Johannes Stark
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 18. März 2011 01:51
Im Zeitspiegel
Johannes Stark

Inserat in der "Freiburger Zeitung" vom 18. 3. 1931

http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=04&day=18b1&year=1931&month=03&project=3&anzahl=4
Inserat-Wiederholung auch in der Ausgabe vom 19. 3. 1931
http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=04&day=19a1&year=1931&month=03&project=3&anzahl=4
In der Ausgabe vom 19. 3. 1931 gab es dann dazu noch eine Stellungnahme mit dem Untertitel:
"Von einem Katholiken", die offenbar pro-Nazi orientiert ist
http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=19b1&year=1931&month=03&project=3&anzahl=4
Fortsetzung daselbst auf der nächsten Seite noch. Diese Stellungnahme glänzt unter anderem mit dem Satz:

"Dem wahrhaften Katholiken ist Nationalsozialismus und Christentum kein Gegensatz".

Das indes sahen (zumindest vor 1933) einige katholische Bischöfe anders, und hielten (zeitweilig) auch nicht mit ihrer diesbezüglichen Meinung zurück.
Deshalb eben NSDAP-seitig auch das Rühren für die Propaganda-Broschüre des Johannes Stark.
Spätestens 1933 mußte die Catholica gezwungermaßen erkennen, ihr anfänglicher Widerstand gegen die Kulturpolitischen Intentionen der Nazis, vermochte es nicht, die Machtergreifung der Nazis zu verhindern.
Nachdem ihr Satrap von Papen durch Anleierung eines Konkordats des Naziregime mit dem Vatikan, diese Vorbehalte durch Geldwerte Vereinbarungen "entschärfte" (und dieses Konkordat war zudem für das Naziregime der erste relevante außenpolitische Erfolg), beschloß auch die offizielle Catholica, umgehend, ihr Gewäsch von gestern, wieder zu vergessen!

In der Ausgabe vom 22. 3. 1931 der "Freiburger" gab es dann noch einen Bericht, über eine bischöfliche Kundgebung zum Thema.
Selbige malt die Schreckenszenario (für die Kirche) des Freidenkertums und eben auch der Nazis wegen deren Kulturpolitische Aspekte, als auf einer Stufe stehend aus. Indem das Naziregime mit als eine seiner ersten Maßnahmen, das organisierte Freidenkertum wegen dessen Sozialdemokratischer bzw. auch kommunistischer Orientierung, das vorläufige "Aus" bescherte, wurde auch so seitens der Nazis, der Catholica eine weitere Morgengabe serviert, welche selbige mit Wohlwollen auch zur Kenntnis nahm

http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=02&day=22r1&year=1931&month=03&project=3&anzahl=4
Die Wikipedia notiert über diesen Herrn Stark unter anderem:

"Mit seinen aggressiv vorgetragenen antisemitischen Positionen, die ihn schon in den frühen 1920er Jahren in die Nähe des Nationalsozialismus brachten, ist Stark einer der geistigen Wegbereiter des Holocaust."

Von Hause aus hatte er eine Laufbahn als Physiker eingeschlagen; brachte es schließlich auf diesem Felde zum Nobelpreisträger. Insoweit kann seine Kompetenz sich auch zu Religionspolitischen Fragen zu äußern, schon mal als eingeschränkt bezeichnet werden.
Selbstredend macht es sich propgandistisch gut, äußert sich ein Nobelpreisträger. Ein "Otto Unbekannt" (auch wenn seine Ausführungen qualitativer sein sollten), wurde sicherlich nicht diese Öffentlichkeitswirksamkeit erreichen, was dann ja auch die Nazis wussten. Seine 1931er Schrift über "Katholische Kirche und Nationalsozialismus" erschien denn auch im offiziellen Parteiverlag der NSDAP.
Eigentlich ist der Titel dieser Schrift schon etwas "schief" geraten. Weniger die katholische Kirche als solche, dafür um so mehr die Zentrumspartei ist Gegenstand seiner Betrachtung. Zwar ist es richtig, das Zentrum als politischen Zweig der Catholica zu sehen. Indes eben nur ein Zweig, nicht aber der "Stamm".
Äußerer Anlass bildet für Herrn Stark die Reichstagswahl vom 14. 9. 1930 und das in ihr schon sichtbar werdende Erstarken der Nazis.
Er belehrt dann weiter:

"Die Leitung der NSDAP war bereit, unter bestimmten Bedingungen an der Bildung einer neuen Reichsregierung mitzuwirken. Die Zentrumspartei unter Führung Brünings hat indes von dieser Bereitwilligkeit keinen Gebrauch gemacht." (S. 7)

Das ist dann sein eigentlicher Frust, welchem er im weiteren Verfolg seiner Ausführungen nachgeht.
Bereits seit Beginn der Weimarer Republik gab es verschiedentlich Regierungskoalitionen, welche sowohl sozialdemokratische als auch Personen der Zentrumspartei zu ihren Mitgliedern zählten. Auch die 1930er Wahl hatte an diesem Umstand, sehr zum Mißfallen der NSDAP, nichts grundlegendes geändert.
Nun kommt auch Herr Stark nicht umhin Reflexionen darüber anzustellen. Ja, warum kommt es immer noch nicht zu einer Koalition zwischen Zentrum und NSDAP. Und da kann er sich auch nicht ganz an dem Umstand vorbeischummeln, das wie kein zweiter, der Chefredakteur des "Völkischen Boeobachters", Alfred Rosenberg, seit der Publizierung seines Wälzers "Der Mythus des XX. Jahrhunderts" wegen einiger dort enthaltener kirchenkritischer Passagen, die isoliert, und ohne gleichzeitige Berücksichtigung der auch massiv rassisch-mystischen Komponenten bei Rosenberg. Das also isoliert betrachtet, es da auch einige Passagen gibt, die selbst von radikalsten Freidenkern etwa aus dem kommunistischen Milieu stammen könnten.
Als Beleg für diese These sei etwa auf die zeitgenössische Zeitschrift "Der sozialistische Freidenker" verwiesen, welche auch eine Besprechung des Rosenberg'schen Schinken brachte, durchaus mit Einschränkungen "positiv" gestimmt.
Und jener Rezensent aus dem Jahre 1931, sollte es in späteren Jahren gar noch zum Hauptabteilungsleiter im Staatssekretariat für Kirchenfragen der DDR bringen. Da besagtes Staatssekretariat zu DDR-Zeiten, aber nicht von Anfang an bestand, hatte der nämliche Rezensent, davor noch eine andere Berufsphase. "Passend" verbrachte er die dann auch in der "K5", wobei man wissen muß, "übersetzt" bedeutete dieses Kürzel, eine Vorläuferorganisation der DDR-Stasi.

Kehren wir zu Stark zurück. Auch er wähnt sich im Falle Rosenberg dergestalt durch die Geschichte schummeln zu können, indem er Rosenbergs Ausführungen als "Privatmeinung" deklariert.
Das mit den "Privatmeinungen" indes ist so ein "Ding an sich". Wie "privat" diese Meinungen waren, konnte spätestens im Jahre 1940 an dem von Rosenberg herausgegebenen "Handbuch der Romfrage" abgelesen werden. Davon erschien zwar - Kriegsbedingt - nur ein Band; indes es waren weitere Bände davon vorgesehen.
Auch jener erschienene nur eine Band, dürfte wohl kaum geeignet gewesen sein in katholischen Kreisen "Jubelstürme" auszulösen, denn er offeriert in Religionspolitischen Fragen eine scharfe Politik. Unter anderem auch die. Gnadenlose Abschaffung aller finanziellen Zuwendungen an die Kirchen, welche der Nazistaat bis dahin, aus opportunistischen Gründen immer noch gewährte. Das also zum ach so "privaten" Rosenberg.

Man musste keineswegs bis zum Jahre 1940 "warten", um erkennen zu können. Der vermeintliche "Privatmann" Rosenberg verfügt über eine für die Kirchen bedrohliche Machtfülle. Das musste schon der damalige evangelische Generalsuperintendent Otto Dibelius, spätstens im Jahre 1937 erfahren.
Bereits als Detail-Vorabdruck aus der Rosenberg-Schrift "Protestantische Rompilger" (in der SS-Zeitschrift "Das Schwarze Korps"), fand sich darin Dibelius auch als namentlich Angegriffener wieder.
Der Nazi Rosenberg spießte darin besonders das Dibelius-Buch "Frieden auf Erden" (in Weimarer Republikzeiten erschienen) auf, worin Dibelius den Versuch unternahm, in der Wehrdienstfrage "Wasser nach beiden Seiten zu tragen".
Sowohl künftige Wehrdienstverweigerungen, als auch Militärdienst, hielt er nun für möglich.

Das war immerhin ein "Quantensprung" für seinesgleichen, denn die überwältigende Mehrheit seiner Funktionärskollegen zu Zeiten des ersten Weltkrieges, gehörten eher zu den auch in die "Schützengräben hineinpredigenden".
Das diese Traditionslinie nun durch Dibelius zumindest ansatzweise,zur Diskussion gestellt wurde, war für den Nazi Rosenberg offenbar "zuviel". Und so griff er diesbezüglich auch Dibelius in scharfen Wendungen, in seiner genannten Schrift mit an.
Dibelius seinerseits suchte sich mit einer gleichfalls 1937 erschienenen Schrift "Drei Randbemerkungen zu einem Kapitel Rosenberg" zu verteidigen.
Habe ich anderorts entlehnte Bemerkungen richtig verstanden, geriet diese Schrift dann wohl noch unter Naziverbot.
Gleichwohl erreichte zetgenössich, einige Exemplar davon das wissenschaftliche Bibliothekswesen; und auch im Antiquariats-Buchhandel, ist sie noch heute nachweisbar. Sie ist demzufolge nicht "total verschollen".
Da Dibelius ja bereits in seinem "Frieden auf Erden" das Prinzip "Wassertragen nach beiden Seiten" praktiziert hatte, war es ihm auch möglich zu belegen, dass er keinesfalls der Fürsprecher totaler Wehrdienstverweigerung sei, als der ihn Rosenberg hinstellen wollte.

Aber er setzt noch einen anderen Akzent in dieser Verteidigungsschrift.
Rosenberg bezichtigte die Kirchen auch, gegenüber dem "Bolschwismus" versagt zu haben, und der Nazismus sei eben der "Retter vor dem Bolschewismus".
Da verteigt sich nun Dibelius dergestalt, dass er zwar keine Widerlegungs-Zitate aus "Frieden auf Erden" beibringen konnte. Wohl aber Hinweise darauf, wie auch er auf Kirchentagen etwa, bereits gegen den Bolschewismus Stellung genommen hatte.
Bis zu vorgenannter Verteidigungsschrift von Dibelius, gab es verschiedentlich auch nach 1933, noch kirchlich publizierte Voten gegen Rosenberg.
Damit war nunmehr Schluss. Die Gestapo griff hart durch. Und der Nazifunktionär Rosenberg konnte nun nicht mehr in kirchlichen Voten, in kritischer Art behandelt werden.

Herr Stark stellt dann noch weitere Überlegungen an, weshalb es denn mit der Koalition Zentrum mit der NSDAP immer noch nicht geklappt habe.
Dabei meint er dann die Zentrumspolitik auch wie folgt charakterisieren zu können:

"Das größte Hindernis für die Erreichung ihrer politischen Ziele sieht die Leitung des Zentrums in dem Aufkommen eines Nationalbewußtseins und in der darauf sich gründenden nationalen Einigung des deutschen Volkes. Denn die Nationalisierung des deutschen Volkes würde zur Folge haben, daß seine ganze Innen- und Außenpolitik unter nationale Leitung gestellt und die Beherrschung des Staates durch antinationale Kreise unmöglich gemacht würde. Aus diesem Grunde ist der Kampf gegen die Nationalisierung des deutschen Volkes zum leitenden Gedanken der Politik des Zentrums geworden; alles, was die Nationalisierung zu fördern geeignet ist, bekämpft sie; alles, was sie aufhalten kann, begünstigt sie. Das Wort, das am treffendsten den Geist der Zentrumspolitik kennzeichnet, ist darum "antinational". (S. 56).

Ob denn diese Charakterisierung wirklich sachgerecht ist, sei denn mal dahingestellt.
Immerhin dürfte sie aber auch verdeutlichen, wie sich aus der Sicht des Zentrums die Sachlage darstellte.
Auch das Zentrum konnte nur Koalitionspartner sein. Eine Alleinherrschaft war auch ihm aufgrund der Mehrheitsverhältnisse nicht möglich.
Offenbar entschied es sich dann aber doch, was mögliche Koalitionspartner anbelangt, eher für die Sozialdemokratie, als denn für die Nazis (zumindest bis 1931).
Dabei spielt wohl auch das nachwirkende Trauma des Bismarck'schen "Kulturkampfes" eine Rolle. Diesem Trauma verdankt ja das katholische Zentrum auch seine eigentliche Entstehung. Bismarck verfolgte zeitweise eine scharfe Nationalisierungspolitik auch auf Kirchenpolitischem Felde. Etwaiger Internationalismus (damals unter dem Kampfbegriff Ultramontanismus gehandelt) war ihm ein Greuel. Traten nun die Nazis mit ihren betont nationalen Ambitionen in den Ring, musste dies zwangsläufig beim Zentrum wiederum Assoziationen an die Bismarckzeit auslösen. Da zogen sie es dann doch lieber vor mit den Sozialdemokraten zu koalieren, welchen eben nicht diesem übersteigerten Nationalismus huldigten.
Ergo kommt Herr Stark wohl zu der Einsicht des Jahres 1931, die "süßesten Machtfrüchte" hängen in jenem Jahre noch ziemlich hoch für die NSDAP.
Das aber möchte er selbstredend verändert wissen. Und auf der Suche nach diesbezüglichen "Lichtblicken" meint er sogar fündig werden zu können.
Er registriert, dass der vormalige katholische Nuntius in Berlin, Pacelli, zu jener Zeit, in der Hierarchie seiner Kirche weiter aufgestiegen sei.

"Unterdes ist er Kardinalstaatssekretär geworden, hat also die Leitung der Beziehungen des Vatikans zu den staatlichen Mächten übernommen.".
http://books.google.de/books?ei=kX99Tf-pN4ni4gbz29GHBg&ct=result&id=-UEAAAAAMAAJ&dq=Johannes+Stark+Katholische+Kirche+und+Nationalsozialismus&q=Kardinalstaatssekret%C3%A4r+geworden%2C
Von jenem Pacelli gibt es noch ein markantes Bild.

Allenfalls wäre zu konstatieren; die Schleppentraeger haben dann wohl im laufe der Zeiten gewechselt. Indes, es gibt diese Spezies weiterhin.
Man vergleiche auch die Meldung der „Freiburger Zeitung" vom 16. 5. 1927 bezüglich Pacelli:

Aus diesen Umständen abgeleitet, meint Stark dann gar prophezeien zu können, und mit dieser Prophezeiung lag er sogar richtig:

"Man darf hoffen, daß er in nicht ferner Zeit Gelegenheit erhalten wird, mitzuwirken an dem Abschluß eines ehrlichen und rückhaltlosen Friedens zwischen der katholischen Kirche und dem nationalsozialistischen Staat in Deutschland. Denn der deutsche Nationalsozialismus hat die gleichen politischen Grundsätze wie der italienische Faschismus. Er bekennt sich zum positiven Christentum, sieht in den christlichen Bekenntnissen wertvolle Stützen seines Volkes und bekämpft den Marxismus als Todfeind seines Volkes und des Christentums." S. 56)

Soweit war es dann aber im Jahre 1931 noch nicht. Und Katholiken als Leser seiner Schrift, meint er dann noch ein anderes Bonbon anbieten zu können. Und zwar dieses:

"In Italien konnte der Nationalsozialismus in der Form des faschistischen Staates seine grundsätzliche Einstellung zur Kirche bereits in die Tat umsetzen." (S. 52)

Ah, werden da wohl nicht wenige gedacht haben. Der Mussolini hat doch der Kirche einige entscheidende Dienste geleistet, etwa das 1929er Konkordat in Italien.
Ergo könnten ja auch wir noch "rosigen Zeiten" entgegengehen.
Wie "rosig" die dann tatsächlich waren, ist unter anderem im Rosenberg'schen "Handbuch der Romfrage" nachlesbar!

Ein Herr namens Franz Taeschner

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 01. April 2011 05:58
Im Zeitspiegel
Ein Herr namens Franz Taeschner
 
Einen "Nachschlag" zum Thema "Katholizismus und Nationalsozialismus", gab es dann noch in der "Freiburger Zeitung" vom 27. 03. 1931.
Auch nochmals am 1. 4. 1931.
Es kann kein Zweifel darüber bestehen (1931 waren die Nazis ja noch nicht Gesamtstaatlich an der Macht) dass kirchliche Kreise, keineswegs nur die katholische, da ganz "Hin und Hergerissen" waren.
Auch der Artikel der hier genannt wurde, kündet davon.

http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=27b1&year=1931&month=03&project=3&anzahl=4

http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=01b1&year=1931&month=04&project=3&anzahl=4

Dieses "Hin- und Hergerissen sein" fand dann allerdings spätestens mit dem Konkordat zwischen Hitlerdeutschland und dem Vatikan sein Ende.

In einem Schreiben vom 6. 12. 1930, des Münchner Kardinals Faulhabe an den bayerischen Episkopat,brachte dieser auch einige Überlegungen in Sachen Nationalsozialismus zu Papier.
Er meinte darin, die Nazis würden ja ohnehin in einiger Zeit "Staatspolitisch Bankrott" machen.
Das aber äußerte er zu einem Zeitpunkt, wo die Nazis eben noch nicht die tatsächliche Macht in breitem Umfange inne hatten.
Faulhaber plädiert, für Zurückhaltung seitens der Kirche, öffentliche Voten den Nazismus betreffend.
Er analysiert, die Nazis haben wohl auch bei und besonders der Jugend damaliger Zeit, vielfach "ein Stein Im Brett".
Würde sich die Kirche nun exponiert kritisch zu den Nazis äußern, wittert er eine bestimmte Gefähr. Und die beschreibt er in seinen Worten so:

"Dabei müssen wir uns fragen, ob eine Kundgebung im gegenwärtigen Augenblick, da die Begeisterung des großen Aufmarsches die Leidenschaften aufpeitscht, nicht die ganze Bewegung, die in einiger Zeit staatspolitisch Bankrott machen wird, auf das Kulturpolitische Gebiet drängen und namentlich die Jugend in den Gegensatz zur Kirche bringen könnte."

Er wähnt aber noch einen weiteren Grund zu sehen, weshalb er für Zurückhaltung bezüglich Ant-nazistischer Voten plädiert.
Und dieser Grund wiederum in seinen Worten, bestände darin:

"In der allerletzten Zeit hatte der Nationalsozialismus offenbar den schroffen Gegensatz zum Christentum zu mildern versucht, wenigstens hat er hier in München gegen eine furchtbare Hetze der Bibelforscher in entscheidender Form Stellung genommen."

Nachlesbar in:
"Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe A Quellen, Band 17" , Mainz 1975 (S. 514f.)
Noch ein weiteres Votum aus der gleichen Quelle (S. 516).
Jene Kräfte, welche in der katholischen Kirche zu jener Zeit, mit dem Nationalsozialismus "Fraktur" reden wollten, werden von den Faulhaber und Co mit den Worten zurückgepfiffen:

Antinazistischen Voten gäben "den vielen "Los-von-Rom-Stürmern" in den Reihen des Nationalsozialismus die erwünschte Gelegenheit, einen Frontwechsel vorzunehmen und die ganze Kraft des Angriffes auf die katholische Kirche zu lenken, statt auf den Kommunismus und Sozialismus.
Auf der Kirchenfeindlichen Basis werden sich dann die drei feindlichen Brüder bald finden."

Der katholische Bischof Conard Gröber, etwa, "jubelt" in einem 1937 erschienenen "Handbuch der religösen Gegenwartsftragen" bezüglich der Konkordatsabschlüsse::

"Die Anregung zu tatsächlichen Verhandlungen trat aber erst 1933, und zwar von deutscher Seite her, an den Vatikan heran. Die Verhandlungen hatten einen um so rascheren Erfolg, als auf Grund des Ermächtigunsgesetzes kein Parlament zu hören war, was die Konkordatsverhandlungen in Bayern, Preußen und Baden erschwert hatte." (S.358)

Nach dem Konkordatsabschluss, waren dann Antinazistische Töne wie weggeblasen.
Danach pflegten auch katholische Kreise, andere "Lieder zu singen"..
Töne, wie sie zum Beispiel im Jahre 1934 ein Herr namens Franz Taeschner (seines Zeichens Universitätsprofessor), in seinem im jenem Jahre erschienenen Schrift mit dem programmatischen Titel:

zu Protokoll gab.
Taeschner jubelt darin schon mal einleitend mit der Aussage:

"Diese beiden Ereignisse, das Verschwinden der beiden katholischen Parteien [Zentrum und Bayerische Volspartei] und der Abschluß des Reichskonkordates sind von einer epochalen Bedeutung, die nicht leicht überschätzt werden kann.
Eine erste, verheißungsvolle Etappe dieser Entwicklung haben wir am 12. November erreicht, als der katholische Teil des deutschen Volkes sich in überwältigender Mehrheit zum Nationalsozialismus bekannt hat."
(S. 4)

Besagter 12. 11. 1933 war eine sogenannte "Wahl"-Veranstaltung im Naziregime, bei der es eigentlich nicht mehr viel zu "wählen" gab. Das katholische Zentrum hatte ja durch seine Selbstaufllösung dem totalitären Aspekten des Nazismus freie Bahn verschafft.

Weiter muss Herr Taeschner konstatieren:

"In der Tat steht dem Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus auf politischem Gebiete der Totalitätsanspruch der katholischen Kirche auf religiösem Gebiete gegenüber." (S. 7)

Das wiederum ist für ihn offenbar kein ernsthaftes Problem, denn er meint weiter verlautbaren zu sollen:

"Da beide aber nicht als Rivalen auf demselben Gebiet auftreten, so würde ein Kampf zwischen beiden Größen nur zu einer Schwächung beider, nie aber zu einem Siege des einen über die andere führen. Es liegt daher im vitalen Interesse beider, daß eine möglichst saubere Abgrenzung ihrer Geltungsbereiche vorgenommen wird. Diese Abgrenzung kann natürlich nicht willkürlich vorgenommen werden, sondern sie muß gewissermaßen von selbst gegeben sein, muß in der Natur der beiderseitigen Betätigungsfelder liegen, so daß es weniger auf eine Abgrenzung selbst, als vielmehr auf die Erkenntnis der beiderseitigen naturgegebenen Grenzen ankommt. ...
Ist die gegenseitige Abgestimmtheit zwischen der nationalsozialistischen Politik und den Grundlagen christlichen Glaubensgutes vorhanden, so wird sich die von beiden Seiten beanspruchte Totalität segensreich auswirken."
S. 7, 9)

Nun ja, diesen "Segen" sollte dann ja Deutschland noch zur Genüge kennenlernen.
Aber sein Credo sieht er offenbar in der Aussage;

"Diesem Anspruche der beiderseitigen Lehre auf absolute Geltung entspricht auf beiden Seiten die autoritäre Führung der Organisation: dem "Führerprinzip" des Nationalsozialismus steht auf der Seite der katholischen Kirche das auf apostolischer Sukzession beruhende hierarchische Prinzip als die durch die Sache gegebene Entsprechung gegenüber." (S. 26)

Herr Taeschner hat somit nur das Rezept anzubieten:
"Totalitaristen vereingt euch!"
Allenfalls will er eine saubere Trennung der jeweiligen Interessensphären gewährleistet sehen, und das war es dann.
Wie eine "saubere Wahrung jeweiliger Interessensphären" in der Praxis aussehen kann, konnte dann die Welt einige Jahre später, etwa beim Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes "bewundern".

Es gibt somit keine Religion, die mehr zum totalen Staate paßt als die katholische. Was der totale Staat fürs Diesseits erstrebt, das lehnt die katholische Kirche nicht ab; sie ergänzt und vervollständigt es fürs Jenseits. So sind Staat und Kirche zwei Totalitäten, aber eigener Art.
Man sollte meinen, daß überall, wo diese Einsicht durchdringt, das gegenseitige Verstehen erleichtert würde. Handelt es sich ja um zwei Ähnlichkeitsformen; auch ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Staat und Kirche."

In: Bernhard Bartmann
"Positives Christentum in katholischer Wesensschau"
"Der Christ in der Zeit" Heft 8
Paderborn 1934 S. 33, 34
 

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