Mexiko

Raymond Franz kommt in seinem Buch "Der Gewissenskonflikt" auch auf das an die USA angrenzende Land Mexiko zu sprechen. Dort gibt es in der Tat einige Besonderheiten, die man so in anderen Ländern nicht vorfindet. Man kann auch durchaus fragen, ob diese Besonderheiten nicht schon verdächtig ähnlich mit den Praktiken gewisser totalitärer Staaten, die Religion betreffend sind. Sie mögen zwar noch nicht die fragwürdige Qualität der totalitären Staaten erreichen, streifen sie aber doch schon ziemlich hart.

Unter Bezugnahme auf die Situation der Zeugen Jehovas in Mexiko berichtet Raymond Franz:

"Als Folge der mexikanischen Revolution ist es nach der Verfassung jeder religiösen Organisation untersagt, Eigentum an Immobilien zu haben. Das läßt sich darauf zurückführen, dass die katholische Kirche jahrhundertelang über riesige Ländereien und andere Besitztümer im Land verfügte. Kirchliche Gebäude und Grundstücke unterstehen der Obhut des Staates, der den Religionsgemeinschaften deren Nutzung gestattet. Ausländische Missionare und kirchliche Würdenträger erhalten in Mexiko keine Erlaubnis zur Amtsausübung, da es in der Vergangenheit eine Ausbeutung durch Geistliche aus fremden Nationen gegeben hatte. Welche Auswirkung hat das auf Jehovas Zeugen gehabt?

Die Administration der Weltzentrale der Zeugen Jehovas hat vor langer Zeit entschieden, dass sich Jehovas Zeugen in Mexiko wegen der dortigen Gesetzeslage nicht als religiöse, sondern als kulturelle Organisation ausgeben. Die ortsansässige Vereinigung La Torre del Vigia, wurde bei der Regierung in Mexiko in diesem Sinne eingetragen. Daher kommt es, dass Jehovas Zeugen in Mexiko nicht sagen, sie hielten religiöse oder biblische Zusammenkünfte ab, sondern kulturelle Versammlungen. In diese Zusammenkünften wird nicht gebetet und gesungen, genausowenig wie auf den Kongressen. Bei ihrer Tätigkeit von Tür zu Tür haben sie nur Wachturm-Literatur dabei (von er sie sagen, die Watch Tower Society stelle sie ihnen 'als Hilfsmittel für ihre kulturelle Arbeit' zur Verfügung!

Eine Bibel haben sie nicht mit, da das zeigen würde, dass sie eine religiöse Tätigkeit ausführen. Örtliche Gruppen der Zeugen Jehovas heißen nicht Versammlung oder Gemeinde, sondern 'Freundeskreis' (compania). Es wird nicht von Taufen gesprochen, dafür wird dasselbe unter dem Namen 'das Symbol' durchgeführt."

Der katholische Nazi, Hans Jonak von Freyenwald, kam in den dreißiger Jahren in seiner einschlägigen Schrift, auch beiläufig auf den Fall Mexiko zu sprechen. Nachdem er auf die von Balzereit verfasste Pseudonymschrift "Die größte Geheimmacht der Welt" zu sprechen kam, nimmt er auch auf einen darin enthaltenen Passus, Mexiko betreffend Bezug.

Jonak schrieb: "In seiner Bewunderung für die Freimaurerei erklärt er (Balzereit alias P. B. Gotthilf) z. B., dass in Mexiko aller Fortschritt den Freimaurern zu verdanken ist. Dies schrieb Gotthilf zu einer Zeit, wo in Mexiko eine der blutigsten Christenverfolgungen der Neuzeit begann."

Jonak redet also, aus katholischer Sicht, von einer blutigen Christenverfolgung in Mexiko. Er moniert, dass die Bibelforscher/Zeugen Jehovas, sich in dieser Auseinandersetzung mit auf die Seite der Gegner der katholischen Kirche gestellt hätten. Dies ist für ihn ein weiterer Beweis für seine Aversionen.

Um diese Sachlage besser würdigen zu können, sei nachstehend noch aus einem zeitgenössischen Artikel der Zeugen Jehovas, zum Fall Mexiko, zitiert; der in der Ausgabe ihrer Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" vom 1. 9. 1936 erschien:

"Aus katholischer Quelle stammende Nachrichten weisen in letzter Zeit immer wieder daraufhin, dass Länder wie Spanien und Mexiko fast gänzlich dem Kommunismus verfallen sind, der sie in den Abgrund der Anarchie stürzt. Schauen wir uns jedoch den Sachverhalt näher an, so finden wir, dass sich diese 'Anarchie' nur dadurch offenbart, dass die Kirchen in Flammen aufgehen und in ähnlicher Weise der Groll gegen die Pfaffen Ausdruck gegeben wird, die das Land bedrückt und ausgebeutet haben. Was Wunder, wenn das Volk in Erkenntnis der wahren Urheber ihres jahrhundertelangen Elends in Zorn gerät und vielleicht etwas zu ungestüm das klerikale Joch abschüttelt. Die Schuld hierfür trifft jedoch die katholische Kirche selbst, die bekanntlich vor nichts zurückschreckt, wenn das Volk sich von ihren verderbenbringenden Umarmungen zu befreien sucht.

Für diese Herren ist es ein leichtes, selbst eine Verschwörung gegen die Landesregierung anzuzetteln, sofern sich diese von ihnen nicht am Gängelband führen läßt. Die eingangs erwähnten beiden Länder bilden zur Zeit für die ganze Welt den Schauplatz eines entscheidenden Kampfes mit der kirchlichen Sippe.

Schon vor einigen Jahren waren wir Zeugen eines Sieges der antiklerikalen Front in Spanien. Die damals zur Macht gelangte Volksregierung war sich jedoch der Intrige und Hinterlist der Söldlinge Roms noch nicht genügend bewusst, so dass das Land nahezu erneut einer klerikal-faschistischen Diktatur zum Opfer gefallen wäre.

Die Kirchen sind allerdings (in Mexiko) nicht gut davon gekommen, denn ihr gesamtes Eigentum ist verstaatlicht worden. Der Staat ist jetzt sogar Besitzer der Kirchengebäude und bestimmt, welche ganz geschlossen werden. In der Hauptstadt Mexiko sind z. B. von 300 Kirchen nur 35 tätig. Zur Ausübung ihrer Handlungen müssen die Geistlichen behördliche Erlaubnis einholen. In sieben mexikanischen Staaten wird solche Erlaubnis überhaupt nicht gewährt, in anderen dagegen besteht die Vorschrift, dass die Geistlichen verheiratet sein müssen, was den katholischen Priestern praktische jegliche kirchliche Betätigung verunmöglicht.

Selbstverständlich steht die katholische Kirche mit dem jetzigen mexikanischen Regime auf offenem Kriegsfuß und versuchte noch im Dezember vorigen Jahres einen klerikal-faschistischen Umsturz durchzuführen.

Die Regierung liquidierte jedoch rasch diesen Anschlag, verhaftete zahlreiche Abenteurer, die sich in das römische Netz verstricken ließen, und verwies den Erzbischof von Mexiko des Landes.

Unseres Erachtens war das eine viel zu gelinde Strafe für diesen widerspenstigen Kirchenfürsten. Wegen solcher in Mexiko jetzt herrschenden Verhältnisse läßt die katholische Kirche überall Alarm blasen und die Herrscher dieses Landes als Gottesleugner und Kommunisten schlimmster Sorte hinstellen. Das gegenwärtige mexikanische Herrschersystem ist jedoch nicht kommunistisch, nicht einmal sozialistisch, sondern lediglich liberal. Wenn jedoch die mexikanische Regierung im Kampfe mit der katholischen Kirche ähnliche Methoden anwendet wie das bolschewistische Regime in Russland, so gewiss aus tiefster Überzeugung, dass andernfalls die schwarze Mafia das Land bald wieder unter ihre Knute bringen

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1936er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte