Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Ein Spiegelbild

Entnommen aus CV 135

Wer ist schon gleich hinreichend auf Rosen gebettet?
Mancher wähnt sich nur in Dornen. Unbewältigte eigene und auch familiäre oder berufliche Probleme. Vermeintliche Perspektivlosigkeit. Suche nach einem sinnerfüllten Leben. Nur das Streben nach Erfolg vor Augen, nach Vergnügen. Alles scheint oder ist oberflächlich, kommt einem sinnlos öde vor. Grundlegende Inhalte fehlen einem oder scheinen zu fehlen. Nicht immer sind es sozialpolitische Faktoren. Da mag es mehr objektiv, hier mehr subjektiv bedingt sein. Wobei das Unterscheidungsvermögen das größte Problem ist.

So beginnt einer da das heilige Manthra der Hare Krischna Jünger zu singen oder sich Rauschgift in die Venen zu spritzen. Und dort wird er vielleicht ein Zeuge Jehovas, wo man ihn erreicht, "Flucht" in einen geistigen Taumel. "Begeisternde" Organisation, "begeisternde" Hoffnung, "beglückender" Dienst, "begeisternde" Erfahrungen. "Sei begeisternd!" heißt es in der Tat in tausend Anweisungen.

Wie wunderbar ist es doch, ein ewiges Leben zu führen in einem von Gott verheissenen Paradies, ohne all die bösen Dinge der Welt. Komm zu uns und erwirb die Hoffnung des ewigen Lebens! So wirbt die Wachtturmgesellschaft überall. Und man kann. Naiv, aufrichtig, ehrlich. Anders hatte man sich bisher nicht zurechtgefunden. Hier war nun wirklicher Glaube, wirkliche Liebe, wie es schien.

Doch dieser Neubekehrte, Getaufte, mit dem bisher noch nicht mißbrauchten Glauben, wird nach einigen Jahren nicht mehr derselbe sein. Aber nur wenige besitzen die Kraft, mit diesem Kreis wieder zu brechen. Es sind viele Anstöße erforderlich. Die aus der Bibel brutal-simpel herausgelesene und zusammengestückelte Glaubenslehre, ständig geschickt neuinterpretiert, übt einen großen negativen psychologischen Einfluß aus. Man merkt das zunächst gar nicht.


Alle guten Anlagen und Eigenschaften werden durch den Allein-in-der-Wahrheit-Wahn, bornierter Fanatismus ist das, durch inhumane Intoleranz gegenüber anderen Ansichten, durch hochgezüchteten Stolz und Elitedenken im Sinne der eigenen Gemeinschaft, und durch die befristeten Weltendevorstellungen, gehemmt, abgebaut, negiert oder verändert.

Dagegen werden andere Seiten der Person fast krankhaft entwickelt. Durch die ständige Verkündigung, jede Situation ausnutzend, verliert man an Taktgefühl, bis hin zu einer erschreckenden Ungeniertheit und Frechheit. Das von so vielen bewunderte "Standhalten" ist nicht wirklich christlich fundiert. Es ist eine eingeschulte Handlungsweise, lethargisch mit "harter Stirn", apathisch gegen jeden anderen Einfluß, der einem etwas anderes sagt, anzeigt oder signalisiert. Da der Grundton pessimistisch ist, was alles andere betrifft, findet auch Schwermut seine Nahrung. … Bei anderen ist selbst das Lächeln, das sie bei Zusammenkünften zeigen, gekünstelt und selten. Wer alles so ernst nimmt, wie es die Organisation formuliert, pfeift mit Zeit und Kraft ständig nur auf dem letzten Loch, wird psychisch krank, neurotisch, ja pedantisch intrigenhaft, gerät in annormale Denkschemen.

Was aufrechterhält gegen Spott und Anfeindung (die Folge des eigenen Verhaltens), besonders was aufrechterhält gegen die eigene verdrängte oder unterdrückte Ratio, d.h. vernünftige Überlegung - die bei jedem mehr oder weniger im Unterbewußtsein wirkende Erkenntnis, etwas Unwahres zu glauben - ist Autosuggestion oder Selbstbeeinflussung.

Anknüpfend an die persönlichen abstrakten und diffusen Vorstellungen von idealen Lebensverhältnissen wird durch die regelmäßigen Studien etwas eingeimpft, was in den Hirnen und Empfindungen weiterwirkt. Man denkt, besser sinniert sich in eine Situation hinein, von man glaubt, sie werde eines Tages Wirklichkeit.


Für ein ewiges Leben auf einer paradiesischen Erde in Glück und Frieden - na dafür lohnt es sich doch, noch etwas auszuhalten und natürlich im vorgegebenen Stil weiterzumachen. Und wenn man darüber oder dadurch stirbt - auch durch Verweigerung der Bluttransfusion - was ist das schon. Es ist ja nur "vorübergehend". Man wird ja als treuer Zeuge wieder auferstehen. Und da man bekanntlich als Toter verspürt und somit auch Zeiträume empfinden kann, kommt es einem dann vor, als würde man im Augenblick des Todes auch schon wieder auferweckt! Inmitten paradiesischen Erde! Eine tolle Überlegung, die sich da wie von selbst ergibt. Dafür lohnt es sich doch!

Nicht einmal die Entwicklungsbedürfnisse und möglichen Entwicklungswege der eigenen Kinder lassen da innehalten. Alles wird aufs Spiel gesetzt.
Diese sog. Neue-Welt-Hoffnung - jüngst mit dem Jahr 1975 erneut als Täuschung erwiesen - ist der wahre Beweggrund, mit dem der größte Teil der Zeugen Jehovas standhält. Nicht nur bei den Zusammenkünften, sondern auch wenn der Zeuge abends im Bett liegt, auf dem Weg zur Arbeit, in den Pausen, nach dem Abendbrot, immer wenn er etwas Zeit hat, wirkt die WT-Suggestion von dieser Neuen Welt weiter. Fast braucht er keine solche Lektüre mehr. Er beeinflußt sich selbst damit weiter. Er ist geistig gar nicht mehr hier, sondern schon in dieser Neuen Welt. Diese Autosuggestion oder Selbstbeeinflussung ist ein nicht zu unterschätzender Faktor in der Zeugen-Frage. Ist man einmal unter die WT-Organisation gekommen, fängt das an zu wirken.

Es bewirkt bei manchen sogar viel mehr als das ständige Studium der WT-Schriften, die auf lange Sicht ohnehin nicht viel Neues zu bieten haben. Diese Selbstbeeinflussung bewirkt nämlich auch, daß man trotz Enttäuschung und Einsicht weitermacht. Sie schenkt einem Illusionen und verschafft ein Leben in ständiger Euphorie oder "Begeisterung".


Ein bekannter kritischer Zeuge sagte einmal; Die Selbstbeeinflussung ist das einzig Positive an unserem ganzen Glaubenssystem! Nur, muss man ergänzen, hat diese Euphorie manchen schon buchstäblich ins Irrenhaus geführt.

Für Außenstehende ist es wirklich sehr, sehr schwer, zu verstehen, daß es Menschen gibt, die die Neue-Welt-Lehren des WT für bare Münze nehmen. Und man entsetzt sich, wenn man sich bewußt macht, was praktisch dabei herauskommt, wo sie ernsthaft geglaubt werden. …

Bei genauem Kennenlernen schreckt man zurück, sprachlos und angeekelt von soviel einem unbegreiflicher Unwissenheit, inhumaner Intoleranz und Heuchelei, sowie Eigen- und Gruppenegoismus, Aberglaube und Haß. Es ist unverantwortlich, was alles als "böse" abgestempelt und mit Haß überzogen wurde.

Die vom WT vorgegaukelten und vom Zeugen nicht durchschauten Neue-Welt-Illusionen, und die durch Selbstbeeinflussung ständig neubelebte Euphorie und "Begeisterung" hierfür, lassen das Leben in einem allem anderen gegenüber lethargischen oder gleichgültigen Zustand ablaufen. Und wer nicht gerade ein geborener Naivling ist, hat ständig dabei die sich kritisch regende Vernunft zu unterdrücken. So verrinnen oft die wertvollsten Jahre. Berufs- und Bildungschancen werden WT-Endzeitgehorsam ignoriert, viel Lebensglück verpaßt oder zerstört, die persönliche Entwicklung gehemmt und stranguliert.

Langsam verzerrt sich das Charakterbild. Die Folgen stellen sich bald ein. Wohl zunächst auf psychischem Gebiet. Besonders ein Jugendlicher trägt oft nicht mehr gut zumachenden Schaden davon. Eine psychische Beobachtung vieler junger fanatischer Zeugen zeigt u.a.: Unbewältigte und verdrängte Konflikte, allgemeine Unzufriedenheit, depressive Verstimmungen (der eigene und gesunde Menschenverstand ist nicht so einfach totzukriegen!), Hang zu Melancholie, mangelhaftes oder gestörtes, auch verhindertes Verhältnis zum anderen Geschlecht, kein Ehe- bzw. Liebesleben (keine Partner im organisationsgebilligten Umkreis, seltener "endzeitlicher Verzicht"), entsprechende Komplexe, Unglücklichsein, während man sich in einem "geistigen Paradies" zu begreifen hat.

Wer diese WT-Schule durchlaufen hat, wie die Organisation es will, hat zumindest eine Persönlichkeitsstruktur bekommen, die kaum besser sein kann, um ihn weiter unter der Organisation und ihrer Manipulierung und Abhängigkeit zu halten. Im besonderen Fall eine Art "kaputter Typ" mit psychomatischen Beeinträchtigungen und. Depressionen, Denkhemmungen und Ausfallerscheinungen, psychisch labil, Deswegen nicht nur ziemlich leicht beherrschbar, sondern auf Anleitung geradezu angewiesen. Er opfert sich auf, auch am Arbeitsplatz. Er läßt es bei den kleinen Freuden des Alltags bewenden und stellt keine großen Forderungen mehr. Fleiß und Gehorsam sind Selbstverständlichkeiten geworden. Die ständige Autosuggestion oder Selbstbeeinflussung verzehrt die Kraft zu weiterreichenden Gedankengängen. Und so bleibt man bei den Zeugen.

Wenn man sich da im Laufe der Zeit an den oft bis ins Gegenteil veränderten WT-Lehren verbraucht, kann man zum psychisch abgefertigten Wrack werden. Und so bleibt man Kreise der Zeugen, arbeiten, "studieren", verkündigen, was auch immer der WT verlangt. Man bleibt psychisch labil und macht, was die Organisation will. Genauso wollen sie einen für ihre Zwecke haben.

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