Re: Zeugen Jehovas in Goebbel's Swing-Orchester?!


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 28. Januar 2005 06:15:26:

Als Antwort auf: Zeugen Jehovas in Goebbel's Swing-Orchester?! geschrieben von D. am 22. Dezember 2004 10:15:57:

Künneke

Wie es schon in dem zitierten Pressebericht ausgesagt wurde, muss die 1921 geborene Sängerin Evelyn Künneke, Tochter eines Operetten-Komponisten, als Urheberin der These bezüglich des Goebbel'schen Swing-Orchester angesehen werden. Rechnet man von 1921 an, ergibt sich die Erkenntnis, das Künneke zur fraglichen Zeit gerade mal mitte ihrer zwanziger Jahre war. Tieferen Einblick in die Details dürfte sie wohl kaum gehabt haben.

Künneke vom Nazistaat auch für die Truppenbetreuung eingesetzt, musste erfahren, dass das Pendel auch in die andere Richtung ausschlagen konnte. Um aber im Naziregime sich in Gefängnissen und ähnliches wiederzufinden, dazu musste man keineswegs nur „Künneke" heißen. Jedenfalls erwischte „kurz vor Toresschluss" auch noch sie dieses Ungemach. Sie sollte aber doch noch Glück im Unglück haben. Und in dieser speziellen Phase ihres Lebens kam sie dann in Berührung mit dem „Goebbel'schen Swingorchester".

Der diesbezügliche Passus in ihrer Biographie liest sich so:

Für die sogenannten 'Kampfsender' hatte ich ja schon in Belgrad gesungen. Geleitet wurde diese Gruppe von Kurzwellensendern, die das europäische Ausland für die deutschen Kriegsziele gewinnen sollte, von einem SS-Offizier - Konrad Buchholz hieß er.
Drahtlose Fernkampfwaffen im Ätherkrieg: Nachrichten in dreizehn Sprachen, Übertragung von Kriegsgefangenen-Grüßen, Politglossen und vor allem jede Menge Lügen. Millionen wurden dafür ausgegeben, Geld spielte überhaupt keine Rolle. Ein illegaler Kampf mit unorthodoxen Methoden.
Als attraktive Verpackung für solche Art Propaganda war vor allem eins nötig - Musik! Aktuelle amerikanische Tanzmusik. Die aber war mitten im Krieg gar nicht einfach zu beschaffen. Der Plattennachschub war so gut wie abgebrochen, und die Technik, englische Originalaufnahmen drahtlos aufzufangen und zu speichern, steckte noch sehr in den Kinderschuhen. Übrig blieb nur das Nachäffen solcher Titel. Das heißt: Die angelsächsischen Originaltitel wurden in Berlin haargenau kopiert.

Das Spezialorchester, das für diesen Zweck in einem Hochbunker der Masurenallee arbeitete, bestand zur Hauptsache aus italienischen, belgischen und tschechischen Musikern; es waren aber auch Halbjuden und Zigeuner dabei, Freimaurer, Bibelforscher, Homos und Kommunisten - Leute also, die sonst nicht gerade Skat mit den Nazis spielten. Da ihre Arbeit aber als kriegswichtig galt, saßen sie an Berliner Notenpulten, anstatt hinter Stacheldraht, und veranstalteten Swing. …

Alle Musiker im Charly-Haufen, ich denke da zum Beispiel an den tschechischen Posaunisten Ferri Juza, an Meg Tevelian, den armenischen Gitarristen, aber auch an Detlev Lais und Kurt Abraham, sie alle waren Meister ihres Fachs, echte Hot-Spezialisten.
Instrumentalmusik allein aber genügte nicht. Es wurden auch Vokalkünstler gebraucht, die ohne Akzent englisch singen konnten.
Und Sängerinnen. …

Der Berliner Musikverleger Peter Schaeffers, zu dessen Clique ich ja schon als junge Stepteuse gehört hatte, teilte dem Kampfsender mit, daß die Sängerin Evelyn Künneke akzentfrei englisch spreche und in der Lage sei, Amerikas Jazzlady Ella Fitzgerald glänzend zu kopieren. Auch könne ich heulen wie ein Schakal im Mondlicht, hatte Schaeffers gesagt, dummerweise aber sei ich zur Zeit „verhindert", doch das ließe sich bei Anführung guter Gründe hoffentlich ändern.
Na, solche Gründe lagen vor!
Die Kampfsender brauchten Ellas Swing dringender denn je. Der Fitzgerald-Titel „My Guy's Come Back" war Hit Nr. 1 in Amerika und damit notwendiges Vogelfutter für die alliierten Truppen in Europa. …"

Summa summarum bleibt das Endergebnis, dass ihre beiläufige Miteinflechtung eines Bibelforschers in diesem Bericht, zu nebulös und undifferenziert bleibt, um zu weitergehenden Schlußfolgerungen führen zu können.


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