Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Herbrich
Im Gästebuch dieser Webseite hat
sich auch ein mutmaßlicher Herr Oskar Herbrich eingetragen. Seine Mitteilung ist kurz
aber inhaltsschwer. Einiges als Kommentar dazu habe ich schon an Ort und Stelle
hinzugefügt. Es erscheint mir dennoch angebracht noch ein Wort dazu zu sagen.
Wer ist Oskar Herbrich? Nun das ist
jener Herr, der in der Berliner Stasi-Hauptzentrale für die Zeugen Jehovas zuständig
war. Er ließ sich unter anderem auch von seinen Vorgesetzten für das Uraniabuch
auszeichnen. Das entsprechende Dokument ist auf der Corona-Webseite dokumentiert. Ich
hatte die Möglichkeit aus den Beständen des sogenannten "Bundesbeauftragten für
die Stasiunterlagen" einige (aber bei weitem nicht alle) relevante Dokumente zum
Thema Zeugen Jehovas zur Kenntnis zu nehmen. Da taucht der Herr Herbrich auch
verschiedentlich mit auf. Und zwar schon zu einem Zeitpunkt, wo der DDR-Mauerbau noch
nicht Realität war. Herbrich gehört somit zum Stasi-Urgestein.
Damals agierte man auch noch, nicht
nur in der DDR, sondern beispielsweise auch in Westberlin. Mit Stasisteuerung wurden dort
einige Agenten auch bei Westberliner Zeugen Jehovas platziert. Einer von dieser Sorte
machte noch eine zweifelhafte Karriere. In den Jahren vor dem DDR-Mauerbau, setzte er im
Westberliner Büro der Zeugen Jehovas einen Einbruch in Szene. Mit neuer Identität wurde
er in späteren Jahren von Herbrich und Konsorten noch als Herausgeber der sogenannten
"Christlichen Verantwortung" eingesetzt. Bis er eines Tages auch dort noch in
Ungnade fallen sollte. Letzteres deute ich so. Er war und blieb für seine Aufgabe
unqualifiziert.
In seinem Eintrag im Gästebuch
bezichtigt nun Herbrich einen Zeugen Jehovas, auch einer seiner Agenten gewesen zu sein.
Dieser Vorwurf wiegt um so schwerer, weil der betreffende nach wie vor dem (jetzigen)
Präsidium der Zeugen Jehovas in Deutschland angehört. Ich kann diesen Vorwurf weder
bestätigen noch dementieren.
Sehr wohl ist mir aber aus dritter
Quelle bekannt, dass Herbrich auch einen Agenten unter den führenden DDR-Zeugen Jehovas
unter dem Namen "Robert" führte. Nur, die dazugehörige Identität ist mir
nicht in hieb und stichfester Form bekannt. Da Herbrich aber bislang zu feige ist, mit
einer nachprüfbaren und erreichbaren Anschrift für seine Behauptung auch einzustehen,
sehe ich mich veranlasst, kritische Vorbehalte gegen Herbrich auch auszusprechen.
Herbrich hatte auch den Namen Egon
R. mit in den Mund genommen. Da habe ich allerdings nähere Erkenntnisse und übertrage
die bis zum Beweis des Gegenteils auch auf den anderen Fall. In der Tat hatte die Stasi
ein Szenario inszeniert, um R. als Agenten anzuwerben. Es stellte sich indes alsbald
heraus, dass R. keineswegs bereit war, dass Spiel längere Zeit mitzumachen. Er hat
denn auch alsbald den Stasi-Herren einen eindeutigen Korb verpasst. Dennoch ließ
Herbrich, im Blick auf seine weitere Stasikarriere nicht locker. Objektiv ist jedoch
festzuhalten, dass R. das beste aus seiner Situation machte. Er war objektiv ein Stasiopfer
aber kein Stasiagent.
Bis zum Beweis des Gegenteils
unterstelle ich das auch in dem anderen von Herbrich genannten Fall.
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Hinweis (25. 02. 2001)
In meinem Gästebuch hatte sich (Stand vom 25. 02. 2001) diverse mal ein Herr Oskar Herbrich eingetragen. Dieser Herr ist nicht "irgendwer". Es erschien mir angebracht, ihm sogar eine eigene Datei auf meiner Webseite zu widmen.:
Sein Posting vom 25. 02. schloss er mit den Worten: "Nieder mit den Imperialisten". Damit verklärt er meines Erachtens nur seine frühere berufliche Tätigkeit. In meinem Gästebuch ist Herr Herbrich nicht mehr erwünscht. Ich habe daher seine bisherigen Postings an dieser Stelle gelöscht.
Dennoch bleibe ich im begrenzten Rahmen gesprächsbereit, soweit dieser sachbezogen ist. Die wesentlichen Aussagen seiner bisherigen Postings sind in diese Datei übertragen. Sollte er sich noch mal melden, behalte ich mir analoges vor.
Die Köpfe werden
weiter rollen, ich kenne noch mehr Stasi-Spitzel bei den Zeugen. Egon R. Horst Schleussner Hermann Laube Alles noch ZJ, die ersten beiden sind sogar heute noch im Vorstand! Kommentar:Hinweis: Mit Ausnahme des Falles Hermann Laube, schließe ich mich der Meinung des Eintragers nicht an. Man beachte auch die angegebene eMail des Eintragers |
Horst Schleußner
habe ich als IM "Robert" geführt. Die WTG als imperialistische Spionagezentrale
ist heute noch von meinen Agenten durchdrungen. Kommentar:Herr Schleußner wird sich für diese Unterstellung sehr wahrscheinlich "bedanken"; sofern er sie je zu Gesicht bekommen sollte. Jener Herr Schleußner, der auf mich persönlich durchaus den Eindruck eines "Hardliners" im Sinne der Zeugen Jehovas machte. Jener Herr Schleußner, der maßgeblich auch für die Literaturversorgung der Zeugen Jehovas in Ostberlin zur fraglichen Zeit sorgte (man vergleiche seinen Bericht im WT vom 15. 5. 92). Vorstehende Behauptung des Herrn Herbrich (verantwortlich in der Stasizentrale für die Zeugen Jehovas) ist mir zu unbewiesen; sofern es sich hierbei nicht ohnehin um einen Trittbrettfahrer handelt. Denn den Mut, eine nachprüfbare und erreichbare Anschrift für sein Posting anzugeben, hat er offenbar nicht! Aber, das der Stasifunktionär Herbrich neben dem "Hans Voss" (Hermann Laube) noch einen weiteren hochrangigen Zeugen Jehovas aus der DDR als "Robert" führte, ist auch mir bekannt. In der seinerzeit vom Neuen Forum im Jahre 1992 herausgebrachten Dokumentation von Tina Krone und Reinhard Schult (Hrsg.) mit dem Titel: Seid untertan der Obrigkeit. Originaldokumente der Stasi-Kirchenabteilung XX/4", wird auf der Titelseite unter anderem auch der IMB Hans Voss" zusammen mit seinem MfS-Führungsoffizier Oskar Herbrich genannt. Auf dem gleichen Titelblatt wird auch der ZJ Robert" noch genannt. Nur der Punkt ist der. Über die tatsächliche Identität dieses "Robert" ist mir derzeit nichts verbindliches bekannt. Angesichts der Schwere des Vorwurfes ist der Verursacher dieses Vorwurfes hiermit aufgefordert, seine Behauptung näher zu belegen oder sie zurückzunehmen. |
10) Oskar H. aus dem MfS schrieb am 25.Februar 2001 um 12:03 Uhr:
Hallo IM
"Kurt Berg"! Ihre Seite ist ja ganz nett, nur haben Sie nach wie vor keine Ahnung, wie gut wir Sie kennen. Und auch sonst haben Sie nicht viel Ahnung. Das Auftreten des Schleußner als Hardliner sicherte seine Konspiration und nicht der geringste Verdacht fiel auf ihn. War bei Laube auch so. Nieder mit den Imperialisten! |
... Vielleicht
sollten Sie auch noch den Artikel vom Laube mit veröffentlichen. Da hat sich die WTG zum
Affen gemacht. Es war glaub ich 15. März 1992 oder so. Als ich das Buch von
Y. gelesen
habe (übrigens eine Republikflüchtige!) habe ich mir vor Freude auf die Schenkel
gehauen. 1997 haben die Agenten der WTG den Laube angeblich enttarnt. Kann aber nicht
schlimm gewesen sein, denn im ZJ Jahrbuch 1999 werden ja zwei rührselige Geschichten von
Laube präsentiert, die der sich vermutlich von A bis Z aus den Fingern gesaugt hat. Ich glaube, ich sollte auch mal ein Buch schreiben. |
Gebhard, es nützt Ihnen nichts, wenn Sie
meine Beiträge löschen und in manipulierter Form auf Ihrer Website wieder
veröffentlichen. Sie zeigen damit nur Ihre unqualifizierte Arbeitsweise, die damals schon
zu ernsthaften Differenzen führte. Die wirklich brisanten Akten haben sie sowieso noch
nicht gesehen. Ich freue mich schon diebisch darauf, wenn der erste unserer Agenten in der
Feindzentrale Selters enttarnt wird. Dagegen ist Laube ein kleiner Fisch. Ich bin heute noch stolz auf meine Arbeit. Ihre Website ist ja im allgemeinen recht interessant. Über die rechtlichen Konsequenzen Ihrer unautorisierten Veröffentlichung der Dokumentation brauche ich Sie nicht aufzuklären. Sie werden die Konsequenzen dafür tragen müssen. |
Nachfolgendes Posting hat dieselbe IP wie die des Herrn Herbrich. Es wurde daher im Gästebuch auch gelöscht:
Dummerle aus Viersen schrieb am 25.Februar 2001 um 22:20 Uhr:
Nieder mit allen Feinden der wahren Kirche Jesu Christi! |
Oskar H. aus dem MfS schrieb am 4.März 2001 um 00:29 Uhr:
Gebhard, sie sind
ja ein hartnäckiger Kerl. Damit Sie heute wieder mal etwas zu tun haben, schreibe ich
wieder mal in Ihr Gästebuch. Und damit es Ihnen nicht langweilig wird, gebe ich Ihnen
einen IM Auftrag. Finden Sie heraus, wo P... W... abgeblieben ist. An Ernst Wauer erinnern
Sie sich sicherlich. Der P... war aber bei unserem Organ als IM tätig. Hat im Ostbüro in
BErlin gearbeitet, war aber noch kein ZJ und daher gab es ein paar Probleme. Hat die WTG
diesen Maulwurf schon´gefunden? Zur Kenntnisnahme. Wir schreiben das Jahr 2001 und nicht mehr 1970. Die Vokabel "IM Auftrag" können Sie sich sparen. Wenn Sie etwas substanzielles mitteilen wollen, dann bitte schön. Ansonsten können Sie es auch sein lassen. |
Text des Wachtturmartikels von
Schleußner (WT 15. 5.1992 S. 28-31)
Jehova sorgte für uns unter Verbot (3. Teil)
ES WAR der 14. März 1990. An jenem denkwürdigen Tag war ich zugegen, als ein hoher Regierungsbeamter vom Amt für Kirchenfragen in Ost-Berlin die Urkunde über die gesetzliche Anerkennung der Zeugen Jehovas in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik überreichte. Währenddessen dachte ich daran zurück, wie ich ein Zeuge Jehovas geworden war, und ließ die schwierigen Zeiten Revue passieren, die wir durchgemacht hatten.
Mitte der 50er Jahre wurden Jehovas Zeugen in Ostdeutschland heftig verfolgt. Damals erzählte mir Margarete, eine Arbeitskollegin, die eine Zeugin war, von ihren biblisch begründeten Glaubensansichten. Bald darauf wechselte sie die Arbeitsstelle, und ich fing an, mit einem anderen Zeugen die Bibel zu studieren. 1956 ließ ich mich taufen, und im gleichen Jahr heirateten Margarete und ich. Wir gehörten zu der Versammlung Berlin-Lichtenberg, die aus etwa 60 Königreichsverkündigern bestand.
Zwei Jahre nach meiner Taufe kamen Beamte der Staatssicherheit zur Wohnung des Bruders, der in unserer Versammlung die Führung innehatte. Man wollte ihn verhaften, doch er befand sich auf seiner Arbeitsstelle in West-Berlin. Es gelang seinen Angehörigen, ihm ausrichten zu lassen, er solle dort bleiben, und wenige Monate später folgten sie ihm in den Westen. Obwohl ich erst 24 Jahre alt war, übertrug man mir daraufhin große Verantwortung in der Versammlung. Ich bin Jehova sehr dankbar, daß er die nötige Weisheit und Kraft für solche Aufgaben verleiht (2. Korinther 4:7).
Für geistige Speise gesorgt
Als im August 1961 die Berliner Mauer gebaut wurde, waren Jehovas Zeugen im Osten plötzlich von ihren Brüdern im Westen abgeschnitten. Damals begannen wir, unsere Literatur selbst zu vervielfältigen zuerst mit der Schreibmaschine, später mit den verschiedensten Vervielfältigungsapparaten. Von 1963 an baute ich zwei Jahre lang an einem Versteck zum Drucken in unserem Haus. Nachdem ich den ganzen Tag als Werkzeugmacher gearbeitet hatte, verbrachte ich zusammen mit einigen anderen Brüdern oft die Nächte damit, Kopien des Wachtturms herzustellen. Die Behörden waren darauf erpicht, hinter die Organisation unserer Druckarbeit zu kommen, doch Jehova half uns, so daß die Speise", wie wir es nannten, stets rechtzeitig erschien.
Um eine ausreichende Anzahl unserer Zeitschriften herzustellen, war sehr viel Papier erforderlich, und es war nicht einfach, solche Mengen zu beschaffen. Hätten wir regelmäßig stapelweise Papier gekauft, wären die Behörden auf uns aufmerksam geworden. Deshalb baten wir mehrere Brüder, jeweils kleine Mengen Papier zu kaufen und zum Gruppenbibelstudium mitzubringen. Von dort aus wurde es zu dem Ort gebracht, wo wir die Zeitschriften herstellten. Die fertigen Zeitschriften wurden dann von anderen Brüdern verteilt.
Die Behörden hatten mich im Verdacht, am Drucken von Literatur beteiligt zu sein, und behielten mich daher scharf im Auge. Ende 1965 fiel mir auf, daß sie mich stärker als gewöhnlich beschatteten, und ich ahnte, daß sie etwas vorhatten. Eines Morgens schlugen sie dann zu.
Gerade noch gutgegangen
Ich war an jenem Wintermorgen auf dem Weg zur Arbeit. Es war noch dunkel, und ich kämpfte gegen die beißende Kälte an. Auf einmal entdeckte ich vier Köpfe über einer Hecke. Die Männer bogen um die Ecke und kamen direkt auf mich zu. Zu meinem Entsetzen erkannte ich, daß es sich um Beamte der Staatssicherheit handelte. Was tun?
In dem hohen Schnee war nur ein schmaler Pfad geräumt worden. Ich lief weiter. Mit gesenktem Kopf, die Augen starr auf den Boden gerichtet, stapfte ich voran. Schnell flüsterte ich ein Gebet. Die Männer kamen immer näher. Hatten sie mich erkannt? Als wir uns auf dem engen Pfad aneinander vorbeidrängten, konnte ich kaum glauben, was geschah. Ich lief immer schneller. Da schrie einer von ihnen: He, das war er. Stehenbleiben!"
Ich nahm die Beine in die Hand und rannte, so schnell ich konnte. Ich flitzte um die Ecke, sprang über den Zaun unseres Nachbarn und rannte von dort aus in den Garten hinter unserem Haus. Nachdem ich ins Haus gestürzt war, verschloß und verriegelte ich die Tür. Alle aus dem Bett!" schrie ich. Sie kommen, um mich zu holen."
Wie der Blitz kam Margarete herunter und stellte sich an die Tür. Hastig schürte ich den Ofen im Keller, schnappte alle Versammlungsunterlagen, die ich besaß, und warf sie ins Feuer.
Aufmachen!" riefen die Männer. Machen Sie die Tür auf! Hier ist der Staatsanwalt."
Margarete wich nicht von der Stelle, bis ich alle Unterlagen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt hatte. Dann ging ich hinauf zu Margarete und gab ihr zu verstehen, daß sie jetzt öffnen könne. Die Männer stürmten herein.
Warum sind Sie weggerannt?" fragten sie.
Kurz darauf traf Verstärkung ein, und man durchsuchte das ganze Haus. Meine größte Sorge galt dem Versteck, wo sich der Vervielfältigungsapparat mit 40 000 Blatt Papier befand. Der verborgene Eingang blieb jedoch unentdeckt. Zwar wurde ich stundenlang verhört, doch Jehova half mir, ruhig zu bleiben. Diese Erfahrung brachte uns unserem liebevollen himmlischen Vater näher und gab uns Kraft auszuharren.
Inhaftiert und trotzdem frei
Ende der 60er Jahre wurde ich zum Wehrdienst einberufen. Weil mein Gewissen dies nicht zuließ, mußte ich sieben Monate in Untersuchungshaft und in einem Arbeitslager zubringen. Im Lager Cottbus, südöstlich von Berlin, waren insgesamt 15 Zeugen Jehovas. Wir alle wurden wegen unserer christlichen Neutralität dort gefangengehalten (Jesaja 2:2-4; Johannes 17:16). Die Arbeitstage waren lang, und die Arbeit war hart. Um 4.15 Uhr standen wir auf und mußten dann außerhalb des Lagers im Gleisbau arbeiten. Aber selbst in der Haft hatten wir Gelegenheit, mit anderen über Jehovas Königreich zu sprechen.
Bei uns in Cottbus waren beispielsweise zwei Wahrsager. Eines Tages hörte ich, daß der jüngere der beiden dringend um ein Gespräch mit mir bat. Was er wohl von mir wollte? Er schüttete mir sein Herz aus. Seine Großmutter war eine Wahrsagerin gewesen, und er hatte nach dem Lesen ihrer Bücher ähnliche Kräfte entwickelt. Zwar wollte dieser Mann unbedingt von den Mächten loskommen, die ihn in der Gewalt hatten, doch fürchtete er sich vor Repressalien. Er heulte wie ein Schloßhund. Aber was hatte das alles mit mir zu tun?
Im Verlauf des Gesprächs erklärte er, seine Fähigkeit, die Zukunft vorauszusagen, sei beeinträchtigt, wenn sich Zeugen Jehovas in der Nähe aufhielten. Ich zeigte ihm, daß es sowohl böse Geister, das heißt Dämonen, als auch gute Geister, das heißt gerechte Engel, gibt. Anhand des Beispiels derer, die im alten Ephesus Christen wurden, ermahnte ich ihn, alles zu vernichten, was mit Wahrsagerei oder anderen spiritistischen Praktiken zu tun hätte (Apostelgeschichte 19:17-20). Dann nimm Kontakt mit Jehovas Zeugen auf", sagte ich ihm. Zeugen gibt es überall."
Wenige Tage später verließ der junge Mann das Lager, und ich habe nie wieder von ihm gehört. Aber die Erfahrung mit jenem verängstigten, untröstlichen Mann, der sich nach Freiheit sehnte, vertiefte meine Liebe zu Jehova. Wir 15 Zeugen befanden uns wegen unseres Glaubens im Lager, doch in geistiger Hinsicht waren wir frei. Den jungen Mann hatte man aus der Haft in die Freiheit entlassen, aber er war nach wie vor einem Gott" versklavt, der ihm Angst einjagte (2. Korinther 4:4). Wie sehr sollten wir als Zeugen Jehovas unsere geistige Freiheit schätzen!
Unsere Kinder auf die Probe gestellt
Nicht nur die Erwachsenen mußten für ihre biblisch begründete Überzeugung einstehen, sondern auch junge Leute. In der Schule wie auch am Arbeitsplatz wurden sie gedrängt, Kompromisse einzugehen. Jedes unserer vier Kinder mußte für seinen Glauben Stellung beziehen.
Jeden Montag fand in der Schule eine Fahnengrußzeremonie statt. Die Kinder kamen auf den Schulhof, sangen ein Lied und mußten den sogenannten Thälmanngruß entbieten, während man die Fahne hißte. Ernst Thälmann war ein deutscher Kommunist, den die SS 1944 ermordet hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Thälmann in Ostdeutschland zum Helden erklärt. Wegen unserer biblisch begründeten Überzeugung, daß nur Jehova Gott heiliger Dienst dargebracht werden darf, wiesen meine Frau und ich unsere Kinder an, während jener Zeremonien einfach respektvoll dazustehen, ohne mitzumachen.
Schulkindern brachte man auch kommunistische Lieder bei. Margarete und ich gingen in die Schule unserer Kinder und erklärten, weshalb sie diese politischen Lieder nicht mitsingen würden. Wir sagten jedoch, daß sie bereit seien, andere Lieder zu lernen. So lernten unsere Kinder von frühauf, Stellung zu beziehen und sich von den gleichaltrigen Kindern zu unterscheiden.
Ende der 70er Jahre wollte unsere älteste Tochter eine Lehre in einem Büro beginnen. Jeder Lehrling mußte allerdings vorher eine zweiwöchige vormilitärische Ausbildung absolvieren. Da Renates Gewissen es ihr nicht gestattete, an einer solchen Ausbildung teilzunehmen, weigerte sie sich mutig und wurde schließlich davon befreit.
Während ihrer Lehrzeit besuchte Renate den Berufsschulunterricht und wurde einmal aufgefordert, eine Schießübung mitzumachen. Renate, du kommst auch mit zur Schießübung", sagte der Lehrer. Er ging nicht auf ihre Einwände ein. Du brauchst nicht zu schießen", versprach er. Du kannst da Bockwürste verteilen."
An jenem Abend sprachen wir in der Familie über die Angelegenheit. Wir waren der Ansicht, daß es falsch sei, wenn Renate bei der Schießübung anwesend wäre, auch wenn sie nicht direkt daran teilnähme. Durch unser Gespräch und das Gebet gestärkt, ließ sie sich nicht einschüchtern. Welch eine Ermunterung war es für uns, zu sehen, wie unsere jugendliche Tochter für gerechte Grundsätze eintrat!
Vermehrtes öffentliches Predigen
Als der Widerstand gegen unser Werk Ende der 70er Jahre nachließ, wurden nach und nach große Mengen christlicher Veröffentlichungen aus dem Westen ins Land gebracht. Obwohl das gefährlich war, stellten sich mutige Brüder bereitwillig dafür zur Verfügung. Wir schätzten den größeren Literaturvorrat und die Anstrengungen derer, die dies möglich machten, sehr. Solange während der ersten Jahre des Verbots heftige Verfolgung herrschte, war es eine echte Herausforderung, von Haus zu Haus zu predigen. Die Furcht vor Repressalien hielt sogar einige von dieser Tätigkeit ab. Mit der Zeit nahm jedoch unser öffentliches Predigtwerk stark zu. In den 60er Jahren beteiligten sich nur etwa 25 Prozent der Königreichsverkündiger regelmäßig am Haus-zu-Haus-Dienst. Ende der 80er Jahre hingegen war die Zahl derjenigen, die regelmäßig an diesem Zweig des Dienstes teilnahmen, auf 66 Prozent gestiegen! Die Behörden kümmerten sich jetzt weniger um unsere öffentliche Predigttätigkeit.
Bei einer Gelegenheit ging ich mit einem Bruder und dessen kleiner Tochter in den Dienst. Eine ältere Dame, bei der wir vorsprachen, war von dem Mädchen angetan und bat uns herein. Sie schätzte unsere biblische Darbietung und war mit einem Rückbesuch einverstanden. Ich übergab dann den Besuch meiner Frau, die unverzüglich ein Heimbibelstudium mit der Dame begann. Obwohl sie schon älter war und die Gesundheit nachließ, wurde diese Dame unsere Schwester und dient Jehova treu.
Änderungen, als die Freiheit nahte
Jehova bereitete uns auf die Zeit vor, die uns größere Freiheit bringen sollte. Ein Beispiel: Kurz bevor das Verbot aufgehoben wurde, erhielten wir die Anweisung, uns in den Zusammenkünften anders anzureden. Bis dahin hatten wir uns aus Sicherheitsgründen nur mit Vornamen angesprochen. Viele kannten sich seit Jahren, wußten aber nicht, wie der oder die andere mit Nachnamen hieß. Jetzt wurden wir ermuntert, einander mit Familiennamen anzusprechen, und wurden dadurch darauf vorbereitet, noch viele Interessierte in unseren Zusammenkünften willkommen zu heißen. Einige hielten das für unpersönlich, doch denen, die den Rat befolgten, fiel es leichter, sich umzugewöhnen, als wir die Freiheit erhielten.
Wir wurden auch ermuntert, unsere Zusammenkünfte mit einem Lied zu beginnen. So gewöhnten wir uns langsam an die Vorgehensweise aller anderen Versammlungen. Eine weitere Änderung betraf die Größe unserer Studiengruppen. Sie wurden von vier Personen in den 50er Jahren auf acht, später auf zehn und schließlich auf zwölf Personen erhöht. Überdies war untersucht worden, was getan werden könnte, um zentral gelegene Zusammenkunftsstätten für die Brüder zu beschaffen.
Manchmal erkannten wir, erst nachdem wir eine empfohlene Änderung vorgenommen hatten, weshalb es ratsam war, so vorzugehen. Wie oft hat sich Jehova als ein weiser und rücksichtsvoller Vater erwiesen! Nach und nach hat er uns auf denselben Stand gebracht wie seine übrige irdische Organisation, und wir fühlten uns immer mehr als ein Teil der weltweiten Bruderschaft seines Volkes. Gewiß hat Jehova Gott seine Diener während der annähernd 40 Jahre, die sie in Ostdeutschland unter Verbot arbeiteten, liebevoll beschützt. Jetzt freuen wir uns sehr über die gesetzliche Anerkennung unseres Werkes.
Es gibt gegenwärtig im Gebiet der früheren DDR über 22 000 Zeugen Jehovas. Sie sind der lebende Beweis für die weise Führung und liebevolle Fürsorge Jehovas. Wie er uns während der Jahre unter Verbot unterstützt hat, beweist, daß er jede Situation meistern kann. Welche Waffe auch immer gegen sein Volk gebildet wird sie wird keinen Erfolg haben. Jehova sorgt immer ausgezeichnet für die, die auf ihn vertrauen (Jesaja 54:17; Jeremia 17:7, 8). (Von Horst Schleußner erzählt.)
In der CV 50 vom Mai 1973 wurde der damalige Leiter der Ostberliner Zeugen Jehovas als ein Hardliner charakterisiert. Meine persönlichen Eindrücke von dem Herrn Horst Sch., den ich ja in meiner Zeugenzeit auch persönlich kennengelernt hatte, hinterließen auch bei mit den Eindruck eines Hardliners. In der CV 50 wird nun nicht expressis verbi gesagt, wer der Ostberliner Leiter der Zeugen Jehovas gewesen ist. Indes in der nachfolgenden CV-Charakterisierung, glaube ich durchaus, genannten Herrn wieder zu erkennen. Man konnte dort lesen:
Auch "wenn die jetzige (Ostberliner) Leitung auch fortfährt, alle 'Geringeren der Brüder Christi' barsch und einer echten Beantwortung ihrer Fragen und Probleme unfähig über die Maßen zu bevormunden, ihnen über den Mund zu fahren, die wahre Lage ist so: 'Sie fürchten sich, zu ihm hinzugehen und ihm zu sagen, was ihren Sinn beschäftigt', nicht, weil sie durch Geschwätz gehört hätten, daß er 'ein harter Mann' ist, sondern weil sie es erleben. 'Es ist ganz schlimm', das ist richtig gesagt."
Kommentar:
Er ist nach eigener Aussage noch heute stolz auf seine seinerzeitigen Machenschaften, als Rad im Getriebe eines Terrorsystems. Kein Wort des Bedauerns kommt über seine Lippen. Hingegen wohl Worte der unterschwelligen Drohung und auch Worte, die andere, die bislang als unbescholten galten, versuchen in ein schiefes Licht zu stellen (ob zu Recht oder zu Unrecht - wäre eine zweite Frage, die derzeit zu beantworten ich mich außerstande sehe).
In der Tat zähle ich mich auch zu den Kritikern der Wachtturmgesellschaft. Auch diese Webseite kündet vielfältig davon. In der Tat habe ich mir auch einige Thesen zu eigen gemacht, die davor schon die Kommunisten kündeten. Etwa die, dass hinter religiösen Nebelvorhängen auch handfeste Politik betrieben wird. Dennoch, ist der Stil der Herbrich und Konsorten nicht mein Stil. So wie ich die Machenschaften der Nazischergen verurteilen muss, gilt ein gleiches für die vielfältigen sogenannten "Zersetzungsversuche" der Stasi. Mit Bedauern nehme ich zur Kenntnis, dass einer von ihnen, der da durchaus in einer Schlüsselstellung saß, noch heute nicht eine einzige Silbe des Bedauerns über die Lippen, respektive in die Computer-Tastatur bekommt.
Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Auch westliche Geheimdienste erweisen sich in meiner Sicht keineswegs als "Engel des Lichts". Dennoch: Jene die auf "DDR"-Seite in diesem Milieu an den entscheidenden Stellen saßen, haben ja nun mittlerweile ein rundes Jahrzehnt Zeit gehabt, ihre eigene Rolle einmal zu reflektieren. Das was der Herr Herbrich als Ergebnis dieser Reflexion vorlegt, ist erschütternd!
Infos auch zum Fall Egon R., in:
siehe auch: Hermann Laube
alias Hans Voss
Man vergleiche Y., Visier-Buch S. 65