Penton

Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 29. Januar 2005 08:01:05:

Auf ein neues englischsprachiges Buch, das auch über Amazon.de beziehbar ist, sei an dieser Stelle hingewiesen.
Erschienen im Verlag der University of Toronto Press, liegt jetzt die Studie von M. James Penton: „Jehovah's Witnesses and the Third Reich" vor.
Hat man die zwanziger Jahre im Blick, kann man mit Fug und Recht sagen. Damals waren die Bibelforscher, numerisch (im Vergleich zur Gesamtbevölkerung) in Deutschland erheblich stärker vertreten, als in den USA. Wenn man in Deutschland um 1933 die 25.000er Marke erreicht haben will. So waren demgegenüber die USA damals, relativ „abgeschlagen". Bei den von der WTG veröffentlichten Zahlen hat man allerdings mit einer gewissen Schwierigkeit zu kämpfen. Ersichtlich an der Gedächtnismahlteilnehmerzahl des Jahres 1925. Die habe gemäß WTG-Angaben weltweit zusammengezählt 90.434 betragen.

Betrachtet man nun die für die USA veröffentlichten Detailzahlen, bleibt die ungeklärte Frage. Sind das nun Zahlen im Sinne „Gedächtnismahlanwesende" oder Zahlen im Sinne von „Verkündiger". Der Druck, nur der „zählt", wer „Verkündiger" ist, war ja schon damals vorhanden. Gleichwohl ist die „Gedächtnismahlanwesendenzahl" traditionell immer höher, als die Zahl der „Verkündiger".
Wie auch immer. Für die USA wurde erst im Jahre 1938 eine Zahl von 25.945 gemeldet (wahrscheinlich Verkündiger). Der „Schub" dort kam mehr oder weniger erst nach 1945 zustande. 25.000 in Deutschland und 25.000 in den USA sind allerdings nicht gleichsetzbar. Ersichtlich auch daran (heutige Zahlen): Deutschland rund 82 Millionen; USA hingegen rund 286 Millionen Einwohner.

In diesem Rahmen eingebettet, wogen die auch die Zeugen Jehovas nach 1933 betreffenden Ereignisse in Deutschland doppelt schwer. Was die "Standhaft"-Kampagne der WTG betrifft, ist weiter zu registrieren. Die wird ja nicht „nur" in Deutschland zelebriert. Die schlägt als Propagandamaterial auch in englischsprachigen Ländern zu Buche. Und sie wird nicht zuletzt auch von der WTG aktiv befördert. Insofern ist eine Studie, die da einiges ins Lot zu richten sich bemüht, auch für die englischsprachigen Länder wichtig.

Vor diesem Penton-Buch gab es da ja mehr oder weniger nur die 1979 veröffentlichte Studie von Ernst Christian Helmreich „The German Churches under Hitler", die in einem knappen Abschnitt auch die Zeugen Jehovas mitbehandelte. Oder die schon weitaus kritischer zu wertenden Ausführungen von Christine E. King. Der Name Penton steht dafür, kein Plagiator für die WTG zu sein. Das ist zwar eine Binsenweisheit; sie bedarf aber der zusätzlichen Wiederholung. Beachtlich ist insbesondere, dass Penton vom englischsprachigen Kulturkreis ausgehend, sehr wohl das einschlägige in Deutschland dazu veröffentlichte, mit im Blick hat. Sowohl, G., Hesse, W. finden sich darin bewertet. Und zum Leidwesen der WTG, kann nun sogar die englischsprachige Öffentlichkeit etwa von den Frost und Franke-Gestapo-Protokollen, auch in Faksimile Kenntnis nehmen.

Das 412 Seiten umfassende Buch gliedert sich in zwei Haupteile. Bis etwa S. 240 ist die inhaltliche Darstellung. Und der Rest wird auch von Dokumenten-Zitierungen, als Beleg für das ausgeführte, gefüllt. Dabei greift Penton sehr wohl auch auf Dokumente mit zurück, die ursprünglich zuerst in Deutsch veröffentlicht waren. In diesen Fällen bietet er diese Dokumente sowohl im Original (Deutsch) als auch in einer englischen Übersetzung.

Stellvertretend von diesen Dokumenten sei nur eines hier mal zitiert, dass man durchaus in gewisser Hinsicht als ein Schlüsseldokument werten kann.
Auf Seite 295 zitiert er den folgenden Text (Dokument C4-A German Text)

Watch Tower Bible and Tract Society
Brooklyn, New-York, USA

Abschrift!
für die deutschen Freunde bestimmt!
Magdeburg, den 28. August 1933

Meine lieben Freunde!
Die vielen Anfragen, die hier eingegangen sind, möchte ich hiermit durch ein Zirkularschreiben beantworten:
Die Watch Tower Bible and Tract Society ist verboten. Ebenso die Tätigkeit der „Internationalen Bibelforscher Vereinigung".
Als Bevollmächtigter der Watch Tower Bible and Tract Society und Watch Tower Bible and Tract speziell als Beauftragter des Präsidenten. Richter Rutherford, möchte ich Euch hiermit bitten, euch den gegenwärtigen Vorschriften und Massnahmen der Regierungs- und Polizeibehörden zu unterziehen. Vor allen Dingen möchte ich Euch ersuchen, keine verbotenen Schriften zu verbreiten und ohne polizeiliche Bewilligung keinerlei Versammlungen oder Vorlesungen abzuhalten.

Da uns der Druck von Büchern, Broschüren und Zeitschriften verboten ist und können die laufenden Bestellungen nicht mehr ausgeführt werden. Anfragen sind daher völlig vorläufig zwecklos.
Wir wollen gute Bürger des Landes sein und auch durch unser Verhalten und unseren Lebenswandel ein beredtes Zeugnis für die Ehre Gottes und die Rechtfertigung seines Namens und Wortes ablegen.

Ich übermittle Euch die Grüsse, die mir Richter Rutherford aufgetragen hat und bitte Euch, in Glauben und Gebet ausharren, bis der Herr uns in seinem Königreich wiederum Gelegenheit gibt, zur Rechtfertigung seines Namens beizutragen.
In Liebe mit Euch verbunden, begrüsse ich Euch als
Watch Tower Bible and Tract Society
Brooklyn, New-York, U.S.A.
(gez. M. C. Harbeck)

Als sinnstörender Sachfehler sei auf Seite 140 hingewiesen.
Da kommt Penton auf den deutschen WTG-Funktionär Paul Balzereit zu sprechen und der Tatsache, dass letzterer im „Goldenen Zeitalter" (und auch in separaten Schriften) auch unter Pseudonym publizierte. Jenes Pseudonym benennt nun auch Penton. Allerdings wurde dabei bei ihm aus „Paul Gehrhard", was richtig gewesen wäre, ein „Paul Gebhard".

Seiner Studie stellt Penton einleitend einen Bibelvers voran, sozusagen als Motto. Den er sowohl in Englisch wie in Deutsch präsentiert. Er hat damit offenbar einen entscheidenden Nerv der "Standhaft"-Kampagne getroffen. Zugrunde legt er dabei 1. Korinther 13: 1-3, und zitiert dieses Bibelwort nach der Zeugen eigenen „Neue-Welt-Übersetzung"

„Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen rede, aber nicht Liebe habe, bin ich ein tönendes [Stück] Erz oder eine schallende Zimbel geworden. Und wenn ich die Gabe des Prophezeiens habe und mit allen heiligen Geheimnissen und aller Erkenntnis vertraut bin und wenn ich allen Glauben habe, um Berge zu versetzen, aber nicht Liebe habe, so bin ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe austeile um andere zu speisen und wenn ich meinen Leib hingebe, um mich zu rühmen, aber nicht Liebe habe, so nützt es mir nichts."


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