Ted Jaracz in Nürnberg

Ein Mitglied der Leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas auf Inspektionstour in der BRD

Er war, trotz Stimmenthaltung, mitverantwortlich für die Entscheidung der leitenden Körperschaft, daß hunderttausende junge Zeugen Jehovas den Zivildienst ablehnen mußten und für viele Jahre eingesperrt wurden.

T. Jaracz, 74 Jahre, ist Mitglied der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas in Brooklyn / New York. Seine Vergangenheit zeigt ihn in einem der vielen dunklen Kapitel der Geschichte der Wachtturm-Gesellschaft - der gedankenlosen Entscheidung der leitenden Körperschaft zur Frage des sogenannten "Zivildienstes". Da dieser Entscheidung eine Besonderheit der Wachtturm-Gesellschaft zugrunde liegt, möchten wir Dich, lieber Leser, kurz damit vertraut machen.

Trotz rigoroser Entfernung sämtlicher demokratischer Prinzipien in den tausenden Versammlungen der Zeugen Jehovas und Durchsetzung einer "theokratischen", de facto aber einer oligarchischen Unterdrückung, nimmt die Führungscrew der Wachtturm-Gesellschaft für sich das Prinzip der demokratischen, durch eine zwei Drittel-Mehrheit definierte, Entscheidungsfindung in Anspruch.

Raymond Franz war selbst viele Jahre Mitglied der leitenden Körperschaft. Er skizzierte den Abstimmungsmodus in seinem Buch "Der Gewissenskonflikt" ab Seite 101, am Beispiel einer Entscheidung, ob für eine bestimmte Verhaltensweise eines Zeugen Jehovas ein Gemeinschaftsentzug (gleich einer Exkommunikation) ausgesprochen werden muß, oder nicht:

Waren von vierzehn Anwesenden neun für eine Streichung und nur fünf wollten die alte Festlegung beibehalten, so genügte diese Mehrheit nicht, denn sie war zwar eindeutig, aber eben keine Zweidrittel-Mehrheit. (Selbst wenn zehn der Anwesenden dafür gewesen wären, hätte es nicht gereicht, denn das wäre zwar eine Zweidrittelmehrheit der Anwesenden gewesen, doch nicht der Gesamtzahl der aktiven Mitglieder, wie die Regelung es verlangte, und deren gab es lange Zeit hindurch 17 oder 18). Hätte einer der neun, die für die Streichung waren, einen Antrag gestellt, so wäre er nicht durch gekommen, da zur Annahme zwölf Stimmen nötig waren. Hätte jemand von den anderen fünf den Antrag gestellt, dies weiterhin als Gemeinschaftsentzugsdelikt anzusehen, so wäre er selbstverständlich auch nicht angenommen worden. Doch daß der zweite Antrag nicht angenommen worden wäre, hätte nicht zur Folge gehabt, daß diese Verhaltensweise nun nicht mehr zu einem Gemeinschaftsentzug geführt hätte. Und weshalb nicht? Weil alles nach dem Grundsatz ablief: Änderungen finden nur statt, wenn ein Antrag angenommen wird. Bei einem der ersten Male, als eine solche Situation aufgetaucht war, hatte Milton Henschel die Ansicht geäußert, wenn es zu keiner Zweidrittelmehrheit komme, dann solle es beim "status Quo" bleiben, der bisherige Zustand also weiter gelten.

Das bedeutete, obwohl eine Mehrheit der leitenden Körperschaft klar der Auffassung war, daß gegen einen Gläubigen keine Sanktionen ergriffen werden sollen, weiterhin Hunderttausende Familien, Freunde, Verwandte, Kinder, und viele andere, wegen dieser unbegreiflichen Urteilspraxis ins Unglück gestürzt wurden. Raymond Franz schrieb weiter:

...wurde weiterhin Fall um Fall nach der bisherigen Methode abgehandelt, so als sei das der einzig richtige und normale Weg. Wie sich diese Entscheidungen auf das Leben der Betroffenen auswirkten, schien auf die Verantwortlichen irgendwie nicht genug Eindruck zu machen, um sie von ihrer Routine abweichen zu lassen. Irgendwann hatte die Organisation einmal eine Grundsatzentscheidung getroffen die häufig genug dem Denken eines einzigen Mannes entsprungen war, der viel zu oft von den Lebensumständen, um die es ging, hoffnungslos wenig wußte), und diese Grundsatzentscheidung war geltendes Recht geworden. Man hatte eine feste Regel, und die galt, solange sie nicht mit Zweidrittelmehrheit umgestoßen wurde.

In diesem Zusammenhang sei Dir, lieber Leser, das sogenannte "Ältesten-Buch" zur Durchsicht empfohlen. Es beinhaltet eine talmud-ähnliche Auflistung sämtlicher Sünden und wie sie von den einzelnen Vollzugsorganen in den tausenden Versammlungen geahndet werden müssen. Jedenfalls beinhaltet dieses "Inquisitions-Buch" unzählige der vorhin erwähnten "Grundsatzentscheidungen".

Eine, von den früheren Präsidenten der Wachtturm-Gesellschaft, N.H.Knorr und Frederick Franz (nicht zu verwechseln mit Raymond Franz) getroffene "Grundsatzentscheidung" war die, den Wehrersatzdienst oder Zivildienst abzulehnen. Wer dieser Richtlinie der Gesellschaft nicht folgte, wurde automatisch als jemand angesehen, "der die Gemeinschaft verlassen hat", und so behandelt, als sei er ausgeschlossen. 1977 brachte ein Zeuge Jehovas aus Belgien seine berechtigten Zweifel in einem Brief zum Ausdruck. Raymond Franz berichtete:

Daraufhin kam die Angelegenheit vor die leitende Körperschaft. Am 28. Jänner 1978 erschien sie erstmals auf der Tagesordnung, am 1. März noch einmal, und schließlich wieder am 26. September, 11. Oktober, 18.Oktober und 15. November. Eine weltweite Befragung wurde durchgeführt, auf die über 90 Zweigbüros antworteten. Recht viele gaben an, die Zeugen Jehovas vor Ort hätten Mühe zu erkennen, daß es für diese Position überhaupt eine biblische Basis gebe. Interessant ist, was dann in der leitenden Körperschaft geschah.

Am 15. November waren alle sechzehn anwesend und elf stimmten für eine Änderung, so daß ein Zeuge Jehovas, der die Ableistung des Zivildienstes mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, nicht automatisch als untreu gegen Gott eingestuft wurde, so als habe er die Versammlung verlassen. Das war eine Zweidrittelmehrheit. Kam es nun zu der Änderung? Nein, denn nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung gab einer bekannt, er habe es sich anders überlegt. Damit war die Zweidrittelmehrheit hinfällig. Bei der dann folgenden Abstimmung waren fünfzehn Mitglieder anwesend, von denen neun für eine Änderung stimmten, fünf dagegen und einer sich enthielt.

Und dieser "eine" war Ted Jaracz. Von Raymond Franz wird er als "leidenschaftslos, kühl und sachlich" beschrieben. In der erwähnten Sitzung sagte er, "die bestehende Regelung könne für einzelne, die sich in der besonderen Lage gerade befanden, wohl eine Härte darstellen", und setzte dann hinzu:

"Es ist doch nicht so, daß wir nicht mit ihnen mitfühlen könnten, aber wir müssen immer im Sinn behalten, daß wir es nicht bloß mit zwei oder drei Leuten zu tun haben, wir müssen die große, erdenweite Organisation im Auge behalten und daran denken, wie sich das auf die ganze Organisation auswirkt."

Raymond Franz kam zu folgendem Schluß:

So unglaublich es klingen mag, aber das war die Entscheidung, und die meisten in der leitenden Körperschaft schien das nicht weiter zu beunruhigen. Schließlich hatte man sich einfach an geltende Regeln gehalten.

Es handelte sich einzig um organisationsinterne Richtlinien, die für alle verbindlich waren, sobald sie einmal gedruckt vorlagen. Die gesamte Gemeinschaft mußte sich daran halten, und die Folgen mußte jeder selbst tragen.. Wäre das nicht ein Fall, in dem die Worte Jesu Anwendung finden: "Sie schnüren schwere Lasten zusammen und laden sie den Menschen auf die Schulter, aber sie selbst machen keinen Finger krumm, um sie zu tragen"?

Und so gingen noch bis ins vergangene Jahrzehnt Hunderttausende junge Zeugen Jehovas rund um die Welt ins Gefängnis, aufrichtig überzeugt, von der Wachtturm-Gesellschaft in der "Wahrheit" unterrichtet worden zu sein, und dieses Opfer für Jehova bringen zu müssen. (z.B. waren es in Frankreich über 500, die für 10 Jahre im Gefängnis sitzen mußten, in Italien waren es über 1000, in Polen zirka 300 Zeugen Jehovas - laut Amnesty International). Tatsächlich wurden sie alle von einer herzlosen und senilen aber sendungsbewußten Männervereinigung dem von ihnen geschaffenen Götzen "Organisation" geopfert. Ihre verbindlichen Glaubens-Direktiven veröffentlichten sie in ihren periodischen Schriften. So stand zum Beispiel in der "Erwachet"-Ausgabe von 8.3.1975, Seite 23, folgendes zu lesen:

"Die Zeugen erklärten, daß sie nicht gegen den Zivildienst als solchen seien, sondern es gehe ihnen um die strikte Neutralität. Daher sei für Jehovas Zeugen kein Dienst, der lediglich ein Ersatz für den Wehrdienst sei, akzeptabel.
Christen sind nicht bereit, einen solchen Dienst zu leisten, weil im Gesetz Gottes gesagt wird: "Ihr seid um einen Preis erkauft worden, werdet nicht mehr Sklaven der Menschen" (1. Kor. 7:23). Der Christ verweigert auch den Zivildienst, der als Ersatz für den Militärdienst gilt. In Wirklichkeit würde er durch diesen Dienst ein Teil der Welt werden, Jesus aber gebot, sich von der Welt getrennt zu halten (Joh. 15:19; 17:14-16)."

Plötzlich, im Jahre 1996, kam dem "treuen und verständigen Sklaven" offensichtlich zu Bewusstsein, wie dumm, kurzsichtig und völlig absurd seine sture, einsichtslose Haltung in dieser Frage war. Man strapazierte wieder das seit Bestehen der Wachtturm-Gesellschaft oft gebrauchte Märchen vom "heller werdenden Licht", vom "besseren Verständnis" uvam., und veröffentlichte einen Artikel im "Sprachrohr" dieser bornierten Gesellschaft, dem Wachtturm. In der Ausgabe von 1.5.1996 wurde den vielen jungen, wehrpflichtigen Zeugen Jehovas rund um die Welt - so paradox es klingt, wieder mit biblischer Begründung - die Entscheidung, Zivildienst zu leisten, dem Gewissen des jeweils Betroffenen überlassen, ohne versammlungsinterne Sanktionen befürchten zu müssen. Der Absatz 16 in diesem Artikel lautete:

"Manche Länder verlangen von den Betreffenden, Zivildienst zu leisten, zum Beispiel eine nützliche Tätigkeit für das Allgemeinwohl zu verrichten, die als nichtmilitärische Dienstpflicht betrachtet wird. Könnte ein Christ einen solchen Dienst durchführen? Auch in diesem Fall muß ein Gott hingegebener, getaufter Christ eine persönliche Entscheidung treffen, gestützt auf sein biblisch geschultes Gewissen."

Heute gestattet die Wachtturm-Gesellschaft einem jungen Zeugen Jehovas den Zivildienst zu absolvieren ohne von der Wachtturm-Leitung verurteilt zu werden. Doch es ist nicht mehr möglich, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen, all die seelischen Leiden, die quälenden Schuldgefühle und die zerrütteten Ehen, finanziellen Schwierigkeiten, sozialen Ausgrenzungen zu denen es als Folge der uneinsichtigen Entscheidung kam, einer Entscheidung, die von Männern gefällt wurde, die ganz kalt an die Sache herangingen, ohne sich zuvor darüber Kenntnis anzueignen und nachgedacht zu haben, ohne gesondert darüber zu beten oder die Schrift zu erforschen. Und doch hatte ihre Entscheidung Jahre lang weltweit Gesetzeskraft und brachte vielen jungen Menschen Folgen, an denen sie ein Leben lang zu tragen haben. All das wäre nicht nötig gewesen.

Dies dokumentierte sehr deutlich die Fehlbarkeit der Bibelinterpretationen durch die Wachtturm-Gesellschaft und spricht ihr jede Befugnis als Gottes auserwählter Mitteilungskanal ab.

Anschließend eine Kurzreportage über die Sonderveranstaltung am Sonntag, 28.05.2000 im Frankenstadion in Nürnberg mit Ted Jaracz, berichtet auf Infolink / Forum von Splitty am Mittwoch, den 31. Mai, 2000:

Wollte mal kurz von der Sonderveranstaltung in Nürnberg berichten:

Viele in der Versammlung erwarteten sich etwas Besonders, vielleicht eine besondere Bekanntgabe oder ein neues Licht, vielleicht auch eine neue Veröffentlichung. All die großen Erwartungen wurden enttäuscht, es gab wirklich nichts Neues nur altbekannte Phrasen.

Los ging es damit, das das Stadion hoffnungslos überfüllt war. Es kamen 46.000 obwohl im Stadion nur 40.000 Platz haben. Nachdem eine Busgruppe sich mitsamt Kindern, Alten und Behinderten auf den Weg zu einem zugeteilten Block machte, standen sie schließlich endlos in einer Schlange, nichts ging mehr, weder vorwärts noch rückwärts. Ein Chaos! Glücklicherweise waren alle sehr diszipliniert, bei einer Massen-Panik wäre das nicht gut ausgegangen. Schließlich wurde die Arena freigegeben und viele setzten sich auf den Sportboden. (von Balsam?) Danach begann mit etwas Verspätung das Programm.

Der WT wurde zusammengefasst durch einen Kreisaufseher Br.Torein. Ein ziemlich monotone Ansprache. Weiß jemand etwas über ihn, er scheint wohl neu zu sein? Gibt sich wohl viel Mühe, er überbetont m.E. die Sätze nach alter WT-Rhetorik.

Dann folgte Br.Moritz, Zonenaufseher in Australien.

Seine Ansprache sollte wohl den allgemein nachlassenden Eifer im Predigtdienst wieder ankurbeln.

Hier einige "Höhepunkte" aus seiner Ansprache, die ich sinngemäß wiedergebe:

"... Denkst Du , daß das Predigtwerk heute getan werden muß? (Applaus) Manche denken Harmagedon verzögert sich, weil in vielen Ländern z.B. Rußland, China noch Menschen gerettet werden müssen. Aber bei uns ist ja alles abgegrast. Denkst Du auch so? (Hier wurde wieder applaudiert, die meisten hatten wohl den Sinn der Frage nicht mitbekommen). Einige denken, warum müssen wir uns so beeilen. Wir sind doch Harmagedon nicht so nah, wie wir dachten, außerdem gehen wir doch regelmäßig in unser Gebiet."

Dann ging er kurz auf die Generation ein:

"Wann haben die Zeichen begonnen? Wir wissen 1914. So war unsere Überlegung, es müssen Menschen sein, die 1914 am Leben waren, die die Erfüllung sehen. Vor 20-30 Jahren hörte sich das gut an. Aber heute klingt es nicht mehr gut, nicht wahr?

Die leitende Körperschaft hat das nochmal überprüft.

Bedeutet dies, daß das Ende weiter ist als wir denken? Ich habe in meinem Leben das Zeichen gesehen. Und Jesus sagte doch, daß diese Menschen auch das Ende sehen werden.

In Lukas 21:35 heißt es das jener Tag plötzlich, in einem Augenblick kommt wie eine Schlinge.

Klingt das so als ob wir jede Menge Zeit hätten? Wenn das so ist, hast Du den Eindruck, man könnte jede Menge Dinge tun, z.B. Reisen machen oder sich weiterbilden?

Aber wie steht es mit Ländern wie Rußland, Mexiko, wo es Wachstum gibt und Ländern wie China, die noch nicht erreicht wurden? Denkst Du, da muß Harmagedon noch lange dauern?

Lesen wir Offenbarung 7:1-3. Hier wird von 4 Engeln gesprochen an den 4 Ecken der Erde, die die Winde festhalten. Heißt es hier: Beschädigt nicht die Erde, bis alle Menschen aus Rußland, China gerettet sind? Nein es steht: Bis die Sklaven versiegelt sind. Wer sind die Sklaven? Die 144000. Die Engel werden also solange zurückgehalten bis der letzte versiegelt ist, nicht bis der letzte gestorben ist. Wann ist der letzte Versiegelte gefunden, so daß die 4 Winde losgelassen werden. Wann? Wir wissen es nicht. (Applaus)

Harmagedon wird nicht wegen der anderen Schafe warten. Sollten wir uns aber deswegen Gedanken machen. Nein. Unsere Aufgabe ist es Zeugnis zu geben. Dies ist eine der spannendsten Zeiten. Brüder schlaft nicht ein!

usw. usw. Die Ansprache sollte wohl nur eine "Ermunterung" sein, im Predigtdienst nicht schlapp zu werden.

Nun folgte Br.Jaracz

Grundthema war die Belehrung von Jehova. Hier einige Auszüge: ...Viele Dinge erfreuen und entspannen uns, wie Urlaub oder die Gemeinschaft mit Brüdern. Kann irgendetwas von den Dingen, die uns erfreuen verglichen werden mit den Dingen, die Jehova für uns tut? In unserem ganzen Alltag gibt es nichts vergleichbares.

Eines ist sicher. JEHOVA FÜHRT UNS NIEMALS IN DIE IRRE. Erkenntnis, Weisheit, die wir von ihm erhalten, kann durch nichts übertroffen werden. ... usw. usw. (ich beobachtete die Zuhörer, irgendwie kamen sie mir nicht besonders aufmerksam vor)

Im großen Rest der Ansprache ging es um die Schule zur dienstamtlichen Weiterbildung. 5 Brüder durften ihre Erfahrungen erzählen. Es ging eigentlich in der gesamten restlichen Ansprache nur um die Frage ob sich junge Brüder für diese Schule melden sollten. Ältere oder normale Verkündiger wurden in diese Ansprache überhaupt nicht angesprochen und man kam sich irgendwie deplaciert vor. Zum Schluß nochmal der Aufruf: Wirst du das Beste aus Deiner Jugend machen und das wars dann.

Die mit Spannung erwartete neue Erkenntnis oder irgendeine Bekanntmachung, Resolution was auch immer blieb aus.

Nach der Ansprache, die um 14.30 zu Ende war, begann man Busnummern auszurufen. Da es über 600 Busse waren, zog sich dies endlos hin. Viele konnten erst um 18.30 das Stadion verlassen und sich auf die Heimfahrt machen. Lustig war, immer wenn nach stundenlanger Warterei eine Busnummer kam, wurde sie von der betroffenen Busgruppe mit Freudengeschrei ("Jaaaaaa!"), das durch das ganze Stadion hörbar war begleitet.

Ich denke die Meinungen waren geteilt über die Veranstaltung. Viele waren wie immer von der geistigen Belehrung begeistert. Aber es gab auch genügend, die kein zweites mal so etwas mitmachen wollen, sagen sie jedenfalls jetzt. Bei nächstenmal sind sie doch wieder dabei.

Ich habe aus zwei Gründen berichtet. Erstens um mir den aufgestauten Frust über den verplemperten schön Tag von der Seele zu schreiben. Irgendwie verspüre ich immer eine gewisse Erleichterung wenn ich hier schreibe, alleine könnte ich das nicht mehr ertragen.

Zweitens wollte ich nochmals diese abstruse Stimmung wiedergeben und die ganze Widersprüchlichkeit. Für mich war einer der Höhepunkte die Aussage "Jehova führt uns gewiß nicht in die Irre". Ich hätte laut losschreien können angesichts der permanenten Irrtümer und Zickzackkurse des Lehrgebäudes. Drittens habe ich die Zuhörer diesmal genauer als sonst beobachtet. Bei ca. 90% hatte ich das Gefühl das sie nicht richtig zuhörten. Nur wenn es ans Klatschen ging, wurden sie plötzlich lebendig. Dies zeigte auch daß mehrmals an völlig unpassenden Stellen geklatscht wurde. Viertens hat mich die Reaktion anschließend interessiert. Viele waren wie üblich begeistert, sie sagten sie könnten "viel mit nach Hause nehmen". Ich ließ mir nichts ankennen, aber innerlich wurde mir schlecht dabei. Ein paar wenige meinten im Gespräch, "naja ...".

Früher wurde mir diese Manipulation der Menschen noch nie so bewußt, aber seit ich mich auch anderweitig informieren kann, bin ich ein anderer Mensch geworden. Dafür bin ich vor allem Euch, im allgemeinen Infolink und dem Internet sehr dankbar.

Grüße Splitty

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Entnommen der seinerzeitigen Webseite wtcleanup

http://geocities.com/wtcleanup/02Internes/08JaraczNuernberg.htm

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