Ein Blick in @"Jens" seine "Ahnengalerie".
Gelesen in einem Zeitschriften-Artikel vom Juli 1925, welcher sich seinerseits auf den
Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" beruft:
Der Prozeß gegen den an einer Sekundärschule in der Stadt
Dayton (Tenessee, USA) wirkenden 23jährigen Lehrer John T. Scopes, der im Sinne der
Darwinschen Entwicklungslehre unterrichtet hatte, was in Tennessee gesetzlich verboten
ist, hat begonnen. Eine Masse Volkes ist nach dem 1800 Einwohner zählenden Städtchen
geströmt, um diesem merkwürdigsten und unzeitgemästeten Prozeß, den das zwanzigste
Jahrhundert bis jetzt erlebt haben mag, beizuwohnen und mit dem sich das Land der
Freiheit, das auch in Bezug auf Dummheit das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein
scheint, unsterblich blamiert, was es seinem ehemaligen Staatssekretär und
Präsidentschaftskanididaten Bryan in erster Linie zu verdanken hat.
Die Gerichtsverhandlung wurde Samstag, den 11. Juli mit einem Gebet und mit der Verlesung
des I. Kapitels des ersten Buches Mosis eröffnet, während vor dem Gerichtsgebäude eine
Musikkapelle religiöse Lieder spielte und eine gewaltige Menschenmenge den Reden
wandernder Prediger lauschte.
Gegen diese ausgesprochen konfessionelle Eröffnung des Prozeßverfahrens hat der erste
Verteidiger Scopes, Clemens Darrow, formellen Einspruch erhoben. Die lokalen religiösen
Leidenschaften haben sich derart erhitzt, daß es notwendig war, religiöse
Zusammenkünfte vor dem Gerichtsgebäude zu verbieten. Übrigens ist der Prozeß zu einem
Gegenstand von allgemeinen Interesse geworden.
Am Sonntag (12. Juli) wurde das Thema in zahlreichen Kirchen des Landes von Anhängern
beider Parteien behandelt.
Die Presse ist der Meinung, die Verhandlungen werden einen bedeutenden Einfluss auf die
künftige Entwicklung des Kampfes zwischen der dogmatischen und der modernistischen
Richtung in Kirche und Schule im allgemeinen haben.
Bryan hat bereits angekündigt, daß er nach dem Abschluß des Prozesses eine große
Kampagne einleiten werde. Um die Theorie Darwins in den Verfassungsgesetzen von möglichst
vielen Staaten ächten zu lassen oder womöglich sogar die Bundesverfassung selber durch
ein Amendement, das den Bibelglauben in der von Bryan einzig und allein
geduldeten wortwörtlichen Auffassung als die allein zulässige Religion Amerikas
proklamieren würde, zu erweitern.
Die Einsetzung eines Bundesketzergerichtes wäre dann vermutlich die nächste Stufe in
einer Entwicklung, die an und für sich freilich in einem gewissen Widerspruch zur Lehre
Darwins zu stehen scheint."
(Quelle: "Geistesfreiheit. Organ der Freigeistigen Vereinigung der Schweiz"
Ausgabe vom 31. 7. 1925).
Siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Scopes-Prozess
Aus der denn wohl als eine Art Standwerk" gehandelten Theologischen
Real-Enzyklopädie" (Zwar nicht für die WTG Standwerk" wohl aber für
weite Teile der anderen Religionsindustrie) sei noch zitiert:
In einigen Südstaaten, in denen die Bewegung besonders
stark war, erreichte sie sogar vorübergehend Einzelstaatliche Gesetze gegen die
Vertretung der Deszendenztheorie im Schulunterricht. In diesem Zusammenhang kam es 1925 zu
dem berühmten "Affenprozeß" in Dayton (Tennessee), in dem der Bilogielehrer J.
T. Scopes die Abstammung des Menschen aus dem Tierreich vertreten hatte, gerichtlich
gemaßregelt wurde.
Derartige Erfolge wiederholten sich allerdings nicht, trugen eher zur Diskreditierung des
Fundamentalismus in den Augen der Öffentlichkeit bei. Gegen 1930 traten die Versuche der
öffentlichen Einflußnahme zurück. In manchen Punkten begannen fundamentalistische
Theologen, unbestreitbar gewordenen Einsichten Rechnung zu tragen, ohne daß die
Behauptung der wörtlichen Inspiration und Irrtumslosigkeit der Bibel grundsätzlich
aufgegeben wird."
Ulrich Kutschera notiert in seinem Streitpunkt Evolution" auch:
Erst 1967 wurde im Bundesstaat Tennessee dieses
Anti-Evolutionsgesetz aufgehoben. Nur sechs Jähret später (1973) wurde ein neues Gesetz
zur Gleichbehandlung des biblischen Schöpfungsrnythos mit der Evolutionslehre im
Schulbuchhereich verabschiedet, das jedoch 1978 vom obersten US-Gerichtshof (Supreme
Court) als verfassungswidrig erklärt und aufgehoben wurde. Seither gab es eine Flut an
Urteilen zur Evolutionsdebatte ..."
Auch der in hiesigen Kreisen sicherlich nicht unbekannte Herr J. F. Rutherford, meldete
sich schon mal zu diesem Thema mit zu Wort. In seiner Broschüre Des Volkes
Freund" (S. 47) kann man etwa lesen:
Der amerikanische Staat Tennessee hat ein Gesetz erlassen, das den Universitäten
und Mittel- und Volksschulen verbietet, die Theorien zu lehren, die dem biblischen Bericht
von der göttlichen Erschaffung des Menschen leugnen und statt dessen behaupten, dass der
Mensch von einer niedrigen Tierart abstamme und nach dem Gesetz dieses Staates ist es ein
Vergehen, in Schulen die Evolutionstheorie zu lehren.
Ein gewisse Professor Scopes wurde wegen Verbreitung dieser Lehre angeklagt und vor
Gericht geladen. Der kürzlich verstorbene W. M. J. Bryan (einstiger Staatssekretär der
USA) hielt eine mutige Verteidigungsrede zu Gunsten der Bibel."
Im Jahre 1997 konnte man in der Zeugen Jehovas-Zeitschrift Der Wachtturm" auch
dieses lesen.
(Zitiert nnach meinen Notizen. Sicherlich lässt sich das aber auch an Hand der WTG CD-ROM
verifizieren):
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts machte der
Fundamentalismus von Zeit zu Zeit Schlagzeilen. 1925 beispielsweise brachten
Fundamentalisten den Lehrer John Scopes aus Tennessee (USA) in dem sogenannten
"Affenprozeß" vor Gericht. Was hatte er verbrochen? Er lehrte die Evolution und
verstieß damit gegen das Gesetz dieses Staates.
Damals dachte so mancher, der Fundamentalismus sei eine kurzlebige Angelegenheit. 1926
stand in der protestantischen Zeitschrift Christian Century zu lesen, der Fundamentalismus
sei "inhaltslos und künstlich" und ermangle "jeglicher Eigenschaften, die
konstruktiven Leistungen oder seinem Fortbestand" dienten. Wie sehr man sich mit
dieser Einschätzung doch geirrt hat!"
- So die Meinung der WTG.
Das System örtlicher e. V.-Vereine der Zeugen Jehovas wurde mal aus
Gründen der Steuerersparnis eingeführt. Im Zuge der KdöR-Ambitionen erweies sich jener
Aspekt zunehmend als Bedeutungslos. In dieser veränderten Gemengelage ließ die WTG sich
auch nicht lange bitten, und schuf neue, vollendete Tatsachen.
Wie schon mal ein Politikmagazin formulierte. (7. 11. 1994 Nr. 45)
Wenn es um Vergleiche mit hochrangigen Steuerhinterziehern geht, darf die WTG sich diesem
illustren Club anschließen. Dem kleinen Zeugen wird Steuerehrhlichkeit suggeriert. Selber
indes ist man Praktiken hart an der Grenze der Legalitä#t zugeneigt.
Eigentlich wäre es gemäß Ostdeutscher Gesetzgebung zwingend gewesen,
Belegexemplare jener Zeitschrift auch an die Deutsche Bücherei in Leipzig
einzusenden, was aber nicht geschah. Wer heute dort nach diesem Blatt sucht, der
sucht vergebens. Analoges war dann auch beim Franzbuch zu beobachten. Noch vor
der westdeutschen Ausgabe des „Gewissenskonfliktes" erschien eine von der Stasi
in Eigenregie veranstaltete holprige Übersetzung davon, als „Krise des
Gewissens". Hier wiederum das Trauerspiel. In Übertretung der eigenen
Gesetzlichkeit, wurde auch diese Buchausgabe der Deutschen Bücherei, mit ihrem
gesetzlichen Pflichtexmplaranspruch, vorenthalten.
Jedenfalls durch den alsbald eintretenden Tod von Balzereit, war die
„Wirksamkeit" von „Nachdenkliches aus Leben und Christentum" mal, sehr, sehr
bescheiden.
In einem der ersten Hefte davon hielt Balzereit einen beschönigten Rückblick.
Darin berichtet er auch, er habe es auf sich genommen, gewisse Veränderungen in
den deutschen Ausgaben der WTG-Literatur vorzunehmen. Diese wenn sie von anderen
WTG-Hardlinern dann entdeckt wurden, hätten für ihn gefährliches „Hinter dem
Rücken reden" zur Folge gehabt. Nähere Einzelheiten über diese Veränderungen
teilt er allerdings nicht mit.
Ein (nicht von ihm) dokumentiertes Beispiel betrifft dann das Buch „Die Harfe
Gottes", wo er kraft seiner Zensurvollmacht, eine Wehrdienstgegnerische Passage,
die noch in der in der Schweiz gedruckten Ausgabe mit enthalten war, ersatzlos
strich (ohne näheren Hinweis auf diesen Umstand).
Zu den Balzereitschen Eigenmächtigkeiten gehört meines Erachtens auch die
Bestückung mit Bildmaterial (etwa Bildern des Künstler Max Klinger), zu deren
Reprozierung auch im WTG-Schrifttum, er sich bei den entsprechenden deutschen
Kunstverlagen, wohl die Genehmigung einholte. Einige dieser Bilder wird man
daher in den Englischsprachigen Varianten des WTG-Schrifttums nicht vorfinden,
respektive Bildaustausche beobachten können.
Im Falle einiger belegter Bildaustausche ist zudem noch zu beobachten. In den
Englischsprachigen Ausgaben eher „prüdes" Bildmaterial (etwa Vertreibung von
Adam und Eva aus dem Paradies). In den deutschen Ausgaben eher „freizügigere"
Bilder. Das aber aus dem Grunde, dieweil jener Bilder externer Künstler eben
schon so ausgerichtet waren. Es sich also nicht um eine WTG-eigene Aussage
handelte. Allenfalls ist der Balzereit'sche Anteil eben in der Auswahl jener
Bilder zu sehen.
Noch ein älterer Exkurs, datiert gewesen vom 23 April 1999. Publiziert auf
einer Forums-Plattform, welche den gieren nach „den Fleischtöpfen Ägyptens"
(übersetzt die Vorläuferstufe einer „Körperschaft öffentliches Rechts" genannt
„eingetragener Verein") nicht widerstehen konnte. Und in der Konsequenz dann
zum Beschreiten getrennter Wege führte.
Es mag fraglich sein, ob die e. V. Anleierer ihre Blütenträume „erfüllt"
gesehen haben. Etliche Träumer wurden dann im laufe der weiteren Entwicklung,
schon mal durch andere Träumer ausgetauscht. Dazu habe ich
an anderer Stelle
schon mal etwas näher Stellung genommen.
Es gibt ja durchaus noch ein paar weitere „e. V." in der einschlägigen Szene.
Angefangen von „Artikel 4" und weitere. Eine Analyse ihrer „Erfolge" indes
zeigt. Die Träumer die etwa (krass gesprochen den Honoratioren solcher e. V.
dann gar ein eigenes „Vereinshaus" finanzieren würden, oder gar es zu
bezahlten „Vorstandsposten" brächten. Solche Tendenzen sind nachweisbar, sind
Träumer und werden nach bisherigem Erkenntnisstand weiter Träumer bleiben.
Zurückkehrend zum weiter oben genannten weiteren Kommentar in Sachen Balzereit.
Kommentar
Balzereit war bereits seit den zwanziger Jahren Leiter der deutschen
Bibelforscher. Zu seiner Biographie ist ein beiläufiger Satz in dem
antisemitischen „Handbuch der Judenfrage" aufschlussreich:
„Von diesem Balzereit wussten einmal die
„Blätter zur Abwehr des Antisemitismus" (denen wir die Verantwortung dafür
überlassen müssen) zu berichten, dass er während der Revolution als
Hafenarbeiter in Kiel und zugleich als Soldatenrat tätig war."
Prüft man nun die fragliche Stelle in den
„Abwehrblättern" so wollen diese gar wissen,
„dass der dortige Soldatenrat aus ihm (Balzereit)
und zwei anderen bestand."
Aber mit keiner Zeile geht das „Handbuch der
Judenfrage" darauf ein, das dazu von Balzereit ein Dementi vorliegt. Laut
„Abwehrblättern" mit den Worten:
„dass er bei Ausbruch der Revolution nicht mehr
Hafenarbeiter, sondern Angestellter der Internationalen Vereinigung Ernster
Bibelforscher und nebenamtlich bei der Kriegshilfe (Unterstütrzungsamt) in
Kiel beschäftigt gewesen sei."
Balzereits „Geheimmacht"
Ein Verteidigungselaborat für das
antisemitische Machwerk „Protokolle der Weisen von Zion", kann es sich nicht
verkneifen auch auf die Bibelforscher mit hinzuzielen. Wie üblich bei
Argumentationen aus dem antisemitischen Stall - nicht gerade besonders
„geistvoll". Aber eine kleine Nebenbemerkung aus dem antisemitischen Munde
verdient es doch noch dokumentiert zu werden. Etwa, wenn da ausgeführt wird:
„Vor nicht langer Zeit haben die „Ernsten
Bibelforscher" eine Schrift in unser Volk geworfen, die den Titel trägt: „Die
größte Geheim-Macht der Welt". In dieser Schrift wird dem Papsttum und
insbesondere den Jesuiten das vorgeworfen, was die Welt von den Juden
behauptet. Verfasser dieser Schrift war übrigens kein anderer als wie der
damals höchste deutsche Zeuge, Balzereit."
Balzereit wird damit aus antisemitischem Munde
attestiert, das er eine analoge Propaganda betreibe, lediglich mit anderen
Adressaten.
Immerhin beachtlich ist, dass man gerade in dieser Schrift eine umfängliche
Verteidigung des Freimaurertums vorfinden kann. An dieser Tatsache kann man
auch aus dem Grunde nicht vorbeigehen, weil zeitgenössische
Bibelforschergegner nicht müde wurden immer wieder zu betonen, dass
amerikanische Freimaurer in der Zeit um den Ersten Weltkrieg, Sponsoren für
die Bibelforscher gewesen seien. Auch wenn die Balzereit-Schrift unter dem
Pseudonym „P. B. Gotthilf" erschien, so ist es nicht schwer den tatsächlichen
Verfassernamen schon aus den Abkürzungen „P. B." zu entnehmen. Im übrigen
haben etliche zeitgenössische Bibelforscherkritiker in aller Öffentlichkeit
kundgetan, dass sie der festen Überzeugung sind, dass der Verfasser der „Gotthilf"-Schrift
in Wahrheit Balzereit sei. Ein Dementi dazu liegt weder von Balzereit, noch
von der Wachtturmgesellschaft vor, womit diese Sachlage indirekt bestätigt
wird. Auch lässt der Inhalt dieser Schrift eindeutig erkennen, dass der
Verfasser in führenden Bibelforscherkreisen zu lokalisieren ist.
Bezüglich der Freimaurer wird darin ausgeführt:
„Eine der regulären päpstlichen Sitten ist die,
Hauptaufmerksamkeit der Katholiken auf Gebet gegen Freimaurer zu lenken und
mit gutem Recht, denn „die Flut ist nicht nur auf dem Wege, sondern sie ist
schon da" - wie eine freimaurerische Zeitschrift sagt und fährt dann fort:
„Wir haben das Vorrecht, nicht nur jeden erklärten Freimaurer, sondern auch
jeden Protestanten der Religion nach, jeden wahren Patrioten, der sein
Vaterland liebt, zu uns zu zählen, ob es nun Untertanen einer Monarchie oder
einer Republik sind, welche die geschriebenen oder ungeschriebenen
Verfassungen und Gesetze ihres Landes obenan stellen und sie höher achten als
die dogmatischen und manchmal grausam, blutigen Erlässe und Bullen des
Papsttums, um zunächst einmal den verdächtigenden Angriffen, der
römisch-katholischen Kirchen zu widerstehen."
Weiter wird in dieser Schrift, unter Bezugnahme
auf die aktuelle Tagespolitik der USA ausgeführt:
„Die kürzliche Zusammenkunft der streitenden
Klubs Amerikas in Washingthon, ist kein Gutes Zeichen für das Papstreich, noch
die Tatsache, dass Wilsonismus und Imperialismus tot sind, und das Warren G.
Harding ein Freimaurer zweiunddreissigsten Grades ist. Bei dem Festzug der
Versammlung wurde ihm eine feierliche Begrüßung dargebracht für das, was man
von ihm erwartet, und ein ungeheurer Beifall stieg auf: „Wir lieben Sie, Mr.
Harding, weil Sie einer der unsrigen sind.' Unser Glückwunsch jedem Lande,
dass sich freimacht vom Einflusse Roms." Das Feuer, dass das Papstreich
verbrennt, ist das Leuchtfeuer der Freiheit der Völker der Erde; denn solange
die Welt und Menschheit unter dem Einfluss dieses Systems schmachtet, wird nie
Ruhe, nie Gedeihen und nie Frieden auf Erden sein."
Es ist beachtlich, dass der antisemitische
Bibelforschergegner Jonak, in seiner Replik gerade auch jene
Pro-Freimaurer-Äußerungen mit aufspießt. Aus seiner Sicht ist die „Gotthilf"-Schrift
für sein Beweisthema von besonderer Bedeutung,
„da ihr Verfasser speziell die Freimaurer und
die Ernsten Bibelforscher als Kampfgenossen gegen die katholische Kirche
nebeneinander stellt und sich in der gesamten Literatur der Bibelforscher kein
Wort der Ablehnung dieser Veröffentlichung findet. Das konnte auch nicht
erwartet werden, denn eben diese Schundschrift wurde von der Filiale der
Bibelforscher in Magdeburg in einer Auflage von 200 000 Stück verbreitet."
„Das diese Schmähschrift „Die größte Geheimmacht der
Welt", worunter es das Papsttum versteht, die Stellungnahme sowohl zum
Freimaurertum als auch zum Bibelforschertum eindeutig kundgibt. In seiner
Bewunderung für die Freimaurerei erklärt er z. B., dass in Mexiko aller
Fortschritt der Freimaurerei zu verdanken ist. … Und über die Ernsten
Bibelforscher sagt Gotthilf: „Es mag sich nun irgendein Mensch zu den Lehren
der Bibelforscher, soweit sie interkonfessionelle Fragen angehen, stellen wie
er will; eines muss aber jeder Vorurteilsfreie Prüfer ihrer Literatur zugeben,
sie leisten mit ihrer Kampfesarbeit gegen Rom, die sie nebenbei bemerkt, in
aller Sachlichkeit, ohne die sonst übliche Gehässigkeit nur allein mit
Darlegungen aus der Bibel führen, der Menschheit einen unschätzbaren Dienst."
Er kommentiert weiter:
„Das diese Schmähschrift „Die größte
Geheimmacht der Welt", worunter es das Papsttum versteht, die Stellungnahme
sowohl zum Freimaurertum als auch zum Bibelforschertum eindeutig kundgibt. In
seiner Bewunderung für die Freimaurerei erklärt er z. B., dass in Mexiko aller
Fortschritt der Freimaurerei zu verdanken ist. … Und über die Ernsten
Bibelforscher sagt Gotthilf: „Es mag sich nun irgendein Mensch zu den Lehren
der Bibelforscher, soweit sie interkonfessionelle Fragen angehen, stellen wie
er will; eines muss aber jeder Vorurteilsfreie Prüfer ihrer Literatur zugeben,
sie leisten mit ihrer Kampfesarbeit gegen Rom, die sie nebenbei bemerkt, in
aller Sachlichkeit, ohne die sonst übliche Gehässigkeit nur allein mit
Darlegungen aus der Bibel führen, der Menschheit einen unschätzbaren Dienst."
In jener von Jonak zitierten Passage der „Gotthilf"-Schrift
wird desweiteren noch der Bibelforscher-Lobgesang ausgeführt:
„Zu den ernstesten und auch am meisten von Rom
gefürchteten Gegnern gehören neben einigen anderen, weniger positiv tätigen
religiösen Kreisen wohl die Ernsten Bibelforscher. … Die verschiedenen
Angriffe, die man gelegentlich gegen die Bibelforscher und ihre Lehren macht,
beruhen, so behaupten die Bibelforscher, auf Entstellung und Verdrehung ihrer
Lehren durch religiöse Gegner. Besonders wertvoll war dem Verfasser die in
einer Magdeburger Zeitung durch Bibelforscher veröffentlichte Erklärung,
welche sagte: „Die Behauptung, Bibelforscher trieben jüdische
Weltherrschaftspropaganda stammt von religiösen Gegnern der Bibelforscher,
welche selber Weltherrschaftsabsichten haben und ihre eigenen Absichten nur
durch Verdächtigung anderer zu verbergen suchen."
Zu dieser Geheimmacht-Schrift gilt es noch
einige zusätzliche Angaben zu machen. Im Jahre 1924 betrieb die deutsche
Wachtturmgesellschaft, unter Federführung von Balzereit, in ihrer Zeitschrift
„Das goldene Zeitalter" durch ganzseitige Inserate, eine riesige Reklame für
dieses Buch. Vormal wurde der Eindruck erweckt, als sei der Verfasser
„unabhängig" von den Bibelforschern. Indes wird beim näheren Hinsehen diese
Legende durch die eigene Argumentation widerlegt. Nicht nur, dass die übliche
Bibelforscherdiktion an allen Ecken und Enden durchscheint. Verräterisch für
den Verfasser ist auch, dass er Passagen aus dem Jahrgang 1921 der
amerikanischen Bibelforscherzeitschrift „The Golden Age" zitiert, die zu
diesem Zeitpunkt noch nicht in deutscher Übersetzung erschien, und somit
deutlich macht, dass er Beziehungen zu hohen amerikanischen
Bibelforscherkreisen hat.
Katholische Kreise haben dann gegen den Presserechtlich verantwortlichen „Stern"-Verlag
in Leipzig, als Herausgeber dieser Schrift ein Gerichtsverfahren angestrengt,
aufgrund des Gotteslästerungsparagraphen in der Weimarer Republik. Sie konnten
erreichen, dass ein kleiner Teil dieser Schrift, die sich noch im Verlag
befand, beschlagnahmt wurde. Im Jahre 1927 gab derselbe Verlag die gleiche
Schrift in überarbeiteter Form erneut heraus. Bemerkenswert dabei ist, dass
dabei ein völlig anderer Verfassername dafür genannt wurde. Firmierte die
1924-er Ausgabe unter dem Verfassernamen „P. B. Gotthilf aus
Braunschweig-Köln", so wurde nun die 1927-er Ausgabe unter dem Namen „Ludwig
Hado aus Berlin" vertrieben. Im Vorwort der Hado-Ausgabe wurde ausgeführt:
„Nachdem der Verfasser der alten,
beschlagnahmten Broschüre auf deren Herausgabe keinen Wert mehr legt …
unterbreite ich nunmehr diese vollkommene Neubearbeitung der Öffentlichkeit."
Seine Neubearbeitung charakterisiert Hado mit
den Worten:
„Nachdem der Rest der Erstauflage wegen zweier
Punkte, auf die der Gotteslästerungsparagraph angewandt wurde, beschlagnahmt
wurde, überreiche ich hier das mit neuem Tatsachenbeweis bearbeitete Werk,
unter Fortlassung der vom Gericht beanstandeten Stellen. … Bei dieser Ausgabe
ließ ich das Beweismaterial für die Ablehnung Roms aus rein religiösen Gründen
fehlen, weil diese bei der Erstausgabe von der ultramontanen Presse missdeutet
wurde als Propaganda für eine religiöse Sache."
Unter dem hier besonders interessierenden
Gesichtspunkt ist noch anzumerken, dass ein Vergleich ergibt, dass die
relevanten Passagen aus dem Jahrgang 1921 des amerikanischen „Golden Age",
sämtlichst auch in der Hado-Ausgabe beibehalten wurden.
In der Sache wurde in dieser Schrift mit harten Bandagen gegen die katholische
Kirche agitiert. Es geht dem Autor im Kern um den Grundsatz der freien
religiösen Konkurrenz, um das Recht „Marktwirtschaft" auf religiösem Gebiet
betreiben zu können. Ein Beispiel für diese Einstellung ist auch nachfolgende
aus dem „Golden Age", Jahrgang 1921, übernommene Polemik, die in der
Hado-Ausgabe mit den Worten zitiert wird:
„Mit wieviel Schlauheit man Verordnungen,
welche die freie Gedankenäußerung knebeln und es unmöglich machen sollen, über
Missbrauch der Religion durch das Papstreich auch nur ein Wort gerechter
Kritik sagen zu dürfen, durchzudrücken sucht, zeugt ein Antrag, der von diesen
famosen Beschützern der Freiheit dem Senat und Repräsentantenhaus der
Vereinigten Staaten vorgelegt wurde. Nach echt jesuitischer Manier wurde
behauptet, man reiche diesen Antrag ein, um Judenverfolgungen zu verhindern,
genau wissend, dass unter diesem Vorwand die Absicht der Knebelung der freien
Meinungsäußerung nicht so leicht bemerkt werde. In Wahrheit lag es gar nicht
in der Absicht dieser Vertreter des Welt-Geheim-Reiches, die Juden zu
schützen, sondern der listig versteckte Grund dieses Antrages war, es auf dem
Wege erschlichener Gesetzgebung unmöglich zu machen, über Bosheiten, die unter
dem Deckmantel der Religion verübt wurden, etwas zu sagen, zu schreiben, bzw.
sie aufzudecken.
Der entsprechende Gesetzesantrag wurde dann mit den Worten zitiert: Der Senat
und das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten mögen … Verordnen, dass die
Versendung irgendwelcher Veröffentlichungen und Druckschriften durch die Post,
welche Berichte oder Aufsätze enthalten, die den offensichtlichen Zweck haben,
Rassen- oder Religionshass zu erregen, verboten werden. Jede Person oder
Gruppe von Personen, welche hierbei schuldig befunden wird, soll mit einer
Geldstrafe bis zu 5000 Dollar oder Gefängnis bis zu fünf Jahren oder mit
beiden bestraft werden."
Als die Bibelforscher von diesem
Gesetzesvorhaben Kenntnis erlangten, schlugen bei ihnen die Alarmglocken an.
Und sie meinten zu wissen, wem sie diesen Anschlag auf die freie
Meinungsäußerung zu verdanken hätten: „Aber ein solches Gesetz, wie das oben
erwähnte, könnte Personen, die ihre verfassungsrechtlichen, gesetzmäßigen
Rechte ausüben, große Schwierigkeiten bereiten. Presse und Publikum würden
durch solche Gesetze eingeschüchtert werden, sie würden nicht mehr wagen, ihre
Meinung auszusprechen, und nach und nach würde die Freiheit der Rede und der
Presse dahin sein und das Land wäre katholisch gemacht - d. h. würde vom
Welt-Geheim-Reich in offene Herrschaft übernommen. Päpstliche Diktatur, das
ist - Mittelalter."
Bezeichnend dazu ist auch die katholische Einschätzung von Busch:
„Die Broschüre ist eine der allergemeinsten und
unflätigsten, die ich je gesehen. So viel Lüge, Unwissenschaftlichkeit,
Betrug, Hass und Gift und Galle speiende Bosheit, soviel Aufhetzung und
Aufstachelung der niedersten Triebe der Volksseele gegen alles Katholische,
gegen die Kirche, gegen das Papsttum, gegen Bischöfe und Geistlichkeit, ist
dort zusammengetragen, dass man schier glauben möchte, die Broschüre sei vom
Teufel aus der Hölle selber geschrieben."
Ein weiteres Beispiel für die harten Bandagen,
mit der in der Gotthilf-Hado-Broschüre agitiert wurde sind auch die
Ausführungen zur Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges, wiederum mit betont
Anti-katholischem Akzent: „Zum Beispiel wurde vor dem Weltkrieg ein Konkordat
mit Serbien gemacht. … Als der schwache König Milan, der sein ständiges Heim
wegen der unglücklichen Liebesgeschichte verlor, ein Konkordat mit dem Vatikan
abschloss, übergab er die Kontrolle über das pädagogische, d. h.
volkserzieherische System seines Landes dem päpstlichen Reiche und den
Jesuiten, befreite kirchliches Besitztum sowie die römische Geistlichkeit vom
serbischen Gesetze und seinen Gerichten und stellte sie unter römische Gesetze
und Gerichte, unter das sogenannte kanonische Recht. Das war zuviel für einige
freiheitsliebende Serben, besonders für die jungen Männer, welche ein freies
Serbien erhofft hatten. Österreich, welches durchaus unter päpstlicher
Kontrolle stand, pflichtete dieser Intrige bei, welche diesen Rückgang zum
Mittelalter über Serbien verhängte.
Ein serbischer Student, mit Entrüstung erfüllt und nun nach einem Gegenstand
für seinen Hass suchend, schoss und tötete den österreichischen Thronerben als
den Mann, welcher bei diesem Verrat Serbiens besonders mitgewirkt hatte. Die
bürokratische Regierung Österreichs-Ungarns, unter päpstlicher Leitung -
ähnlich wie die verpapstete Regierung Frankreichs von 1921 - stellte
Forderungen an Serbien, die ein Volk, welches noch etwas Selbstachtung hat,
unmöglich erfüllen konnte. So entstand dann der Weltkrieg direkt durch
politische Machenschaften dieses großen römischen Welt-Geheim-Reiches und
durch Eingriffe in das staatliche Leben zweier Völker der Erde."
Auch Paul Bräunlich, seines Zeichens Generalsekretär des Evangelischen Bundes,
und ansonsten als eindeutigen Bibelforschergegner bekannt, wird in dieser
Broschüre mittels eines Presseberichtes auch als Kronzeuge bemüht. Bei
„Gotthilf" liest man dazu:
„Das Bräunlich in Hof (1924) eine heftige
Anklagerede gegen Rom gehalten habe und dem Papstreich vorwerfe, bewußterweise
den Krieg entfacht und zu Ungunsten Deutschlands in der Entscheidung gefördert
zu haben, um das protestantische Deutschland zu vernichten, um die Regierung
unter päpstliche Oberherrschaft zu bringen."
Bräunlich selbst kommentiert aus seiner
Kenntnis der Faktenlage die „Gotthilf"-Schrift mit den Worten:
„Die „Geheimmacht" diesmal weder Juden noch
Freimaurer, sondern das römische Papsttum als „Ursache aller (!) Kriege" und
„ein Jahrhunderte alter Betrug." Das Ganze mit vielen richtigen Tatsachen -
zumeist den bekannten Schriften Sleidans entnommen - wissenschaftlich
herausgeputzt, und doch dazu bestimmt, zuletzt vielleicht gar den
Evangelischen Bund selber aufs Glatteis zu locken. Denn selbstverständlich
gipfelt auch dieses Büchlein in einer „Geheimschrift". Ein ungenannter Jesuit
gibt darin schamlose Anweisungen nach Art der in den Protokollen der Weisen
von Zion enthaltenen. Er setzt auseinander, wie man „den Nacken der deutschen
Ketzer" unter das Joch der römischen Kirche beugen und sich auf solche Weise
wieder einmal ein jugendkräftiges Volk sichern müsse, von dessen Mark wir
(Jesuiten) ein Jahrhundert oder mehr zehren können."
Bräunlich selbst zieht dann an anderer Stelle
den Vergleich zu dieser von ihm nicht „erbetenen" Schützenhilfe durch die
Bibelforscher, mit dem sogenannten Taxilschwindel. Jener französische
Schriftsteller Gabriel Jogand, der publizistisch unter dem Pseudonym Leo Taxil
auftrat, hatte zu einem früheren Zeitpunkt die Leitung der katholischen Kirche
in ihrem Kampf gegen das Freimaurertum genasführt, indem er sich als
„bekehrter Atheist", „reumütig" in den Schoß der Kirche begab und sich dort
auf die Freimaurer spezialisierte.
Eine diesbezügliche Episode gibt Lanz-Liebenfels mit den Worten wieder:
„Taxil wurde durch sie (die katholische Presse)
aber auch bei den höchsten Kirchenwürdenträgern, besonders beim päpstlichen
Nuntius von Paris, Mgr. Rendi eingeführt, der ihn wieder weiter empfahl, so
das er anno 1887 vom Papst in Privataudienz empfangen werden konnte. Von
dieser Audienz berichtet die später eine wichtige Rolle spielende Miss Diana
Vaughan (d. h. Taxil selbst) in ihren „Memoiren": „Mein Sohn, fragte ihn der
Statthalter Christi, was wünscht Du? Heiliger Vater, hier in diesem Augenblick
zu deinen Füßen sterben, wäre mein größtes Glück, sagte der auf den Knien
liegende Pönitent. Nicht doch, erwiderte Leo XIII. mit wohlwollendem Lächeln.
Dein Leben ist für die Kämpfe des Glaubens noch nützlich.
Der Papst wies auf seine Bibliothek, in der alle Enthüllungsschriften Taxils
standen, und die er alle gelesen hatte. Wiederholt betonte der Papst, dass er
die satanische Richtung der Sekte nicht begriffen habe. Mit der Audienz Taxils
beim Papste hatte der ganze Schwindel die päpstliche Weihe bekommen. Wie hätte
Leo XIII. Taxil, der verwegene Preßkosak, geschrieben hatte, war ja Wasser auf
jesuitische Mühlen. Vor allem, was Taxil schrieb, behaupteten Papst, Bischöfe
usw. … Konnte der Papst nicht von dem Teufelsrummel sagen: Ich, der Papst,
habe den Teufelsrummel gepflanzt, Taxil der „Jules Verne der Hölle" hat ihn
mit seiner Journalistensauce begossen!"
In diesem Kampf gegen die Freimaurer, tischte
Taxil selbst die unglaublichsten Märchengeschichten auf, die zum Teil geglaubt
wurden, um sie zu guter letzt selbst noch als Schwindel zu offenbaren.
Bräunlich selbst hat diesen Fall ausführlich referiert. Aus seiner Sicht
stellen für ihn die Bibelforscher neuzeitliche Leo Taxils dar! Seinen
entsprechenden Aufsatz, in dem vom Verein zur Abwehr des Antisemitismus
herausgegebenen „Abwehrblättern" erschienen, gab er dem Titel: „'Ernstes
Bibelforschertum' und antijüdisches Ablenkungsmanöver als Parallelunternehmen
zum Taxilschwindel." Darin vertritt er die These:
„Soviel ist sicher, dass er (Russell) seit 1879
in der evangelischen Welt eine ganz ähnliche Rolle gespielt hat, wie Taxil in
der katholischen. Sein mit sich steigerndem Eifer verfolgtes Ziel war die
Zerstörung der Kirchen der Reformation. Und zwar bemühte er sich, dass von
innen heraus zustande zu bringen, indem er sich gerade unter die bisher
treuesten Kirchenbesucher mischte, sie als „Wolf im Schafspelz" mit
seltsamsten Wahnvorstellungen erfüllte und unter dem Ruf „Heraus aus Babel!"
Ihren Religionsgemeinschaften abwendig zu machen suchte. Seine Lehre ist
nichts, als ein aufs Fadenscheinigste „religiös" herausgeputzter
Bolschewismus. Alles läuft darauf hinaus, die Massen auf die Weltrevolution
vorzubereiten. Sie sollen zum mindesten „still stehen und warten", damit sie
„dem Wagen Gottes nicht im Wege sind", wenn der „Tag der Rache" hereinbricht."
1926 fasst er seine diesbezüglichen Antipathien
nochmals mit den Worten zusammen:
„Jedes Wort und jede Silbe zwischen den beiden
Pappdeckeln (der Bibel) völlig gleichwertig als göttliches Orakel behandeln!
Drauf los interpretieren und kombinieren! Das ganze schließlich mit einer
frommen Sauce übergießen! So müsste es gehen! So würde sich Christentum
wandeln lassen in Antichristentum, religiöses Verlangen in ein
Förderungsmittel gottlosesten Bolschewistentums."
Seine Deutschnationalistische Grundhaltung
kommt auch in dem folgenden Zitat von ihm zum Vorschein:
„Der Evangelische Preßverband nagelte in einem
Rundschreiben vom 23. Juli 1914 revolutionäre Ausführungen der
Bibelforscherpresse fest wie: „Die gegenwärtigen Regierungen sind heidnisch,
wild, tierisch. Es ist höchste Zeit, dass nach dem Willen Jehovas alle
Regierungen und Kirchen gestürzt werden." Und es setzt hinzu: „So leuchtet
unter der Maske des Sektensendlings die hasserfüllte Wut eines fanatischen
Umstürzlers hervor."
Als Resümee seiner Ausführungen, meint er unter
Hinweis auf die kirchenkritischen Äußerungen der Bibelforscher:
„Wer solch bolschewistischer Veralberung des
Christentums gegenüber nicht begreift, dass wir es hier wie bei dem (Fall
Taxil) geschilderten seltsamen pseudoreligiösen Zeiterscheinung mit einer
bewussten geistigen Vorbereitung der Weltrevolution zu tun haben, der wird
schließlich jedem Spaßvogel auf dem Leim kriechen, solange dieser nicht
ausdrücklich zu ihm sagt: „Verehrter Herr, ich beschwindle sie!"
Um noch einmal auf den Leipziger „Stern"-Verlag
zurückzukommen, mit seiner Geheimmacht-Broschüre. Wenn man sich für diesen
Verlag näher interessiert, dann kann man feststellen, dass seine gesamte
Verlagsproduktion lediglich aus drei Titeln bestand. Die Deutsche Bücherei in
Leipzig, als ein Gesamtarchiv deutschen Schrifttums führt auch ein
Verlegerverzeichnis. Und gemäß diesem sind für diesen Verlag nur die „Gotthilf"-Schrift;
sowie die nachfolgende Neubearbeitung von Hado nachweisbar. Ein dritter Titel
wird noch genannt und dieser nennt sich „Kultur-Fragen". Als Untertitel dazu
wird vermerkt: „Aus autorisierter Quelle". Interessant aber dabei wird es beim
dazugehörigen Verfassernamen. Und dieser nannte sich „Paul Gehrhard". Er ist
insofern auch kein Unbekannter, als er als ständiger Mitarbeiter auch im
Impressum der deutschen Ausgabe der Bibelforscherzeitschrift „Das Goldene
Zeitalter" auftaucht.
Um was für „Kulturfragen" handelt es sich bei „Gehrhard"? Sie werden schon
deutlich wenn auf der Umschlaginnenseite ausgeführt wird:
„Die Unterzeichneten erklären gerne. … Infolge
jahrelanger Beobachtung auch der innersten Vorgänge der Bibelforscherbewegung
und durch jahrelange Beziehungen zu vielen Gliedern Ernster Bibelforscher
können wir nach bestem Wissen und Gewissen die Versicherung abgeben, dass alle
Versuche, die die Ziele und Aufgaben der Vereinigung anders darstellen als sie
in dem Büchlein (der Gehrhard-Schrift) geschildert werden, nicht der Wahrheit
entsprechen und nur Ausflüsse gegnerischer Strömungen sind, die die Arbeit der
Bibelforscher verächtlich machen sollen. Als Unterzeichner werden dann
genannt: Alfred Zimmer, Regierungssekretär a. D. Hofrat Dr. Stenz,
Rechtsanwalt und Notar Dr. A. Mütze, Amtsgerichtsrat Dr. Phil. M. Karl,
Polizei-Oberingenieur H. von Ahlften, engl. Korrespondent."
Schon diese Einleitung macht deutlich, dass
Balzereit dazu alle ihm zur Verfügung stehenden „Hofschranzen" mobilisiert
hatte. Eine Kostprobe der apologetischen Verteidigung daraus:
„Ohne jede Begründung wird heute
verleumderischer Weise behauptet, Bibelforscher seien geheime Bolschewisten,
die versuchten, die Autorität des Staates zu unterminieren. Auf dem Wege
dieser neuen ungerechten Verleumdung allen anderen voran geht Lic. P.
Bräunlich, welcher die unverantwortliche Unwahrheit verbreitet, der Leiter der
Bibelforscherbewegung in Deutschland sei während des Krieges Hafenarbeiter in
Kiel gewesen."
Balzereit verteidigt sich dazu mit den Worten:
„Wahrheit ist, dass dieser erstens überhaupt
nie Hafenarbeiter war, und zweitens bereits seit dem Jahre 1910 im Dienste der
Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft stand. Weiter behauptet der
Erstgenannte, Herr Balzereit sei Mitglied des Soldatenrates gewesen. Wahrheit
dagegen ist, dass Herr Balzereit kein Soldat war, auch während des ganzen
Krieges immer als „dauernd untauglich" ausgemustert war und niemals irgend
einer politischen Partei, gewerkschaftlichen oder ähnlichen Bewegung
angehörte. Einer christlichen Familie entstammend, und in diesem Sinne
erzogen, allezeit ein gläubiger Mensch, bekam er mit dem 20. Jahre (1906) die
erste Fühlung mit der Bibelforscherbewegung und hat seit dieser Zeit, ebenso
wie dies vorher der Fall war, mit Politik oder ähnlichem nie irgend etwas,
auch nicht das Geringste, zu tun gehabt."
Man wird, wenn man diese Balzereit'schen
Pseudonymschriften mit in das Gesamturteil einfließen lässt, ihm durchaus eine
gewisse Eigenständigkeit zubilligen können. Er wäre durchaus in der Lage
gewesen, eigene Akzente zu setzen. Dies aber lag ganz offensichtlich nicht im
Interesse Rutherfords, der nur an einem willenlosen Vollstrecker dessen
interessiert war, was er als Vorgabe diktierte.
In der Hitlerzeit wurde Balzereit faktisch von der amerikanischen
Zeugenleitung exkommuniziert, nachdem vom Kompromißkurs (für den Balzereit
exponiert stand) auf den Konfrontationskurs umgestiegen wurde. Balzereit
versuchte auf dem Verhandlungswege eine Aufhebung oder Abmilderung des
Verbotes der Zeugen Jehovas zu erreichen. Von ihm weiß man, dass er wenige
Tage nachdem die Berlin-Wilmersdorfer Erklärung der WTG an die Hitlerregierung
gesandt wurde, er sich in die Emigration in das Zweigbüro der Zeugen Jehovas
nach Prag begab. Zu diesem Zeitpunkt setzte auch noch die Brooklyner Führung
der Zeugen Jehovas auf „stillhalten". Als jedoch Brooklyn diesen Kurs änderte
und Balzereit wie eine „heiße Kartoffel" fallen gelassen wurde, da waren seine
Tage in Prag auch gezählt. Ohne Rückendeckung sah er sich genötigt nach
Hitlerdeutschland zurückzukehren.
Im Mai 1935 wird er verhaftet, im Dezember zu zweieinhalb Jahren Gefängnis
verurteilt, nach der Haftverbüssung ins KZ Sachsenhausen verbracht. Die
dortige Situation kommentiert Garbe in einer Fußnote mit den Worten:
„So führte die SS den seit Ende 1937 in
Sachsenhausen inhaftierten Direktor der WTG, Paul Balzereit als „Umfaller" vor
und forderte die Bibelforscher auf, es ihrem früheren „Oberhaupt" gleichzutun.
Obwohl er „unterschrieben" hatte, wurde Balzereit erst über ein Jahr später
aus Sachsenhausen entlassen. Von der Gemeinschaft der Bibelforscher wurde er
weitgehend gemieden."
Vorausgegangen war dem die „Anremplung" im
„Wachtturm" vom 15. Juli 1936. Unter Bezugnahme auf die Gerichtsverhandlung
gegen Balzereit, Dollinger und andere ereifert sich die Zeugenführung:
„Kürzlich, als einige, die Stellungen von mehr
als gewöhnlicher Wichtigkeit in der Organisation und im Werke der Gesellschaft
bekleideten, vor Gericht gebracht und angeklagt wurden, sie hätten versucht,
(das Werk von) Gottes Volk gegen das Verbot der deutschen Regierung
fortzusetzen, da versagten die so Beschuldigten. … Eine Abschrift der
Zeugenaussagen im Gerichte, das über jene Fälle entschied, enthält die
folgenden Anführungen aus dem Gerichtsprotokoll. Und da es nicht nötig ist,
irgendwelche Namen zu nennen, bezeichnen wir, ebenso wie das Protokoll es tut,
die betreffenden Personen als die „Angeklagten".
Einer dieser Angeklagten nun gebrauchte in seiner Aussage vor Gericht diese
Worte: „Wir waren bemüht, alles zu vermeiden, was gegen das Verbot war… weil
wir der Überzeugung waren und auch heute noch sind, dass Glaubensfreiheit
besteht, dass die Regierung nicht beabsichtigt, den einzelnen Christen ihren
Glauben zu nehmen, und dass wir unbedingt dahin kommen würden und die
Möglichkeit gegeben würde, dass die einzelnen Christen ihre Gottesdienste
haben dürfen. Es ist meine Überzeugung, dass die Verhandlungen mit der
Regierung der einzige Weg seien um zu einem Resultat zu kommen. Und (er) habe
gebeten, dass die Freunde diese Verhandlungen nicht stören mögen. Alle
Informationen sind dieser Art gewesen."
1933 war diese Strategie auch die Strategie der
Brooklyner Führung. Ohne Erfolg wie man weiß. Jetzt bot es sich an, einen
Sündenbock dafür namhaft zu machen. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan -
der Mohr kann jetzt gehen. Drohend fügt dieser Wachtturmartikel noch hinzu:
„Die Gesellschaft würde ungereimt handeln,
würde sie nun irgend etwas zugunsten jener Verurteilten unternehmen, nachdem
sie sich unter Druck als untreu erwiesen."
Balzereits Verhältnis zu seinen Brooklyner
Vorgesetzten war ohnehin nicht „spannungsfrei". Im fernen Amerika sah man nur
die eigenen Propagandainteressen. Vor Ort war Balzereit auch mit den Folgen
konfrontiert, die durch Brooklyner Anweisungen „vom grünen Tisch" herab
entstanden. Symptomatisch dafür ist auch der Fall der Rutherfordschen
Broschüre „Die Krise". In ihr hatte Rutherford die Prophezeiung gewagt:
„Ich wage die Meinung auszusprechen, dass
Amerika bald von einem Diktator regiert werden wird, dem eine Schar von
Verrätern zur Seite stehen werden, die von den Häuptern des Großgeschäfts
ausgewählt und geleitet sein werden."
Das fatale daran war nur, dass diese
Einschätzung eine tatsächliche Erfüllung fand. Nur eben nicht in Amerika.
Dafür aber in Deutschland. Und wie man so schön sagt „getroffene Hunde bellen
laut". So war denn die deutsche Reaktion darauf durchaus eindeutig. Auch die
Zeugenleitung muss auf diesen Sachverhalt eingehen und schreibt dazu in ihrem
Geschichtsbericht über Deutschland:
„Der Feldzug mit der Broschüre „Die Krise"
führte in Bayern am 13. April zu einem Verbot. Darauf folgte ein Verbot in
Sachsen (am 18. April), in Thüringen (am 26. April) und in Baden (am 15. Mai).
Kurz darauf wurde das Werk in den übrigen deutschen Ländern verboten."
Balzereit lastete nun im Nachhinein die
Brooklyner Führung an:
„In Magdeburg hatten Regierungsorgane das Büro
wissen lassen, dass das Bild auf der Titelseite der Broschüre (ein Krieger mit
einem bluttriefenden Schwert) anstößig sei, und hatten verlangt, dass es
entfernt wurde. Bruder Balzereit, der wiederholt seine Kompromissbereitschaft
gezeigt hatte, befolgte die Anweisung, die farbigen Umschläge von den
Broschüren zu entfernen, sofort."
Ungefähr zeitgleich mit der Veröffentlichung
dieses Wachtturmartikels war in Deutschland das Buch des katholischen
Antisemiten Jonak über die Zeugen Jehovas erschienen. Bereits am 12. Mai 1936
hatte die katholische Tageszeitung „Germania" dieses Buch angepriesen. Diesen
Hintergrund wird man bei dieser Wachtturm-Stellungnahme möglicherweise noch
mit berücksichtigen müssen. Aufschlussreich ist auf jeden Fall, das jener
Wachtturmartikel mit den Worten ausklingt:
„Kann da noch irgendein Zweifel in den Gedanken
irgendeines Gliedes der wahrhaft gesalbten Tempelklasse darüber bestehen, dass
die Schlacht zwischen den Religionisten und den treuen Knechten Jehovas jetzt
im Gange ist? Hat diese Schlacht nicht mit wachsender Heftigkeit während der
letzten zehn Jahre gewütet? Die römisch-katholische Hierarchie hat alle
Geschütze auf die Zeugen Jehovas gerichtet. In Deutschland hat diese böse
„alte Hure" eine Anzahl abgeschreckt und so eingeschüchtert, dass sie
verstummt sind; doch sind in jenem traurigen Lande viele demütige, treue und
wahrhaftige Zeugen geblieben, die entschlossen sind, das Gebot zu befolgen und
das Zeugnis zu geben, selbst wenn dies sie ihren letzten Blutstropfen kosten
sollte."
Interessant ist auch der Weg des Balzereit nach
1945. Er versuchte nämlich, unabhängig von der Wachtturmgesellschaft erneut
Mitverbundene zu sammeln. Im wesentlichen durch die politischen Umstände
bedingt - örtlich begrenzt im Magdeburger und angrenzendem Raum.
Die Geschichte dieser kleineren Gruppen verlief ebenfalls nicht
„spannungsfrei". Nach 1945 örtlich von der Sowjetischen Militäradministration
anerkannt, sahen sie sich 1950 mit dem sich anbahnenden Verbot der Zeugen
Jehovas ebenfalls ins Abseits gedrängt. Da man in der DDR der 50-er Jahre (und
nicht „nur" der 50-er Jahre) die Meinung vertrat, in ihrem System sei kein
Platz für Religionsneugründungen. Man also faktisch davon ausging, nur
vorhandenes zu „dulden" - tat man sich mit diesen Gruppen schwer. Da die
Aktivitäten der Zeugen Jehovas auch nach dem Verbot weiter sichtbar blieben,
kam die SED-Politbüro-Clique auf den reichlich späten Einfall, auch diese
Gruppen zu instrumentalisieren. So wurden sie um 1958 erneut wieder
zugelassen, auf der Grundlage örtlicher staatlicher Neuanerkennung.
Viel „Freude" hatten die Protagonisten der DDR-Kirchenpolitik an dieser
Entscheidung nicht. Dies war nicht eine Entscheidung, dass man diesen Gruppen
irgendwelche besondere „Relevanz" beimaß. Dies war lediglich eine
Zweckmäßigkeitsentscheidung. Man erhoffte sich durch diese Gruppen vielleicht
den Zeugen Jehovas Abbruch tun zu können. Die Hoffnung erwies sich als
Fehlkalkulation. Vom Leiter der SED-Kirchenabteilung , Rudi Bellmann, liegt
eine Aktennotiz vom 5. 1. 1959 vor:
„Etwa um die Jahreswende 1957/58 sprach Genosse
Selbmann (Ministerium für Staatssicherheit - Kirchenfragen) in folgender
Angelegenheit hier vor: Genosse S(elbmann) teilte mit, dass es für die Arbeit
seiner Dienststelle erforderlich sei, zur Zersetzung der noch organisiert und
illegal tätigen Zeugen Jehovas durch einige Leute, die sich abspalteten ein
Mitteilungsblatt herauszugeben … Seit dem Verbot der Zeugen Jehovas ist die
Arbeit unter den noch illegal tätigen Gruppen keine Angelegenheit der
Kirchenpolitik, sondern der Sicherheitsorgane; denn das Verbot erfolgte auf
Grund staatsgefährdender Dinge. … (Es) wurde ihm empfohlen … von Fall zu Fall
je nach Notwendigkeit, eine Einzeldruckgenehmigung unter der Voraussetzung
einzuholen, dass für den gesamten Inhalt seine Dienststelle die Verantwortung
trage. So geschieht das unseres Wissens bis heute. Es sind in größeren
Abständen kleine Druckerzeugnisse erschienen, die vorher im Manuskript von den
Genossen des Ministeriums für Staatssicherheit kontrolliert und redigiert
wurden."
Rückblickend resümieren Müntz/Wachowitz:
„Die Vereinigung Freistehender Christen wird
heute überwiegend durch ältere Mitglieder repräsentiert. … Versuche anderer in
Opposition zu den ZJ stehenden Gruppen, die VFC für eine Zusammenarbeit zu
gewinnen, wurden seit dem Tode Balzereits 1959 durch die Forderung der VFC
nach dem Anschluss an die eigene Gemeinschaft zunichte gemacht. Jetzt
betrachtet sich die VFC selbst als „sterbende Gemeinde" und ist nicht um
Beziehungen zu anderen Kirchen oder Religionsgemeinschaften bemüht. Die
vertretene Russellsche Orientierung auf ein „jenseitiges Paradies" erschwerte
die in den Satzungen vorgesehene Hinwendung zu Anhängern der ZJ wesentlich, da
diesen von der WTG religiös fanatisch ein „Irdisches Paradies" zu ihren
Lebzeiten versprochen wird."
Über eine von dieser Gruppe herausgegebene
Zeitschrift vermerken die gleichen Autoren:
„Sie gaben die Zeitschrift „Nachdenkliches aus
Leben und Christentum" heraus, die jedoch wegen Mangel an geeigneten
Mitarbeitern in den 60-er Jahren ihr Erscheinen einstellte."
Um diese Aussage mal etwas näher zu
konkretisieren. In der Nr. 6 vom April 1960 der NALUC (Nachdenkliches aus
Leben und Christentum) fällt im Impressum auf das ein neuer Herausgeber
genannt wird In der Nummer 8 vom November 1960 findet sich die lapidare
Mitteilung:
„Die neue Schöpfung". Diese in unseren
Studienschriften 1 - 5 enthaltene Artikelserie ist mit Nr. 5 beendet und kann
nicht fortgesetzt werden, weil der liebe Bruder, der diese Betrachtungen
schrieb, am 6. Juli 1959 entschlafen ist."
Die Biographie von Balzereit im Sinn behaltend,
fragt man sich naturgemäß interessiert. Wie würde er nun wohl das
Zeitschriftenprojekt „Nachdenkliches aus Leben und Christentum" unter den
gleichfalls problematischen DDR-Verhältnissen Gestalten? In der NALUC Nr. 3
vom Februar 1959 findet man dazu einige Anhaltspunkte. Er versucht da
sozusagen ein Resümee, wenn er schreibt:
„Es hatte sich schon kurz nach dem Ableben
(Russells) der Gründers … unter den meisten ihrer Anhänger die Meinung
herausgebildet, die Wachtturm Bibel & Traktat.-Gesellschaft sei der Kanal,
durch den Gott allein sein wahres Volk auf der ganzen Welt speise. … Wurde
vorsichtig aber dennoch nachdrücklich von dem Argument „die Gesellschaft ist
der Kanal" in so raffinierter Weise Gebrauch gemacht, dass immer mehr die WTG
und ihr Präsident es wagen konnten, für ihre Verlautbarungen und
Veröffentlichungen papstgleiche Unfehlbarkeit zu beanspruchen, so dass bald
jeder Bruder, der irgendwelche Bedenken gegen dieselben zu äußern wagte,
gemaßregelt und unmöglich gemacht wurde. Die Furcht vor diesem Ausgestoßen-
und Verächtlichgemachtwerden war es, die bald dann auch denen die Abstieg noch
sahen den Mund verschloss."
Damit hatte Balzereit auch seine eigene
Position umrissen. Er hatte mittels der Bibelforscherorganisation eine
gehobene Stellung erreicht. Er kannte die Spielregeln des „funktionieren als
Rädchen im Getriebe." Er wagte es nicht ohne Not über vorsichtige
Modifikationen hinauszugehen. Auch die bewirkten schon Probleme. Aus der Sicht
Balzereits stellen sich seine partiellen Modifikationen so dar:
„Das jeder Versuch … bösesten Entstellungen,
sachlich und lautlich soweit wie möglich bei der Übertragung ins Deutsche zu
mildern - sobald er entdeckt wurde - Feindschaft, bitteres Hinterrücksreden
(von Seiten solcher Versammlungsglieder und Mitarbeiter die den wachsenden
Irrtum sogar noch als „Neues Licht" priesen, und eine direkte Empörung im
eigenen Lager zu organisieren suchten) und anderes mehr zur Folge hatte."
Weiter spricht Balzereit von „hässlichen,
bitteren brieflichen und bei einmal im Jahr stattfindenden Besuchen des
Präsidenten auch persönlichen Bitterkeiten und Anwürfe, die der - sich
(dieses) „Frevels" an dem fragwürdigen Geistesgut schuldig gemachte -
Verantwortliche über sich ergehen lassen musste." An der „Futterkrippe", der
wirtschaftlich starken Wachtturmgesellschaft sitzend, sah Balzereit auch, dass
die Opposition, die es in Ansätzen auch in Deutschland gab, wirtschaftlich
nicht Paroli bieten konnte. Und so kommentiert er denn:
„Das unrühmliche, im Sande verlaufende Ende,
das zwei gegen die WTG gerichtete Bewegungen in Deutschland fanden, kaum
nachdem sie die eine mit einer kleinen in kürzeren Abständen veröffentlichten
Schrift und die andere mit einer 358 Seiten umfassenden Broschüre sich zu
regen begannen, ließ stilles weiteres Zuwarten als richtig erscheinen." Seine
eigene opportunistische Position verklärt er dann noch mit dem abschließenden
Satz: „Es dauerte auch nicht lange, bis dieser ganze amerikanische
Religionsschacher sein plötzliches Ende fand."
Was Balzereit nicht bemerkt ist, dass er selbst
in der „Wahrheitsfreunde" Erklärung massiv angegriffen wurde. Ihm und
Rutherford wurde z. B. vorgeworfen:
„Der Mann, der gegen die Geistlichkeit den
Vorwurf erhebe, dass sie sich in prächtige Gewänder kleide, führe selbst ein
fürstliches Leben. Sein deutscher Vertreter Balzereit, ehemals ein einfacher
Werftarbeiter, kleidet sich in seidene Hemden, herrliche Strandanzüge, fährt
zweiter Klasse Eisenbahn. Auch hat er sich ein Auto angeschafft, worauf man
„Kreuz-Krone" (Schein der Gottseligkeit) malte … Und dieses alles angesichts
der Tatsache, dass das hierzu nötige Geld von den Ärmsten herausgepresst wird,
unter großen Entbehrungen für manche."
Wenn man sich vergegenwärtigt, das in der DDR
Druckpapier kontingentiert war und das etliche kirchliche Gremien vergeblich
sich darum bemühten eigene Publikationen herausgeben zu können, dann fragt man
sich: Wie kam denn nun die maximal 800 Seelen umfassende Balzereitgruppe zu
dem relativen „Privileg" eine eigene Periodika herausgeben zu können? Die
Antwort wurde schon früher genannt. Es war nicht, sosehr Balzereits Verdienst.
Es war lediglich der Versuch, seine Gruppe gegen die unbotmäßigen Zeugen
Jehovas zu instrumentalisieren. So wird man denn auch die entsprechenden
„Verbeugungen" vor den DDR-Machthabern nachweisen können. Beispielsweise in
der Nr. 2 der NALUC vom November 1958. Dort konnte man lesen:
„Wir wurden um die Beantwortung nachstehender
Frage ersucht: Ist es für einen Christen Sünde, an den Wahlen zur Volkskammer
teilzunehmen?"
In der Antwort hieß es dann auch erwartungsgemäß: „Es wird uns eine Freude
sein, dem ängstlichen Frager - und all solchen, die gleich ihm so verängstigt
wurden - zu helfen. Unsere Antwort lautet: Nein es ist weder für einen wahren
Christen noch für irgendeinen anderen Menschen Sünde, seine Pflicht als Bürger
der DDR auch anlässlich der Wahlen zur Volkskammer zu erfüllen."
Balzereits „Geschichtsdarstellung" wurde
bereits zitiert. Nicht bislang erwähnt wurde, wie der bürokratisch
schwerfällige DDR-Behördenapparat agierte. Wer da glaubt, Balzereit wurde in
der DDR mit „offenen Armen" empfangen, der wird im nachfolgenden noch eines
Besseren belehrt werden!
Am 9. 3. 1950 musste Balzereit beispielsweise folgendes Schreiben an das
Ministerium des Innern der DDR aufsetzen:
„Vom Finanzministerium des Landes
Sachsen-Anhalt erhielten wir die Mitteilung, das unsere Vereinigung nicht auf
der dem Finanzministerium vom Minister des Innern der DDR zugegangenen
Aufstellung der zugelassenen freien Kirchen und Sekten enthalten ist. Wir
stellen daher den Antrag die „Allgemeine Bibellehrvereinigung e. V." auf dem
Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik zur Wirksamkeit im Rahmen der
Statuten der Vereinigung zuzulassen … Es war bisher dem Vorstand der
Vereinigung unbekannt, das eine beim Innenministerium der DDR zu bewirkende
Zulassung erforderlich ist. Unseres Wissens wurde bisher eine derartige
Forderung nicht veröffentlicht. Die Vereinigung hat bisher sämtlichen
öffentlichen Aufforderungen, nach welchem irgendwie geartete Meldungen
erforderlich waren, mit großer Sorgfalt entsprochen.."
Balzereit führt dann weiter aus, das bereits am
18. 12. 1945 auf dem Amtsgericht Magdeburg eine Eintragung in das
Vereinsregister vorgenommen wurde, die in der Folge, bei anderen Anlässen
analog wiederholt wurde.
In einem weiteren Schreiben vom 27. 11. 1950 an den Innenminister Steinhoff
musste Balzereit konstatieren:
„Im März 1950 erfolgte dann über das
Volkspolizeipräsidium in Magdeburg das mündlich ausgesprochene Verbot der
Tätigkeit der Vereinigung, das unsere sämtlichen Ortsgruppen überall in der
Deutschen Demokratischen Republik gleichzeitig bekamen. … In diesen acht
Monaten des Verbotes unserer Gottesdienste haben zahlreiche Vorsprachen im
Ministerium des Innern stattgefunden. Uns wurde immer wieder versichert, das
„in Kürze" mit der Wiedergenehmigung unserer Gottesdienste zu rechnen sei.
Inzwischen lastete aber und lastet auf allen unseren Glaubensfreunden ein
schwerer seelischer Druck. Wir werden immer wieder nach dem Resultat unserer
Bemühungen bei der Regierung befragt. Hierbei wird von den Glaubensfreunden
hervorgehoben, das es nicht verstanden wird, das Deutsche Demokratische
Behörden dieses Verbot der Gottesdienste aussprachen, während die Sowjetische
Militärverwaltung trotz fortgesetzter Überprüfungen in den Jahren 1945 bis
1950 keine Veranlassung hierzu fand. Unsere Glaubensfreunde empfinden bei
ihrer absolut positiven und aktiven Einstellung zum demokratischen Staat
dieses Verbot als unverdiente Maßregelung."
Im Hintergrund mahlte der Bürokratenapparat und
beschäftigte sich mit seinen „Gutachten". Am 3. 4. 1950 beispielsweise
verfasste die Landesbehörde der Volkspolizei von Sachsen-Anhalt ein solches
Schriftstück. Darin geht sie auch auf die Biographie des Balzereit mit den
Worten ein:
„Die Zeugen (Jehovas) werfen der ABL vor, dass
sie die Interessen der Zeugen Jehovas während der Nazizeit verraten haben. Wie
aus der … Schilderung des Herrn Paul Balzereit sen. hervorgeht, der selbst
während der Kriegszeit Verhandlungen mit allen nazistischen Gestapo- und
sonstigen Regierungsleuten geführt hat, um die Liegenschaften und
Schriftenmaterial vor der Beschlagnahme wieder zu erhalten. Balzereit soll
demnach Konzessionen gemacht haben, indem er seine Glaubensfreunde
aufgefordert hat, in der Wehrmacht Dienst zu tun. Balzereit sen. war selbst in
der nazistischen Wehrmacht als Dolmetscher in Frankreich. Aus dem KZ
Buchenwald wurde er vorfristig entlassen. Balzereit jun. hat sich freiwillig
bei der Gestapo, aus Prag kommend, gemeldet, während des Krieges war er
Hauptfeldwebel bei der 193. Infanterie-Division ."
( Hier ist dem „Gutachter" ein sachlicher Fehler unterlaufen. Er bezieht
sich mit seiner Bemerkung auf die von Hans Dollinger 1948 verfasste
„Schilderung meines legalen und illegalen Kampfes gegen die Naziherrschaft."
Daraus geht einwandfrei hervor, das der genannte Dolmetscher in Frankreich
Dollinger war und nicht Balzereit sen.)
Als Resultat gelangt dieses „Gutachten" zu der
Feststellung:
„Abschließend kann gesagt werden, dass die ABL,
obzwar demokratisch getarnt, weit gefährlicher als Agentenzentrale betrachtet
werden kann, da sie unter dem Deckmantel der sogenannten Duldsamkeit besser
verstehen, auf die Angehörigen der demokratischen Organisationen oder anderer
Einrichtungen des Staates Einfluss zu nehmen. Man schlägt daher vor: Trotz der
bestehenden Gefahren der antidemokratischen Tätigkeit der ABL, die ABL
(vorerst) weiter bestehen zu lassen."
Man vergegenwärtige sich: Dieses schwerfällige
„Gutachten" wurde zu einem Zeitpunkt aufgesetzt, wo die „unbotmäßigen" Zeugen
Jehovas noch nicht formal verboten waren, obwohl sie schon massiv unter
Beobachtung standen.
Ein weiteres „Gutachten" vom 28. Februar 1951 (also nach dem Zeugen
Jehovas-Verbot ) liegt auf der gleichen Linie:
„Die Lehre der ABL weicht in entscheidenden
Punkten von der der Zeugen Jehovas ab. Insbesondere erkennt sie den Staat an
und bringt dies auch in den Satzungen zum Ausdruck. Verbindungen mit dem
Ausland konnten bisher nicht festgestellt werden. Die Leiter und Mitglieder
der ABL gehören zum Teil auch den demokratischen Massenorganisationen an. Die
ABL scheint also die vorsichtigere Richtung der internationalen Vereinigung
ernster Bibelforscher zu sein und versteht es besser sich zu tarnen. Es ist
deshalb sehr leicht möglich, dass sich dort Teile der verbotenen Sekte Zeugen
Jehovas einfinden. Ich bin jedoch der Meinung, dass man die ABL vorerst die
Tätigkeit erlauben könnte, um dadurch die weitere Entwicklung zu beobachten."
Den letzten Satz sollte man sich noch einmal
vergegenwärtigen. Die Möglichkeit das vielleicht Zeugen Jehovas zur
Balzereitgruppe stoßen könnten, wurde als potentielle Bedrohung bewertet.
Einige Jahre später versuchte man gerade diese „Bedrohung" zu installieren!
Balzereit und sein „Sozius" Dollinger, standen im besonderen für
die Kompromisslinie. Mit Hilfe der US-Botschaft in Deutschland, konnten sie nach
einer gewissen Zeit, wieder über die Finanzmittel auf den deutschen WTG-Konten
verfügen. Sehr zum Mißvergnügen der Gestapo, nutzten sie diesen Umstand auch
aus, um mit ihren Finanzmitteln Rechtsanwälte in Deutschland zu engagieren (die
nur tätig wurden, wenn Geld floss). Die besondere Aufgabe jener Anwälte war es
nun, herauszufinden, ob es nicht doch noch ein paar Schlupflöcher gäbe, welche
die Nazibürokratie übersehen habe, um deren Verbotsentscheidung, wenn auch nicht
aufheben, so doch abmildern zu lassen. Namentlich Dollinger (weniger Balzereit
selbst) tat sich dabei im Instruktionen geben jenen Anwälten gegenüber, hervor.
Ein solcher Punkt war beispielsweise, das ZJ-Verbot, aber auch unzählige andere
Verbote, basierte auf der berüchtigten Reichstagsbrandverordnung, welche in der
Folge bürgerliche Freiheiten, drastisch einschränkte.
Jene Anwälte fanden nun heraus, die Weimarer Verfassung als solches, sei zu
keinem Zeitpunkt als aufgehoben erklärt worden. In diesem Falle hätte ein
Ersatz-Verfassungstext installiert werden müssen, was aber nicht der Fall war.
Da ihrer vorgetragenen Meinung nach, in der weiterhin gültigen Weimarer
Verfassung die Religionsfreiheit verbrieft sei, pflegten sie diesen Umstand
herauszustellen.
Da hatten die strammen Nazijuristen erst einmal eine harte Nuss zu knacken.
Ihr Zauberjoker hiess dann.
In Nazideutschland bestehe zwar auch Religionsfreiheit, allerdings im Kontext
der Programmes der NSDAP. Und deren Programmpunkt 24 schränke die
Religionsfreiheit dahingehend ein, soweit sie nicht dem germanischen Ehr und
Rechtsgefühl wiederspreche. Zum „germanischen Ehr- und Rechtsgefühl" würde unter
anderem gehören, bewusst die Waffe in die Hand zu nehmen, und mit ihr aktiv
umzugehen. Eine Doktrin, wie die der ZJ, die in Richtung Pazifismus ginge, würde
besagtes „germanisches Ehrgefühl" verletzen.
Besonders der leibliche Vater des späteren evangelischen Bischofs in der BRD,
Wolfgang Huber, tat sich als damals führender Verfassungsrechtler hervor, um die
WTG-instruierte Argumentation nieder zu schmettern.
Eine gewisse Zeitlang (besonders im Falle eines Darmstädter Urteils, das sogar
Freisprüche verkündete) war die Nazijustiz da paralysiert. Nachdem der
juristische Kommentar von Huber, dann in der einschlägigen nazistischen
juristischen Literatur Eingang gefunden hatte, war auch diese Phase der
Verunsicherung der Nazijustiz beendet. Juristen lieben es ja ungemein, für all
und jedes auf Präzendenzfälle verweisen zu können. Huber hatte ihnen diese
begehrten Steilvorlagen geliefert.
In der nachfolgenden Zeit daher die Nazireaktion, sich nicht länger mehr von WTG
instruierten Anwälten „auf der Nase herum tanzen zu lassen". Mit Rückenwind der
Huber'schen Kommentare beschloss der Nazistaat, nunmehr auch die Freiheitsphase
für Balzereit und Dollinger zu beenden. In dem gegen diese inszenierten
Gerichtsverfahren, wurde auch vorsätzlich die Frage des Wehrdienstes
angesprochen und thematisiert. Sowohl Balzereit als auch Dollinger erklärten
derart in die Enge getrieben, vor Gericht, sie persönlich würden den vom
Naziregime geforderten Wehrdienst keineswegs verweigern.
Das wiederum hatte zur Folge, das Rutherford in einem 1936er „Wachtturm" die
beiden dort anrempeln liess.
Die Phase wo auch Rutherford bereit war, auf der Basis der Anbiederung, mit dem
Naziregime einen Kompromiss einzugehen, war seit Absendung mit der
Absenderadresse Beth Sarim, Kalifornien eines persönlichen Drohbriefes von
Rutherford an Hitler (bei Cole mit zitiert) beendet. Balzereit und Dollinger
standen weiter für die Kompromisslinie ein. Ihr gesamtes Handeln, als sie noch
in Freiheit waren, war auf dieses Ziel hin ausgerichtet.
Rutherford hatte inzwischen eine deutsche Untergrundleitung der ZJ installieren
lassen, zu der Balzereit und Dollinger aber nicht gehörten. Die waren nun für
überflüssig erklärt. „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan - der Mohr kann
gehen". Indem nun auch Rutherford der (offenbar mit stenographierte) Text des
Gerichtsverfahrens gegen Balzereit und Dollinger bekannt geworden war, mit deren
Aussagen vor Gericht, bestand der nächste Schritt von Rutherford dann darin, die
beiden auch im Deutschsprachigem „Wachtturm" des Jahres 1936 (Ausgabe Bern)
anrempeln zu lassen.
Weinerlich haben einige ZJ-Apologeten, angefangen vom
saturierten Firmeninhaber, mit Alt-Bundesrepublikanischer Sozialisation,
Waldemar Hirch, und seine Unter-Unterbelichteten Wiederkäuer, neuerdings
wiedermal entdeckt. Im Osten Deutschlands gab es eine Propaganda-Zeitschrift
namens „Christliche Verantwortung", versandt vorzugsweise an Zeugen Jehovas
Anschriften.
Herr Hirch meint belehren zu sollen, die aber sollte den Zeugen Jehovas
„Abbruch" tun. Ob sie dieses hehre Ziel denn tatsächlich auch erreichte, steht
wohl auf einem völlig anderen Blatt.
Jene saturierten Alt-Bundesrepublikaner sind dann wohl die „rechten" Ankläger in
Sachen „Christliche Verantwortung". Konnten sie doch zu deren Aktivzeit nur mit
Schweigen auf selbige reagieren. Kraft ihrer Wassersuppe wurden diese genannten
Herrschaften aber erst „stark", als es den im Hintergrund stehenden Ostdeutschen
Staat, und namentlich dessen ausführendes Organ, Staatssicherheit (umgangsprachlich
Stasi) so nicht mehr gab.
Da fühlten sie sich kraft ihrer Alt-Bundesrepublikanischen Sozialisation, die
getrost in Sachen Ostdeutscher Politik sagen kann. „Hannemann - geh du mal
voran" (versteht sich dass die Apostel dieser These im sicheren Westen saßen,
und nicht etwa im Osten, wo es ungemütlich werden konnte, und in etlichen Fällen
auch wurde). Da hatte dieses verlogene Heuchlerpack so das „rechte" Thema für
sich entdeckt, um ihre eigenen Pharisäer-Qualitäten einmal mehr unter Beweis zu
stellen.
In einer „Opferorganisation" kommunistischer Gewaltherrschaft, namentlich in der
von ihr herausgegebenen Zeitschrift „Stacheldraht" (Heft 5/2012) konnte man
besagte CV betreffend „kürzlich" einen Artikel lesen betitelt, „Das MfS als
Aufklärer". Sein Verfasser nach meinem Eindruck nach, ein hauptamtlicher
Mitarbeiter der Stasiaktenbehörde in diesem Lande. Also jener Typus, der
heutzutage von den Stasiakten materiell leben kann. Wovon man materiell lebt,
dessen Lobgesangs-Arie wird nicht selten angestimmt, und sei es auch nur
„zwischen den Zeilen".
Das mit dem „erst kürzlich" zu lesenden Artikel muss dahingehend ergänzt werden.
Schon seit 2012 war genanntes Heft käuflich erwerbbar. Aber eben erst kürzlich
ist jenes Heft als freier Download auch im Internet greifbar. Die nicht
verdiente „Ehre" jenes Heft käuflich zu erwerben, in rechter Vorahnung seines
Inhaltes, wollte ich besagten Herrschaften nun in der Tat nicht antun, und so
habe ich denn bewusst und vorsätzlich bis zu dem Zeitpunkt gewartet, wo es auch
dieses Heft als freien Download gab.
Eines der „Highlight" in jenem Artikel.
Der Bundesdeutsche „Verfassungsschutz" und diesen Titel übersetze ich mit „Die
Bundesdeutsche Stasi" (nicht in einer Eins zu Eins Übertragung ihrer Praktiken,
dieweil die Politischen Vorgaben der Dienstherren von Geheimdiensten in Ost und
West in der Tat sehr verschieden sind). Was weitaus weniger „verschieden" ist,
sind dann die Mittel, welche besagte Geheimdienste zur Anwendung bringen.
Besagter Bundesdeutscher Stasi war also noch zu Ostdeutschen Zeiten zu Gehör
gekommen.
Hey, die Ostdeutsche Stasi hat aber eine Aktie an besagter „Christlicher
Verantwortung". Typisch in Geheimdienstmanier reagierte man darauf, wie folgt.
Dann werden wir mal einen Gegen-Agenten auf diese ansetzen.
Im Arsenal der westdeutschen Stasi befand (bzw. befindet sich noch) ein
deutschsprachiger Pfarrer aus Dänemark. Der bekam nun von seinen westdeutschen „Stasi"-Vorgesetzten,
den Dienstauftrag, von der „Christlichen Verantwortung" veranstaltete Tagungen
zu besuchen, und dort in Sonderheit „Augen und Ohren offen zuhalten".
Offenbar fielen die Auskundschaft-Ergebnisse jenes Herrn, doch wohl mehr als
mager aus. Denn zu Zeiten wo es noch zwei deutsche Staaten gab, vernahm man
(zumindest in der Westdeutschen Pressepublizistik) kaum ein Wörtchen, dass
letztendlich dieser verdeckten Quelle zuortbar war.
Nochmals als Merksatz wiederholt. Auch die westdeutsche Stasi führt IM (eben
fallweise auch Pfarrer aus Dänemark). Diesen Sachverhalt zu referieren, geht
allerdings selbstredend gegen den Strich von Hirch und Co.
Nochmals auf einen wesentlichen Faktenbestand zurückkommend. Wie kamen nach 1945
die Ostdeutschen Machthaber ans politische Ruder? Nur durch russische Bajonette.
Wie behaupteten sie sich einmal am Ruder der Macht? Durch Kopierung russischer
Geheimdienstpraktiken in ihrem Bereich. Von der Sowjetuion lernen heiße siegen
lernen - so eine ihrer Propagandathesen. Besonders viel haben sie dann
offenkundig im Geheimdienstmilieu gelernt.
Wie bewerte das Ostdeutsche Regime den Treppenterrierdienst der Zeugen Jehovas?
Zunehmend kritisch bis sehr kritisch. Der trägt auch zur Destabilisierung ihres
eigenes Machtanspruches bei, so ihre daraus abgeleitete Erkenntnis. In der Folge
rasselte dann das Verbot über die Ostdeutschen Zeugen Jehovas. Und in der
weiteren Folge wurde dann die Ostdeutsche Stasi der eigentliche „Spielmacher"
bei dem Thema.
Ließ man um 1950 noch Gerichtsurteile mit bis zu lebenslänglichem Zuchthaus
gegen Zeugen Jehovas verkünden, so wurde dem Spielmacher Stasi in späteren
Jahren zunehmend deutlich. Diese Rigorosität lässt sich so aber nicht auf Dauer
fortsetzen. Taktischere Variante sind zunehmend gefragt. Eine dieser taktischen
Varianten, dass man es Ende der 1950er Jahre dem vormaligen WTG-Fürsten Paul
Balzereit ermöglichte, eine eigene Zeitschrift herauszugeben, mit der (nicht
erreichten) Zielstellung, der WTG damit Abbruch zu tun. Die Ostdeutschen
Stasi-Mannen hätten dabei allerdings an den späteren Gorbatschow-Spruch denken
sollen:
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Um die unmittelbare Zeit nach 1945
hätte die Instrumentalisierung des Balzereit noch einen Sinn haben können. Da
indes waren die Stasi-Mannen unfähig (nicht nur damals) wirklich sinnvoll zu
agieren. Das wurde besonders krass darin deutlich, dass die Balzereits und
mageren Anhang, um 1950 mit in den ZJ-Verbotstopf hinein getan wurde. Seine
späte Rehabilitierung um 1958 mag dann für Balzereit noch eine gewisse
Genugtuung gewesen sein. In der Sache war die dann angesichts der eingefahrenen
Geleise, völlig bedeutungslos.
Und so vegetierte, mit dem Ergebnis, nichts zu bewirken. Auch der Balzereit und
die Ostdeutsche Kirchenpolitik jener Jahre so vor sich hin.
Mitte der 1960er Jahre erwachte die Stasi jäh aus ihrem Schlummerschlaf.
Die standardmäßige Lektüre des „Wachtturms" der Zeugen Jehovas, gehörte
mittlerweile auch schon zu ihrem Programm. Und da bekamen die Stasi-Herren in
einer tendenziösen WTG-Bibelauslegung auch zu lesen: Der Kommunismus gleiche dem
Blut eines Toten!
Das war dann für die Stasi-Herren eine Art Initalzündung.
Politik des Ostdeutschen Regimes nach dem Mauerbau war, besonders krasse
Terrormaßnahmen in der Innenpolitik tunlichst zu vermeiden. Einfach neue
Gerichtsurteile mit dem Ergebnis lebenslängliches Zuchthaus zu verkünden, das
klappte zu der Zeit schon nicht mehr. Wenn die Stasi im Einzelfall rabiat
zuschlagen wollte, war sie nunmehr genötigt, sich solche Aktionen im Vorfeld vom
SED-Politbüro absegnen zu lassen. Ergo leitete selbige diesem nun die WTG-Thesen
vom Blut eines Toten zu, und bekam in der Folge auch grünes Licht, für eine
nochmalige Terroraktion.
Selbige sah dann so aus, an einem trüben Novembertag des Jahres 1965, bekam fast
die gesamte Führungs-Crew der Ostdeutschen Zeugen Jehovas zu noch
nachtschlafener Zeit Stasi-Besuch, gekoppelt mit Hausdurchsuchungen.
Und noch etwas hatte die Stasi inzwischen gelernt. Die obligatorischen Verhöre
dabei erfolgten nicht als Selbstzweck, sondern folgten einer bestimmten
Regieplanung. Nicht alle von der 1965er Nacht und Nebel-Aktion betroffenen
wurden gleich für verhaftet erklärt. Die Spitzenleute um Werner Liebig wohl,
andere aber nicht. Aber ausführlichen Vernehmungen waren sie alle ausgesetzt.
Und jetzt setzte der typische Geheimdienstmechanismus ein. Einige der
Vernommenen, die aber dennoch nicht für verhaftet erklärt wurden. Denen wurde
auch nichts erspart. Drohungen, Erpressungen, waren auch bei denen auf der
Tagesordnung. Und das Ziel war, wie es im Geheimdienstjargon in Ost und West
gleichermaßen heisst, das „umdrehen". Einige der mit Drohungen und Erpressungen,
„Umgedrehten" arbeiteten fortan für die Stasi.
Selbige hatte noch eine weitere Zielstellung bei ihrem agieren. Die besonders
krassen WTG-Hardliner sollten in der Folge als Zuträger der Stasi gerüchtemäßig
fertig gemacht werden. Und die tatsächlichen Stasi-Zuträger indes als „nicht so
belastet" erscheinen.
Die Stasi wusste im voraus. Nach der Verhaftung der Führungscrew um Liebig und
Co, wird es eine Neuorganisation der WTG-Strukturen geben. Und aufgrund der
Vorarbeit der Stasi, landeten dann in einigen Fällen, ihre tatsächlichen
Zuträger auf noch höheren WTG-Posten als vordem. Während andere WTG-Hardliner
sich ins Abseits gedrängt sahen.
Das war dann die Stunde der „Hans Voss" und Co (Stasiname).
Weiteres zu diesem Thema kann man unter anderem auch in dem im Jahre 2011
erschienenen Buch von Gerald Hacke, mit dem Titel „Die Zeugen Jehovas im Dritten
Reich und in der DDR" nachlesen. Dort etwa der S. 302 f. beginnende Abschnitt.
Auch weitere anderortige Belege sind möglich.
Um 1933 folgte auch die offizielle Brooklyner WTG der
Kompromisslinie. Siehe dazu auch:
Das Thema Anbiederung
Als in der Folge klar wurde, das Naziregime lässt sich davon
nicht beeindrucken, und des weiteren nunmehr auf Untergrundstrukturen umgestellt
wurde, zählten die Verdienste der besonderen deutschen Vertreter der
Kompromisslinie (Balzereit und
Dollinger ) nun nicht
mehr für die WTG. Zwar hatten Balzereit und Dollinger es erreicht, das etwa
WTG-Druckmaschinen ins Ausland verbracht werden konnten (was die Gestapo
zähneknirschend hinnehmen musste). Indes war dies den Brooklyner Strategen zu
wenig. Daher ihre Entscheidung: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan - der Mohr
kann nunmehr gehen.
Man vergleiche dazu auch den zynischen WTG-Kommentar in der "Wachtturm"-Ausgabe
(Bern) vom 15. 7. 1936, der Balzereit und Co das anlastet, was man in der ersten
Zeit nach 1933, selbst mit getragen hat!