Annotationen zu den Zeugen Jehovas
So las man es "vor Tisch"
Der aufmerksamen Beobachter kommt nicht umhin gewisse Wandlungen bei den Zeugen
Jehovas zu registrieren. Kurz zusammengefasst bestehen sie darin, dass deren hauptamtliche
Funktionärsschicht einiges daran setzt, mit den anderen etablierten Kirchen
gleichzuziehen. Letztlich dreht sich alles um eine Frage. Ums "liebe Geld".
Sicherlich ist es richtig, dem entgegenzuhalten, dass auch anderweitig
solche Tendenzen nicht zu übersehen sind. Aber wenn man registriert, wie beispielsweise,
wenn nicht ausreichend hohe Spenden eingehen, die Funktionärsschicht Gardinenpredigten
darüber hält, dass die vermeintlich geringen Spenden nicht ausreichend die Kosten für
die gelieferte Literatur ersetzen, dann nimmt man es schon etwas pikiert zur Kenntnis. Nur
zu gerne hätte jene Funktionärsschicht mit den Kirchen in Sachen Kirchensteuer
gleichgezogen. Die Bemühungen in Sachen "Körperschaft des öffentlichen
Rechts" haben ja nicht zuletzt jenen ökonomischen Hintergrund.
Es ist auch in anderer Beziehung bei den Zeugen Jehovas nichts
ungewöhnliches, dass "ihr Gewäsch von gestern" sie heute nicht mehr
interessiert. Dennoch ist es für den Kritiker eine reizvolle Aufgabe, diese immer
stärker werdenden Kontraste zwischen früher und heute, beim Namen zu benennen.
Ein Kontrastdokument in diesem Kontext wurde im Jahre 1919 veröffentlicht.
Es war als damalige Werbebroschüre konzipiert und trug den Titel: "Die
Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher". Jene seinerzeitige Werbebroschüre
sei nachstehend mal etwas näher zitiert:
"Unsere Vereinigung findet diesen
Boden breit genug für alle wahren Christen, ungeachtet ihrer denominationalen Grenzlinien
und Eigentümlichkeiten. Wir haben weder Zaun noch Zwang, und jedem steht es frei, die
Versammlungen sowohl zu besuchen, als auch sie zu verlassen. Da wir ferner in dieser Sache
sowohl als auch in allen anderen dem Beispiele der Urkirche folgen möchten, so vermeiden
wir es, diese Versammlungen durch irgend etwas zu umzäunen oder Eintragungen zur
Mitgliedschaft einzuführen; auch verpflichten wir niemand hinsichtlich des Glaubens und
Lebens auf andere als die bereits erwähnten Grundsätze.
Jede Ortsgruppe der Internationalen
Vereinigung Ernster Bibelforscher ist unabhängig, verwaltet ihre eigenen Angelegenheiten,
leitet ihre eigenen Versammlungen und bestreitet ihre eigenen Ausgaben.
Keine Ortsgruppe ist hinsichtlich
solcher Vorträge verpflichtet, noch auch wird sie angehalten, sich der Literatur zu
bedienen, welche die Vereinigung zu ihrer Unterstützung veröffentlicht. Alle jedoch
finden es sehr hilfreich, sich dieser Unterstützung zum Bibelstudium zu bedienen, und
wenn es gewünscht wird, ist die Vereinigung bereit, Beistand nach dem Maße ihrer
Fähigkeit zu gewähren, dabei die Verhältnisse und Lage der Klassen, sowie die dafür
vorhandenen Mittel berücksichtigend.
Man hat uns oft gesagt, dass von
manchem mit Interesse die Tatsache beobachtet und besprochen worden ist, dass unsere
Vereinigung ihrer Versammlungsankündigung stets hinzufügt: 'Eintritt frei, keine
Kollekten'. Dies hat unserer Vereinigung gewissermaßen den Stempel aufgedrückt, weil man
hinsichtlich dieses Punktes an andere Gepflogenheiten gewöhnt ist.
Wir sind um eine Erklärung
hinsichtlich des dabei verfolgten Zweckes gebeten worden, sowie darum, wie wir es anfangen
ohne Geld fertig zu werden, oder auf welche Weise wir uns das Geld verschaffen um die oft
bedeutenden Geldausgaben zu bestreiten.
Es ist uns, als nachdenkenden Leuten,
seit Jahren bekannt, dass die Geldfrage die brennende Frage in fast allen religiösen
Versammlungen gewesen ist. Die Kirchenglieder werden gewöhnlich nach dem Maß ihrer
Fähigkeit und Bereitwilligkeit eingeschätzt, und zu Beisteuern für die öffentlichen
Kollekten werden alle, selbst die weltlich Gesinnten, aufgefordert. Diese Methode wird in
der Bibel nicht gutgeheißen, und wir streben danach, der Lehren und dem Beispiele Jesu
und der Apostel zu folgen.
Das nach den Richtlinien dieser
Beispiele vor zirka vierzig Jahren angefangene Werk scheint sich allen Bibelforschern zu
empfehlen. Es ist ihnen umsonst Hilfe zuteil geworden, daher sind sie gerne bereit,
ihrerseits auch anderen wieder zu helfen, ohne Kaufpreis, ohne Kollekten. Überdies
besteht kein Bedürfnis nach Kollekten. Die Beiträge, welche der Vereinigung zugehen,
dienen der Fortführung des Werkes. Diese Gelder werden nicht als Grund- oder
Reserve-Kapitalien angelegt, noch auch zur Errichtung teurer Gebäude verbraucht, sondern
sie dienen unverzüglich und unumschränkt zur Verteilung kostenfreier Literatur und zur
Abhaltung kostenfreier öffentlicher Versammlungen. Die Vereinigung begnügt sich
hinsichtlich ihrer Ausgaben mit dem, was der Herr ihr auf diese Weise zusendet, und macht
weder Schulden, noch auch spricht sie irgend jemand um Beiträge an.
Wir erkennen an, dass die
verschiedenen Denominationen wahre Kinder Gottes enthalten; mit diesen fühlen wir uns
verbunden und möchten gerne mit ihnen in irgendeiner Weise zusammenwirken, zwecks
Förderung des Werkes des Herrn im Einklang mit der Bibel. Unser Einspruch, den wir dem
Sektenwesen gegenüber erheben, geht dahin, dass alle Sekten die Neigung haben, die Kinder
Gottes zu zertrennen, dass sie darauf bestehen, die Theorien der finsteren Zeitalter
aufrecht zu erhalten, und dass sie sich weigern, die Bibel als einzigste Autorität gelten
zu lassen. Wir empfehlen dem Volke Gottes dringend, den göttlichen Charakter, seinen Plan
und sein Wort hochzuhalten, wenngleich dies Widerspruch und Verfolgung seitens solcher,
die einen sektiererischen Geist haben, nach sich ziehen sollte.
Die Wachtturm Bibel- und
Traktat-Gesellschaft. Dies ist die Stamm-Organisation, durch welche die Gelder für alle
Teile des Werkes verteilt werden. An sie wolle man alle freiwilligen Beiträge richten
unter der Adresse: Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Barmen, Unterdörnerstr.
76."
Bekanntlich ist die Methode der
sogenannten "kostenlosen" Literaturabgabe der Zeugen Jehovas nicht unumstritten.
Ein gängiger Werbeslogan sagt kommentierend zu den "kostenlos"-Angeboten.
"Kostenlos - aber nicht umsonst."
In der Schweizer Ausgabe des internen Bibelforscherblattes
"Bulletin" konnte man beispielsweise in der Ausgabe vom April 1927 die Anweisung
lesen, bei Hausbesuchen sich möglichst nicht auf lange Diskussionen einzulassen, sondern
immer die Zielsetzung im Auge zu haben, möglichst viel WTG-Literatur abzusetzen.
Wörtlich: "Unsere Arbeit muss hauptsächlich darin bestehen, die Literatur in den
Häusern zu lassen."
In Situationen wo erkennbar wurde, dass dies nicht so ohne weiteres
möglich wäre, sollte das Gespräch rasch beendet werden. Also ein typischer
Vertreterratschlag.
Aber die Schweiz erschwerte schon in dieser frühen Phase die Intentionen
der WTG. Symptomatisch dafür sind die nachfolgenden Ausführungen in der Oktober
1927-Ausgabe der Schweizer Ausgabe des "Bulletins" in der man lesen konnte:
"Was die Verbreitung der Bücher
der Gesellschaft in der Schweiz etwas erschwert, ist ja bekanntlich, dass man nicht, wie
z. B. in Deutschland und Frankreich, das Recht des freien Verkaufes ausüben darf. Wollen
wir die Bücher verkaufen, so sind wir genötigt uns mit einem Patente zu versehen, trotz
unseres nachgewiesen erwerbslos betriebenen Werkes. Aber schon hat auch die Großzahl der
Kantonsregierungen das Ausstellen von Patenten an uns verweigert, so dass wir meist auf
das freie Missionieren angewiesen sind. Es bleibt uns denn kein anderer Weg, als auch
'Befreiung' auf diese Art zu verbreiten.
Das Buch so den Menschen zugänglich
zu machen, erfordert freilich etwas mehr Mut und Tapferkeit und auch Weisheit, als nur
einfach es zu verkaufen. Aber reiche Erfahrungen liegen hinter uns, die uns zeigen, dass
der Herr unsere Bemühungen stets auch in diesem Stücke reich gesegnet hat. Und wenn wir
gewillt sind, weiter unser alles dranzusetzen, dann ist uns ein Gelingen auch in der
Zukunft gesichert. Die 'Harfe' hat durch die Methode der freien Mission eine weite
Verbreitung gefunden. Diese Arbeitsmethode als gesetzwidrig anzugreifen, hat niemand das
Recht. Ein hervorragender Anwalt hat uns wie folgt unterrichtet:
'Die Verteilung von Literatur durch
Missionsarbeiter auf öffentlichen Straßen und in den Häusern, ist grundsätzlich ohne
weiteres zulässig, wenn die Schriften g r a t i s abgegeben werden und keinen
rechtswidrigen Inhalt aufweisen. Immerhin ist jede Privatperson berechtigt, einem Dritten
das Betreten ihres Hauses zu untersagen und zum Verlassen des Hauses aufzufordern. Wer
einem solchen Verbot oder Begehren zuwiderhandelt, kann wegen Hausfriedensverletzung
verfolgt werden.
Für den V e r k a u f der Literatur
ist ein Hausierpatent erforderlich. Wird die Literatur grundsätzlich gratis abgegeben, so
dürfen freiwillige Geldgaben entgegen genommen werden. Damit aber keine
Missverständnisse und Unannehmlichkeiten entstehen, sind die betreffenden
Missionsarbeiter genau zu instruieren, dass sie ausdrücklich die Gratisabgabe der
Literatur betonen, auch nicht betteln und Gaben nur als freiwillige Zuwendungen
verdanken."
Im Prinzip ist vorstehendes ja auch auf die gegenwärtige Rechtslage in
Deutschland, analog übertragbar. Man vergleiche in der Praxis, dass die WTG es
Außenstehenden massiv erschwert ihre Literatur zu erhalten, insbesondere die der
sogenannten Kategorie "Literatur auf besonderen Wunsch". Stichwort
beispielsweise die WTG CD-ROM. Die WTG-Funktionäre suchen also sehr wohl nach
Schlupflöchern, um unter der Hand dennoch wieder ihren finanziellen "Reibach"
zu machen.
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