Richard Singelenberg

Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 16. Januar 2004 21:09:54:

Er nennt sich Sozialanthropologe und nimmt in den Niederlanden bezüglich der Zeugen Jehovas etwa eine ähnliche Stellung ein wie in Deutschland der Herr B.. Zuerst hörte man hierzulande von ihm durch die WTG. Als das nachstehende Buch 1996 erschienen war, beliebte die WTG ihn, den Richard Singelenberg, als "Kronzeugen" für die Verdammung von Eimuth einzusetzen.

Aus einer Studie von Singelenberg beliebte man da zu zitieren, zuletzt noch von Herrn Michael K. im Jahre 2002. Indes, wo diese Studie veröffentlicht, hat bis heute keiner konkret mitgeteilt. So sie denn je "veröffentlicht" wurde, was ich aufgrund der gegebenen Umstände bezweifle.
Eimuth hatte mit seiner Studie auch die WTG aufgeschreckt. Finden sich da doch darin auch solche Sätze wie die:
"Dabei wachsen in Deutschland allein etwa 80.000 Kinder (bis 18 Jahren) bei den Zeugen Jehovas auf. Doch sie benötigen einige Jahre, meist auch therapeutische Hilfe, wie Umfragen bei ehemaligen Zeugen Jehovas belegen, bis sie in die Gesellschaft integriert sind. Schließlich lebten sie jahrelang in einem geschlossenen sozialen System, in dem alles geregelt war. Die Orientierung in einer offenen Gesellschaft ist da fast unmöglich." (S. 9).
Verhaltene Wut der WTG ob dieser und ähnlicher Aussagen, die in der Tat nicht ausdifferenziert genug sind. Als ihre Sprachrohr setzte sie dann Singelenberg ein.

"Geschmeckt" haben der WTG sicherlich auch nicht die nachfolgenden Zitate von Eimuth:
"So heißt es etwa im Wachtturm vom 1. 11. 1975 auf Seite 736:
'Wieviele Jahre sollten Kinder christlicher Eltern ratsamerweise eine öffentliche Schule besuchen? ... Es wäre wohl kaum vernünftig, wenn ein Jugendlicher von sich aus eine längere Ausbildung anstreben würde, als das Gesetz oder seine Eltern von ihm verlangen." (S. 10)

"Aufgrund dieser Aussagen ist es erklärbar, warum nur sehr wenige Kinder von Zeugen Jehovas ein Studium absolvieren. Die Vorenthaltung optimaler Bildungschancen wird hier systematisch gefördert." (S. 175)

"Ein Kind der Zeugen Jehovas ist permanent ausgeschlossen. Es erlebt permanent sein Anderssein. Dies wird sich in der Schule massiv fortsetzen." (S. 178)

"Neben den individuellen Aspekten, die zu berücksichtigen sind, muß ein autoritäres, angsteinflößendes Erziehungskonzept wie das der Zeugen Jehovas ebenfalls gewürdigt werden. Und dieses Konzept ist meines Erachtens eine Form 'Psychischer Kindesmißhandlung.'" (S. 196).

Dies muss man auch noch sagen. Eimuth hatte kein Buch geschrieben, dass "nur" die Zeugen Jehovas abhandelte. Sein Bogen ist weiter gespannt. Er kann daher nicht unbedingt in Anspruch nehmen, ein ZJ-spezifischer besonderer Sachkenner zu sein. Gleichwohl hatte er einige wesentliche Aspekte beim Namen genannt. Für die WTG war es klar, dass sind alles "Mißverständnisse" der bösen Kritiker. Ergo, muss man auf diesen Autor mal einen kleinkarierten Erbsenzähler ansetzen, der nachweist, dass statt 998 Erbsen, es in Wahrheit nur 997 Erbsen sind. Die nachweisbare Differenz muss dann noch kunstgerecht und möglichst alles andere überlagernd, vorgetragen werden. Diese Aufgabe hatte in Sachen Eimuth offenbar Herr Singelenberg übernommen. Der WTG wird's gefreut haben.

Mit einem weiteren Aufsatz des Singelenberg aus dem Jahre 2000 hat sich einmal Jerry Bergman auseinandergesetzt. Bergman wirft ihm beispielsweise vor:
"Singelenberg wiederholt viele grundlegend falsche Vorstellungen über die Wachtturmreligion und die Erfahrung, als Zeuge aufzuwachsen. ... Er versucht auch, die Aussagen ehemaliger Zeugen zunichte zu machen – und somit eigentlich anzudeuten, daß Menschen, die niemals Zeugen waren, besser beurteilen können, wie das Leben als Zeuge ist ... Singelenberg deutet an, daß viele Zeugen nicht unter Problemen leiden, da sie die Lehren der Wachtturmgesellschaft nicht glauben (oder praktizieren), von denen die Kritiker behaupten, sie würden Probleme verursachen. ...
Nochmal: Singelenberg deutet an, daß kaum ein Problem besteht, weil wie bei einem schlechten Gesetz das ohne Gefahr ignoriert werden kann, weil jeder es ignoriert, die Zeugen die Regeln sowieso nicht befolgen. Tatsache ist, die meisten Zeugen ignorieren diese Regeln nicht, entweder aus Angst oder aus Loyalität und der aus diesen Konflikten resultierende Ärger ist enorm. ... Gleichwohl ist es zutreffend, daß verschiedene harte Verfahrensweisen der Wachtturmgesellschaft nun entspannter behandelt werden, beispielsweise die Verdammung höherer Bildung. Doch die kritische Haltung gegenüber Bildung war ein wichtiger Teil der Bewegung seit Russells Tagen und hat deshalb viele Menschen beeinflußt. ...Singelenberg versucht diese Berichte herunterzuspielen, indem er erklärt, die Gründe für diese Probleme seien ein Ergebnis "exzessiver Verwicklung in die Politik der Organisation durch eines oder auch beide Elternteile" ... Anders formuliert haben weniger engagierte Zeugen weniger Probleme, eine Schlußfolgerung, die wahrscheinlich stimmt, doch was sagt uns dies über die Wachtturmpolitik? ...

Singelenberg erwähnt die "Broschüre für die Vorbereitung auf Sorgerechtsprozesse" und nimmt den Umstand, daß diese sich sehr klar zumindest für die Irreführung des Gerichts ausspricht und von vielen als Befürwortung eines, wie es in den Vereinigten Staaten genannt wird, "perjury" oder Meineids (nicht die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, wie es jemand unter Eid vor Gericht schwört zu tun) verstanden wurde, nur indirekt zur Kenntnis. Singelenberg gibt offen zu, daß die Broschüre "offensichtlich im Widerspruch mit [Wachtturm-]Standard-Literatur steht" und die Organisation von ihren Anhängern fordert, "das genaue Gegenteil [dessen] zu tun", was diese Wachtturm-Broschüre vorgibt
www.infolink-net.de/docs/politik/bergman-singelenberg.htm


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