Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Der "liebe" Bruder Russell

Gleich und gleich - und dennoch nicht gleich!
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 30. September 2013 01:40
Im Zeitspiegel
Gleich und gleich - und dennoch nicht gleich!
Samuel Limbach, Herausgeber einer in der Schweiz erscheinenden Zeitschrift, mit dem Titel „Weissagungsfreund" wie soll man den nun einordnen?
Wollte nicht die Bibelforscher-Organisation der Frühzeit, mit Ausläufern bis in die Gegenwart, auch eine Art „Weissagungsfreund" sein?!
Im Falle Limbach zeigt sich wieder mal, die sich (mit Abstrichen) inhaltlich am nächsten stehen, können eben wegen dieser Nähe dennoch zum „Lieblingsfeind" mutieren.
Sicher gab es auch Differenzen theologischer Art, zwischen den Russelliten und Limbach. Aber eben auch nicht unbeträchtliche „Schnittmengen".

In der März-Ausgabe 1913 seines „Weissagungsfreund" sprach Limbach diese Differenzen mal an.
Als Überschrift wählte er : „An ihren Früchten sollt ihr Sie erkennen" und führte dann aus:

„Wir haben vor einigen Jahren einen Artikel im Weissagungsfreund gebracht, mit der Überschrift „Prüfet die Geister!" der vor allerlei falschen Propheten unserer Zeit warnte, unter anderem vor dem Gründer des Milleniums- oder Tages-Anbruch-Sekte, dem Amerikaner Ch. T. Russell und seine Irrlehren, die er mit viel Pathos vorträgt und die durch die Organe dieser Sekte in Masse unter die Leute gebracht werden, wodurch viele religiös angeregte, aber unbefestigte Seelen verwirrt werden."

Als Irrlehren meint er bezeichnen zu können:
„Zu dieser Irrlehre gehört die Leugnung des Fortlebens nach dem Tode, die Auferstehung Aller die Wiederbringung des Meisters im Millenium und die Vernichtung der beharrlichen Gottlosen."

Dann geht er zu eher aktuellen Aktivitäten der Russellianer über:
„Dieser Russell hat nun eine Reise um die Welt gemacht, um die bisherige Missionsarbeit zu „prüfen". Seine Visitationsreise dauerte im ganzen 116 Tage, die er zumeist auf dem Schiff zubrachte.
Eine solche Visitationsreise im Flug um die Welt nennt er eine „sorgfältige Untersuchung".

Und mehr zum Schluß kommend fügt er noch mit hinzu:
„Und wenn dann ein solcher Prophet sich noch dazu vor Gericht mit seiner geschiedenen Frau herumschlägt, so zeigt auch dies, dass er ein falscher Prophet ist.
Wir warnen somit auch noch einmal nachdrücklich vor ihm und seinen Lehren - besonders den Zeitschriften „Zions Wachtturm", „Volkskanzel", „Jedermanns Blatt".

Man kann zwar nachvollziehen, das Bibelforscher-Kreise über dieses Votum nicht sonderlich angetan sein werden. Dennoch hat sich Limbach mit seinen Ausführungen durchaus im Rahmen des zulässigen bewegt.
Das ändert nichts daran, dass er mit einiger zeitlicher Verspätung dann noch Post von den Bibelforschern erhielt, worüber Limbach im Jahrgang 1914 seines Blattes dann noch schrieb.
Datiert vom 20. März 1914 schrieb ihm, wie das Schreiben unterzeichnet war, ein „Dr. Emil Lanz
Präsident des Schweiz. Zweiges der I.V.E.B."

Lassen wir mal jetzt den Umstand außer Betracht, dass in späteren Jahren, auch ein Emil Lanz noch den WTG-Staub von seinen Füßen schüttelte (und er war sicherlich nicht der einzigste über den diese Feststellung getroffen werden kann).
Aber entscheidend ist ja nun, das Herr Lanz im Jahre 1914 noch unter der WTG-Fahne segelte.
Herr Lanz entschuldigt sich in einem Schreiben aus dem Jahre 1914 an Limbach erst mal, dass ihm der inkriminierte Artikel nur verspätet bekannt geworden sei.
Da kann man schon mal kommentierend anmerken. Also auch Lanz verfolgte die Käseglockenpolitik (nicht nach links und nicht nach rechts zu schauen. Ausnahmen nur dann, liegt plötzlich ein Stein im Wege).
Es wäre ja denkbar, dass er jenes „Geistesverwandte" Blatt auch als Abonnement bezogen hätte. Dann hätte er sicherlich zeitnaher Kenntnis, von dem in seiner Sicht „Stein des Anstoßes", was aber offenbar nicht der Fall war.
Herr Lanz gedachte nun auch nicht, sich umfänglich mit den Ausführungen mit „Weissagungsfreund" auseinanderzusetzen.
Er zog es vor, sich nur auf einen speziellen Punkt „einzuschießen."
In dem Schreiben des Lanz las sich das dann so:
„Ihr Artikel enthält und anderen den Passus

„Und wenn dann ein solcher Prophet noch dazu vor Gericht mit seiner von ihm geschiedenen Frau herumschlägt ..."

Damit haben sie ein Pressedelikt begangen, das sich als eine Unwahrheit und Verleumdung qualifiziert und das gerichtlich verfolgbar ist.
Da sie sich aber bereit erklärten in der nächsten Nummer des Weissagungsfreund eine sachliche von uns redigierte Richtigstellung zu veröffentlichen, sehen wir von einer gerichtlichen Verfolgung ab und fordern Sie hiermit auf, dieses Schreiben in extenso in der April-Nummer ihres Blattes zu veröffentlichen.
Tatsache ist nur soviel, das Frau Russell, die der Frauenrechtsbewegung huldigte und ihren Mann nicht dazu bekehren konnte, vor Jahren gegen ihn eine Trennungsforderung vor Gericht einreichte, welchen auch entsprochen wurde, als die Richter erkannten, dass ein weiteres Zusammenleben unter diesen Umständen unmöglich geworden war. Von einer Scheidung aber, der ganz andere Ursachen zu Grunde liegen müssen, war überhaupt nie die Rede.
Wir billigen ihn gerne die ihr Delikt mildernde „bona fides" in der Angelegenheit zu und wollen sie auch vorderhand nicht weiter in Verlegenheit bringen durch Widerlegung ihrer weiteren Äußerung über Pastor Russells Welt-Missionsreise. Die nobel und wahrhaft christlich gesinnten Leser ihres Blattes werden ganz von selbst die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen wissen und die Motive die sie zur Veröffentlichung resp. Weitergabe unwahrer Gerüchte, wie im vorliegenden Falle bewogen, nach ihrem sittlichen Wert zu taxieren verstehen. Dies zu ihrer persönlichen und zur Orientierung aller, die Pastor Russell lieber alles andere nachreden als etwas Gutes."

So so, da belehrt also Herr Lanz über die Unterschiede zwischen einer Trennung und einer Scheidung.
Nun soll es doch wohl so sein: Tatsächlichen Scheidungen, pflegt immer eine Trennung vorauszugehen.
Erfolgt dann der nächste Schritt der Scheidung, stehen damit unweigerlich, vorrangig wirtschaftliche Aspekte auf der Tagesordnung.
Auch heutzutage wird ja manchmal empfohlen in solchen Fällen, Mediatoren einzuschalten. Die können ihr Wirken für den Fall als erfolgreich verbuchen, gelingt es, diese wirtschaftlichen Aspekte im Sinne eines Interessenausgleiches, zu neutralisieren.
Die „Trennung von Tisch und Bett" indes ist so oder so, als dauerhaft einschätzbar. Hat Russell also eine wie auch immer geartete relative Verständigung mit seiner Frau erzielt, ist die Erbsenzählerei zwischen „Trennung und Scheidung" wohl eher kleinkariert.

Limbach erwähnt weiter:
„Oben erwähnter Herr legte mir ein von Russell unterzeichnetes Dokument vor, in dem er mit Berufung auf den Richter erklärt, dass er nicht geschieden sondern nur gerichtlich getrennt sei von seiner Frau. Die Unterschrift Russells - nicht der Inhalt seines Schreibens - war amtlich beglaubigt."

Auch diese Angabe, deutet dann wohl eher auf die Verwendung von Advokatentricks zur Überrumpelung des nicht geschätzten Gegners hin.

Im weiteren Verfolg dieses Disputes teilt Limbach dann noch mit:
„In „Licht und Leben" Nr. 14 (5. April 1914) S. 218 steht wörtlich zu lesen.

„Charles Russell, das Haupt der Milleniumssekte erfährt immer wieder scharfe Angriffe.
Letztes Jahr ist in New York eine Schrift erschienen mit dem Titel „Some Facts and more about the selfstyled „Pastor" Charles T. Russell".
„Haus und Herd" eine amerikanische Zeitschrift, bringt näheres darüber und die Kirchenzeitung von Cleveland Ohio, Organ der deutschen Synoden der reformierten Kirche in den Vereinigten Staaten (1913, 52) übernimmt das.
Die Schrift enthält einen ausführlichen Bericht über den Verlauf eines Anklagefalles, den Pastor Russell wegen Charakterverleumdung gegen Rev. J. J. Roß, einen Baptistenrediger, in Hamilton, Ont. angestrengt hatte.
Das Heft bringt eingangs den angeblichen Verleumdungsartikel den Rev. J. J. Roß im Juni 1912 gegen C. T. Russell veröffentlicht hatte.
In diesem Artikel wird behauptet, daß Russell niemals eine höhere Schulbildung genossen, dass er in der Philosophie und Theologie fast gänzlich unbewandert ist, dass er von den alten Sprachen nichts wüsste, obgleich er behauptet hatte, er erkenne sie, ferner dass er niemals als Prediger ordiniert wurde, dass er mit keiner kirchlichen Benennung verbunden ist, daß seine Frau sich von ihm scheiden lassen musste, wegen nachgewiesenen ungebührlichen Verhältnissen mit anderen Frauen, und dass er ein Eigentum im Wert von 35.000 Dollar für 50 Dollar veräußert habe, um die Ansprüche seiner geschiedenen Frau darauf zu verhindern.
Es wird in der Schrift weiter nachgewiesen, wie Pastors auf jede mögliche Weise dem Verhör das er selbst geleitet hatte, auszuweichen suchte, das aber, als er schließlich auf dem Zeugenstand auftrat, er verschiedene Aussagen die er gemacht hatte als unwahr widerrufen musste und dass die verschiedenen Gesellschaften die er gründet hatte, nur von ihm selbst kontrolliert werden.

Dieses Verhör fand in Hamilton, Kanada statt. Die Großgeschworenen haben am 11. April 1913 eine Entscheidung gegen Russell abgegeben. Alle Behauptung von Rev. J. J. Roß gegen ihn sind aufrechterhalten worden. Pastor Russell hat aus nachweislichen Gründen den Fall vor den kanadischen Gerichtshöfen nicht weiter verfolgt. Soweit „Licht und Leben" Wo ist nun die Wahrheit?"

Angesichts letzterer schon etwas umfänglicheren Recherchen, welche da Limbach in der Sache noch tätigte, und über die er in seinem Blatt auch noch berichtete, kann man es wohl in Zweifel ziehen, ob die WTG-Hörigen, mit ihrem Bestehen auf die Herausarbeitung des Unterschiedes zwischen einer Trennung und einer Scheidung, sich wirklich einen Gefallen getan haben.

Besteht Anlaß, den in der Schweiz erscheinenden „Weissagungsfreund" als relativ geistesnah (mit Abstrichen) zu den Bibelforschern einzustufen, so gilt diese Charakterisierung im gleichen Maße auch für das in Deutschland erscheinende „Deutsche Gemeinschaftsblatt".
Namentlich die sogenannten „Landeskirchlichen Gemeinschaften" (der Sektenflügel der „Großkirchen, welche im Gegensatz zu den „Freikirchen", die organisatorische Nabelschnur zu den „Großkirchen" noch nicht gekappt haben), bildeten in der Bibelforscher-Frühgeschichte das besondere Revier, wo letztere mit einigem Erfolg „wildern" konnten. Daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass diese auf die Russelliten nicht sonderlich gut zu sprechen waren.
In der Ausgabe vom 8. 9. 1912 beschwerte sich genanntes „Dt. Gemeinschaftsblatt" darüber, dass noch immer in ihren Kreisen, die Zusendung unerbetenen WTG-Schrifttums zu registrieren sei.
„Scheinbar vergeblich warnen die Bruderräte, der Jugendbund, die Blaukreuzzeitung und andere Vorstände vor ungerufen erscheinenden „Brüdern" und Blättern."

Dieserhalb nahm man es in diesen Kreisen aufmerksam zur Kenntnis was eine „Brooklyner Zeitung über den in Brooklyn wohnhaften „Pastor" Russell berichtet."
Auch wenn der Name jenes Blattes nicht genannt wurde, handelt es sich offenkundig um den „The Brooklyn Eagle", welcher durch auch durch scharfzüngige Karikaturen zu Russell bekannt geworden ist.
Etwa diese, welche die Geschäftstüchtigkeit des Russell aufs Korn nimmt

Man vergleiche auch die zeitgenössischen WTG-Klagen:

Nun zitiert in der Ausgabe vom 8. 9. 1912 genanntes Blatt einige Details dazu:
In der Tat auch anfechtbares etwa die Behauptung.
„Frau Russell hat sich von ihrem Manne scheiden lassen, wie verlautbart wegen Ehebruch".

Indes dieses „wie verlautbart" wird keinesfalls begründet dargelegt.
Sie sei dann

„wegen Unterhaltsgelder klagbar geworden, wies Pastor Russells Einwand, daß er mittellos und arm sei, zurück. Der Gerichtshof führte den Beweis, daß Russell ein Eigentum im Werte von 317.000 Dollar (1.341.250 Mk) der „Wachtturm- Bibel und Traktat-Gesellschaft", von welcher er Präsident ist, übertragen hat.
Zu einer Veräußerung eines Eigentums an einen Scheriff im Werte von 20.000 Dollar (85.000 Mk) für weniger den 200 Dollar (850 Mk) sagte der Gerichtshof:

„Der Zweck dieser ganzen Veräußerung war, Frau Russell ihrer Mitgift zu berauben, und es ist ein Betrug an ihr."

Auch wurde festgestellt, daß er Vermögen angehäuft habe durch Aktien, Spekulationen und durch Schenkungen seitens seiner Anhänger, die gelehrt werden, zu glauben, daß das Millenium (tausendjärige Reich) im Oktober 1914 beginnen wird."

In der Ausgabe vom 29. 9. 1912 teilt dann das „Dt. Gemeinschaftsblatt" mit, als Folge dieses Berichtes seien bei der Redaktion etliche Widerspruchsschreiben, namentlich die Details der Trennung/Scheidung eingegangen.
Daraufhin mußte die Redaktion dazu bescheiden:
„Wir möchten niemanden, auch keinem Irrlehrer Unrecht tun und nehmen daher gern Notiz von dem Scheidungsgrund, den ein amerikanisches Sonntagsblatt anführt:

„Die Scheidung wurde gewährt aus dem Grunde, weil die Geschworenen glaubten, daß die Beiden, wenn auch kein gerechter Grund zur Scheidung vorlag, doch glücklicher sein würden, wenn sie von einander getrennt lebten."

Als redaktionellen Kommentar gab es denn dazu noch den Nachsatz:
„Für einen Gottesmann und Reformator, als den Herrn Russell doch seine Anhänger hoch erheben ist auch diese beste Auslegung der geistlichen Ehescheidung eine traurige Sache; das Gericht nimmt an, seine Ehefrau, mit der er zwei Jahrzehnte gelebt, würde glücklicher sein, wenn sie nicht mehr mit ihm zu leben brauchte! -
An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!"

Der Fortsetzung der Story, begegnet man dann in der Ausgabe vom 5. 1. 1913 des „Dt. Gemeinschaftsblattes".
Russell höchstpersönlich, wandte sich in einem Schreiben an dessen Redaktion.
Nun ist nicht bekannt, dass Russell etwa der deutschen Sprache mächtig gewesen wäre. Aber bekannt ist er, dass er etliche Hörige hatte, die es konnten. Die haben ihm dann schon mal die vorzitierten Berichte "zugesteckt" und auch seine Antwort dazu ins Deutsche übersetzt.
Nun also bekam die Redaktion Post von Russell. Namentlich schießt er sich darin auf den Vorhalt der Scheidung ein, und belehrt die Redaktion:
„Ich verlange nun als einen Akt der Gerechtigkeit mir und meinen dortigen Freunden gegenüber, daß sie folgende Tatsachen, die ich hiermit bezeuge, veröffentlichen."

Und dann legt er mit seiner Sicht der Dinge los:
„Meine Frau, welche ehrgeizig und der Frauenrechtsbewegung verfallen war, verlangte meine Geschäftsangelegenheiten zu leiten und suchte sie unter ihre Kontrolle zu bringen, womit ich mich nicht einverstanden erklären konnte.
Sie wurde böse gegen mich und reichte eine Klage auf Trennung ein.
Sie klagte nicht auf Ehescheidung und so konnte ihr auch keine gewährt werden."

Und weiter:
Der Gerichtshof „urteilte, daß weil es nicht gut möglich sei, weiter in Eintracht zusammen zu leben, es besser sei, dem Antrag auf Trennung Folge zu leisten.
Von der Zeit ab leben wir getrennt von einander.
Der Antrag, welchen meine Frau auf Trennung einreichte, enthielt keine Anklage auf Ehebruch; diese Frage kam deshalb überhaupt nie vor Gericht; und so war der Urteilsspruch in keiner Weise von einer solchen Klage beeinflußt.

Die einzige Bezugnahme auf Ehebruch ist auf Seite 10 und 11 der gerichtlichen Protokolle enthalten und zwar in bezug auf das Zeugnis, welches ich hier wiedergebe:
Herr Porter (Rechtsanwalt der Frau Russell)
„Wir erheben keine Anklage auf Ehebruch."
Frage, welche Herr Porter an Frau Russell richtete:
„Sie meinen nicht, daß Ihr Mann des Ehebruchs schuldig sei?"
Antwort: „Nein".

Offenbar sahen das einige zeitgenössische Blätter (in den USA) nicht ganz so, wie es Russell darstellt, denn der Bericht geht weiter mit der Angabe:
„Auf Anraten meines Anwalts verklagte ich (ein) Blatt wegen Verleumdung, und als der Herausgeber den wahren Sachverhalt erfuhr, war er sofort bereit voll und ganz die Aussage zurückzunehmen."

Neben der Streitfrage Trennung/Scheidung kamen im weiter oben zitierten Ausgangstext auch gewisse fiskalische Aspekte mit zur Sprache.
Nachdem er sich desweiteren, lang und breit, unter Hinweis auf biblische Beispiele als zu Unrecht verfolgt stilisiert, geht es in seinem Schreiben weiter mit den Sätzen:
„Die Beschuldigung, daß ich meine Frau betrogen hätte, indem ich mein Besitztum einer Gesellschaft vermachte, ist ebenfalls ungerecht und unwahr. Der Tatbestand (sei) folgender:
Lange vor der Trennungsklage hatten wir beide, meine Frau und ich, all unser Geld und Eigentum dem Herrn geweiht ... Und hernach vermachten wir all unsere irdische Habe der Gesellschaft ...
Anstatt meine Frau um ihre Rechte zu betrügen, habe ich jede Fürsorge für sie getroffen.
Das Gericht sprach ihr eine Rente zu, welche ihr auf vier Jahre zum voraus bezahlt wurde."

Und seinen vom 20. 9. 1912 datierten Brief an die Redaktion beendet er mit der weiteren Angabe; würde besagte Redaktion folgsam, und ungekürzt seine Gegendarstellung abdrucken,
„Wenn Sie dieser Aufforderung nachkommen, will ich (Russell) den Vorfall als erledigt betrachten."

Dieser Folgsamkeit entsprach zwar die Redaktion, konnte es sich aber doch nicht ganz verkneifen, dann noch ein eigenes redaktionelles Nachwort anzufügen:
„Überzeugt sind wir nicht. Schon die von R. selbst angeführte Begründung, daß es nicht gut möglich sei, weiter in Eintracht zusammen zu leben, ist für uns eine Schmach für einen Gottesmann ..."

In der CV 139 gelesen (etwas gekürzt):

"Er war einer der Pioniere in der Entwicklung der erfolgreichen Idee von Ketten-Geschäften, die seitdem viele Männer bereichert hat. Kaum hatte er das Jahr seines Erwachsenseins hinter sich, war er eine Viertelmillion Dollar wert. Sein Wohlstand vermehrte sich sprunghaft. Dies war in den frühen 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Rockefeller war da national noch unbekannt. Die bekannten Millionäre jener Tage konnten an den Fingern abgezählt werden. Russell befand sich im Rennen nach kommerzieller Vorherrschaft. Keiner, der die Fakten kannte, konnte vernünftigerweise daran zweifeln, daß er der Rivale von John D. Rockefeller geworden wäre um den Titel 'der Erde reichster Mann'. Dies war seine legitime Aussicht in dem Alter von weniger als 25 Jahren".
(The Laodicean Messenger being the Memoirs of the Life, Works und Character of That Faithfuil und Wise Servent of the Most High God, S. 6, 155f, 1923 Bible Educational Institute Chicago, III, USA A Memorial.)

Geheimfond in Gold, Dollar und USA-Regierungs-Schuldscheine
"Unter der Direktion und Kontrolle von Russell wurde die Gesellschaft der Depositar von Summen und Freunden. Ein Fünftel dieser Summen wurden beiseite gesetzt als eine Stiftung für künftige Kontingente, die sich irgendwie erforderlich machen. Er machte einen 'geheimen Platz' aus, irgendwo außerhalb des Bethel, nur einer Person neben ihm bekannt. An diesem 'geheimen Platz' verbarg er sicher diese Stiftung, meist in Gold, aber einiges in Münzen und Schuldscheinen der Vereinigten Staaten.

Als Bruder Russell starb, gab es niemanden, der irgendwas über diese Stiftung wußte, außer diesem vertrauten und treuen Diener.
Im Sommer 1918, als die Brüder im Bethel überführt und ins Bundesgefängnis gebracht wurden, packte dieser vertrauliche Diener die immense Summe Geld in zwei Koffer und trug sie in derselben Nacht in eine andere Stadt.
Die Geldsumme war so groß, daß es nötig war, drei solche Reisen zu machen. Sie bestand aus:
70 000 Dollar in Gold
30 000 Dollar in Währung
62 000 Dollar in Schuldscheinen der Regierung der Vereinigten Staaten
Ein Total von 162 000 Dollar, die dem Präsidenten der Gesellschaft (J. F. Rutherford Anm.) übergeben wurden, als er aus dem Gefängnis kam". (The Laodicean Messenger… desgl…)

Indianer-Ausbeutung und Ölspekulant
In einer Geschichte der Indianer-Ölgesellschaft "Pennsylvania Petrol Company", USA, wird berichtet, daß in den 80er Jahren zur Zeit der großen Erdölspekulationen im Osten der Staaten, als John D. Rockefeller seine "Standard Oil Company" gegründet hatte, auch ein "junger Sektenführer" aus Pennsylvania an der Ausplünderung der Indianer verdienen und sein Geschäft machen wollte.

In dieser Zeit waren die Bedingungen in den Indianerreservaten besonders katastrophal. Bei allen Überlebenschancen besaßen die Cherokee nur noch das bißchen Land, das ihnen verblieben war. Nach einem Gesetz des Staates Pennsylvania durfte Reservatterritorium nicht an private Hand veräußert werden. Skrupellos nutzt der "bibelgläubige Sektenführer aus Brooklyn" nach "amerikanischer Art" diesen Umstand aus und bot den Indianern einen illegalen Direktverkauf für eine lächerliche Summe an. Die Cherokees hatten damals keine andere Wahl. Obwohl dies eine kriminelle Transaktion war, würde man diesen Mann nie belangen. Zu viele hatten sich schon am Elend der Indianer gesundgestoßen.

Als jedoch die illegalen Spekulationen dieses "religiösen Eiferers" enorme Ausmaße annahmen, wurden gegen ihn viele Prozesse geführt, welche er zum Teil verlor. In einer Dissertation wird dazu folgendes dargelegt:
1894 hatte Russell an einen Otto von Zech wertlose Ölaktien verkauft, die für Zech einen Verlust von ca. 3 000 Dollar bedeuteten. Elmer Bryan (WTG), berichtet über die Anklage gegen Russell;

Skrupellose Betrügereien mit dem Ölgeschäft. Ein Profitspekulant durch Kauf und Weiterverkauf von Ölquellen. Er hatte den Erfinder einer Öl-Veredlungsanlage, Mr. Dubbs, um ein Viertel seiner Geschäftsinteressen betrogen. Russell hatte das Geld aus dem Verkauf seines Geschäftsunternehmens in Ölquellen investiert. Seine betrügerischen Spekulationen:

Wenn die Ölpreise Anzeichen der Veränderung zeigten, verkaufte er Ölquellen auch auf noch nicht erwiesene Einnahmen hin. "Dies ist der legitime Gebrauch von Öl-Aktien", argumentierte er.

(The University of Chicago, Jehovas Witnesses. Eine Studie der symbolischen und strukturellen Elemente in der Entwicklung und Institutionalisierung einer sektiererischen Bewegung. Eine Dissertation, Abt . Sozialwissenschaften, Department Soziologie - Joseph Zygmunt, Chicago, Illinois, USA, 1967)

IM DIENSTE DES POLITISCHEN ZIONISMUS
Erst in den 90er fahren des vorigen Jahrhunderts, im Zuge der beginnenden internationalen Expansion des nordamerikanischen Kapitalismus, erlangte die WTG über ihre Begrenzung auf ein Winkeldasein in einigen USA-Bundesstaaten hinaus, eine größere Bedeutung. 1881 hatte Russell etwa 100 Mitverbundene. 1885 nur etwa 300 Schriftenverbreiter. 1890 bloße 400 Aktive.

Russells große Stunde schlug mit dem Aufkommen des politischen Zionismus, ausgelöst durch die Judenverfolgung und Judenvertreibung des zaristischen Rußland in den 90er Jahren. Es drohte eine Millionenwanderung von Juden in das liberale Amerika. Hier wurden internationale Propagandisten gebraucht, um diese Juden im Interesse der US-imperialistischen Orientierung auf die Ölgebiete des Nahen Ostens zu bewegen, nach "Zion", d.h. Palästina auszuwandern, um dort einen eigenen Staat zu begründen .... In diesem Zusammenhang macht Russell 1891/92 seine erste Weltreise über Dänemark, Deutschland und Österreich ins damalige südrussische Zionistenzentrum Kischinew und weiter nach Jerusalem/Palästina. "Diese Reise war der reale Beginn einer Kampagne, um die Aufmerksamkeit der Welt auf die zukünftige Erbschaft des natürlichen Samens Abrahams (den Palästina-Anspruch der Juden, Anm.) zu lenken". Dies bestimmte dann auch Russells diesbezügliche Aktivität in den nächsten 20 Jahren. 1910 machte er nochmals eine Reise durch Rußland und Palästina, wo er "Vorträge vor Tausenden orthodoxen Juden über die Rückführung der Juden nach Palästina hielt". (The Laodicean Messenger… S.109)

In New York arbeitete er mit den Spitzenkräften der jüdischen bzw. zionistischen Presse zusammen u.a. Dr. Jacobs, Herausgeber des Hebrew American, W. J. Salomon vom Hebrew Standard, Louis Lipsky, Herausgeber des Maccabean, J. Pfeffer vom Jewish Weekly, S. Goldberg, Herausgeber des American Hebrew, M. Goldmann, Herausgeber der einzigen jüdischen Tageszeitung H' Yom. (The Laodicean Messenger… S.116) ...

Bekanntlich entwickelte sich im Zusammenhang mit der nordamerikanischen ökonomischen "neuimperialistischen" Expansion auch ein ökumenischer Aufbruch unter der großen Losung "Welteroberung noch in dieser Generation" (John R. Mott USA) für die nordamerikanische Lebensweise. Im Fahrwasser dieser von Nordamerika ausgehenden ökumenischen Weltmissionsbewegung unter Leitung einer durch Handel und Industrie reichgewordenen "weltlichen Elite", unter "nordatlantischer Perspektive" und westlicher politischer Vorherrschaft. …Auf dem Kongreß der WTG (IBV) im Juli 1911 in Washington D. C, wurde ein Komitee gebildet zur "Untersuchung der Auslandsmissionen" der amerikanischen Kirchen, u.a. speziell unter der Fragestellung "Was für eine Hoffnung gibt es für die Bekehrung der Welt in dieser Generation?" Es sollten sorgfältige Beobachtungen und Studien der sozialen und religiösen Bedingungen in den damaligen US-amerikanischen Interessengebieten in Asien durchgeführt werden. Es wurde beschlossen, daß Russell mit einem ausgesuchten Team eine Weltreise unternimmt, die ihn u.a. nach China, Japan, Korea, Indien, Arabien, Ägypten und als ein Höhepunkt nach den Philippinen führt. (The Laodicean Messenger… S. 199f) …

Als prominente Person gehörte diesem Team von 7 Personen der USA-Brigade-General William P. Hall, Washington, an, (WT 15.8. 68, S. 506). Hall hatte sich 1906/07, zur gleichen Zeit wie der USA-Staatsanwalt J. F. Rutherford und spätere WTG-Präsident, der WTG als aktiver General angeschlossen. Er war einer der Generäle, (bis 1902), als die USA (1898) die ostasiatischen Philippinen eroberten und den Widerstand der Filipinos zehntausendfach in "Strafexpeditionen niedermetzelten.

Auf den Philippinen waren Zucker, Kopra, Hanf, Gold, Chrom, Eisenerz und Kohle zu holen. (Pastor Russells International Bible/Students Souvenir, Convention Report 1906/13, USA, Reprints, S.29,204).

Mit dem Generalstabschef der US-Army
In Manila, der Hauptstadt der Philippinen, wurde Russell im Armee- und Marineclub der USA untergebracht, der nur Militärs mit Angehörigen und Freunden vorbehalten war. Bei seinen öffentlichen Aussprachen wurde Russell vom Oberkommandierenden der 20 000 US-Truppen auf den Philippinen, Chef-Kommandeur General J. Franklin Bell eingeführt, der sich "mit Pastor Russell und seiner Propaganda identifizierte". Bell war bis 1910 Generalstabschef der US-Armee. '(Convention Report, desgl.).

Auf den Flügeln der amerikanischen Wirtschaft
Mit seinem Einsatz 1911/12 auf den Philippinen, leistete Russell faktisch einen Beitrag, dieses eroberte Land "befrieden" zu helfen. Bis 1913 wurde auf Mindanao Widerstand geleistet. Russell sprach vor Tausende," wehrfähiger Filipinos im Alter von 18-30 Jahren. Anläßlich eines Interviews mit seinem "Glaubensgenossen" und Schutzherrn General Bell, pries er die Behandlung der niedergeworfenen Filipinos durch die USA als "so hochherzig und gütig wie ein guter älterer Bruder seinen jüngeren Bruder behandeln sollte". Es "sei ein nobles Beispiel", wie "alle Heiden-Nationen jetzt behandelt werden sollten". (Convention Report, S.408).

"Als Kinder ihrer Zeit identifizierten sich die Missionare des 19. Jahrhunderts weitgehend mit den besseren Absichten des Kolonialismus, und häufig folgten sie seinen Eroberungen und stellten sich unter seinen Schutz". (David L. Vikner über "Mission und Evangelisation", Regionaltagung des Luth. Weltbundes, Loccum 1978).

Zu Beginn der kolonialen USA-Philippineneroberung 1898 erklärte der damalige USA-. Senator Beveridge: "Die Vorsehung hat uns unsere Politik vorgeschrieben, der Handel; der Welt muß und wird unser sein… Auf den Flügeln unserer Wirtschaft wird unsere Lebensweise unserem Handel folgen. Und amerikanisches Gesetz, amerikanische Ordnung, amerikanische Zivilisation und die amerikanische Flagge werden sich an Küsten entfalten, die, solange von Verdammnis und Dunkel umfangen, hinfort durch diese Werkzeuge Gottes schön und hell sein werden". … Russells Vortrage auf den Philippinen erfüllten genau diesen Zweck....

Vieles bleibt weiter zu erforschen
Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht begreifen und die Zukunft nicht gestalten. Das ist schon fast sprichwörtlich.
Darum muß und wird vor allem auch die Erforschung der WTG-Frühzeit weitergehen. Es gab zur Zeit Russells weitere prominente Hintermänner der WTG. Da war ein Bankier in Washington City. Es gab einen "Freund und Bruder" Russells, General-Leutnant Alex P. Stewart. Es gab eine von Russell begründete "Unites States Investment Company".
Von vielem sieht man erst "die Spitze des Eisberges".

Über ein weiteres Dokument die Frühzeit der Bibelforscher betreffend berichtet die CV 142 im einzelnen:

Es ist enthalten in einem Buch von Carl G. Falkner, Mitarbeiter von C.T. Russell im Bethel Brooklyn, Columbia Heights, New York, mit dem Titel "Gottes Weisheit gegen Menschenweisheit", veröffentlicht im Januar 1968 von der Christian Fellowship Associates, Dayton, Ohio, 45419, USA. Carl G. Falkner berichtet über die Wachtturm-Entstehung:

N. H. Barbour hatte ihn (C.T. Russell) eingeladen, Artikel für den HERALD OF THE MORNING beizusteuern und ehrte ihn, indem er ihn zum Mitherausgeber der Zeitschrift machte. Dies mag in dem jungen Russell gut eine Menge Ehrgeiz und Selbstüberhebung zur Folge gehabt haben, wie durch seine spätere Forderung offensichtlich wurde, daß Barbour die Herausgeberschaft abtreten und ihm übergeben soll unter der Drohung, wenn er das nicht tue, werde er, C. T. Russell, ein eigenes Blatt beginnen. Es soll hier festgestellt werden, daß N. H. Barbour die ganze Setzarbeit und Herausgabe des HERALD OP THE MORNING selbst verrichtete, er und seine liebe Frau arbeiteten manchmal bis in die späten Nachtstunden, und obwohl er erkannte, daß der junge Russell ehrgeizig gegen ihn arbeitete, veröffentlichte er in seiner Langmut und Geduld Russells ehrgeizige Pläne in seiner Zeitschrift.

Worte von N. H. Barbour in der Mai-Ausgabe des HERALD OF THE MORNING von 1879, S. 87:

"Neue Zeitschrift. Ein Ultimatum an N. H. Barbour.

Bruder Russell hat ein sehr weites Herz, Ich liebe ihn und leide sehr darunter, sein Vertrauen und seine Gemeinschaft zu verlieren. Er gab beträchtliches Geld aus in Reisen und Vortragshallen für mich im Winter 1876 und 1877, bevor er Mitherausgeber des HERALD wurde. (Es werden u.a. Summen von 660,00 und 615,00 Dollar genannt).

Ich habe zwei Jahre harter Arbeit investiert, Tag und Nacht, kann ich fast sagen, meine Frau und ich haben oft bis 11, 12 oder l Uhr nachts gearbeitet. Und nun Bruder Russell, unser lieber junger Bruder Russell, der erst kürzlich ins Blickfeld und in ein kleines Interesse an der Zeitschrift gekommen ist, fordert von mir, entweder zu seinem Gunsten zu verzichten, oder zu sagen, was ich geben will oder nehmen, da ER mir nicht länger beipflichten könne.

In den zwei Jahren, in denen Bruder Russell die Interessen des Blattes teilhatte, hat er alles Geld zurückbehalten, das er für den HERALD sammelte und sagte Bruder Paton, das gleiche zu tun, so daß ich nicht einen Cent des Geldes erhielt, das sie gesammelt haben.

Nun weiß ich, daß er beabsichtigte, ein Manko (Defizit) herbeizuführen, und da er diese Absicht änderte, mache ich diese Feststellungen zu meiner Rechtfertigung, da ich keine Absicht habe zu verkaufen oder abzutreten".

Beinahe also kein Wachtturm

Im einzelnen können wir folgende Absichten Russells erkennen, bevor er seine eigene Zeitschrift WACHTTURM herausgab. Einstieg in die Mitherausgabe des adventistischen HERALD von N. H. Barbour, ihn finanziell abhängig zu machen, durch Zurückbehaltung der Spenden für den HERALD, die Zeitschrift in die roten Zahlen (Manko, Defizit) bringen, also finanziell zu ruinieren, und dann N. H. Barbour zu drohen, alle Zusammenarbeit mit ihm und Unterstützung einzustellen, wenn er ihm die Zeitschrift nicht abtritt.

Wäre diese Erpressung gelungen, so hätte es keinen WACHTTURM gegeben, sondern irgendeinen HERALD.

Er, Carl G. Falkner faßt zusammen:

"In der Tat, C.T. Russell setzte darauf, die Herausgabe des HERALD OF THE MORNING von N. H. Barbour abzupressen, zu entreißen auf eine Weise, die man von einem Bruder in Christo nicht erwartet". (S. 21).

So kam der WACHTTURM zustande, "von Jehovas Hand dargeboten"?

Ergänzend vielleicht noch das, was Günther Pape in seinem "Ich klage an. Bilanz einer Tyrannei" berichtet. Pape schreibt:

"Carl Falkner, ein ehemaliger Mitarbeiter Russells, schilderte mir bei Besuchen in seiner Wohnung in Bülach/Schweiz, als hochbetagter Mann von 95 Jahren, seine Erlebnisse mit Rutherford. Er wohnte mit Rutherford von 1911 bis ca. 1913 im gleichen Haus. Rutherford lebte damals noch mit seiner Frau und seinem Sohn zusammen, die ihn kurze Zeit später verließen. Alkohol sei schon zu dieser Zeit ein Problem gewesen, daß immer wieder zu Streit in Rutherfords Familie geführt und schließlich auch zur Trennung von seiner Frau beigetragen hätte."

Diese Angabe macht schon die bemerkenswerte Einsilbigkeit durchsichtiger, die seitens der WTG was Rutherfords familiären Status betrifft, zu registrieren ist. Über Russell erfährt man seitens der WTG einiges über seinen familiären Status. Über Rutherford hingen so gut wie nichts!

Exkurs:

"Schriftstudien" Band I:

Wie man weis veränderte Rutherford die Struktur der jetzigen Zeugen Jehovas, im Vergleich zur Zeit Russells beträchtlich.
Darüber kann es auch keinen Zweifel geben.
Aber es gab eben auch schon zu Rutherford's Zeiten Opposition dagegen.

Und Reste jener geschichtlichen Opposition gibt es noch heute.
Nun vernimmt man die These.
Band I der als „Schriftstudien" bekannten Bände, offerierte ja noch nicht im Detail Russells Terminkalender. Beginn der Endzeit 1799.
Beginn der „Erntezeit" 1874 und Ende selbiger dann 1914 und anderes mehr.

Nun dürfte meines Erachtens nicht strittig sein. Schon bei Erscheinen von Band I wies Russell darauf hin. Es bleibt nicht bloß bei Band I. Es folgen noch weitere.
Insofern kann der Hinweis, einige Aussagen in Band 2 usw. seien in Band I noch nicht expliziert ausgeführt, nicht wirklich überzeugen.
Auf Seite 320
(Online-Ausgabe; hier und nachfolgend nach der von Herbert Raab transkripierten Ausgabe zitiert) liest man beispielsweise;

„In Band 2 dieses Werkes wird aus dem Zeugnis des Gesetzes und der Propheten des Alten Testamentes, sowie auch aus dem des Herrn Jesu und der apostolischen Propheten des Neuen Testamentes der deutliche und unumstößliche Nachweis erbracht werden, daß dieser Tag der Drangsal chronologisch in den Anfang der glorreichen Millenniums-Herrschaft des Messias zu verlegen ist."

Also Russell selbst verweist da schon auf einen Band II, den er keineswegs als „apokryph" erklärt.

Nun gibt es mittlerweile einige Ausgaben der „Schriftstudien", wenn auch nicht alle leicht erreichbar sind. Sie differieren auch in ihren Seitenzahlen, und manchmal nicht nur bei diesem Aspekt.
Die noch mit am leichtesten erreichbare Ausgabe
(auch Online) ist die von der WTG 1926 gedruckte Ausgabe. Selbst der „Tagesanbruch" nutzte für seinen Deutschsprachigen Nachdruck just diese Ausgabe.
Auf Seite 319
(Tagesanbruch-Ausgabe Seite 372) von Band I liest man beispielsweise die Russell-These:

„Um deutlich zu werden, lassen wir dieses zutreffende Bild des Apostels beiseite und sagen: Die Anstrengungen der Massen, sich aus der Herrschaft des Kapitals und der Maschinen zu befreien, wird eine zu VORZEITIGE sein; Pläne und Vorkehrungen werden noch unvollständig und ungenügend sein, wenn sie von Zeit zu Zeit ihren Weg erzwingen und die engen Bande von „Angebot und Nachfrage" sprengen wollen. Jeder erfolglose Versuch wird die Zuversicht des Kapitals auf seine Fähigkeit, die bestehende Ordnung der Dinge aufrecht zu erhalten, stärken, bis endlich die zurückhaltende Macht der Organisationen und Regierungen ihre äußerste Grenze erreicht hat, und die Bande des gesellschaftlichen Organismus zerreißen werden."

Dies ist meines Erachtens ein Kernsatz von Band I.
Weite Teile der übrigen Religionsindustrie suchten den wissenschaftlich-technischen Fortschritt madig zu machen. Verstiegen sich gar dazu, ihn mit dem Turmbau zu Babel zu vergleichen.
Nicht so Russell. Er ging diesbezüglichen Konfrontationen aus dem Wege, deutete gar den technischen Fortschritt als Zeichen der „heraufziehenden Reiches Gottes".
Aber wie gelesen, den Versuch der Massen „die engen Bande von Angebot und Nachfrage" sprengen zu wollen, bezeichnet er als eine „zu vorzeitige".

Namentlich die Aspekte „Kampf zwischen Kapital und Arbeit" breitet er dann insbesondere noch in Band 4 seiner „Schriftstudien" aus. Nach meinem Dafürhalten ist jener Band 4 der allerwichtigste, wenn man denn Russell's Anliegen verstehen will. Seine Endzeitdaten, seine Pyramidenbegeisterung sind dabei dann lediglich „Zutaten", aber nicht unbedingt der existenzielle „Nerv".

Nochmals zu Band I zurückkehrend. Auf Seite 311f. etwa, liest man auch:

„Wir (Handwerker und Arbeiter) sehen, wenn auch die Menschheit im großen und ganzen an den Segnungen unserer Tage teilgenommen hat, so haben doch die, welche vermöge größeren Geschäftstalentes oder durch Erbschaft oder durch Betrug und Unehrlichkeit Besitzer von Hunderttausenden und Millionen von Mark geworden sind, nicht nur diesen Vorteil allen anderen voraus, sondern sind auch mit Hilfe der Erfindungen von Maschinen usw. in der Lage, das Verhältnis der Zunahme ihres Reichtums im Verhältnis zur Abnahme der Gehälter der Lohnarbeiter aufrecht zu erhalten. Wir erkennen, daß das kalte Gesetz des Angebots und der Nachfrage uns vollständig verschlingen würde, wenn nicht Schritte getan werden zum Schutze der wachsenden Zahl der Handwerker gegen die wachsende Macht des Monopols, dem noch dazu die arbeitsparenden Maschinen usw. zur Seite stehen."

Also in andere Worte umformuliert. Russell rekapituliert. Ein ungebremster Manchesterkapitalismus, ohne soziale Komponente, beschwört Gefahren herauf, die nur in einem Ende mit Schrecken ausufern könnten.

Auch auf Seite 298
(Tagesanbruch-Ausgabe Seite 346) liest man:
„Nichtsdestoweniger besteht in unserer Zeit eine wachsende Opposition der Besitzenden und der arbeitenden Klassen gegeneinander -- eine wachsende Bitterkeit auf Seiten der Arbeiter und ein wachsendes Gefühl unter den Besitzenden, daß nur der starke Arm des Gesetzes das, was sie für IHR RECHT halten, beschützen kann. Folglich werden die Reichen mehr auf die Seite der Obrigkeiten gezogen, und die um Lohn arbeitenden Massen fangen an zu denken, daß Gesetze und Obrigkeiten nur zu dem Zwecke da wären, den Begüterten zu helfen und die Armen im Zaume zu halten, und darum werden sie dem Kommunismus und der Anarchie in die Arme getrieben, in der Meinung, daß ihre Interessen dadurch am besten gefördert würden, wobei sie vergessen, daß die schlechteste und teuerste Regierung bei weitem besser ist als gar keine."

Also auch diese Russell-These liegt auf ähnlicher Wellenlänge, und es lassen sich noch ein paar mehr Belegstellen dafür erbringen.

Auf Seite 250 postuliert er:

„Wenn wir die gegenwärtigen Regierungen vom Standpunkte unseres Herrn und des Propheten Daniel betrachten und den wilden, zerstörungslustigen, tierischen und selbstsüchtigen Charakter der Reiche erkennen, müssen da nicht die Herzen aller Heiligen das Ende aller heidnischen Obrigkeiten herbeiwünschen und frohlockend der glückseligen Zeit entgegensehen, da die Überwinder des gegenwärtigen Zeitalters mit ihrem Haupte auf den Thron gesetzt werden sollen, um die seufzende Schöpfung zu regieren, zu segnen und wiederherzustellen? Wahrlich, von ganzem Herzen können sie wie unser Herr beten: -- „DEIN KÖNIGREICH KOMME; dein Wille geschehe, wie im Himmel, ALSO AUCH AUF ERDEN."

Als Russell nahm, durchaus im Sinne der Marx'sche Religionstheorie, den Aspekt des „Seufzers der bedrängten Kreatur" auf. Er wähnt auch auf einen vermeintlichen Ausweg dabei extensiv hinweisen zu können, das vermeintliche „göttliche Eingreifen", zu dem unsereins allerdings noch einen Detailsatz hinzufügen würde:

AM SANKT NIMMERLEINSTAG!

"Lehre un Wehre"

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