Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Rutherford's "Panier für das Volk"

Zumindest in der Anfangszeit, und wohl auch noch lange Jahre danach, war die Bibelforscher-Religion eine ausgesprochene "Proletenreligion". Diejenigen die sich von ihr angesprochen fühlten, dass waren doch die, welche eigentlich auch die Kommunisten in der Weimarer Republikzeit als "Klientel" erreichen wollten, aber dies nicht schafften, dieweil als Hinderungsgrund die religiöse Sozialisation dabei im Wege stand. Die Kommunisten hingegen hatten Gott und Religion bereits über Bord geworfen. Da wollte die Klientel der Bibelforscher nicht mitziehen. Gott und Religion sollte schon weiter sein. Nur eben nicht die Religion des Staatskirchentums wie es nach wie vor dominierend war.

Eine Religion (Made in "Großkirchen"), die allerlei politische Schwenks, fast tagespolitisch synchron mitvollzog, hatte sich in den Augen beider Sorten von "Proleten", von denen eingangs die Rede war, desavouiert. Sollte die eines Tages untergehen, so deren Sicht: Je eher, je besser. Die Kommunisten versuchten denn auch diesen Untergang, so möglich, zu beschleunigen. Die "religiösen Kommunisten" (salopp formuliert) ließen es mehr bei verbalen Attacken bewenden.

Es war also ein gewisser Nährboden vorhanden. Es war nur eine Frage von Zeit und Umständen, dass sich auch Rattenfänger fanden, die sich bemühten, diesen Nährboden in ein "Flötenspiel" umzusetzen.

Kommunisten, das war für viele zugleich d e r Bürgerschreck. Die Meldungen, die da aus der Sowjetunion herüberkamen, waren soweit sie unzensiert, alles andere als "ermutigend". In jenen vermeintlich "gelobten Land" hatte sich im Namen "höherer Werte" ein Terrorregime installiert, dass allen Bürgerlichen und etlichen anderen darüber hinaus, Angst und Schrecken einflößte. Dies war die Stunde des Rattenfänger Adolf H. Indem er klar jenem bolschewistischen Sumpf den Krieg ansagte, zunehmend aufatmen bei den Bürgerlichen. Das ist zwar alles noch ziemlich wirr und unausgegoren, befand so manch Bürgerlicher. Aber angesichts der bolschewistischen Gefahr sollte man dem Adolf H. durchaus mal eine Chance geben, damit er zeigen könne, was er denn so wirklich "auf dem Kasten hat".

Wie man weiß, nahm Adolf H. den angebotenen kleinen Finger, um rücksichtslos sich damit n i c h t zu begnügen. Alles oder nichts so seine Devise. Er bekam denn anfangs auch alles und später nichts.

Berührte Adolf H. auch die "religiösen Kommunisten"? Das wird man wohl kaum sagen können. Mit den buchstäblichen Kommunisten schon vermochten sie nichts rechtes anzufangen, weil ihnen da Gott fehlte, und mit dem Rattenfänger-Erbe aus dieser Linie, den Neuaufkömmling Adolf H. ebensowenig.

Sie sahen sich durch die "nationale Flötenmusik" in keiner Weise angesprochen. Wie es oftmals am Markt so ist. Da trat eines Tages in diese Marktlücke ein neuer "Flötenspieler" an. Sein Name Rutherford, jenseits des großen Teiches residierend. Seine Flötenmusik entsprach jetzt offenbar den Ambitionen jener "religiösen Kommunisten", die da durch die anderen Angebote sich nicht angesprochen fühlten. Viel von Gott war da die Rede. Schon mal wichtig für diese Klientel. Politik, Finanz, Religion, alles ein Abwasch verkündet Flötenspieler Rutherford weiter. Der Jubel kannte jetzt keine Grenzen mehr. Genau so ist es, sagten sich die geistig Unterbelichteten. Da spricht einer unsere Sprache die wir verstehen können. Und Flötenspieler Rutherford konnte sich eines erfreuen, einer zunehmenden Anhängerschaft in einem von Weltkriegsfolgen und Inflation gebeulteten Land namens Deutschland.

Die engere Anhängerschaft der aktiven Gefolgsleute hielt sich in Grenzen; dieweil der "religiöse Markt" schon damals kein Zukunftsmarkt mehr war. Aber man agierte geschickt. Hitler versprach auch allen - alles. Genauso machte es auch Flötenspieler Rutherford. Sein Instrumentarium war dazu die Zeitschrift mit dem programmatischen Titel "Das Goldene Zeitalter". Und sie erreichte in Deutschland gar ein Millionenpublikum. Das alles ließ Flötenspieler Rutherford auf eine kräftige, zukünftige Beute hoffen. Es gab in Deutschland gar Regionen, besonders im Erzgebirge, die Gegend um Chemnitz, wo in ländlichen Bezirken fast jeder Haushalt das "Goldene Zeitalter" las.

Dies alles gefiel Flötenspieler Adolf H. nicht so sonderlich. Es gefiel auch nicht den vermeintlichen "Großkirchen", die in Wahrnehmung der politischen Großwetterlage, sich dem Adolf H. an den Hals schmissen. Man kannte ja nur ein Ziel. Jeweils mit den Mächtigen zu heulen, wer immer das auch sein mag. Flötenspieler Adolf H. wäre nicht ein exzellenter Virtuose gewesen, hätte er nicht gewusst, wie er sich den ihm Anbiedernden zu begegnen habe. Nicht sie, sondern er diktierte die Bedingungen! Darob schon mal ein erster Katzenjammer bei den Babylonikern. "Aber noch ist Polen wohl nicht verloren" sagten sich wohl auch die Babyloniker. Das Prinzip Hoffnung wurde von ihnen weiter hochgehalten. Vorerst jedenfalls. Da ein neuer Lichtblick.

Mit den Kommnisten hatte Adolf H. schon kurz nach seiner Machtanreißung begonnen kurzen Prozess zu machen. Was aber ist mit den "religiösen Kommunisten"? fragten und bedrängten die Babyloniker auch Adolf H.? Der seinerseits ließ sich dann auch nicht lange bitten. Und so fand man eine gemeinsame Basis, um auch den Erzgebirglern wieder ihr "Goldenes Zeitalter" aus den Häusern hinauszutreiben.

Ein neuer Leidensweg begann. "Überzeugt" hatte Adolf H. seine Opfer damit mit Sicherheit nicht. Und so hielt denn ein harter Kern, dem Flötenspieler jenseits des großen Teiches weiter die Treue. Unbeirrt folgten sie ihrem Rattenfänger von Brooklyn-Hameln bis ins bittere Ende.

Das alles könnte ein Märchen aus Grimms Märchenbuch sein. Leider ist es aber kein Märchen.

So mag man denn fragen, was sind denn das eigentlich für Flötentöne, die der Rattenfänger aus Brooklyn da aufspielte. Nun, sie lassen sich vielfach dokumentieren. Unter anderem auch mit der Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1926 mit dem Titel "Das Panier für das Volk". Aus ihr mal nachstehend ein paar charakteristische Zitate:

Man kann die Menschen, die auf Erden leben, in zwei Klassen teilen, in Herrschende und Dienende. Die Mehrzahl gehört zu letzterer Klasse. Die, welche die herrschende Klasse bilden, können in drei Teile eingeteilt werden, eine kapitalistische, eine politische und eine kirchliche.

Die herrschende und die dienende Klasse befinden sich häufig im Widerstreit miteinander. Unter richtigen Verhältnissen sollte dies nicht sein. Ihre Interessen sollten gegenseitig und übereinstimmend sein.

Im Namen und unter dem Scheine von Demokratie haben das kapitalistische, das politische und das religiöse Element ihre Interessen vereinigt und halten ein gemeinsames Panier für die Menschen hoch, mit der Inschrift: 'Die gegenwärtigen Regierungssysteme sind göttlicher Ordnung, darum sollten alle Menschen damit in Übereinstimmung sein. Wir brauchen größere Steuereinnahmen, damit wir zum Kriege rüsten (z. B. Polen, Frankreich u. a. die [WTG] Übers.) Und dadurch den Frieden sichern können. Wir müssen alle Macht in der Regierung zentralisieren, um gegen unsere Feinde stark zu sein. Wir brauchen eine orthodoxe Religion, und die kapitalistischen, politischen und religiösen Elemente müssen treu zusammenhalten. Die Kirche muß die Reichsten und Einflußreichsten innerhalb ihrer Mauern sammeln, um diesen Macht und Göttlichkeit zu verleihen. Das ganze Volk muß uns patriotisch im Frieden wie im Kriege unterstützen, damit wir unsere gegenwärtige Einrichtung aufrecht erhalten und die Interessen und Wohlfahrt des Volkes wahren können. Unser Banner weist euch den Weg zu Frieden, Wohlstand, Leben, Freiheit und Glück.'

Aber das Volk weiß aus Erfahrung, daß diese Behauptungen nicht wahr sind. Es sieht die Reichen täglich selbstsüchtiger werden, immer größere Reichtümer aufhäufen und durch Trust usw. allen Wettbewerb unterdrücken, damit sie ihren selbstsüchtigen Weg ohne Behinderung verfolgen können. Das Volk sieht, wie sich manche Staatsmänner ungestraft der Intrige, der Doppelzüngigkeit und des Betruges bedienen. Es weiß, daß der Widerspruch der Lehren der verschiedenen namenkirchlichen Systeme nicht in Übereinstimmung mit der Wahrheit sein kann. Ihre Lehren sind weder in Übereinstimmung miteinander noch mit den wohlverstandenen Regeln der Gerechtigkeit.

Alle erkennen, daß das ganze soziale, finanzielle, politische und geistliche System oder 'die Systeme' vollständig versagt haben und den Menschen keine Befriedigung ihres Verlangens bringen konnten.

Warum hat wohl keines der Paniere, die von den kapitalistischen, politischen und religiösen Führern, vereint oder getrennt, emporgehalten wurden, gehalten, was es versprach? Die Antwort lautet: Weil sie alle im Gegensatz zum Plane Gottes standen. Der Sinn der Entwerfer all dieser Pläne oder Paniere war von dem wahren Gott abgewandt und vom Feinde auf dunkle Abwege geführt werden. All diese Paniere, die von den Menschen empor gehalten wurden, mißachteten Gottes Wege.

Es muß zugegeben werden, daß der Mensch nach allem jahrhundertelangen Bemühen, keine Besserung der Verhältnisse zustande bringen konnte. Er ist nicht fähig, eine befriedigende Regierungsform aufzustellen. Wer aber kann es dann tun, wer hat die Macht dazu? Die Antwort lautet: Jehova Gott!

Die Geistlichkeit hat gelehrt, daß die gegenwärtigen Reiche auf Erden das Königreich Gottes bilden; und sie stimmt (in vielen Ländern) der Ankündigung zu, daß der Völkerbund der politische Ausdruck des Königreiches Gottes sei. Ist das die Wahrheit oder nicht? Es ist nicht nur unwahr, sondern gänzlich falsch. Der Völkerbund ist das, was in der Heiligen Schrift bezeichnet wird als 'das Bild des Tieres' (Offenbarung 13: 14, 15) ein weiteres Werk des Teufels, durch das er die Nationen und Menschen auf Erden zu beherrschen und zu unterdrücken sucht, um sie in Unterwürfigkeit zu halten und ihre Herzen von dem wahren lebendigen Gott und seinem Königreiche abzuwenden.

Wer die Billigung Gottes erlangen will, muß demütig vor ihm wandeln; d. h. Seine ganze Handlungsweise muß willige Unterwerfung unter die Gesetze Gottes sein.

Die Menschenfreunde, die Zusammenarbeit und soziale Verbesserungen anstreben und andere ähnliche Organisationen gegründet haben, glauben, daß auf diese Weise die Menschheit aufgerichtet werden kann. Sie haben aber versäumt, das Wort Gottes zu befragen, ob ihre Wege in Übereinstimmung mit seinen Wegen sind.

Die sog. Freisinnigen Religionsvertreter dagegen leugnen Gott, sein Werk und seinen Erlösungsplan direkt und berufen sich auf blinde Kraft der Natur als Heilmittel für den unglücklichen Zustand des Menschengeschlechtes. Die sog. Orthodoxen geben zwar vor, der Bibel zu glauben, verleugnen aber gleichzeitig diese Behauptung durch ihre Handlungsweise; denn sie stellen unrichtige und den Namen Gottes entehrende Lehren von Hölle, Fegefeuer u. ä. auf und sind mit den politischen und finanziellen Mächten der Welt verbündet in der unverantwortlichen Behauptung, daß sie vereint imstande seien, Gottes Königreich (d. h. die Menschheit beglückende Zustände) auf Erden zu schaffen. Dies alles zusammen wirkt unbewußt unter der Beeinflußung Satans erneut dahin, Gott beiseite zu setzen und seinen Namen zu verunehren. Das Ergebnis ist, daß die Völker unter dem schweren Druck der sie ausbeutenden Welt-Finanzmächte und deren Bundesgenossen weiter schmachtend, das Vertrauen zu ihren politischen Führern verloren haben und auch keine Ehrfurcht mehr den religiösen Führern, die sie irreleiteten, entgegenbringen. Durch das Irrlicht eines solchen gegen Gottes Willen gemachten und unheiligen Bündnisses verführt, sind die Völker in Finsternis geraten.

Die größte Krisis aller Zeiten steht unmittelbar vor der Tür und ist im Begriff hereinzubrechen; denn die alte Weltordnung hat ihr Ende erreicht und Satans Machtdauer ist abgelaufen.

Vorstehende WTG-Thesen sind mit einem kurzen Satz bewertbar:

Opium für das Volk!

Die Ära Rutherford

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