Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Argentinisches Verbot

Das Argentinische Peron-Regime wurde im September 1955 gestürzt. Dies wiederum ist für "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 2. 1956 Anlass genug, unter der Überschrift "Eine 12jährige Diktaturherrschaft endet", etwas über dieses Land zu schreiben. Was man zu berichten weis, klingt für die WTG nicht übermäßig erfreulich. Seit 1948 hatte sie verstärkt ihre Gileadmissionare auch nach Argentinien gesandt. Die Jahre zuvor, dümpelte ihr Werk dort eher so vor sich hin. Ablesbar auch an der dortigen Verkündigerzahl, die für für

1938 auf 128;

1945 auf 320,

1947 auf 647 und

1948 auf 927 beziffert wurden.

In den Jahren vor 1945 war das dortige Werk keinesfalls nur "glatt" vonstatten gegangen. Ersichtlich auch an der Angabe:
"Die ersten 'Schmerzen' in der Entwicklung des Werkes in Argentinien kamen in den frühen dreißiger Jahren: Streitigkeiten um Persönlichkeiten und Menschenverehrung traten zutage. Als der 'neue Name', Jehovas Zeugen, angenommen und das 'Wahlältesten-System' aufgegeben wurde, fielen einige ab und verließen die Organisation. Einmal wurden Unterschriften gesammelt, um Bruder Rutherford zu ersuchen, Bruder Muñiz als Zweigdiener abzusetzen. Einige, die unterschrieben hatten, kehrten später um und anerkannten die Ernennungen der theokratischen Organisation. Die Gruppen in Mendoza und Rosario erlitten zu verschiedenen Zeiten ähnliche Rückschläge."

Übrigens, auch Deutsche waren dort missionarisch tätig. Genannt werden Josef Bahner und auch Josef Niklasch. Letzterer ist ja auch noch besonders durch seine Rezitation des: "Ich bleibe standhaft" in dem gleichnamigen WTG-Video bekannt geworden.

Eine Odyssee hat sicherlich Niklasch hinter sich. Hauptamtlich in WTG-Diensten stehend, schon in deren Büros in Prag und Haarlem (Niederlande) während der Nazizeit, führten die widrigen politischen Verhältnisse schließlich im Jahre 1940 auch zu seiner Inhaftierung. Er überlebte aber diese Zeit. Nach 1945 dann im WTG-Büro Magdeburg tätig, hat es ihn dann offenbar - auf WTG-Anweisung - zeitweilig nach Argentinien verschlagen. Ab 1956 war er dann wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

Das 1972er ZJ-Jahrbuch weiß zu berichten:
"Schließlich, im August 1950, wurde das Werk der Zeugen Jehovas offiziell verboten. Aus Resolution 351 des ministeriellen Erlasses wird als Grund angegeben, daß 'die Organisation [der Zeugen Jehovas] gegen die geheiligten Prinzipien der Magna Charta sei, indem sie Lehren verbreite, die gegen die bewaffneten Streitkräfte und gegen den Respekt seien, der dem nationalen Symbol gezollt werden sollte'. Immer und immer wieder haben Jehovas Zeugen durch ihre Vertretung im Lande um ihre Anerkennung nachgesucht, damit sie die gute Botschaft vom Königreich ungehindert predigen könnten, wie dies von der argentinischen Verfassung gewährleistet wird, doch bisher ohne Erfolg."

Als Drahtzieher im Hintergrund bezichtigt die WTG die katholische Kirche, was durchaus einige Plausibilität hat. Immerhin meint sie triumphieren zu können, dass trotz dieser Verbots-Umstände, ihr Werk dort weiter voran ging, ersichtlich auch an der Zahlenangabe. Zum Zeitpunkt der Verbotsaussprechung 1135 Verkündiger. Sechs Jahre später: 3865.

Gemessen an den Verbotskonditionen der Ostblockländer, scheint es aber in Argentinien relativ lasch gehandhabt worden zu sein. Ersichtlich, dass man im 1972er Jahrbuchbericht auch davon berichtet. 1956 habe man im Lande (Argentinien) mit dem Druck des "Königreichsdienstes" und sonstiger WTG-Formulare begonnen.

1958 attackierte man dann die argentinische Regierung mit weltweit versandten Protestbriefen, die eine Verbotsaufhebung forderten. Dazu notiert die WTG:
"Obwohl der Standpunkt der Regierung negativ blieb, indem sie sich auf den Erlaß 416 vom Jahre 1959 bezog, der den früheren Erlaß 351 vom Jahre 1950 stützte, wurde doch den Männern, die in Argentinien an der Macht sind, ein ganz vorzügliches Zeugnis gegeben."

Andererseits erfährt man:
"Bruder Knorr hatte versuchsweise den Entwurf für ein neues Zweigbüro vorbereitet, der später überarbeitet wurde, um ihn den städtischen Bauvorschriften anzupassen. Als diese Pläne von der städtischen Behörde in Buenos Aires und von Bruder Knorr schließlich genehmigt wurden, begann die Arbeit am neuen Gebäude. Das war im Oktober 1961. Bis zum Oktober des folgenden Jahres, konnte es bezogen werden."

Das spricht dann wohl doch eher für ein Detailverbot. Aber keineswegs für ein Gesamtverbot im Stil der Ostblockländer. Auch die nachfolgenden Verkündigerzahlen aus Argentinien weisen kontinuierliche Zuwächse auf, wie sie auch etliche andere Staaten aufweisen.

Zur Zeiten der Militärjunta in den siebziger Jahren, gab es dann in Argentinien 1976 ein erneutes Verbot. Dazu verwendet die WTG die Formulierung

"Aber das Werk der Zeugen Jehovas in Argentinien stand bereits seit 1950 unter Verbot. Sollte das bereits verbotene Werk nochmals verboten werden? Die Antwort kam unverzüglich. ..."

Man muss es wohl nochmals wiederholen. Solch drastische Auswirkungen wie die Ostblockverbote, hatten die argentnischen Verbote wohl nicht. Die WTG überlebte auch diese "Nadelstiche".

1956er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte