Re: unsterbliche Seele


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 15. April 2004 16:23:33:

Als Antwort auf: Re: unsterbliche Seele geschrieben von Michael, Hennef am 15. April 2004 13:39:57:

Wer die Frühgeschichte der jetzigen Zeugen Jehovas näher kennt, der weiß auch dass ihr Gründer C. T. Russell so manchen Disput mit Vertretern anderer etablierter christlicher Religionen auszufechten hatte. Das Spektrum dabei war ziemlich weit gespannt. Es reichte von Kritik an seiner Lebensführung (insbesondere seine Ehetrennung betreffend), über gewisse von anderen Kirchen als unaufgebbar angesehene Dogmen, denen Russell trotzdem aber den "Laufpass" gab. Und dazu gehört mit Sicherheit auch die Kontroverse um die Höllenlehre.

Einmal Russell als "Feind des Christentums" wahrgenommen, spitzte sich der Konflikt zu. Es kam auch zu gerichtlichen Schlagabtauschen. Und dabei wiederum bemerkenswert, wie man versuchte Russell in die Enge zu treiben. Da spielte in der Tat die Frage eine Rolle. Hat Russell Kenntnis des Hebräischen und Griechischen, oder hat er es nicht. Russell wollte sich da keine Blöße geben und erweckte vorerst den Eindruck, als beherrsche er diese Sprachen souverän. Vor Gericht in die Ecke getrieben, stellte sich dann heraus, es ist doch nicht so.
Russell konnte zu seiner Verteidigung lediglich anführen, dass er in seiner Privatbibliothek diverse, als maßgeblich definierte Wörterbücher verfüge, mit deren Hilfe man einzelne Wörter übersetzen, oder ihren Ursprungssinn näher untersuchen könne.

Dies jedoch war nicht identisch mit einem "fließenden Beherrschung" jener Fremdsprachen. Das musste er sich dann letztendlich auch gerichtlich sagen lassen.

Kritiker der Zeugen Jehovas eigenen "Neuen Welt Übersetzung" meinen zu erahnen oder zu wissen, dass bei deren anonymen Übersetzern, sich dasgleiche wiederholt habe. Die waren zwar auch mit diversen Übersetzungs-Wörterbüchern Englisch - Griechisch ausgerüstet. Aber wirkliich "fließend" beherrschte keiner dieser selbsternannten Übersetzer das Griechische. Desweiteren war die Grundlage noch nicht mal irgendwelche tatsächlichen Urtexte, sondern eine bereits vorhandene Edition von Westcott und Hort. Den Rest ersetze man durch Tendenzdeutungen, die den eigenen Intentionen am nächsten kamen.

Insofern wird der Tatbestand, dass es unter den "Zeugen Jehovas Theologen" keine universitär ausgebildeten Leute an maßgeblicher Stelle gibt, immer wieder mal aufs neue Anlaß fürs Theologengezänk geben. Auch dieser Thread kündet ja letztendlich davon.

Aber auch dass ist zu sagen, wie immer auch Lukas 23, 43 "richtig" zu interpretieren wäre. An dem Faktum der Überzeugung der Zeugen Jehovas, und nicht nur dieser, dass es k e i n e Feuerhölle gäbe, ändert dies überhaupt nichts.

Wer hier, oder an anderen Orten Jehovas Zeugen davon überzeugen will, es gäbe doch eine Feuerhölle, der hat genau so "große" Bekehrungschancen, wie der sprichwörtliche Kühlschränkverkäufer, der bei den Eskimos sein Glück versucht!

Russell argumentierte auch keineswegs vordergründig mit Lukas 23, 43. Er zog es auch vor das Gleichnis vom Lazarus in der Hölle symbolisch zu interpretieren (nicht buchstäblich).
Es ist wohl bekannt, dass es außerhalb der Zeugen Jehovas, eine lange christliche Kontinuitätslinie gibt, welche das Lazarus-Gleichnis als Beweis für die Höllenlehre ansehen. Noch Dante hat in seiner "Göttlichen Komödie" das Thema literarisch aufgegriffen. Und selbst die von Michael Hennef nicht geschätzten Atheisten, greifen manchmal auf dieses Sujet zu. Etwa Schmidt-Salomon in seinem Roman "Stollbergs Inferno", der da die Religionskritiker in der Hölle beratschlagen lässt.

Auch die nicht in den offiziellen Bibelkanon mit aufgenommene Petrusapokalypse breitet äußerst breit, und in bestialische Details ausufernd, das Höllenthema aus. Insofern verwundert es überhaupt nicht, dass diese Linie im Christentum, außerhalb der Zeugen Jehovas fortlebt. Weniger dort, bei den liberalen Universitätstheologen. Die halten sich da (heute) eher lieber "bedeckt". Aber um so mehr auf der Ebene sogenannter "Gemeindefrömmigkeit". Da feiert der Aberglauben unterschiedlichster Couleur, nach wie vor fröhlichsten Urstand.

Neu ist da vielleicht lediglich, dass es nunmehr auch einen gibt, der da die Kenntnis des Griechischen zur Pflichtlektüre auch für die Gemeindefrömmigkeit erklärt. Man darf gespannt sein, wann wohl die Kirche noch "Volksschulkurse zur Erlernung des Griechischen" offerieren wird. Wahrscheinlich wird das wohl eher nicht der Fall sein, war dieselbe Kirche sich doch nicht zuschade, in der Vor-Luther-Zeit vom Bibellesen in der Landessprache abzuraten. Wohl wissend, außer dem Klerus kann sowieso keiner die "Originalsprachen" lesen.

Aber kommen wir nochmal auf Russell zurück. Vorstehendes Theologengezänk ließ ihn eigentlich relativ kalt. Er meinte ein ganz anderes, viel wichtigeres Argument zu haben. Sein Argument war, ein Gott der Liebe und eine Feuerhölle. Das verträgt sich nicht! Damit war alles Theologengezänk für ihn vom Tisch gefegt.

Liberale Theologen, geben manchmal in einer schwachen Stunde zu. Man kann nicht massiv die Harmagedonlehre der Zeugen Jehovas als dem "Geist des Christentums" widersprechend, geißeln. Und zugleich die Höllenlehre aufrechterhalten. Das ist doch derselbe Geist, in etwas unterschiedlicher Verpackung.

Mit Sicherheit, ist der Michael Hennef noch nicht auf dem Level der liberalen Theologie angelangt. Seine Äußerungen wertend, wird man auch weiter sagen können: Es bestehen allergrößte Zweifel, ob er je dort ankommen wird. Daran ändert auch seine vermeintlich perfekte Kenntnis des Griechischen nichts.

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