Re: Ausstellung in Osthofen

Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 22. Januar 2005 04:32:43:

Als Antwort auf: Ausstellung in Osthofen geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2005 06:08:32:

Seit Anfang März 1933 als „wildes“, dann ab 1. Mai 1933 als offizielles Konzentrationslager für das Land Hessen, bestand in Osthofen bei Worms auch eine solche Einrichtung, in einer ehemaligen Papierfabrik untergebracht. Heutzutage vom Lande Rheinland-Pfalz als offizielle NS-Gedenkstätte geführt.

Ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit auch besonders durch den Roman „Das siebente Kreuz“ von Anna Seghers getreten
„Die in Mainz geborene deutsche Jüdin Anna Seghers setzte dem Konzentrationslager Osthofen in ihrem im Pariser Exil geschriebenen und in Mexiko 1944 erstveröffentlichten weltbekannten Roman: "Das siebte Kreuz" ein literarisches Denkmal. Gestützt auf die Zeitungs- und Zeitzeugenberichte von Emigranten erzählt Anna Seghers die Geschichte der Flucht von sieben Häftlingen, von denen nur einer ins rettende Exil in die Niederlande gelangte.“

„Ab Sommer 1933 wurden verstärkt Oppositionelle aus dem Bereich der Kirche, der Adventisten, der Zeugen Jehovas und des Zentrums verhaftet und in das KZ Osthofen verschleppt. Von Anfang an war der Anteil der jüdischen Inhaftierten mit ungefähr 16% der Insassen unverhältnismäßig hoch.“

Ab Mai 1934 wurden die frühen KZ von denen es noch eine ganze Reihe mehr gab (nicht „nur“ Osthofen) zusehends zentralisiert. „Das Konzentrationslager Osthofen wurde im Juli 1934 als eines der letzten frühen KZs aufgelöst.“

In jener Örtlichkeit nun, wird in Kooperation mit entsprechendenden Behörden auch eine jener „Standhaft“-Veranstaltungen der Zeugen Jehovas durchgeführt, über dessen einleitende Veranstaltung nun ein Pressebericht vorliegt. Wer etwa erwarten sollte, dass auch Anna Seghers mit ihrem Roman darin Erwähnung fand, der wird, soweit es den Pressebericht betrifft, eine Fehlanzeige zu registrieren haben. Differenzierungen, in die Tiefe der Materie einsteigen ist ohnehin nicht „das Bier“ dieses Berichtes. So erfährt man zwar, dass auch Konrad Franke zu den dort Inhaftierten gehörte. Das alles aber in einem „gestyten Rahmen“, indem Schattenseiten des Falles Franke nicht existent sind.
Weiteres zu Franke


Die Referentin Ursula Krause-Schmitt stellte offenbar besonders als Fallbeispiel den aus Worms gebürtigen Zeugen Jehovas Jakob Krämer vor. Dazu liest man:
„Ausführlich berichtete sie von dem jungen Jakob Krämer aus Worms, der als Zeuge Jehovas Führerkult, Rassenwahn und Krieg ablehnte und dafür büßen musste: Drei Mal wurde er verhaftet, zuletzt weil er sich standhaft weigerte, der Wehrmacht beizutreten. Krämer musste schwerste Misshandlungen erdulden. Im Dezember 1943 kam er aus dem KZ Ravensbrück auf das Gut Harzwalde, wo "ein schwedischer Arzt dafür sorgte, dass es den Bibelforschern relativ gut ging", berichtete Krause-Schmitt. Beobachter hätten Jakob Krämer trotz allem als einen Mann geschildert, der "trotz aller Verfolgungen ein Lächeln im Blick hatte".

Weiter liest man dass in der Ausstellung auch „Original-Briefe Todgeweihter, die in seltsam gefasster Stimmung den Angehörigen Mut zusprechen“ vorhanden seien.

Da muss man schon die Rückfrage stellen. Das trifft für das NS-Regime in Gesamtheit zu. Aber nicht spezifisch auf Osthofen. Ausweislich der Webseite eines Vereines der sich speziell mit dem KZ Osthofen befasst, gab es dort keine Todesopfer; ursächlich wohl auch dem eingangs schon genannten Umstand, der relativ kurzen Existenz dieses Lagers geschuldet. Eben jene relativ kurze Existenz des KZ Osthofen findet man auch in diesem Pressebericht nicht mit erwähnt, der in Gesamtheit somit einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt. Stellvertretend dafür steht auch der Satz:

„Schon früh hatten die Zeugen Jehovas in Flugblattaktionen auf die verbrecherischen Prinzipien der neuen Machthaber aufmerksam gemacht“. Dieses „früh“ wird allerdings nicht näher quantifiziert. Wäre das nämlich der Fall, müsste nämlich auch der Umstand angesprochen werden, dass man das Jahr 1933 von diesem „früh“ ausdrücklich ausnehmen müsste.
Das Thema Anbiederung

www.allgemeine-zeitung.de/region/objekt.php3?artikel_id=1760163


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