Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Zynischer - geht es nicht mehr!

Rutherford war zwar ein Vielschreiber, ein "Qualitäts"schreiber indes war er nicht. Das offenbart sich dann auch an solchen seiner Schriften, wie beispielsweise seine 1934 erschienene Broschüre "Jenseits des Grabes". Wild zusammengewürfelt darin die Themen die abgehandelt, und von denen einige "fast" soweit vom Broschürentitel entfernt sind "wie die Erde vom Mond".

So liest man darin beispielsweise folgende "Erkenntnis":

"Oft wird behauptet, Elektrizität sei eine moderne Erfindung, und einer gewissen Person komme ein besonderes Verdienst für diese Erfindung zu, und deshalb müßte sie als ein 'großer Mensch' betrachtet werden, als eine Persönlichkeit, deren Name und Ruhm unsterblich seien. Auf diese Weise verherrlichen die Menschen die Namen der sogenannten 'großen' Männer und preisen und ehren sie. … Statt eine moderne Erfindung, ist die Elektrizität eines der Mittel, die Jehova Gott schuf und das er dazu verwendete, die Wolkensäule zu erhellen, die vor den Israeliten herzog, um sie in der Nacht zu leiten, und er bediente sich derselben Kraft zur Beleuchtung des Allerheiligsten in der Stiftshütte, die er für die Juden in der Wüste hatte erbauen lassen. Satan aber wünscht das Volk zum Glauben zu verleiten, der Mensch habe die Elektrizität erfunden."

Zwei Fliegen mit einer Klappe glaubte Rutherford offenbar damit geschlagen zu haben. Einmal will er ein vorwissenschaftliches Weltbild als äußerst "modern" verkaufen und wer die geringsten Zweifel daran hege, wird prompt als von "Satan" verführt dargestellt. Ob indes die Nachfolger Rutherford's in Sachen Elektrizität heutzutage es noch wagen würden, die gleichen Naivthesen zu formulieren, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein antisemitischer Bibelforschergegner aus den zwanziger Jahren, der unter mehreren Pseudonymen schrieb, wie zum Beispiel "Jens Jürgens", "Hermann Wieland" und "Hans Lienhardt". Der aber in Natura Karl Weinländer hieß und sich zeitgenössisch als einer der wüstesten Bibelforscher-Hetzer erwies; das dieser Weinländer alias "Jens Jürgens" usw. auch eine Hetzschrift fabrizierte, auch mit gezielter Spitze gegen die Bibelforscher, in der er analog wie Rutherford den missglückten Versuch unternahm zu "beweisen, dass der "biblische Moses - ein ägyptischer Bergwerksdirektor" und angeblich nach dem "Zeugnis der Bibel auch noch ein Pulver- und Dynamitfabrikant" gewesen sei.

Wer dieses Pamphlet des "Jens Jürgens" mal gelesen und auch Rutherford's Elektrizitätsthesen kennt, der stellt bemerkenswerte Übereinstimmungen, der ansonsten weit voneinander entfernten "Brüder" fest. Näheres dazu in der "Geschichte der ZJ" S. 131f.

Rutherford verfolgte mit seiner Elektrizitätsthese nicht nur einen missglückten Versuch der Technikerklärung, ihm ging es um noch etwas ganz anderes. Das kommt auch in seiner Äußerung zum Ausdruck:

"Gott schaut mit Mißfallen auf Menschenverehrung, weil Satan diese dazu benutzt, irdische Geschöpfe zu erheben und die menschliche Familie … von Gott abtrünnig zu machen."

Das war schon immer das "Geschäft" der Religionsfunktionäre. Ihre dummen Schafe in den Staub zu drücken, auf das sie sich umso widerstandsloser nach allen Regeln der Kunst scheren und ausnehmen lassen mögen. Auch Rutherford unterbricht diese Kontinuitätslinie nicht.

Wie schon gesagt, wird in der genannten Broschüre ein thematisch ungeordnetes Sammelsurium abgehandelt. Ein weiterer Aspekt der da hervorsticht ist die Drohung von Rutherford:

"Möchten alle, die Jehovas Zeugen unter dem Vorwand verfolgen, sie betrieben einen Hausierhandel, ohne von der Polizei eine Bewilligung eingeholt zu haben, den Warnruf vernehmen: Wie Gott es zum voraus anzeigt, wird er ihre Handlungen nicht unberücksichtigt lassen."

In den heutigen liberalen Gesellschaften westlichen Zuschnitts, ist es ja wahrlich nichts ungewöhnliches mehr, mit ungebetener Werbung unterschiedlichster Coleur förmlich zugeschüttet zu werden. Es gibt auch Zeitgenossen, denen das schon so "auf den Keks" geht, dass sie gar an ihren Briefkästen oder ähnlich Mitteilungen hinterlassen, von der Werbebelästigung verschont zu bleiben. Vielfach aber nur mit geringem Erfolg.

Solch belästigendes Ausmaß gab es nicht schon immer. Aber gerade in Zeiten, wo das noch nicht so war, waren es eben besonders die Zeugen Jehovas, die da als lästige Ideologieverkäufer in Erscheinung getreten sind. Vielfach buchstäblich als Verkäufer der WTG-Literatur. Dagegen gab es immer schon Widerstand. Mal mehr, mal weniger. Und diesen droht hier nun Rutherford unverhohlen. Und zu seiner besonderen Geschäftsstrategie gehört dann auch, sein materielles Geschäft als "Gottesdienst" verkaufen zu wollen.

Wahrlich - zynischer geht es kaum mehr!

Die Ära Rutherford

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