Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Kriegshetzer

Zitat:
"Das Radio ist eines der von Gott geschaffenen Mittel, dem Volke die Wahrheit zu bringen. Die schriftlich niedergelegten Zeugenaussagen der kürzlich von der 'Federal Cummunications Commission' (Bundeskommission für den Nachrichtenverkehr) betreffs des Rundfunks gemacht wurden, sind nun dem Kongreß der Vereinigten Staaten vorgelegt worden. Dieses amtliche Protokoll zeigt, daß die zwei großen Rundfunkgesellschaften Amerikas … mit der Geistlichkeit eine Abmachung getroffen haben, der gemäß Jehovas Zeugen die Benützung ihrer Radioeinrichtungen zur Verkündigung der Wahrheit von Gottes Königreich vollständig verwehrt werden soll. … Jedes Kongreßmitglied, das für das Weiterbestehen der gegenwärtigen Methode der Beherrschung der großen Radiostationen, welches es der selbstsüchtigen Geistlichkeit mittels Boykott und Zwang ermöglicht, Jehovas Zeugen die Benutzung dieser Radiostationen zu versagen, stimmt, stellt sich dadurch in dieser großen Streitsache auf des Teufels Seite und kämpft gegen Gott."

So tönte im Jahre 1935; wer schon: Wie unschwer zu erraten: Der damalige Zeugen Jehovas-Häuptling Rutherford. Er versäumt es auch nicht, im gleichem Atemzug auf die für seine Gefolgschaft wenig erfreulichen Verhältnisse in Hitlerdeutschland hinzuweisen. Auch über das Nachbarland Kanada entrüstet er sich. Zitat:
"Erst vor ein paar Tagen wurden in Quebeck (Kanada) zwei Zeugen Jehovas fälschlicherweise des Aufruhrs bezichtigt, weil sie eine Broschüre die von Gottes Königreich unter Christus handelt, unter dem Volke verbreiteten." Dezent nennt Rutherford zwar nicht den Namen der inkrimierten "Gottesbroschüre". Aber es ist klar. Sein Name prangt auf ihr. Und nun wurden seine Geschäftsambitionen auf die vorbeschriebene Weise gestört.

Rutherford, der sich offenbar in der Rolle des "Sprachrohr Gottes" auf Erden sieht, verkündet weiter:

"Würden die Regierungsmänner der 'Christenheit' wirklich glauben, daß die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist, so würden sie sich vom Völkerbund abwenden, alle Teile der teuflischen Organisation verlassen und sich Gottes Königreich unter Christus, welches die einzige Hoffnung der Nationen ist, zuzuwenden."

Der Rattenfänger Rutherford vergaß nur hinzuzufügen, dass eine solche These, spätestens seit seinem Endzeitdatum 1925, völlig unannehmbar ist. Und weil alle die noch ein bisschen logisch denken, seine Hirngerspinste im "Namen Gottes" ablehnten, droht er ihnen mit Krieg. "Weltweiter Krieg nahe!" so "folgerichtig" auch der Titel seiner Broschüre, aus der vorstehende Zitate entnommen wurden.

Sicherlich hat man einzuräumen, dass die weltliche Säkulargeschichte zur fraglichen Zeit vielerlei Hinweise auf einen sich anbahnenden tatsächlichen Krieg enthielt. Man lese beispielsweise mal die von der Exil-SPD in jenen Jahren herausgegebenen "Deutschland-Berichte" und man wird auch dort - von säkularer Warte aus - vielerlei Hinweise auf das sich anbahnende kriegerische Geschehen vorfinden. Indes Rutherford will mehr. Er verklärt dies alles zugleich mit den maßgeblich von ihm verantworteten Schwierigkeiten, die sein Sektenhaufen sich auch in diesen Jahren eingehandelt hat. Es geht ihm auch nicht darum, die sich anbahnende kriegerische Entwicklung zu stoppen. Nein, sie möge kommen, so Rutherford. Sie ist auch gekommen. Nur trotz seiner Spekulationen folgte keine wundersame "Errettung" seiner Anhängerschaft. Eher war das Gegenteil der Fall. Was ist also von dieser Art "Propheten" zu halten? Der Menschheit wird einiges erspart bleiben, wenn es gelänge, solche Möchte-gerne-Propheten, die nur noch zusätzliches Öl ins Feuer gießen, in die Schranken zu verweisen!

Aber auch handfeste Politik betrieb der sich schon widerlich penetrant mit einem weltlichen juristischen Titel (Richter) schmückende Rutherford. So droht er etwa in seiner 1936 erschienenen Broschüre "Entscheidung Reichtum oder Ruin, Was wählst du" den Amerikanern:

"Möge das amerikanische Volk fortfahren, Männer wie Mr. Roosevelt oder andere Werkzeuge der Hierarchie es sind, mit der Führung zu betrauen und ihnen noch größere Vollmachten zu geben, so wird es nicht lange währen, und Rom wird Amerika beherrschen, und die Redefreiheit wird ein Ding der Vergangenheit sein, genau wie es heute in Deutschland der Fall ist."

Das "Niveau" seiner Milchmädchenlogik wird auch anhand seiner Einschätzung der deutschen Entwicklung deutlich. So glaubte er allen Ernstes doch behaupten zu können:

"In Deutschland organisierten die Jesuiten die kommunistische Partei und brachten sie in Schwung, um sie dann in diplomatischerweise auszunutzen, die Menschen in Schrecken zu versetzen; das schaffte eine Grundlage, die nationalsozialistische Bewegung zu organisieren, die die Herrschaft über die Nation ergriffen hat und sie nun mit eiserner Faust regiert."

Dazu hat man zu sagen. Aus den Widersprüchen, die auch aus dem Ersten Weltkrieg resultierten, mit seinem Versailler Vertrag, der Deutschland schier unendliche Reparationen auferlegte. Aus dem Faktum dass die USA eine große Furcht beherrschte, dass ein Ergebnis des Ersten Weltkrieges auch die Etablierung des sowjetischen Gesellschaftsmodelles war. Aus der Furcht das dieses auch auf Deutschland überschwappen könnte, wurden seitens der USA politische Konsequenzen gezogen. Während etwa Frankreich auf die peinlich genaue Erfüllung der Reparationsbestimmungen bestand, schalteten die USA politisch um. Erkennend, dass mit einer weiteren Ausblutung Deutschlands, letztendlich nur der Kommunismus gestärkt würde, wurde eine Art vorgezogener "Marschallplan" schon in den zwanziger Jahren inszeniert. Damit war die kommunistische Gefahr keineswegs gebannt. Es galt auch politisch die Dinge in den Griff zu bekommen. Der sich als besonderer Antikommunist verstehende Hitler erhielt deshalb auch aus USA-Kreisen wichtige finanzielle Spritzen in der Startphase. Insofern kann man es schon verstehen, wenn Verschwörungstheoretiker das immer wieder thematisieren. Indes muss man dabei sachlich bleiben. Fakten reden lassen und nicht ins irrationale Geleise abdriften. Genau dies aber tat Rutherford mit seiner völlig unbewiesenen Behauptung, ausgerechnet die "Jesuiten" hätten die Kommunisten "organisiert".

Die Ära Rutherford

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