Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Das Mittelalter lebt fort!

Vielleicht ist in dem Punkt die Moonsekte (von Frau Yonans Protektion) wohl noch konsequenter, noch "revolutionärer" oder noch mittelalterlicher. Je nachdem; von welchem Standpunkt aus man wertet. Eines ihrer "Highlights stellt auch die Inszenierung von Massenhochzeiten dar. Nun mag man vielleicht fragen. Was soll daran verwerflich sein, wenn einige hundert Paare dieser Religionsgemeinschaft, an einem Tag, geschlossen und Fotowirksam die Ehe schließen? Nun immerhin dies. Es ist ein Ausdruck des Kadavergehorsams. Zu dem davor gehörenden gehört auch dies. Die Paare haben vorher keinen näheren Kontakt. Noch "besser". Sie werden von den Funktionären der Moonsekte höchstpersönlich verkuppelt. Die Funktionäre bestimmen. Wer wen zu ehelichen hat und nicht die Betroffenen!

Vielleicht, aber wirklich auch nur vielleicht; haben einige dieser Funktionäre das richtige Gespür für ihre einsamen Entscheidungen. Die Zweifel das dem nicht so sein dürfte, sind jedoch erheblich größer.

In dem 1999 in deutscher Übersetzung erschienenen Buch von Mary Pat Fisher mit dem Titel "Religionen heute" findet man ein ausgesuchtes Beispiel dafür. Dort wird der Fall der Ursula McLackland vorgestellt. Letztere hatte schon bevor sie dann endgültig bei den Moonies landete, eine bemerkenswerte Karriere hinter sich. In einem deutschen protestantischen Elternhaus aufgewachsen, machte sie es mit fünfzehn Jahren ihren älteren Schwestern nach und trat aus der Kirche aus. Als Studentin schließt sie sich dann einen kommunistischen Gruppierung an; findet aber dort nicht, was sie sucht.

Ihre nächste Station auf ihrem "spirituellen Tripp" heißt "Ananda Marga". Eine hinduistische Sekte, auch in deutschen Gefilden marginal vertreten, die schon mal dadurch von sich reden machte; dass es eine "Nonne" und einen "Mönch" dieser Gruppe gab, die sich als Protest für die Inhaftierung ihres spirituellen "Meisters" in Indien; sich vor der Berliner Gedächtniskirche, publikumswirksam selbst verbrannten.

Derart "geschult" die ureigensten Interessen für null und nicht zu achten; macht es ihr auch nichts aus, als nächste Stufe ihres Entwicklungsweges sich bei den Moonies zu versuchen.
Dazu mal ein wörtliches Zitat von ihr:


"David und ich wurden ausgesucht und waren dann anderthalb Jahre verlobt. Als ich ihn dann zum erstenmal traf, spürte ich eine unglaubliche Liebe Gottes meinem Mann ... Es ist nicht meine Liebe zu ihm, sondern die Liebe Gottes, die sich durch uns mitteilt."

Hört sich ein bisschen "gedrechselt" an, jener eben zitierte Text. Da ist von der "Liebe Gottes" - aber nicht der eigenen, die Rede. Nun ja; wer schon davor in einer potentiellen Selbstmordsekte war, der schluckt vielleicht auch diese Kröte. War auch im vorliegenden Fall so. Und die McLackland's waren denn mit eines der Paare, die auf den Gruppenfotos der Moon-Massenhochzeiten posierten. In Kadavergehorsam bereits bestens geschult, führte sie der weitere Weg (von ihrem geistlichen Leiter so gewollt); dann nach Indien.

Was hat das alles mit Jehovas Zeugen zu tun? Mag man fragen. Die veranstalten doch keine Massenhochzeiten Made in Moon. Und ein gewisses Selbstbestimmungsrecht in solchen Lebensfragen, steht doch dem Einzelnen dort zu. Wird nicht bestritten. Weshalb dennoch dieser Vergleich? Nun, schlicht und einfach aus dem Grunde. Weil ich mir nicht so recht klar bin. Wo geht es eigentlich mittelalterlicher zu? Bei den Moonies oder bei den Zeugen Jehovas?

Oh, man hört schon förmlich den Aufschrei. Bei uns mittelalterlich? Lächerlich! Ich will die Frage auch nicht letztendlich definitiv beantworten. Lasse deren Beantwortung also offen. Nur mal gleichfalls als Veranschaulichungsbeispiel der anderen Art; dazu mal ein paar Zitate aus der CV 123. Ohne weiteren Kommentar. Das dort gesagte, spricht auch so für sich.

Komitee-Beratung am 26.9.71
Bericht über das sündhafte Verhalten von Bruder . . . (Auszug) (CV-Anmerkung: Es handelt sich um einen Bruder, der völlig rechtsmäßig eine sich als untragbar erweisende Verlobung löste, um sich dann mit jemandem zu verloben, mit dem er sich wirklich verstehen konnte, schließlich ist die Verlobungszeit auch eine Probezeit.)
Sämtliches Briefmaterial, welches sich in den Händen von … befand, wurde angefordert. Nach Durchsicht durch den verantwortlichen Diener wurde es dem Versammlungskomitee… zur Bearbeitung übergeben.

Während der Bearbeitungszeit wurde durch Brüder festgestellt, daß Br. … ein Liebesverhältnis mit . . . pflegte. Durch diese Vertraulichkeit entwickelte sich ein leidenschaftliches Liebesgefühl, welches so intim wurde, daß es … zur Hurerei (kam)… In einem Brief gibt… offen zu, daß er bei… die große Liebe gefunden hat … bekannte vor dem Komitee, einmal gemeinsam mit … eine Nacht im Bett verbracht und Geschlechtsverkehr gehabt zu haben … All diese Vorkommnisse und Unterlagen reichen aus… Er war der Willkür und Vorsätze seiner Gedanken ausgesetzt … Der Drang nach Befriedigung des Fleisches …

Das Komitee hat in der Sitzung am 26. 9. 71 beschlossen, . . . nicht nur ein Jahr, sondern 3 Jahre Bewährungsfrist aufzuerlegen … um wieder auf dem Grund und Boden der NWG stehen zu können … hätte in früheren Jahren einen sofortigen Gemeinschaftsentzug verdient. Auf Grund der Unterlagen der NWG und den nicht immer zutreffenden Beschuldigungen haben wir es als ratsam angesehen, diese dreijährige Bewährungsfrist als eine notwendige Zeitspanne einzuhalten … Die auferlegten Bewährungsbedingungen sind bei der Vers.... hinterlegt.
Die Brüder des Komitees
(CV-Anmerkung: NWG = Neue-Welt-Gesellschaft, andere Bezeichnung für die WT-Organisation)

Die Bedingungen für Deine Bewährung
Hiermit teilt das Versammlungskomitee Dir die Bedingungen für Deine Bewährung mit, deren 1. Teil - gültig bis zu Deiner Eheschließung mit Deiner Verlobten - Dir am Schluß der Verhandlung am Sonntag, dem 26. 9. 71 schon mündlich mitgeteilt worden war.
1. Grundsätzliches
Du führst einen sittenreinen Lebenswandel gemäß den Grundsätzen, die Jehova in seinem Wort, der Bibel, geoffenbart hat und respektierst sowohl die Ratschläge, die er durch seine Organisation auf der Erde in Form der geistigen Speise gibt, als auch seine ernannten Diener, indem Du diesen mehr Vertrauen entgegenbringst als irgendwelchen weltlichen Personen.
2. Besonderes
2.1. Erster Teil, gültig bis zu Deiner Verheiratung mit Deiner Verlobten:
2.1.1. Du wohnst ab sofort nach dem 26. 9. 71 nicht mehr in der Wohnung Deiner Verlobten - auch nicht in deren Abwesenheit - sondern in Deinem eigenen gemieteten Zimmer.
2.1.2. Du suchst die Wohnung Deiner Verlobten in deren Abwesenheit nur kurz auf, um die Blumen zu gießen.
2.1.3. Du kommst mit Deiner Verlobten wöchentlich nur einmal für zwei Stunden in Deiner oder ihrer Wohnung zusammen, um mit ihr das Heimbibelstudium durchzuführen und irgendwelche persönlichen Probleme zu besprechen.
2.1.4. Darüber hinaus wirst Du nicht in einer Wohnung mit Deiner Verlobten allein zusammen sein, es sei denn, daß eine dringliche Angelegenheit besprochen werden muß, die keinen Aufschub bis zum nächsten Zusammensein gemäß Punkt 2.1.3 duldet. Ein solches zusätzliches Beisammensein darf aber nicht unnötig ausgedehnt werden, sondern muß sich auf die Zeit beschränken, die zur Erledigung der betreffenden Angelegenheit nötig ist.
2.1.5. Du bemühst Dich, alles zu vermeiden, was auch nur den Anschein erwecken könnte, daß Du mit Deiner Verlobung geschlechtliche Beziehungen hast.


2.2. Zweiter Teil, gültig für die ganze Zeit Deiner Bewährung:

Um zu vermeiden, daß Du aus Mangel an Reife wieder in Schwierigkeiten gerätst, fragst Du in allen wichtigen Angelegenheiten Deines Lebens einen Bruder des Versammlungskomitees um Rat. 2.2.2 Unabhängig davon, ob Du Schwierigkeiten hast oder nicht, wirst Du jeden Monat einmal einen Bruder des Komitees aufsuchen, denn diese Männer sind verpflichtet, über Deine Seele zu wachen (Hebr. 13:17). Dir und der Versammlung zum Nutzen und Jehova zur Ehre.
2,2.3. Um zu vermeiden, daß Du in schlechte Gesellschaft gerätst, wirst Du während der Zeit Deiner Bewährung keine öffentliche Vergnügungsstätte aufsuchen, das sind Tanzlokale, Bars und Gaststätten.
Ausgenommen davon ist, wenn Du eine Gaststätte aufsuchst, um dort eine Mahlzeit einzunehmen.

Nicht als Bewährungsbedingung, aber als Rat wird Dir gesagt, Du solltest , um regelmäßig die Zusammenkünfte zu besuchen und am Predigtdienst teilzunehmen - auch dann, wenn einmal wenig oder keine Lust verspürst. Denn der Dienst Jehovas ist auch eine Arbeit, wenn auch die kostbarste, wertvollste, die es gibt - und bei den meisten Menschen mag die Lust zur Arbeit hin und wieder vorübergehend nachlassen. In solchen Fällen gilt es auszuharren, um so größer ist dann wieder die Freude am Dienst, wenn die Krise vorüber ist Hebr. 12:
(Ende des Dokuments, CV)

CV-Nachbemerkungen
Dieser "Bewährungs"-Vorgang ist echt. Name und Orte werden aus verständlichen Gründen nicht genannt. Der Bruder und seine Verlobte haben sich natürlich solche Bevormundungen und Reglementierung ihrer intimen Beziehungen nicht länger bieten lassen. Aus solchem System muß man aufwachen. Eine solche Mißachtung von Menschenrecht und Menschenwürde wird unerträglich. Ein Blick in den Spiegel hat selbst manchem "Komitee" schon geholfen, wäre zum Schluß zu sagen. -
...
Im WT vom 15. Mai 1978 las man folgende nicht länger zu unterdrückende "Frage von Lesern": "Sagt die Bibel irgend etwas Definitives darüber, was bei den Geschlechtsbeziehungen zwischen Mann und Frau moralisch oder unmoralisch ist? Sollten Versammlungsälteste das Verhalten von Gliedern der Versammlung in diesen intimen ehelichen Angelegenheiten zu bestimmen versuchen?"
Der "Fragesteller" wurde entgegen früherer Praxis völlig verschwiegen. Mit Sicherheit war es gar kein einzelner. Die WTG-Organisation mußte von ihr selbst inszenierten Sittlichkeitsskandal unter den Zeugen Jehovas das Ende bereiten.
Das stand dahinter.

Die WTG gab auf diese spezielle Frage eine außergewöhnlich lange Antwort, fast ein richtiger Artikel. Laßt uns daraus zunächst die Kerngedanken lesen, bevor wir dazu etwas sagen.


"Es muß zugegeben werden, daß die Bibel weder bestimmte Regeln hinsichtlich der Geschlechtsbeziehungen zwischen Mann und Frau aufstellt noch irgendwelche Einschränkungen diesbezüglich macht."
Es wird dazu auf folgende Schriftstellen verwiesen: Sprüche 5:15-20, Hohelied 1:13, 2:6, 7:6-8, Hiob 31:9, 10, Matth. 22:37-40, Eph. 5:25-31, 1. Petr. 3:7, 1. Kor. 13:4, 5.
Dann lesen wir folgendes Eingeständnis: "In der Vergangenheit sind in dieser Zeitschrift (Der Wachtturm, Anm.) Ausführungen erschienen, bei denen es um bestimmte ungewöhnliche sexuelle Handlungen in der Ehe ging, wie zum Beispiel oralen Geschlechtsverkehr, und diese Handlungen wurden mit schwerer geschlechtlicher Unsittlichkeit gleichgestellt. Davon ausgehend gelangte man zu dem Schluß, daß den Personen, die derartige sexuelle Handlungen pflegen, die Gemeinschaft entzogen werden müßte, wenn sie nicht bereuen. Man vertrat den Standpunkt, Versammlungsälteste seien berechtigt, sich mit einem solchen Fall zu befassen und ein Urteil zu fällen.

Nach sorgfältiger weiterer Erwägung dieser Frage gelangen wir jedoch auf Grund des Fehlens deutlicher biblischer Anweisungen zu der Überzeugung, daß es sich dabei um etwas handelt, wofür ein Ehepaar selbst die Verantwortung vor Gott übernehmen muß, und daß es nicht die Aufgabe der Versammlungsältesten ist das Verhalten in solchen ehelichen Intimbeziehungen zu bestimmen oder jemandem lediglich auf Grund derartiger Handlungen die Gemeinschaft zu entziehen."

Es folgen dann noch einige "Rückzugsgefechte", man heiße damit solche Handlungen natürlich nicht gut, aber, wie gesagt. So könnten die Ältesten einem solchen z. B. ein Dienstamt verweigern, wenn sie das denken. Nun, das ist eigentlich nun alles zweitrangig.
Erstaunen und Erschütterung erfaßte jetzt, gar manchen, der sich als "Ältester" schuldig gemacht hatte, aus den nun wieder verworfenen Gründen anderen die Gemeinschaft zu entziehen und sie so "in die böse Welt" zurückzustoßen. Sie wußten doch damals schon, daß überall, zum Teil bei ihnen selbst, wo kein "Kläger" war, auch kein "Richter" im Sinne des WT amtieren konnte!

Man muß sich vorstellen, was sich vor den WT-"Rechtskomitees" abspielte, wo solche sexuellen Verhaltensweisen zur "Vernehmung" standen, um dann das "Urteil zu fällen"! Wer durch solche "Mühle" gedreht wurde, war sittlich erledigt, im WT-Sinne "fertiggemacht". Wenn der eine Partner dann nicht zum Verurteilten hielt, war die Ehe und Familie "nach Tisch und Bett" restlos zerstört.


Die "Rechtskomitees" glichen etwa den Nazi-Gerichten der 30er Jahre, die sog. Sittenprozesse gegen katholische Priester führten. Wie ein Spürhund wühlte gar mancher alles auf. Es ist klar, daß so mancher, der dabei als Mitglied eines solchen WT-"Rechtskomitees" mitgewirkt hatte, Abscheu vor sich selbst empfand, als er nun mit eigenen Augen lesen mußte, daß die WTG-Sittenprozesse in den Versammlungen und ihre "Urteile" jeder biblischen Grundlage entbehrten und er durch die bisherigen WT-Ausführungen furchtbar gegenüber Mitbrüdern und Mitschwestern mißbraucht worden ist.

Nach sorgfältiger weiterer Erwägung?
Es waren also nur "Erwägungen" der WTG, daß bis zur nämlichen Stunde jene "Urteile" gefällt, Gemeinschaftsentzüge ausgesprochen Ehen zerstört wurden! Nun war eine "sorgfältige weitere Erwägung" erfolgt! Das ist doch zugleich das Eingeständnis eines ausschließlichen Menschenwerkes, das da betrieben wird! Es zeigt sich nicht mehr und nicht weniger, daß das Schicksal der kleinen Verkündiger und Diener in der Organisation nicht in der Hand Gottes liegt, sondern von den "Erwägungen" und "weiteren Erwägungen" der WT-Schreiber abhängt. Ja, von den WT-Schreibern lasen wir doch: "In der Vergangenheit sind in dieser Zeitschrift Ausführungen erschienen …" usw. Hier zeigt sich auch, wer in dieser Organisation die Macht ausübt: Kein Gott und Christus, sondern die WT-Schreiber mit ihren Erwägungen bis zur letzten Konsequenz geistiger Todesurteile, die nun nach "weiteren Erwägungen" als geistige Justizverbrechen dastehen.

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