Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Die Konflikte der "Altvordern"

Es war im Jahre 1928. Da trat in der deutschen Bibelforschergeschichte ein bemerkenswertes Ereignis ein. Im Selbstverlag veröffentlichten die Gebrüder Emil und Otto Sadlack ein 362 Seiten umfassendes Buch, den sie den Titel gaben: "Die Verwüstungen des Heiligtums. Eine Schilderung der Glaubensprüfungen und Wahrheitskämpfe des Volkes Gottes, unter besonderer Berücksichtigung der Gegenwart. Ein ernster Mahnruf an alle Bibelforscher."

Einen Kernsatz kann man vielleicht auch in ihrer Klage sehen:

"Wir haben Unglaubliches erlebt; wir haben leider feststellen, müssen, daß das Weglassen des einen bedeutungsvollen Wörtchens "ernster" in' der ehemaligen Bezeichnung "Internationale Vereinigung, ernster Bibelforscher" (die Bezeichnung ist heute offiziell "Internationale Bibelforscher-Vereinigung") in Wahrheit nur eine Tatsache dokumentiert. So sehr Jahrzehnte hindurch ernste Bibelforschung hervorgehoben und auch wirklich geübt wurde, so sehr ist die Bibelforschung, die ernste Bibelforschung, heute dahin. Von Forschung ist heute kaum eine Spur. An Stelle der Bibelforschung ist Wachtturmforschung, ach, nicht einmal das, sondern Wachtturmbejahung getreten,." (S. 64)

Der "Bandwurmtitel" macht es schon deutlich. Es sollte sich erweisen, dass dies eine Schrift war, der größere Publizität nicht zugeeignet war. Das es sich dabei um ein Selbstverlagprojekt handelte, war dem Absatz auch nicht gerade "förderlich". Dennoch ist dies ein geschichtliches Dokument dergestalt, als es im deutschsprachigen Raum mit die erste Oppositionsschrift war, deren Verfasser eindeutig selbst diesem Milieu entstammten. Es wäre sicherlich unangebracht, den Inhalt jener Schrift überzubewerten. Dennoch seien mal ein paar Zitate daraus im Nachfolgenden wiedergegeben.

Auf Seite 17 fragen die Sadlacks, bezugnehmend auf die aktuelle Situation unter der Rutherfordadministration:

"Wir fragen jetzt: Wiederholt sich nicht heute dasselbe? Hat nicht wieder Menschenweisheit (l. Kor. 2:4,5) die Gottes-Weisheit (l. Kor. 2:7) verdrängt? Sind nicht in größter Unduldsamkeit bestimmte Dinge als dann und dann geschehend verkündigt worden, die nicht eintrafen, weil Gottes Gedanken nicht die Gedanken dieser sehr fehlbaren Menschen waren? Reute es dann die vermessen handelnden Menschen? Nein! Waren sie zerknirscht im Herzen und bereit, jene, die schon längst vor solchen selbstsicheren Verkündigungen und gefährlichen Herrschaftsgelüsten warnten, wieder freundlich, in Liebe zu behandeln? Nein! Machte sie das vollständige Fehlschlagen ihrer Aufsehen erregend unter die Menschheit gebrachten Botschaft klein? Bemühten sie sich mit Eifer, sich künftig eine würdige Zurückhaltung aufzuerlegen? Nein! Oder fuhren sie in ihrer stolzen Tätigkeit und Verkündigung fort? Ja! Bestanden sie darauf, dass sie trotz allem Misslingen in ihrem "Werke" Recht haben? Blieben sie dabei, die Ernsten und Gegründeten unter dem Volke Gottes, die Nüchternen und Warnenden zu schlagen, zu verletzen, mit Hass zu behandeln? Ja, leider! Ach, dass so etwas kommen musste!"

Auf Seite 28 wird ausgeführt:

"Als Huß, der treue Gottesmann, gerichtet und zum Feuertode auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde, riss man ihm mit Flüchen die zuvor angelegten Priesterkleider vom Leibe (wie einst Jesu das königliche Gewand), und der Arme musste es sich gefallen lassen, dass ihm eine Papiermütze in Form einer Krone, mit Teufelsfratzen bemalt, aufgesetzt wurde. Und so verbrannte man ihn. So wurde immer die Treue der Treuen von der bösen Seite belohnt; ihrem Eintreten für den Herrn und Seine heilige und heiligende Wahrheit folgten immer Flüche und Verwünschungen, und mit "Teufelsfratzen" wurden sie beehrt. Wir erinnern uns eines Gotteskindes unserer eigenen Tage, dem, als es zu dem abwärts führenden Weg der Kirche nicht mehr Ja sagen konnte, dies Wort öffentlich nachgeworfen wurde: "Ich lenke die Aufmerksamkeit der Geschwister jetzt darauf, und mögen sie nun … [hier folgt der Name eines bekannten Bruders] als einen der Verbündeten der Ranke des Feindes [!] betrachten und sich dementsprechend verhalten". (WT. 1926:352.) "Und sich dementsprechend verhalten" - also noch eine Aufforderung an Gottes Volk, diesen Protestanten als einen Gesetzlosen (früher nannte man solche Leute Ketzer) zu hassen. Der Befehl, den betreffenden Wahrheitszeugen als einen, Verbündeten des Feindes zu betrachten, erinnert lebhaft an ähnliche Erfahrungen des vorhin erwähnten Wahrheitszeugen Huß."

Die eigene Geschichte wird auf Seite 36 mit den Worten verklärt:

"Es scheint, dass gerade die ersten Jahrzehnte dieser Bewegung eine besondere Fülle göttlichen Lichtes brachten Noch heute hört man von solchen, die die Wahrheit kennen und wertschätzen, das Bekenntnis: "Wie schön sind die alten Wachttürme" Dies ist in der Tat wahr. Die "alten" Wachttürme zeichnen sich durch eine zwingende Logik und durch eine Fülle herrlicher Gedanken aus. Und wir bezeichnen es nicht nur als unanständig, sondern als im höchsten Grade verwerflich, wenn solche, die diesen Mann nach außen zu achten vorgeben, sagen, dass sich der Teufel hinter alten Wachttürmen verstecke! (WT. 1925:272.) 0, wie lieblos und bitter! Der treue Wahrheitskämpfer hat solch einen Stoß nicht verdient."

Auf Seite 64 wird interpretiert:

"Leider müssen wir feststellen, dass das Weglassen des einen bedeutungsvollen Wörtchens "ernster" in der ehemaligen Bezeichnung "lnternationale Vereinigung ernster Bibelforscher" (die Bezeichnung ist heute offiziell "Internationale Bibelforscher-Vereinigung") in Wahrheit nur eine Tatsache dokumentiert. So sehr Jahrzehnte hindurch ernste Bibelforschung hervorgehoben und auch wirklich geübt wurde, so sehr ist die Bibelforschung, die ernste Bibelforschung, heute dahin. Von Forschung ist heute kaum um eine Spur. An Stelle der Bibelforschung ist Wachtturmforschung, ach, nicht einmal das, sondern Wachtturmbejahung getreten, und was irgend mit den Wachtturmdarlegungen nicht harmoniert, mag es noch so völlig mit der Bibel übereinstimmen, dass ist Irrtum - heißt es! Solche, die wirklich noch ernste Bibelforscher sind, die ihre aus der Bibel geschöpften Realitäten gegen die Eigen-Weisheiten des "Wachtturm" stellen, sind natürlich immer gegen das vielgerühmte "Werk des Herrn". Wenn man sich freilich dem tausend mal gelehrten Gedanken ergibt, dass allein die Wachtturm-Gesellschaft der göttliche Kanal zur Übermittlung göttlicher Wahrheiten usw. sei, dass sie allein und stets das "Werk des Herrn" treibe, dann muss man ja alles verurteilen, was diesem "Werk des Herrn" entgegen ist; jawohl alles - den gesunden, geheiligten Menschenverstand, Logik, und nicht zuletzt das ihm entgegenstehende Wort Gottes selbst. Wir haben viele Male erfahren müssen, wie ängstlich Kinder Gottes sind, die Augen zu öffnen, um biblische Beweise zu sehen. Standen diese mit den Wachtturmdarlegungen in Widerspruch, so wagte man aus Furcht nicht, dieses Buch wunderbarster Gottesweisheit (wir meinen die Bibel) zu öffnen noch es anzublicken. Man war immer darauf bedacht, die Ehre des Wachtturms zu retten, mochte man dabei auch die Ehre des teuren Gotteswortes fahren lassen. Das "In-Harmonie-Bleiben" mit jenem "Werke des Herrn", von dessen wahrem Aussehen die meisten Befürworter gar nichts wussten (je geheimnisvoller eine Sache ist, um so mehr Ehrfurcht wird ihr oft entgegengebracht), war eine so zwingende Notwendigkeit, dass alles von dieser Harmonie mit dem mysteriösen Werke abhängig gemacht wurde."

Auf Seite 155 wird ausgeführt:

"Ernsten Bibelforschern ist es längst aufgefallen, dass die Wachtturm-Gesellschaft unter dem jetzigen Präsidenten dem Jahre 1918 fort und fort eine immer größere Bedeutung beilegt. Soll man den vielen vorgebrachten Behauptungen des "Wachtturm" glauben, dann muss das Jahr 1918 mehr als wunderbar gewesen sein. Wird eine neue Lehre vorgelegt, so heißt es fast immer: "Dies konnte vor 1918 nicht verstanden werden." Nun trifft es sich oft so, dass derselbe Lehrpunkt schon vor 1918 von der Gesellschaft vorgelegt war, grundverschieden von der nach 1918 gegebenen Auslegung, ja in direktem Gegensatz zu ihr. Damals hieß es, dass die Erkenntnis vom Herrn sei; das wurde ausdrücklich und mit Nachdruck betont. Als dann nach 1918 das neue Licht über dieselbe Frage kam, der ersten Auslegung geradezu entgegengesetzt, hieß es wiederum, mit vielen Worten nachdrücklichst hervorgehoben: diese wahre Erkenntnis über den Gegenstand ist vom Herrn. Der Gegenstand konnte vor 1918 nicht verstanden werden. Man erinnere sich nur gewisser Auslegungen über die Offenbarung in Bd. 7, der, wie immer wieder leidenschaftlich versichert wurde, vom Herrn sei, für den der Herr die Verantwortung trage. (!) (WT. 1919:93, 95; Bd. 7 [Aufl. von 1922 zu Offb. 19:15.) Hieß es in Bd. 7 z. B., der männliche Sohn aus Offb. 12 ist der Anti-Christus, so heißt es jetzt, also nach 1918, der männliche Sohn sei die göttliche "Neue Nation", der wahre Christus. Aber damals und jetzt war es angeblich der Herr, der durch den "alleinigen Kanal" dieses Licht gab. Man bemerke, dass es sich bei den Auslegungen vor und nach 1918 nicht etwa um ähnliche, verwandte Auslegungen handelt, sondern oft um einander völlig entgegengesetzte Darstellungen. Daraus ergeben sich natürlich eigenartige Perspektiven."

Seite 170, 171 führt aus:

"Was Bruder Russell hoch und heilig, ja die höchste Pflicht war, dass wird von seinem Nachfolger, der immer wieder versichert, seit 1918 helleres Licht erhalten zu haben, als "Träumerei" geschmäht und mit leichter Hand abgetan. 0, welch ein böses Spiel!

Jedes wahre Kind Gottes muss einen bestimmten individuellen christlichen Charakter haben … sagt Bruder Russell im Manna vom 17. September im Gegensatz zu dem jetzigen Präsidenten der Gesellschaft, und wir zweifeln noch heute keinen Augenblick an der Richtigkeit dieses Gedankens. "In der Charakterbildung im Ebenbilde ihres Erlösers steigen sie täglich höher hinauf und werden tüchtig für das himmlische Königreich… schreibt Bruder Russell an einer anderen Stelle." (WT. 1909: 170.) Bis zum Erscheinen des Wachtturmartikels "Charakter oder Bund?" im Wachtturm vom 1. Juni 1926 waren Vorträge und Abhandlungen über Charakterentwicklung sehr geschätzt. Die Mannatexte, die fast ausschließlich davon handeln, wurden bis dahin mit Genuss gelesen und Ausführungen von dienenden und von Pilgerbrüdern erfreuten besonders, wenn sie von der Charakterbildung in Christo handelten. Als aber der jetzige Präsident der Wachtturm-Gesellschaft gebot: "Möge das Träumen und das Reden von der Entwicklung eines vollkommenen Charakters aufhören!", da hörte das (günstige) Reden und Schreiben hierüber mit einem Schlage auf - freilich nur bei denen, die blind gehorchen. Was ein Machtspruch vermag! Wundern wir uns da noch über den blinden Gehorsam der katholischen Welt gegenüber den Aussprüchen und Anordnungen ihres päpstlichen Hauptes?

Der Artikel "Charakter oder Bund?" ist nur darauf gerichtet, die Getreuen des Herrn von ihrer vornehmsten Pflicht, nämlich ihrer Zubereitung für droben abzulenken und ihnen als fragwürdigen Ersatz dafür äußeren Dienst und abermals Dienst und Kolportage zu bieten. Ja, dieser Dienst soll nach der jetzigen Lehre der Gesellschaft sogar der in 2. Kor. 4 ,7 erwähnte "Schatz im irdenen Gefäß" sein! Es soll nichts gegen die Tätigkeit im Dienste des Herrn gesagt werden, aber die Tätigkeit darf nur nach biblischen, wahrheitsgemäßen Methoden vor sich gehen. Unser Protest richtet sich gegen die Verhöhnung und Zerstörung unserer Pflicht, bestehend in der Bildung und Pflege des ersten christlichen Charakters. Wir sind nicht des Gedankens, dass Vollkommenheit dieses Charakters vor unserer Vollendung erreicht wird, aber nichts geringeres als Vollkommenheit ist das Ziel, nach dem wir streben müssen, wenn wir das herrliche Erbteil der Überwinder erlangen wollen. Bruder Russell hat für diesen Gedanken im Manna vom 29. Juni treffliche Worte gefunden, und wir empfehlen ein sorgfältiges Nachlesen dieses Textes. Wo irgend im "Wachtturm" der letzten Zeit von Charakterbildung die Rede ist, da wird von ihr nur noch in beißend-ironischer, verächtlicher, wegwerfender Weise gesprochen. Man kann sich da nicht genug tun in dem Verunglimpfen dieser edelsten Tätigkeit des Christen. Hören wir einige Darlegungen: "Viele, die sich geweiht haben, den Willen Gottes zu tun, sind zu der Ansicht verleitet worden, dass sie durch die Entwicklung eines dem Herrn wohlgefälligen Charakters überwinden und das Königreich gewinnen können. Eine solche Schlussfolgerung wird aber durch die Schrift durchaus nicht unterstützt. Diese Idee war einer der schlauen Schachzüge des Widersachers um die Geweihten zu umgarnen.

Aber der Teufel täuscht viele, indem er sie zu dem Glauben verleitet, dass die Entwicklung eines sogenannten Charakters sie zu einem Platze in dem Königreiche Gottes berechtigen wird …Wenn man indessen lehrt, dass der Christ durch Charakterverbesserung oder Charakterentwicklung ein Überwinder wird, dann reklamiert man eine Lehre, die ein Trugwerk und ein Fallstrick des Teufels ist." (WT. 1927:227, 232, 233.)

Wir verweisen ferner auf die ... Schmähungen gegen die christliche Charakterentwicklung, ferner auf die Artikel im WT. 1927:86 usw. (Abs. 34), 143, 144; 1926:291. Selbst in Gedichten wird die Charakterentwicklung verhöhnt. Der Verfasser des Gedichts im WT. 1927:288, das mit den Worten beginnt: "Was mühst du dich, du schwermutsvolle Seele, in falscher Heiligkeit um inneren Schmuck:" weiß anscheinend nichts davon, dass es auch Christen gibt, die sich um diesen inneren Schmuck in wahrer Heiligkeibemühen ohne schwermutsvoll zuzu sein."

Zu dem 1925-Spekulationsdatum wird auf Seite 201, 202 ausgeführt:

"Wenn man in dem Artikel WT 1925:88 die kühne Versicherung liest: "…indem wir die Versicherung haben, dass der Herr noch direkt alles leitet und ordnet, und dass er sein Werk auf die verordnete Zeit hinausführt", und dann das nachstehende Abwälzen ebenso kühn verkündigter Erwartungen auf andere sieht, dann bekommt man einen deutlichen Einblick in den "gewundenen" Weg (Spr. 21:8), den die Gesellschaft nach dem Tode Bruder Russells geht. Nachdem sie für ihre Anordnungen den Herrn als Leiter und Gebieter hingestellt hat, sagt sie dreist, ohne jede Scham folgende Worte:

"Es scheint die Schwäche vieler Bibelforscher zu sein, dass, wenn sie einen zukünftigen Zeitpunkt in der Bibel entdeckten, sie sofort so viele Prophezeiungen wie möglich auf dieses Datum konzentrieren. Das ist die Ursache vieler Sichtungen in der Vergangenheit gewesen. Soweit wie wir es im Gedächtnis haben, waren alle vorhergesehenen Daten richtig. Die Schwierigkeit war die, dass die Geschwister ihrer Einbildungskraft über jede vernünftige Grenze hinaus freien Spielraum gaben, und dass, als ihre phantastischen Gebilde zerplatzten, sie geneigt waren, alles und jedes fortzuwerfen."

Was soll man zu solch einer Spiegelfechterei sagen? Die Gesellschaft selbst war es, die allen Mahnungen zum Trotz "so viele Prophezeiungen wie möglich" auf 1925 konzentrierte, die solche Mahnungen als Einflüsterungen des Widersachers hinstellte und sie hochmütig in den Wind schlug; und dann, als die vielen auf 1925 vereinigten Prophezeiungen zu Wasser wurden - dann will sie es mit einem Mal nicht gewesen sein, dann waren es andere, einige, manche … ! Diesen fingierten "manchen … einigen" wurden schnell, um die Täuschung vollkommen zu machen, "Einbildungskraft".. "phantastische Gebilde", "Fehlen einer biblischen Grundlage für alles, was sie erwarteten, dass in jenem Jahre sich zutragen würde" usw. usw., unterstellt. Wer waren denn die "anderen"? Aber die Vorwürfe "Einbildungskraft, phantastische Gebilde, Fehlen einer biblischen Grundlage . . ." die die Gesellschaft hier, und anderswo auf jene geheimnisvollen "'einige'. . andere . . ." häufte, ihr selbst als der zuständigen Stelle zurückgegeben - und dann stimmt's. Aber hat jemals eine "Offizielle" Organisation Gottes (?) ihre Irrtümer in Lehre und Wandel eingestanden? "ich bin's, und gar keine sonst!" (Jes. 47:8) sprach und spricht nicht nur 'die "Mutter" auch die "Töchter" lieben diesen Gesang, und auch die Gesellschaft singt ihn, wie sie es ja selbst ausdrücklich sagt. Und sie mag noch so verkehrt handeln noch so absurd lehren, noch so vage behaupten und ihre eigenen törichten Botschaften anderen zuschieben - dennoch (oder gerade deswegen?) will sie die "Alleinige" sein und bleiben. Volk Gottes! Siehst du die Dinge, wie sie sind? . . . Immer mehr wurden und werden die Kinder Gottes zum äußeren Dienst angefeuert. Warum? Damit sie nicht zum ruhigen, klaren Überlegen und überdenken kommen und womöglich die Wahrheit und die Tatsachen feststellen möchten."

Zum gleichen Thema wird auf Seite 206 ausgeführt:

"Die Gesellschaft fühlte längst, dass ihre "phantastischen Gebilde zerplatzen" werden, aber sie weihte ihre Anhänger in ihre Nichtgläubigkeit hinsichtlich ihrer - eigenen Erwartungen nicht ein. Geschwister, die 1925 nicht nur zur Hauptversammlung nach Magdeburg fuhren, sondern auch noch, wie sie uns bekannten, notwendige Gegenstände verkauften, um ein Opfer dem "Werk des Herrn" geben zu können, mussten auf der Hauptversammlung zu ihrem größten Erstaunen von großen und größten Plänen (Bauten usw.) hören, die weit über 1925 hinausgingen. Sie erschraken, aber sie wagten kaum, jemandem ihr Herz auszuschütten. Doch die Gesellschaft war um eine Antwort nie verlegen. Nie! Mit vielen Worten suchte sie den Gesalbten, wie sie zu sagen pflegt, die Göttlichkeit ihres Werkes glaubhaft zu machen auch des Werkes nach 1925. Es wurde so getan, als ob das Ende des Werkes für 1925 nie verkündigt worden wäre. Es waren ja "andere" die das taten, "wir" (die Gesellschaft) nicht!

Brachte 1925 nicht das Erwartete so brachte es doch etwas, aber etwas ganz anderes: gründlichste Ausgestaltung der angeblich göttlich angeordneten Organisation!"

Auf Seite 248 wird auf die Außenwirkung der Bibelforscher eingegangen:

"Allgemein wäre noch zu sagen, dass, obgleich Bruder Russell die Systeme dieser Welt und die verschiedenen Irrlehren beschrieb und bloßstellte, wie z. B. das System des Antichristen in Band 2 (Abschn. "Der Mensch der Sünde"), oder die Reiche dieser Welt in Band 1 und 4, er es doch niemals in einer so gehässigen und herausfordernden Weise tat wie es heute geschieht ("Der Fall Babylons" [Bild!] Millionenbroschüre [Bild!] ; "Anklage gegen die Geistlichkeit"!). Wenn die Gesellschaft allerdings "zu dem Kriegsheer gehören will, was Babel stürzt", dann ist ihre Sprache und ihr Lärmen auf der Straße verständlich. Denn die Werkzeuge, die Babel vernichten werden. führen jene Sprache "brausend wie das Meer", gehässig, brutal, und die Schärfe und Leidenschaftlichkeit der Sprache dieses Heeres wird noch zunehmen. Aber wie wir schon sagten: Wenn du zu dem Kriegsheer gehören willst, dass Babel stürzt, dann musst du dich schnell in das "große" Heer Jehovas einreihen lassen, denn das Tier und die Hörner werden Babel mit Feuer verbrennend nicht die kleine Überwinderschar. Wie Bruder Russell handelte, zeigt der Manna-Text vom 4. August, oder auch folgender bemerkenswerter Rat:

" Vermeidet soviel wie möglich jede unfreundliche Bezugnahme auf christliche Prediger oder andere, die in der Auslegung der Bibel, von uns abweichen. Predigt das Evangelium! Lasst seine gewaltige Macht ihr Werk verrichten. Sprecht in bezug auf andere so teilnahmsvoll wie möglich, mehr Entschuldigungen suchend und Nachsicht übend, als sie verdammend, was nicht unsere Sache ist." (WT. 1912:174.)

Noch in seinem letzten Willen ermahnte Bruder Russell zur Nachsicht, zur Langmut gegen die Welt und gegen die Brüder. (WT. 1917:90.) Wo Deutlichkeit nötig war, da ließ er die Schrift selber reden; er vermied es persönlich, ausfallend oder herausfordernd zu sein. Seine Angriffe gegen Glaubensbekenntnisse und Systeme hielten sich stets in den Grenzen des göttlichen Geistes und Wortes. Im übrigen waren seine Schriften nicht an die Nationen oder an die Völker der Erde, oder an die Herrscher der Welt (WT. 1926:243) gerichtet; sie waren vornehmlich für den Haushalt des Glaubens bestimmt."

Zu der Rutherford'schen Millionenkampagne wird auf Seite 252 ausgeführt:

"Das Menschen in die Segenszeit des Millenniums mit der Aussicht auf ewiges Leben hinübergehen, mag an sich richtig sein; wir haben keinen Streit dawider. Wenn wir aber fest behaupten und der breiten Öffentlichkeit als Tatsache verkündigen, dass Millionen jetzt lebender Menschen nie sterben werden, so wirken wir ein eigenes Werk und nicht das Werk des Herrn. Denn das wissen wir nicht genau; der Herr hat uns einen solchen Auftrag zur Ausführung nicht gegeben. Auch wissen wir nicht genau, ob "fünfundzwanzig Jahre, möglicherweise mehr, vergehen werden, bevor die Auferweckung der Toten beginnen wird". (WT. 1925:90.) In der Vorausbestimmung von Zeitpunkten sind bisher das sollte doch endlich von allen Bibelforschern eingesehen werden, immer wieder Fehler gemacht worden. Sollte uns dies nicht zur Vorsicht mahnen? Allein von vorausbestimmten Zeitpunkten alles abhängig machen und dabei übertrieben sicher sein, ist mehr als bedenklich, ist schädlich. Die besten Merkmale dafür, wo wir auf dem Strom der Zeit uns befinden, sind die "Zeichen der Zeit", unter denen nach der Schrift besonders gewisse Dinge mit Bezug auf Irdisch-Israel hervortreten sollen. Wenn wir aber die Zeitumstände und Geschehnisse aufmerksam betrachten, dann werden wir finden, dass wir zu Verkündigungen nach Art der Millionenbotschaft nicht berechtigt sind. Das "Werk des Herrn" hat durch die Millionen-Botschaft das wahre Werk des Herrn nur verlästert. (2. Petr. 2:2.)"

Seite 279 führt aus:

"Der Kampf der Wachtturm-Geseitschaft gegen die "Organisation Satans", von dem der Wachtturm so gern und fast ausschließlich schreibt, greift mehr und mehr auf das politische Gebiet über. Dies zeigt sich besonders in der Broschüre "Freiheit für die Völker", die unverkennbar eine Parteinahme für gewisse Volksschichten aufweist und darum geeignet ist die politischen Leidenschaften noch mehr zu entfachen. "Freiheit für die Völker!" - ein wirksamer Köder; aber wie sehr verbergen sich hinter diesem Ruf Unfreiheit und Intoleranz, die ja auch im eigenen Lager der Gesellschaft zu Hause sind.

Mit der "0rganisation des Teufels" kam die Wachtturm-Gesellschaft übrigens bereits in Verlegenheit. Weil Bibelforscher vielfach gezwungen sind, ein Krankenhaus aufzusuchen, musste man sich dazu bequemen (WT. 1927:160), Krankenhäuser - "streng genommen" - von der Organisation des Teufels auszunehmen!

Und Flugzeuge? Druckereianlagen? Radio? Autos? Bemerkenswert sind ferner die in der als mustergültige (in bezug auf Organisation!) bezeichneten Versammlung Dresden aufgestellten B e d i n g u n g e n f ü r Ältestenwahlen.' (WT. 1927:367.) Dort wird Anerkennung der sieben Bände Schriftstudien, Anerkennung der Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft als "Ausdruck der Organisation Gottes auf Erden", Anerkennung des "Wachtturm" als des Kanals, Anerkennung der persönlichen Missionstätigkeit von Haus zu Haus "als hervorragendste und gesegnetste Weise des Zeugnisgebens vom König und dem Königreiche" gefordert!

Wahrlich, die Organisation ist gut entwickelt Aber, wo ist die herrliche Freiheit der Kinder Gottes? Wo ist die Bedingung der Anerkennung des Herrn und Seines Wortes? - Man sucht vergebens!"

Seite 283 führt aus:

"Sind von 100 Teilen, die der "Wachtturm" wirkt, 90 Teile unbiblisch in Methode und Lehre,. dann wirkt er zu 10 Teilen das Werk des Herrn und zu 90 Teilen ein eigenes (menschliches) Werk. Übrigens hat das "Werk" nach dem Tode Bruder Russells eine ganz andere Richtung genommen, was von vielen Bibelforschern des heutigen Tages ungern zugegeben wird. Es sei daher hier daran erinnert, was der jetzige Präsident im September 1922 selbst gesagt hat. Unter dem Unterabschnitt "Wechsel im Werk" finden wir folgende aus seinem eigenen Munde gekommenen Worte:

"Es ist zu einem deutlich ausgeprägten Wechsel im Charakter des Werkes der Herauswahl seit 1918 gekommen. Hier nun entsteht die Frage: War dieser Wechsel gerechtfertigt? Diejenigen, die einst mit uns gegangen sind, die aber jetzt nicht mehr mit uns gehen, sagen: Nein." (WT. 1923:26.)

Ist hier der Wechsel im Charakter des Werkes nicht nur zugegeben, sondern sogar begründet? Der Wechsel bestand und besteht darin, dass nach dem Tode Bruder Russells eine ganz neue Arbeit an der W e 1 t unternommen wurde, so schnell und unter Aufbietung der gesamten Streitkräfte, als ob die Arbeit zu Zeiten Bruder Russells schuldhaft vernachlässigt worden wäre. Proklamationen, Aufrufe usw. wurden "an die Völker der Erde", "an die Herrscher der Welt" gerichtet. Das kennzeichnet den Wechsel im Charakter des Werkes WT. 1924:256 schreibt ausdrücklich: "Unsere Botschaft ist jetzt besonders an die Völker der Christenheit gerichtet ..." Auch wir fragen: "War dieser Wechsel gerechtfertigt?" Die Tatsachen als Folgen dieses Wechsels sollen antworten.

Die Behauptung der Gesellschaft, dass sie allein und niemand anders auf der Erde das verordnete Werk des Herrn treibe, kann natürlich leicht nachgeprüft werden Denn das Werk liegt nicht in weiter Vergangenheit oder in ferner Zukunft, sondern in unseren gegenwärtigen Tagen. Nach den Behauptungen der Gesellschaft, die unzählige Male in den verschiedensten Wendungen wiederholt werden, sei das Werk v o m H e r r n angeordnet worden. Von vielen Redewendungen nur einige: "Das Werk des Herrn wächst mit jedem Tage, aber auch der Widerstand gegen dasselbe wächst und einige lassen sich, ohne dass sie es merken, auf die Seite der Gegner des Werkes drängen."

Zur innerorganisatorischen Struktur wird auf Seite 297 ausgeführt:

"In dieser freiwilligen Vereinigung gibt es keine gebietende Autorität über andere, und kein Herrschen über Gottes Erbteil sollte gestattet sein; denn der eine Herr hat uns die Instruktion hinterlassen:"Ihr aber, lasst euch nicht Rabbi nennen, denn einer ist euer Lehrer ihr alle aber seid Brüder." (Matth. 23:8.) An Stelle des königlichen und gebieterischen Regierens, dass doch nur nach Art und Weise der Welt geschehen würde, hat uns der Meister eine andere entgegengesetzte Regel zur Befolgung gegeben.

Bruder Russell meinte also ebenso wie wir, dass die Organisation immer dasjenige war, was die Kirche versklavte und das geistige Leben erstickte. Dass die Vereinigung der Christen, der Glieder der wahren Kirche nicht durch das Mittel einer Organisation, sondern durch den Geist Gottes zustande kam haben wir schon vorhin gesagt. Wir wiederholen: Es war eine Vereinigung des Geistes; das Gesetz des einzelnen war die Liebe, während sie als ein Ganzes unter dem Gehorsam gegen das "Gesetz des Geistes" standen. Ihre Leitung war der Wille dessen, der da sprach: "Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote." "Die großen menschlichen - Systeme sind nie mehr gewesen als Namenkirchen."' (Bd. 4:26.)

Aber ach! Solche und ähnliche Ratschläge die treue Knechte Gottes aller Zeiten zum geistigen Wohl der Kirche fort und fort verkündeten, wurden von immer neu auftretenden Organisationen. verschlungen. Solange die besonderen Knechte lebten, ging es; starben sie, so nahte das Verhängnis. Dasselbe, genau dasselbe, erleben wir in unseren Tagen. Was 1908 nach dem geheiligten Verständnis der meisten wirklich nicht nötig war, was nur unberechenbaren Schaden gestiftet hätte (eine Organisation), das soll nun so nötig sein, dass man gar meint, mit dem Aufbau einer Organisation eine lang verschüttete "Wahrheit" wiedergefunden zu haben! Was man noch 1908 als ein Schreckgespenst fürchtete, hält man jetzt liebkosend umschlingen. Wie sich die Zeiten und Herzen ändern! Und nur, weil man wieder glaubte, dem wahren Lehrer und Organisator Jesu Christus einige Aufgaben abnehmen zu sollen; weil man selbst das tun wollte, was allein Seinem Befugniskreis zugehört."

Auf Seite 344 wird das Resümee mit den Worten formuliert:

"Für die Gegner des Lebenswerkes Bruder Russells sind die traurigen Zustände unter den Bibelforschern nach dem Tode des lieben Bruders eine Augenweide. Darauf hatten sie, nachdem ihr Kampf gegen die Wahrheit erfolglos blieb, nur gewartet. Früher war es einem Gegner nicht so leicht, ja gar nicht möglich, zu widerlegen; heute hat er Material in Fülle. Wir halten es nicht für nötig, hier auf das Wutgeschrei der vielen Gegner einzugehen, die das angeblich Teuflische der von Bruder Russell verkündeten Lehre beweisen wollten die zum Teil nicht einmal davor zurückschreckten (wie z. B. ein Dr. med. Rudolf. Fisch in seinem beim "Licht und Leben-Verlag" erschienenen Pamphlet), bei wörtlicher Anführung aus den Bänden Fälschungen zu begehen. (Mark. 14:56.) Wenige nur (z. B. Prof. Dr. Friedrich Loofs) haben sich in ihrem Kampf gegen die Bibelforscher sachlicher gezeigt. Zeigen nicht die beiden letzten Sätze in der Schrift von Loofs: "Dennoch glauben wir an eine heilige christliche Kirche. Und wo bei Gliedern der IVEB das Evangelium, dass auch sie kennen, nicht völlig verschüttet ist von dem apokalyptischen Unsinn ? , da dürfen, ja müssen wir hoffen, dass auch sie noch zu dieser einen Kirche des einen Herrn gehören, dass er besser dachte, als die heutige Leitung der IBV, die die wahren Bibelforscher mit dem "Schwanz des Drachen", mit der "Organisation Satans" in Verbindung bringt, und sie als Widerspenstige, Gesetzlose verurteilt?

Wir wollen es nicht verhehlen, dass auch bei den von den Fesseln Freigewordenen Fehler gemacht wurden. Wir alle sind noch recht mangelhaft. Manche "Richtungen" entstanden, zum Teil leider mit manchem Mangel an Einsicht und Gottesgeist. Wenn wir auch einen entschlossenen Kampf für Wahrheit nur gutheißen können so müssen wir doch einen Kampf entschieden verurteilen in dessen Verlauf Kraft- und Schimpfworte, wie "Verblendete Satansdiener, Obertoren, Lügenschlammpfuhl" usw. eine hervorragende Rolle spielen.

Wir möchten hier auch unserem Bedauern darüber Ausdruck geben, dass einige in neuerer Zeit entstandene "Richtungen" mit chronologischen Verkündigungen aufwarten, die so unnüchtern sind, dass wir sie offen als Spekulationen bezeichnen müssen."

Abgeschlossen wird das Sadlack-Buch auf Seite 361 noch mit einem Nachtrag in dem zu lesen ist:

"In seiner Neujahrsansprache (1928) an die in Magdeburg versammelten Erntewerksvorsteher, die uns während der Drucklegung bekannt wurde (Rundschreiben der Gesellschaft vom 26.l.1928) sagte der Leiter des deutschen Werkes: " . . . der Herr brauchte nur zwei Finger zu bewegen und der nicht gewünschte Mann wäre weg" Und auf dieser Grundlage, die die göttlichen Zulassungen völlig verkennt, wurde von ihm die Forderung aufgestellt, der Leitung Unterordnung, Disziplin, Gehorsam, Vertrauen entgegenzubringen. Mehr noch: es wird Unterordnung und Gehorsam auch dann verlangt, "wenn man nicht immer alles versteht, was angeordnet wird." Das Verstehen aller Anordnungen sei, so heißt es weiter, auch nicht nötig! Das ist echt katholisch, päpstlich, nach der Formel: Glaube und gehorche ohne zu denken. In der Ansprache ist hauptsächlich von Unterordnung Disziplin, Anerkennung der Autorität des Werkes und dergleichen die Rede. Wir lesen: "Was nötig ist, liebe Brüder, ist: Anerkennung der Gesellschaft und ihres Werkes, als Werkzeug Gottes . . ." Weiter wird dort von den "Kommandos" der Leitung und dem von den Geschwistern zu leistenden "Gehorsam" gesprochen, wobei den Erntewerksvorstehern der Rat gegeben wird, im Verkehr mit den Geschwistern für "Kommando" und Gehorsam weniger verdächtige Ausdrücke ("Rat", "Loyalität") zu gebrauchen Folgender Satz in dem Rundschreiben spricht genug, "Loyalität klingt schöner, aber damit ist Disziplin gemeint." Arme Versammlungen, die ihr von all dem so wenig erfahret! Höret, warum man euch manches vorenthält. "Es ist auch ganz unmöglich, den Versammlungen alle Dinge zu unterbreiten, die der Herr uns hier und da erkennen lies, denn dies hieße, manchmal direkt dem Teufel neue Türen aufschließen." Aus der ganzen Rede des Werkleiters spricht die Befürchtung, dass bei Nichtbeobachtung der Disziplin "in Kürze das ganze Werk in tausend Teilchen zerrissen" würde. Folgendes Bekenntnis erklärt vieles: "In der Vergangenheit musste dann und wann einmal jemand zur Seite gesetzt werden, aber dann auch nur, weil in diesem Sinne die Einheit des Werkes angetastet wurde. In solchen Fällen muss feste Hand angelegt werden, täten wir es nicht, würden wir in tausend kleine Gruppen zerstreut werden und nichts mehr sein." Wir aber fragen: Wird nicht gerade die "feste Hand" den Zerfall herbeiführen?"

Im Jahre 1949 war es jenen Bibelforscherkreisen, für die stellvertretend die Sadlacks stehen, möglich eine eigene Zeitschrift mit dem Titel "Christliche Warte" zu gründen. Das war damals durchaus nicht so einfach, da dafür zu jener Zeit noch die Genehmigung der britischen Militärregierung erforderlich war. Von 1955-1962 amtierte Emil Sadlack als deren Redakteur. (Im Jahre 1986 dann im Alter von 90 Jahren verstorben). Von 1962 bis Ende 1975 hatte Otto Sadlack die Redaktion (1987 mit 88 Jahren verstorben). Der Gründer des Bruderdienstes, Hans-Jürgen Twisselmann, vermerkte in einem Rückblick einmal, dass er für sein eigenes, den Zeugen Jehovas gewidmetes Projekt, in der Anfangsphase auch finanzielle Unterstützung von den Sadlacks erhielt. Liest man die "Christliche Warte" heute, so wird man ihr eine aktuelle Bezüglichkeit zu den Zeugen Jehovas absprechen müssen. Gleichwohl ist sie ein beeindruckendes Dokument dafür, wie die von C. T. Russell gegründete Glaubensgemeinschaft noch heute aussehen könnte, hätten nicht in ihr Leute wie J. F. Rutherford und N. H. Knorr das sagen gehabt. Für Interessenten: Die Bezugsadresse der "Christlichen Warte" ist: Goldackerweg 30, 32278 Kirchlengern.

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Auch die CV berichtete mal über das Sadlack-Buch (Nr. 70,72). Etliches überschneidet sich mit dem bereits ausgeführten. Vielleicht sind aber auch ein paar zusätzliche Akzente mit darin enthalten. Wie auch immer. Nachstehend noch die diesbezüglichen CV-Texte zur eigenen Meinungsbildung:

1928 erschien in Deutschland ein Buch, das einen wichtigen Platz in der kritischen Literatur zur WTG-Geschichte einnimmt. Es ist offensichtlich das umfangreichste und bedeutsamste Werk dieser Art der zwanziger Jahre im deutschen Sprachgebiet: "Die Verwüstungen des Heiligtums". Herausgeber sind die Brüder Emil und Otto Sadlack, damals Angerburg/Ostpreußen. … "Die Verwüstungen des Heiligtums" hat eine große Bedeutung vor allem für die innere und lehrmäßige Entwicklung der internationalen Bibelforscher-Bewegung und späteren Zeugen Jehovas. Das Buch hat den Untertitel: "Ein ernster Mahnruf an alle Bibelforscher". Es greift mitten hinein in die lehrmäßigen und organisatorischen Umwälzungen, die der zweite WTG-Präsident J. F. Rutherford "von oben" durchführte, um das von C. T. Russell entfaltete Bibelforschertum nach dem ersten Weltkrieg zu überwinden bzw. umzuändern. J. F. Rutherford hatte aus der Bibelforscher-Bewegung eine Religionsgemeinschaft zu entwickeln, die in Zukunft ganz bestimmte Kreise erfassen und dort eine ganz bestimmte religiös-politische Funktion zu erfüllen hatte. 1928 war diese Entwicklung jedoch weder vollendet noch hinreichend erkennbar. Es zeichnete sich jedoch schon deutlich ab, wie die Bewegung nach und nach einer diktatorischen Struktur unterzogen wurde, die letztlich das von C. T. Russell begründete freie Bibelforschertum im Interesse der von J. F. Rutherford verfolgten Ziele vernichten sollte. Wir wollen nun diese Umwälzungen aus der damaligen Sicht der Betroffenen verfolgen und in wesentlichen Punkten betrachten.

"Wir wissen,. daß es vielen schwer fällt, wirklich zu 'sehen', und die Dinge so zu nehmen, wie sie wirklich sind, aber die Zeit wird die Geschichte schreiben, und aus einer weiteren Entfernung werden alle Zusammenhänge, Ursachen und Wirkungen genauer gesehen werden. Und dann werden viele zugeben, daß wir auf eine Entwicklung von Dingen aufmerksam machten, die, immer machtvoller werdend, nicht zum Nutzen, sondern zum größten Schaden des Heiligtums gereichten". (S. 15)

"Sind nicht in größter Unduldsamkeit bestimmte Dinge als dann und dann geschehend verkündet worden, die nicht eintrafen, weil Gottes Gedanken nicht die Gedanken dieser sehr fehlbaren Menschen waren? Reute es dann die vermessen handelnden Menschen? Nein! Waren sie zerknirscht im Herzen und bereit, jene, die schon längst vor solchen selbstsicheren Verkündigungen und gefährlichen Herrschaftsgelüsten warnten, wieder freundlich, in Liebe zu behandeln? Nein! Machte sie das vollständige Fehlschlagen ihrer aufsehenerregend unter die Menschen gebrachten Botschaft klein? Bemühten sie sich mit Eifer, sich künftig eine würdige Zurückhaltung aufzuerlegen? Nein! Oder fuhren sie in ihrer stolzen Tätigkeit und Verkündgung fort? Ja! Bestanden sie darauf, daß sie trotz allem Mißlingen in ihrem 'Werke' Recht haben? Blieben sie dabei, die Ernsten und Gegründeten unter dem Volke Gottes, die Nüchternen und Warnenden zu schlagen, zu verletzen, mit Haß zu behandeln? Ja, leider! Ach, daß so etwas kommen mußte" (S. 17)

"Ach - das Geschrei der vielen, die enthusiastisch ein Hosianna singen - sich selbst und ihrer selbsterrichteten pompösen Organisationen, denen sie das schöne Ehrenschild 'Werk des Herrn' vorhängen. Ja, alles, was getan wird, mag es noch so töricht sein, mag die Zeit seine Unhaltbarkeit längst bewiesen haben, geschieht in 'seinem Namen'." (S. 22)

"Mit Unbarmherzigkeit und schließlich mit satanischer Wut und Grausamkeit wurden die verfolgt, die mehr Furcht vor ihrem Gott hatten als vor dessen angeblichen Stellvertretern. Die herrschende Schicht des Gottvolkes, die Nikolaiten, kontrollierten schließlich alles, jede Regung unter den Gliedern der Kirche war ihnen bekannt. Ein großartiges Spionagesystem wurde errichtet, das die Gewissen der Gläubigen erforschte, und wehe dem, der es wagte, solch eine göttliche (?) Organisation zu verdächtigen. Wer konnte da noch widerstehen? Natürlich verfingen Redewendungen der Verteidiger solcher aufs raffinierteste eingerichteten Organisationen, wie: Wenn das nicht des Herrn Werk und Wille wäre, dann würde er es nicht zulassen, dann würde er die Führer einfach hinwegtun',. bei den Gottgeweihten nicht, aber die meisten sahen solche Argumente als einzig richtig an und schauten mehr auf das, was vor Augen war, was Menschen errichteten, als auf Gott und sein Wort". (S. 26)

"Die unheilvolle Bewegung nahm trotz aller Warnungen mehr und mehr zu. Es fanden sie willige Augen und Ohren, denen dieser 'frischere' Geist gefiel. Es war nur die allgemeine große Achtung, die Bruder. Russell genoß, daß die Unterströmung mit ihren neuen Methoden, ihrem neuen Licht (?) nicht mit einem Mal hervorbrach. Bruder Russell mag vielleicht damit gerechnet haben, daß der meist gesunde Sinn der Wahrheitsgesegneten dem Fortschritt des Übels den Weg versperren werde, aber wenn er sich dieser Hoffnung hingegeben haben sollte, dann erfuhr er ihre Verwirklichung nicht. Im Gegenteil, er erlebte es, daß die Begehrlichkeit nach der Beherrschung des Gottesvolkes bei einigen Führern immer leidenschaftlicher wurde. 'Neues Licht' wurde immer aufdringlicher angepriesen. In verführerischer Weise wurden die heiligen Rechte des Volkes Gottes entzogen, das dafür durch gewisse Erleichterungen, wie Abnahme der Pflicht eifriger Schriftforschung usw. entschädigt wurde. Bei seiner bekannten Bescheidenheit fand Bruder Russell doch deutliche Worte gegen diese böse Entwicklung. Den Eigenwillen, Stolz und die Herrschergelüste einiger vom Volke Gottes macht er für die Gefahren verantwortlich. Er beschreibt sehr deutlich die Pläne und zeigt. wie sie in die Bahnen eigener Methoden, eigener Lehren, eigenen neuen Lichtes, kurz in die Bahnen der Verwüstung des Heiligtums steuern." (S. 43-45)

"Aber die Zeit wird die Geschichte schreiben, und aus einer weiteren Entfernung werden alle Zusammenhänge, Ursachen und Wirkungen genauer gesehen werden".

Wie wahr waren diese einleitenden Worte! Schon 1929 erhob sich die WTG selbst zur "Obrigkeit von Gott" über die Bewegung. Nach Änderung des Namens (1931) in "Jehovas Zeugen" wurden ab 1932 alle Ältesten gestürzt und durch WTG-Befehlsempfänger ersetzt. 1935 wurde die verderbliche irdische Orientierunq eingeführt (Phil. 3:17-20). 1938 übernahm die WTG dann "den vollen Befehl und die volle Gewalt" als "Vertreter des Herrn auf Erden". Damit war das strategische Hauptziel J. F. Rutherfords erreicht, die einstmals freien Bibelforscher in eine Gemeinschaft umzuwandeln, die nur noch ein organisatorisches und ideologisches Werkzeug in der Hand der WTG-Führung war.

"Wir erinnern uns eines Gotteskindes unserer eigenen Tage, dem, als es zu dem abwärts führenden Weg der Kirche nicht mehr Ja sagen konnte. dies Wort öffentlich nachgeworfen wurde: 'Ich lenke die Aufmerksamkeit der Geschwister jetzt darauf. und mögen sie nun . . . (hier folgt, der Name eines bekannten Bruders) als einen der Verbündeten der Ränke des Feindes (!) betrachten und sich dementsprechend verhalten.' (WT 1926:352). 'Und sich dementsprechend verhalten' - also noch eine Aufforderung an Gottes Volk. diesen Protestanten als einen Gesetzlosen zu hassen, den betreffenden Wahrheitszeugen als einen Verbündeten des Feindes zu betrachten." S. 28

Der hier erwähnte "bekannte Bruder" war kein geringerer als der Leiter des Zentraleuropäischen Büros der WTG in der Schweiz, Conrad C. Binkele aus den USA. Der entscheidende Anstoß für ihn war der jetzt 50 Jahre, mehr als eine Generation zurückliegende WTG-Endzeittermin von 1925, den WTG-Präsident J. F. Rutherford "von Gott" verkündet hatte.

"Trotz aller Erfolge blieb Bruder Russell 'klein', demütig. Nicht, daß er nie einen Fehler machte, aber wenn wir bedenken. daß er nicht ein oder zwei oder fünf oder zehn Jahre, sondern fast ein halbes Jahrhundert der gesegneten Bewegung 'vorstand', dann werden wir ehrlicherweise sagen, daß er während dieser langen Zeit wenig Fehler machte, und daß er seine Gottergebenheit, seine Demut, seine Nachsicht 'anderen' gegenüber in einer Weise bewies, wie selten jemand. Wissend, daß selbst beim Gottesvolke die Neigung besteht, den Führern einer Bewegung zuviel Ehre entgegenzubringen, war er mit Sorgfalt darauf bedacht, über das zulässige Maß hinausgehende Ehrungen und Anerkennungen bescheiden, manchmal auch deutlich abzulehnen. Das gerade machte ihn groß in den Augen der ähnlich Treuen und Demütigen. Dies ist unser Bekenntnis über ihn, nachdem er die Bühne dieses Erdenlebens verlassen hat … Noch heute hört man von solchen, die die Wahrheit kennen und wertschätzen, das Bekenntnis: 'Wie schön sind die alten Wachttürme!' Wir bezeichnen es nicht nur als unanständig, sondern als im höchsten Grade verwerflich. wenn solche, die diesen Mann noch außen zu achten vorgeben, sagen, daß sich der Teufel hinter den alten Wachttürmen verstecke! (WT 1925:272). 0, wie lieblos und bitter". S. 35f.

"Wenngleich nicht behauptet werden kann, daß Bruder Russell in jedem Punkt der biblischen Lehre klar sah, oder klarer sah, als irgendein anderes Gotteskind seiner Tage, so muß doch die Tatsache erwähnt werden, daß er einen besonders dunklen Punkt, eine besonders gefahrdrohende Sache früh und deutlich sah. Der 'Wachtturm' ist der offenkundige Beweis dafür. Wenn 'wir seine Seiten lesen, so finden wir, daß Bruder Russell von Zeit zu Zeit gegen unnüchterne Gedanken im Schoß der Kirche auftreten mußte. Nicht nur das. Gleichzeitig mit den mancherlei abwegigen Gedanken kam das uralte Übel auf: Ehrgeiz. Bruder Russell sagt ganz richtig, daß ehrgeizige Führer 'auch meist die falschen Lehren aufbringen' ", (WT 1917:59) - S. 38.

"Dies sind Mahnworte, die Bruder Russell sechs Jahre vor seinem Tode schrieb. Wie bedeutungsvoll sind sie! Wie gesagt, fast mit Seherblick sah dieser demütige Diener der Kirche des lebendigen Gottes im Kreise der Gläubigen die Dinge, die schneller und schneller aufkamen, um noch seinem Tode, in unseren gegenwärtigen Tagen , das Heiligtum Gottes ungehemmt zu verwüsten. Mit ihrer Autorität erstickten neue Führer dieser so einst segensreichen Bewegung das Wahrheitsleben der Kirche und die gottgewollte Freiheit, und jede Wahrheit wurde durch wieder hervorgebrachte alte und auch völlig neue Irrtümer entweiht, die man noch als neues Licht ausgab. Freilich schliefen die Wächter auf Zions Warte nicht, aber jeder Widerspruch, den diese wahrhaft Ihm Geweihten aus Liebe zu Ihm und zu Seiner Wahrheit gegen die angemaßte Autorität und gegen die Verdrehung der kostbaren Wahrheit erhoben. ward und wird mit Machtmitteln, über die die Beherrscher der Gewissen des Volkes Gottes in so reichem Maße verfügen, als Kritik 'am Herrn' (!), als Verleumdung niedergeschrien." S. 48f.

"Wenn Gottes Knechte gegen falsche Methoden oder Lehren oder angemaßte Autorität auftraten, so geschah das nicht aus eitler Oppositionslust oder aus der Sucht, zu verleumden, sondern aus heißer Liebe zum Herrn, dessen Güter ihnen über alles gingen. Das Bloßstellen falscher Lehren ist unter Umständen eine unumgängliche Pflicht, und wir würden uns einer Unterlassungssünde schuldig machen, wen wir schweigen würden, während das Übel unter Gottes Volk wütet." S. 49.

"Aus den Zitaten aus Bruder Russells Feder kann ersehen werden (das betonen wir immer wieder), daß Bruder Russell das Emporsteigen dieser üblen Dinge immer deutlicher sah. Das geht auch schon daraus hervor, daß manchmal Artikel, in denen er sie beschrieb, mehrmals nachgedruckt wurden. Und mit ihm empfanden auch andere Gottergebene die Notwendigkeit, stets fort auf diese Dinge aufmerksam zu machen." S. 51.

"Ach, daß doch alle vom Volke Gottes frei und willens wären, die Dinge so zu sehen und zu nehmen, wie sie wirklich sind! Die meisten werden sie nicht sehen. Die meisten werden die ihnen angelegten geistigen Fesseln nicht als solche ansehen, sondern sie als Schmuck, als Ehrenzeichen und Ausweis von Charakterstärke betrachten und tragen!

Ja, die Rechtglaubigkeit wird von dem Besitz solcher zweifelhaften Zitate abhängig gemacht. Wir empfehlen, die sehr treffenden Ausführungen Bruder Russells hierüber in Bd. 3:174-178 (Schriftstudien) nachzulesen."

"Neun Jahre vor seinem Tode hielt es Bruder Russell für weise, etwas von den Dingen, die wir auf den vorigen Seiten anführten, sogar in seinem Testament zu erwähnen. Diese Feststellung ist außerordentlich wichtig. In diesem seinem letzten Willen und Testament gab er als Grund für eine dort erwähnte Forderung an, 'das Komitee und die Zeitschrift (den W. T.) vor jedem Geist des Ehrgeizes, des Hochmutes und der FÜHRERSCHAFT zu schützen, damit die Wahrheit um ihres eigenen Wertes willen erkannt und wertgeschätzt werden möge, und damit der Herr in immer besserer Weise als das Haupt der Kirche und die Quelle der Wahrheit erkannt werde." (WT 1917:22).;S. 52.

Alle diese Mahnungen und Warnungen fruchteten bei einem Teil der Führerschaft nichts. Für diesen Teil der Diener in der Herauswahl waren die Mahnungen nur dazu da, um weggeworfen zu werden. Wären die lieben Geschwister als wirklich ernste Bibelforscher allgemein solchen Bestrebungen entgegengetreten, dann hatte das Feuer unter der Oberfläche nie und nimmer so rapide um sich greifen können. Aber nur wenige wachten und wagten. Die meisten taten in dieser Hinsicht nichts oder nicht viel. Man meinte, daß das doch alles Brüder seien, durch die uns die Wahrheit zuteil geworden, man meinte ferner, daß. sie über unsere Seelen wachten. Ja, man meinte noch viel mehr, zunächst schüchtern, bald aber sicherer. Und jetzt gilt es als eine Selbstverständlichkeit, "daß es nicht Brüder sind, die uns den Wachtturm schreiben." (WT 1927:32). Wenn uns daher ausdrücklich gesagt wird, daß die den Wachtturm schreibenden Brüder göttlich inspiriert seien, so bestätigt dies nur, daß der in der angeführten Wachtturmstelle ausgesprochene Gedanke von uns richtig aufgefaßt worden ist. Man sah auch, daß die, die gegen solche üblen Erscheinungen auftraten, manchen Bannstrahl empfingen, aber man wollte doch in Ruhe und Frieden leben. Man fühlte zeitweise auch deutlich, daß manches wirklich nicht stimmt, und daß die "Protestanten" für wirkliche Wahrheit eintraten, aber man ließ sie, diese wenigen Mutigen, allein kämpfen. Natürlich kämpften sie und sahen nicht auf ihre schwachbesetzten Reihen, schauten sie doch allein auf Ihn, der ihre Stärke war. War man eine Zeitlang geneigt, die Bestrebungen dieser Protestanten noch Reinigung der Lehren von fremden Bestandteilen wenigstens gutzuheißen, so schwand auch dies nach und nach, weil die Einflüsse von jener Seite, die mit großem Schneid am Werke waren, überwogen und schließlich - "überzeugten". Und nicht nur einmal haben wir es erlebt, daß Geschwister, die eine Zeitlang schon soviel Unterscheidungvermögen hatten, um das Bedenkliche des Kurses der Leitung in Methode und Lehre sehen zu können, so befestigt wurden, daß sie mutig, unüberlegt gegen die auftraten, deren Bedenken ob der neuen Methoden und Lehren sie noch kurz vorher teilten." S. 52f.

"Hat das Volk Gottes seine Autorität gewahrt? Ist es den Machtlüsternen entgegengetreten? Im allgemeinen nicht, nur einzelne stehn auf Wacht'. Man kann heute mit viel Berechtigung wieder jene über das vorbildliche Gottesvolk gesprochenen Tadelsworte gebrauchen, die davon reden, daß Entsetzliches geschieht: Falsche Weissagung, Beherrschung des Volkes durch Priester unter der Leitung der falschen Weissager, und - das Volk liebt es so! (Jer. 5:31).

Das Volk, eingefangen und eingespannt in goldene und edelsteinbesetzte Fesseln, des Denkens und klaren Forschergeistes. beraubt, kann fast nichts mehr. Wie traurig!' S. 56f.

Sachlich dem Thema Sadlack zuzuordnen ist auch der nachfolgende Artikel aus der CV 78 (Januar 1976)

STRICH DURCH DIE ENDZEITZAHLEN

Zum Jahr 1914 - Aus aktuellem Anlaß von W. Müller +

Eine völlige Abkehr von jeglicher endzeitlicher Chronologie fordert Br. Emil Sadlack, Mitbegründer der "Freien Bibelgemeinden" (BRD), die nach dem Tode von C. T. Russell radikale Konsequenzen aus der damaligen WT-Fehlverkündigung von 1914 in Deutschland zogen. Br. Sadlack hält die Berechnungen Russells mit den endzeitlichen Daten 1874, 1878, 1881, und 1914 für überholt, durch den Zeitgang widerlegt und darum außer Kraft gesetzt. Es war noch seiner Meinung "eine Verkehrung der Tatsachen", wenn nach dem Tode Russells zu seiner Rechtfertigung gesagt wurde, er habe für 1914 nicht den Antritt des 1000jährigen Reiches, sondern den 1. Weltkrieg vorausgesagt. Im WT vom April 1914 lautete es ganz anders: "Die diesjährige Hauptversammlung in Barmen dürfte die letzte ihrer Art sein. Das sagen wir im Glauben an das beste prophetische Wort". Russell selbst hatte in Bd. 2 der Schriftstudien 7 Beweise dafür angeführt, daß 1914 jede menschliche Herrschaft aufhören werde. Wenn aber diese Voraussage sich nicht erfüllen sollte?

Br. Sadlack schreibt: "Als Russell vor dem ersten Weltkrieg gefragt wurde, was zu sagen wäre, wenn die für 1914 verkündigten. großen Ereignisse ausblieben, antwortete er mit eindeutigen Worten: daß eine solche Tatsache die veröffentlichte Chronologie als unrichtig erweisen würde. Er bemerkte dann noch: Das würde zu einem unreparierbaren Wrack machen … unsere Darlegungen, welche … den Beginn der Ernte markieren. Keine von diesen würde länger brauchbar sein". Angesichts dieser eindeutigen Erklärung Russells hält es Br. Sadlack für befremdlich, daß immer noch an der Chronologie Russells festgehalten wird. Man behalf sich zunächst mit dem Hinweis auf eine "Nachernte", für die eine Frist von drei Jahren angenommen wurde. Aber inzwischen sind mehr als 50 Jahre vergangen. Besonders der Hauptteil der Bewegung der Bibelforscher, die Zeugen Jehovas, habe den Weg der Demut in diesen Fragen verlassen und bald nach Russells Tod in straffer Organisation ein eigenes Werk aufgezogen. Das führte dazu, daß eine beträchtliche Zahl von Wahrheiten, die Russell auf den Leuchter gestellt hatte, ihrer Kraft, ihres Wahrheitsgehaltes beraubt oder ganz verworfen wurde. Die Zeugen seien eine herrschsüchtige Bewegung geworden, ihre Führer haben leichtfertig neue Lehren konstruiert, um sich als "Alleinige" zu proklamieren, während alle anderen Gläubigen summarisch verdammt wurden. Sie führen eine überhebliche, richterliche Sprache, die nicht das Zeichen des heiligen Geistes trägt.

Wenn Br. Sadlack die ganze Endzeitberechnung Russells durchstreicht, dann hat er ganz sachliche und wahre Gründe. Es geht ja nicht bloß um die vier Jahreszahlen zwischen 1874 und 1914. Auch nicht nur um die kunstvollen Berechnungen und Herleitungen aus biblischen Texten. Mit diesen Berechnungen und Jahreszahlen hatte Russell ja lediglich etwas anderes und viel Mächtigeres und Zentraleres deutlich ausgesprochen, nämlich eine hochgespannte Enderwartung. Diese wiederum ist aus einem breiten Untergrund der Geschichtsverzweiflung und der ungeduldigen, drängenden Sehnsucht noch einer totalen und wunderbaren Änderung aller Verhältnisse heraufgewachsen. Die vier Zahlen sind also nicht nur etwas Äußerliches und Abtrennbares. Die Leitung der Zeugen Jehovas hat das begriffen. Deshalb hält sie so zäh an den Zahlen fest, besonders an 1914, und behilft sich mit fragwürdigen Umdeutungen, nur um die Endzeiterwartungen retten zu können. Br. Sadlack mahnt: "Die Chronologie kann und darf nicht Grundlage einer Glaubensschau sein. Wir warnen ernstlich diejenigen, die geradezu ein Zahlenspiel mit biblischen Zeitangaben betreiben. Ihre Verantwortung ist im Hinblick auf die Enttäuschung der Gläubigen, die darauf folgt, sehr groß. Es scheint, daß manche Lieben in dieser Hinsicht aus der Vergangenheit nichts gelernt haben.-

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