Re: Christliche Verantwortung


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 04. September 2001 05:15:38:

Als Antwort auf: Re: Christliche Verantwortung geschrieben von Onkel Franz am 03. September 2001 22:51:22:

Was besagen solche "Verpflichtungserklärungen" inhaltlich, wenn der Betreffende vorher 10 Jahre in DDR-Gefängnissen in Sachen Zeugen Jehovas einsitzen musste? Meines Erachtens handelt es sich hierbei um eine Form von Erpressung, jedoch kaum um eine Stasimitarbeit der Art, wie sich "Lieschen Müller" die die "Bildzeitung" und vielleicht auch den "Wachtturm" liest, den bösen IM so vorstellt.
Ein Beispiel solcher "Verpflichtungserklärung" ist aus dem Fall Harry Bachmann ("Kreutzer") bekannt. Sein Führungsoffizier lässt denn auch, stolzgeschwellter Brust, in seiner Diplomarbeit an der "Juristischen Hochschule" der Stasi, jene Erklärung mit abdrucken. Wohlweislich maschinenschriftlich abgefasst (von wem wohl?) und ohne eigenhändige Unterschrift in der Riedel-Arbeit (Anlage VII, Blatt 50). Dort kann man lesen:

"Nach 15-jähriger Tätigkeit als ZJ kam ich Mitte der 60-iger Jahre zu der Einsicht, daß dies eine Zwangsjacke war. Mein Entschluß stand fest, mich von dieser Anschauung zu trennen. Als ich Anfang 1966 von Mitarbeitern des MfS vernommen wurde und die Frage auftauchte, ob ich zu einer Zusammenarbeit bereit wäre, gab es für mich kein Zweifel dies zu tun. Da ich erkannt hatte, daß die Art der Darlegung des Inhalts der Bibel durch die Organisation der ZJ eine Demagogie ist, die versucht die Menschen hinter sich her zu ziehen. Ich habe
infolgedessen alles unternommen, um dazu beizutragen diese Sache bloßzustellen. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des MfS war und ist in dieser Hinsicht sehr fruchtbringend und nützlich."

Bekanntlich gab es im Jahre 1966 die letzte große Verhaftungswelle von DDR Zeugen-Funktionären. Den Herrn Liebig erwischte es bei dieser Gelegenheit zum zweiten mal mit einer Verhaftung, inklusive anschließender (erneuter) langjähriger Verurteilung.
Im Rahmen dieser Aktion hatte die Stasi offenbar auch Bachmann kontaktiert. Das war ein selbständiger Gewerbetreibender. Wer die DDR-Verhältnisse kennt, weiss, dass die durchaus um ihre Existenz fürchten mussten, sollten sie dem DDR-Staat missliebig werden. Welche Alternative hatte Bachmann denn? Er hätte den Märtyrer spielen können. Hat er nicht getan. Meines Erachtens sollte derjenige, der das Wort "Verpflichtungserklärung" in den Mund nimmt, zugleich auch den dazugehörigen Background mit beschreiben.


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