe gedrängt
werden. Daß solche Bemerkungen
fallen - und sie fallen! - zeugt eigentlich von einer menschlichen Unreife. Sehr viele
Eltern spielen im Leben eines ZJ eine Rolle. Nur sehr wenige können hier genannt werden.
Was die Organisation ausnutzt
WICHTIG ist aber: Es soll zum Ausdruck kommen, daß ein Jugendlicher in diesem Alter
noch nicht in der Lage ist, für sein Leben solch weitreichende Entscheidungen zu treffen!
Zu diesem Zeitpunkt werden alle wichtigen Probleme von den Eltern gelöst - und nicht ohne
Grund.
Erst mit 18 Jahren ist ein Mensch vor dem Gesetz voll verantwortlich. Bis dahin können
und müssen die Eltern viele Entscheidungen treffen. Aber ausgerechnet den
verantwortungsvollsten Schritt, wie es die WTG bezeichnet und fordert, soll. Ein
13jähriger verantworten können!
Man bedenke die moralische und finanzielle Abhängigkeit von den Eltern, die dargelegte
Erziehung, die in den weitaus meisten Fällen einen weniger lebenstüchtigen Menschen zum
Ergebnis hat.
WIEDER eine harte Feststellung. Aber mit 13 Jahren sind die meisten anderen
Jugendlichen entscheidungsfreudiger und entscheidungsfähiger.
Andererseits - über welche Lebenserfahrung verfügt ein Halbwüchsiger?
Berufswahl, Partnerwahl, Wehrdienst, eigene Wohnung. Dies und vieles andere steht noch vor
ihm und bringt unzählige Probleme mit sich.
Und was weiß der Jugendliche schon über seinen Glauben, der da obenan stehen soll? Kennt
er z.B. die wirkliche Geschichte der WT-Organisation? Kennt er die Gründe, warum mehr
Menschen diese Organisation wieder verlassen haben, als ihr überhaupt angehören? Weiß
er, wie viele Generationen schon von der WTG getäuscht und enttäuscht wurden? Kennt er
z.B. die wirklichen Vorgänge um das entscheidende Jahr 1914" und was sich
damals in Brooklyn abspielte? Erkennt er z.B., daß die 1914-Generation längst vergangen
ist? Es gibt keine wahre und wirklichkeitsgetreue WTG-Selbstdarstellung. Aus gutem Grund!
Aber es kommt der Zeitpunkt
!
JEDER junge ZJ, der dies liest, wird jetzt sicherlich empört diese Feststellungen von
sich weisen. Ich tat es in diesem Alter auch. Jeder Mensch macht Fehler, und er erkennt
diese teilweise erst Jahre später. Und wo kann ein ZJ-Jugendlicher schon über ihn
bewegende Fragen hemmungslos sprechen!
ABER es kommt der Zeitpunkt, wo er über einige Fakten nachdenken m u ß! Und dieses
Nachdenken verursacht dann oft große Schmerzen, ist doch die Erkenntnis unerbittlich,
daß alle Hingabe, Kraft, Zeit und Geld, Mühe und Aufopferung für das WT-Werk falsch
angewandt und vergeblich sind. Noch schmerzlicher ist, wie man andere Menschen falsch
behandelt, falsch beurteilt und falsch geleitet hat, wie man ausgestreckte Hände aus
Überheblichkeit, Feigheit oder geglaubter genauer Erkenntnis" nicht angenommen
oder verstoßen hat. Jeder Tag, den man im WT-Irrtum lebte, ist ein Verlust!
FEHLER, die man in seiner Jugend beging, sind allerdings reparabel. Man
sollte aus ihnen lernen und sie in Zukunft meiden.
Alle heutigen ZJ-Jugendlichen werden wie die Generationen vor ihnen unter dem Wachtturm
alt und grau werden und vergehen. Doch dann ist es zu spät. Mache darum deine Jugend zu
einem wahren Erfolg und beginne, die Dinge zu überprüfen. -
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