Ostalgie
geschrieben von: Conzaliss
Datum: 03. September 2008 17:04
Ostalgie
Bischof Huber verurteilt Verherrlichung der DDR
(29)
3. September 2008, 14:35 Uhr
Der EKD-Vorsitzende Wolfgang Huber verurteilt jede Form der DDR-Nostalgie. Die zunehmende
Ostalgie in weiten Teilen der Bevölkerung Ostdeutschlands verharmlose die Geschichte des
SED-Regimes. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer warnt vor den
Konsequenzen einer rückwärtsgewandten Verherrlichung.
Der Berliner Bischof Wolfgang Huber hat die zunehmende Verherrlichung und Bagatellisierung
der DDR als "Misere" bezeichnet. In einer "erstaunlichen
Sozialisationskontinuität" setzten sich die Vorstellungen der Eltern bei den Kindern
fort, sagte Huber in Berlin bei einer Veranstaltung der Stiftung zur Aufarbeitung der
SED-Diktatur.
www.welt.de/Politik
Was meint ihr dazu?
Re: Ostalgie
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 03. September 2008 18:08
Es wurde im Rahmen dieses Forums auch auf einen Presseartikel der Lausitzer
Rundschau" verwiesen.
Weiter unten nochmals wiedergegeben.
Überschrift Ein Hartz IV-Beglückter berichtet".
Und innerhalb dieses Artikels liest man auch, der dort geschilderte 48jährige Akteur",
in der tiefsten ehemaligen DDR lebend (nicht etwa in den Speckgürtleln"
um Berlin, Leipzig, Dresden usw.) sei nun schon zehn Jahre arbeitslos.
Wird Herr Huber, diesen konkreten Fall auch der Ostalgie" bezichtigen. Ich
schätze mal Herrn Huber nicht garade als dumm" ein. Ergo unterstelle ich.
Diesen konkreten Fall wird er nicht der Ostalgie bezichtigen.
Nun muss man bei diesem konkreten Fall aber auch sehen. Selbiger ist ja nun bei den Zeugen
gelandet. Gesetzt der Fall, die gleichen Rahmenbedingungen des Falles würden bestehen,
ohne dass der Betreffende sich den Zeugen anschloss. Dann wäre dieser Fall ein geradezu
prädestinierter für den Vorhalt Ostalgie".
Herr Huber sagt in seinem Welt"-Artikel auch:
Wer die gesellschaftlichen Probleme in Ostdeutschland außer Acht lasse, könne die
verbreitete "Ostalgie" nicht verstehen."
Und da dürfte dann wohl der Haase im Pfeffer liegen."
Nur, das unterstelle ich auch. Es reicht nicht nur Lippenbekenntnisse abzuliefern. Mehr
ist in meinen Augen das Huber-Zitat nicht. Diese Huber-Aussage müsste ernst genommen
werden, im eigentlichem Sinne.
Denen, das Wort Ostalgie" besonders leicht über die Lippen flutscht, dass sind
eben Alt-Bundesrepublikaner. Nicht selten dort noch in gehobeneren Verhältnissen lebend.
Denen fluscht eine solche Vokabel besonders leicht von der Zunge. Wie auch die weitere
Totschlagvokabel Stasi" unter Ausblendung der Praxis der CIA. Unter Ausblendung
dass auch Bundesdeutsche Dienste sehr wohl ihr IM-System" aufgebaut haben. Nur
dass sie es halt nicht so nennen. Da ist dann eben von V-Männern" fallweise
die Rede, sollten sich mal insistierende Journalisten finden, die es wagen in dem
diesbezüglichen Nebel herumzustochern.
Noch was. Die Vokabel Ostalgie" nehme ich ja erklärten Politikern durchaus ab.
Was ist aber Herr Huber? Der will doch in erster Linie Kirchenmann sein, oder nicht?
SPD-Mitglied war er ja mal. Aber diese Mitgliedschaft ruht ja wohl in seiner jetzigen
Position.
Wenn der Kirchenmann Huber Ostalgie" beklagt, dann steht dabei sehr wohl mit im
Hintergrund. Das trotz des Überstülpung des Alt-Bundesrepublikanischen
Kirchensteuersystems auch auf die neuen Bundesländer, sich die kirchliche Blütenträume
in diesem Bereich, so eben nicht erfüllt haben.
Man sehe sich mal als Detail das Kirchengejammere in Sachen Jugendweihe" an.
Zwar zu DDR-Zeiten staatlich verordnet". Gleichwohl nach dem Ende selbiger (nun
ohne staatliche Verordnung) im relevanten Umfange fortbestehend.
Das ist doch der eigentliche Jammer der Huber und Co. Die träumten doch davon, jetzt
wurde die Ostdeutsche Jugend in hellen Scharen die Konfirmations-Angebote suchen und
wahrnehmen. Einzelne tun es, sicherlich. Aber eben doch nicht die erhofften riesengroßen
Scharen".
Das ist der Background, sollte ein Mann wie Huber, das Wort Ostalgie" in den
Mund nehmen, wie es derzeit geschieht..
Nun muss man wohl noch eine andere Gruppe in Betracht ziehen. Das waren die zu DDR-Zeiten
Privilegierten, etwa im universitären Bereich. Die mussten nun insbesondere einen
massiven Verdrängungswettbewerb zu ihren Lasten registrieren. Die relevanten Lehrstühle
an den vormals Ostdeutschen Universitäten, sind auf der höheren Ebene nicht selten durch
Alt-Bundesrepublikaner, nach 1989 usurpiert worden.
Diese Opfer haben sich dann nicht selten in der heutigen Trauergemeinde, namens PdS
(respektive ihr Namensumbenennungs-Intermezzo) versammelt.
In diesen Kreisen sehe ich auch, Ostalgie, im wahren, und im gefährlichem Sinne.
Diese Kreise allerdings sind nicht die" vormalige DDR-Bevölkerung, sondern
bestenfalls ein Ausschnitt aus ihr.
So wie Huber und die Welt" das allerdings thematisieren, geht es ihnen nicht um
die differenzierte Aufzeigung der skiziérten Sachlage, sondern um die Installierung und
Verwendung eines politischen Totschlagwortes, im Rang dem der Totschlagworten Stasi"
oder IM" ebenbürtig.
Nicht jedoch um eine differenzierte, und vor allem konstruktive Sicht der Dinge, und den
nötigen Handlungsableitungen, die sich aus einer differenzierten Sicht ergeben (sollten).
Re: Ostalgie
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 06. September 2008 14:26
Ein Schlaglicht zum Thema Ostalgie" kann man auch dem Heft 9/2008 des Materialdienstes"
der EZW entnehmen.
Bezogen auf Berlin, wird dort konstatiert zur Situation des Religionsunterrichtes an den
Schulen, respektive Alternativ-Angebote. Und auch zu den Alternativ-Angeboten ist
anzumerken. Auch sie werden aus der Steuerzahler-Kasse bestritten.
Danach hat der Evangelische Religionsunterricht eine Frequentierung (in Berlin) von knapp
85.000 Kindern.
Für den katholischen wird die Zahl von 25.000 genannt. Und der auch aus der
Steuerzahlerkasse bestrittene Islamische Religionsunterricht bringt es auf die Zahl 4.500.
Es gibt an Berliner Schulen aber noch einen Anbieter, der sich Humanistischer
Verband" nennt (früher Freidenker). Sein Angebot nennt sich nun nicht
Religionsunterricht sondern Humanistische Lebenskunde".
Entscheidend ist jedoch, dass alle Anbieter gleichermaßen, ihr Angebot via
Steuerzahlerkasse abrechnen; also nicht nur die Kirchen.
Und das Angebot jenes humanistischen Verbandes, werde derzeit von knapp 45.000 Schülern
genutzt.
Und weiter gibt es indem gleichen Artikel auch den erläuternden Satz:
Vor 1989 führte das Fach (der Freidenker) mit weniger als 1.000 teilnehmenden
Schülern im damaligen Westteil der Stadt ein Schattendasein."
Wie genannte Zahlen verdeutlichen, ist eben dieses Schattendasein" derzeit
nicht mehr gegeben. Wenn es nach den Kirchen ginge, würden sie ja liebend gerne den
diesbezüglichen Kuchen" für sich allein in Anspruch nehmen.
Jeder Teilnehmer am Angebot des HVD, erweist sich somit auch als ein materieller Verlust
für die Kirchen.
Und dieser Verlust, respektive der kirchliche Frust darüber, findet sich dann halt auch
in solchen Schlagworten wie Ostalgie" wiedergespiegelt.
Noch ist die Situation in Berlin so. Alle genannte Angebote sind freiwillig zu belegen
Noch ...
Und wie man sieht schneiden die Kirchen da wohl nicht mehr ganz so hervorragend"
ab.