Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Rutherford's "Oberherrschaft"

Ein Schreckensszenario zeichnet auch die 1934 erschienene Rutherford-Broschüre "Oberherrschaft" auf. Über 200 Millionen Exemplare - so rühmt sich Rutherford - seien bis zu diesem Zeitpunkt bereits von seinen Schriften verbreitet worden. Setzt man demgegenüber die maximale Verkündigerzahl von 115.240, Ende 1942, also beim Ende der Rutherford-Ära in Vergleich, so ist wohl ein nicht unerheblicher Teil dieser 200 Millionen, dem Bereich "Schwund" zuzuordnen. Ab - in den Müll!

Über die zeitgenössische USA meint Rutherford kommentieren zu können:

"Seine Naturschätze machen Amerika zur reichsten Nation der Erde, und doch leiden nun mindestens zehn Millionen seiner Bürger unter Arbeitslosigkeit, Not und Verwirrung, wobei die regierenden Mächte fortfahren, den Massen des Volkes schwere Bürden aufzuerlegen. Oft wird von denkenden Leuten daher die Frage aufgeworfen: kann die amerikanische Regierung bestehen bleiben? Die Antwort lautet: Nein, sie wird im Gegenteil bald nicht mehr sein."

Dieses vermeintliche "bald" quantifizierte er dann in seinen letzten Lebensjahren noch dahingehend, mit dem Heiraten bis "nach Harmagedon" zu warten, da es sich ja nur um einige "wenige Jahre" noch handeln könne. Indes die Wirklichkeit stimmte mit Rutherford's Endzeit-Wunschdenken in keiner Weise überein.

Mehr in die Details übergehend, äußert er dann noch in dieser Broschüre:

"Die Handelsriesen und Berufspolitiker arbeiten bei der Beherrschung des Volkes Hand in Hand, und die religiösen Führer stehen ihnen in jeder Weise bei; alle diese drei Gruppen verunehren den Namen Jehovas.

Durch geschickte Finanzoperationen mit dem Vermögen der Nation hat das Großgeschäft sozusagen allen Grundbesitz in seine Hände gebracht. Was dem gewöhnlichen Volke noch verblieb, entschwindet ihm unter den Händen infolge seiner Unfähigkeit, übertriebene Steuern und hohe Zinsen zu zahlen.

Die Bankgesellschaften, Eisenbahnen und andere Verkehrsmittel, das Telephon und der Telegraph, die Bergwerke, Fabriken und großen industriellen Unternehmungen sind alle im Besitz oder in der Gewalt des Großgeschäftes. Der Kraftrust macht sich die Naturkräfte der Erde zunutze und zwingt die Massen, übermäßige Preise für den Gebrauch des Lichtes und der Kraft zu zahlen.

Heer, Flotte und Kriegsausrüstung hält man nicht zu dem Zwecke, einen Feind von außen zurückzudrängen, sondern um selbstische kommerzielle Interessen zu schützen. Das Großgeschäft bedient sich zur Förderung seiner Sache der gewiegtesten Rechtsgelehrten des Landes und beeinflußt in ungeziemender Weise die Gerichte. Dieselbe eigennützige Macht ist im Besitz und in der Gewalt der Zeitungen, Zeitschriften und anderer Mittel, die dazu dienen, für sich selbst Proganda zu machen, die Menschen zu täuschen und unter ihre Botmäßigkeit zu bringen."

Etwas in die Geschichte zurückgehend, äussert Rutherford dann:

"Das Großgeschäft hat in Amerika wahrhafte Männlichkeit unterdrückt. Im Jahre 1917 stieß es das amerikanische Volk in den Weltkrieg und ließ durch seine Propagandablätter und seine Geistlichen das Schlagwort ausgeben: 'Der Krieg wird die Welt für die Demokratie reif machen.' Ein jeder weiß heute, dass dieses Schlagwort falsch war, und dass die Demokratie von der Erde verschwunden ist. Millionen junger Leute zogen in den Krieg und mehr den 100.000 schlafen heute in Frankreichs Erde. Mächtige Scharen ihrer Kameraden kehrten körperlich gebrochen, mittellos heim."

Wieder zur Gegenwart übergehend geht es weiter mit der Gesellschaftskritik:

"Obwohl die amerikanische Regierung in den vergangenen Jahren Millionen von Dollar ausgab, um dem Volke fremder Nationen zu helfen, wird doch für ihre heute notleidenden Bürger wenig getan."

Was soll eigentlich diese Gesellschaftskritik? Will Rutherford damit etwas erreichen? Der Pferdefuß indes, wie bei den Zeugen Jehovas üblich, seit ihren ersten Tagen, kommt alsbald. Kritik als "Folie" um sich als vermeintliche "Alternative" darzustellen. "Alternative"? Doch wohl eher nur ein Paralysieren. Der Kern aller Rutherford-Aussagen erschöpft sich in dem zusammenfassenden Satz: "Hoffe und Harre", der allerdings noch mit einem Zusatz, berechtigterweise ergänzt werden müsste: Bis zum Sanktnimmerleinstag!

Rutherford's Politik des paralysierens kommt auch in dieser Broschüre zum Ausdruck. Etwa wenn er äußert:

"Wird die Regierung durch eine Revolution ihrer Bürger hinweggerafft werden? Nein. Es gibt keinen Mann, der eine Revolution erfolgreich durchzuführen vermag, und da das Großgeschäft Amerika beherrscht, Heer und Flotte inbegriffen, ist eine Revolution von vornherein, ehe sie überhaupt beginnt, zum Scheitern verurteilt."

Weiter Rutherford:

"Die Menschen befürworten allerlei verschiedene Projekte zur Abhilfe, zum Beispiel den Kommunismus, die Revolution oder andere Gewaltakte. Gott wendet sich durch seinen Propheten an sie und gebietet ihnen, aufzumerken und zuzusehen, was er tun wird."

"Gott"? Nochmals gefragt "Gott?" Doch wohl nur der selbstfabrizierte "Gott" namens Rutherford!

Weiter Rutherford: "Er sagt auch in Zephanja 3.8: 'Darum harret auf mich, spricht Jehova, auf den Tag, da ich mich aufmache zur Beute! ... Jetzt noch einem andern Weg, der aus diesem Dilemma hinausführt, zu suchen, ist nutzlos, weil es keinen anderen gibt."

Und damit hatte Rutherford dann in der Tat sein eigentliches "Evangelium" verkündet. Das verabreichen einer überdimensionierten Portion religiösen Opiums!

Ergänzend sei noch hinzugefügt, und das ist zeitgenössisch sehr wohl bedeutsam, dass sich in dieser Broschüre auch eine Argumentationslinie in Sachen Wehrdienstverweigerung vorfindet. Auch hierbei sind die Details interessant. Basierend auf seine gewagten Obrigkeitslehrverdrehung von 1929. Mit erwähnend. In den USA jener Jahre, könne man als Wehrdienstverweigerer noch halbwegs über die Runden kommen. Offenbar aber nicht in einigen anderen Staaten, auf die das auch schematisch übertragen wurde!

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